11. September 2001

Hallo Experten und Piloten,

nochmal zu den Anschlägen auf das WTC.
Wie können einige Terroristen ,blutige Anfänger die kaum über Flugerfahrung verfügen ,ein so großes Flugzeug derart präzise in ein weit entferntes Ziel lenken?
Wenn ich mir vorstelle ich müßte so einen großen Vogel lenken…

Gruß Feudelio

Hallo Feudelio,

das ganze ist wahrscheinlich wesentlich einfacher, als Du Dir das vorstellst. Jemand, der sich mit den üblichen PC-Simulatorprogrammen beschäftigt, versteht schon einiges von der Materie und kann das Flugzeug relativ sicher in ein großes Gebäude steuern. Ein völliger Laie kann unter Anleitung von außen ein kleines Flugzeug sogar einigermaßen sauber landen, Beispiele gibt es verschiedene (Pilot erleidet Herzinfarkt, Flucht aus der DDR mit Agrarflugzeug etc.). Ich persönlich habe auf einem Lufthansa-Simulator im ersten Versuch immerhin mal den Pistenbeton getroffen, obgleich ich lediglich PC-Simulatorerfahrungen hatte.

Das die Terrorsiten vorher einen Pilotenschein für Kleinflugzeuge gemacht haben, hat mich eher verwirrt, das ist ungefähr so, als würde man Mofafahren lernen, um später einen LKW zu klauen. Ich glaube nicht, daß sie besonders gut organisiert waren. Jedenfalls kann sich auch heute noch jeder jederzeit verabreden, Flugzeuge zu kapern und gegen beliebige Ziele zu steuern. Als „Waffe“ reicht ja schon die Drohung, ein Spregkörper sei an Bord - oder zur Not die eigenen beiden Hände.

Oliver

Hi,

naja, wenn Du Fahrrad fährst, bleibst Du ja auch auf der Straße und Deiner Spur…

Aber mal im Ernst…
Abgesehen davon, daß die ja ne Pilotenausbildung für Kleinflugzeuge hatten (vergleichbar mit PKW- Führerschein und großem LKW), heißt es in den Medien auch, daß sie noch die Chance hatten irgendwo im Flugsimulator zu üben…
Weiterhin kannst Du ja im Geradeausflug in Aller Ruhe zielen, oder?

Die Story mit Kleinflugzeugen, wo unerfahrene Leute plötzlich Pilot sein mußten (Pilot bekommt Herzinfarkt), wurde mal in nem Wissenschaftsmagazin untersucht und als möglich eingestuft.

Gruß

mus.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Die Story mit Kleinflugzeugen, wo unerfahrene Leute plötzlich
Pilot sein mußten (Pilot bekommt Herzinfarkt), wurde mal in
nem Wissenschaftsmagazin untersucht und als möglich
eingestuft.

Stimmt!

Die Simulator-Truppe einer großen Fluglinie hat sich mal den Spaß gemacht, zwei Sekretärinnen, die wirklich keinerlei Ahnung vom Fliegen hatten, in einen großen Simulator zu setzen und sie von außen „runterzusprechen“. Hat geklappt, Landung ohne Bruch.
Die haben sie halt so wenig wie möglich von Hand fliegen lassen, sondern nur mit Autopilot, erst immer nur Kurs, Höhe und Speed einstellen, dann auf’s ILS aufschalten und den Gleitstrahl „runterrutschen“ lassen. Erst ein paar Sekunden vor dem Aufsetzen wurde der Autopilot rausgeschossen, und den Rest haben sie so hingekriegt.

Ich habe mit entsprechenden Anweisungen und etwas Ahnung vom Fliegen, aber ohne Ausbildung oder Flugpraxis auch einen 737-Simulator bei der LH geflogen, mehrere Platzrunden und einige ILS-Anflüge bei Sch…wetter, alles ohne Bruch. Geht also.

Grüße
Sebastian

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Zusatzfrage
Hallo,

Die haben sie halt so wenig wie möglich von Hand fliegen
lassen, sondern nur mit Autopilot, erst immer nur Kurs, Höhe

Als Laie frage ich mich da gerade, ob die „einfach“ den Autopiloten so einstellen hätten können, daß der automatisch in (oder besser durch) die Häuser geflogen wäre?
Wie genau ist so ein Autopilot?

Cu Rene

Als Laie frage ich mich da gerade, ob die „einfach“ den
Autopiloten so einstellen hätten können, daß der automatisch
in (oder besser durch) die Häuser geflogen wäre?
Wie genau ist so ein Autopilot?

Ich kenne mehrere Arten, einen Autopiloten einzusetzen (kein Anspruch auf Vollständigkeit):

  1. Man gibt Kurs, Höhe und/oder Speed vor, der Autopilot hält diese Werte selbsttätig. Wenn er die Speed halten soll, muss man zusätzlich Autothrottle einschalten (damit der Autopilot an den Gashebeln rumspielen kann).
  2. Man bittet den Autopiloten, die Tragflächen gerade zu halten, sonst nix.
  3. Beim Steigen und Sinken kann man Steig- bzw. Sinkraten vorgeben, d.h. man stellt eine neue Höhe ein und wie schnell man dort hinwill.
  4. Man schaltet die Kurssteuerung auf den NAV-Empfänger auf, d.h. der Autopilot fliegt selbsttätig z.B. auf einem Radial eines VOR (Drehfunkfeuer).
  5. Man schaltet Kurs- und Höhensteuerung auf den NAV-Empfänger, in diesem Fall auf das ILS (Instrumentenlandesystem). Die Maschine folgt dann automatisch dem Gleitpfadsender (Höhe) und dem Landekurssender (Kurs). Im Idealfall führt einen das direkt zum Aufsetzpunkt bzw. zur Landebahn.
  6. Man schaltet den Autopiloten auf ein Navigationssystem auf, das Wegepunkte kennt und automatisch abfliegt. Dann dreht die Maschine an den vorgegebenen Wegepunkten automatisch auf den neuen Kurs und fliegt die Wegepunkte nacheinander ab.

Mit Möglichkeit 1 kann man eine Maschine, die man per Hand nicht gut beherrscht, recht ordentlich in der Luft halten und irgendwo hinfliegen lassen (vorausgesetzt, man kennt sich mit der Navigation aus oder jemand sagt einem, was man einstellen soll). Ob man damit allerdings zuverlässig ein Gebäude treffen kann, also nur durch Verstellen des Autopiloten … glaube ich nicht.

Möglichkeit 4 würde voraussetzen, dass ein Anflugpfad durch das Gebäude verläuft, oder dass, rein theoretisch, Komplizen am Boden ein ILS installiert haben, das dorthin führt, fällt also auch aus.

Möglichkeit 5 … hm … wenn man sich ein Radial eines VOR sucht, das genau durch das Gebäude verläuft und läßt den Autopiloten diesem folgen … keine Ahnung, ob das genau genug ist, ich denke aber mal, da könnte es auch passieren, dass man ein paar Meter neben dem Gebäude vorbeifliegt.

Möglichkeit 6 … da müßte man Wegepunkte programmieren, deren direkte Verbindungslinie direkt durch das Gebäude führt oder einen Wegepunkt genau auf die Position des Gebäudes programmieren. Wenn das ein GPS-gestütztes Navi-System ist und es in Zusammenarbeit mit dem Autopiloten präzise arbeitet, dann wäre es damit m.E. noch am ehesten möglich (Grusel!)

Ein Gebäude zu treffen ist IMHO von der erforderlichen Präzision her vergleichbar mit einer Landung auf einer Landebahn. Auf einen Meter links oder rechts von der Ideallinie kommt es nicht an, aber viel mehr darf’s nicht sein. Und solche Präzisionslandungen lassen sich automatisch nur mit einem ILS der entsprechenden Qualität fliegen, also dürfte das mit dem „automatisch in’s Gebäude fliegen“ allenfalls mit einem GPS-Navigationssystem mit Kopplung mit dem Autopiloten funktionieren.

Aber die „Piloten“ des 11. September hatten ja so weit ich weiß genug Ausbildung, um die Maschinen auch von Hand zu fliegen, ich glaube nicht, dass die das mit dem Autopiloten gemacht haben.

Trauriges Kapitel der Fliegerei …

Grüße
Sebastian

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Wie genau ist so ein Autopilot?

Mit GPS kann der Autopilot das Flugzeug metergenau auf Kurs halten. Das hat beispielsweise dazu geführt, daß über dem Atlantik ein deutsches und ein amerikanisches Flugzeug frontal zusammengestoßen sind, weil sich beide per Autopilot auf demselben Kurs entgegenflogen.

Hallo,

Mit GPS kann der Autopilot das Flugzeug metergenau auf Kurs
halten. Das hat beispielsweise dazu geführt, daß über dem
Atlantik ein deutsches und ein amerikanisches Flugzeug frontal
zusammengestoßen sind, weil sich beide per Autopilot auf
demselben Kurs entgegenflogen.

Hat da nicht die Flugsicherung geschlafen, wenn sie beiden Flugzeugen die selbe Route zuweist?

Cu Rene

Hallo Rene,

Hat da nicht die Flugsicherung geschlafen, wenn sie beiden
Flugzeugen die selbe Route zuweist?

Nein. Auch über dem dichtbeflogenene Europa nutzen viele Flugzeuge oft gleichzeitig die gleiche Flugroute.

Das einzige, was man vermeiden will ist, daß sich zwei (oder mehr) Flieger zum gleichen Zeitpunkt am gleichen Ort im Raum befinden. Deswegen werden die Maschinen gestaffelt, entweder räumlich (mindestens 1000 ft Höhenunterschied zwischen zwei Maschinen auf der gleichen Route) oder zeitlich (mindestens 5 Minuten zwischen zwei Maschinen auf der gleichen Route in gleicher Richtung und Höhe).

Die deutsche Maschine hatte in diesem Fall ihre Höhe nicht eingehalten (2000’ zu hoch) und war deswegen mit der amerikanischen Maschine zusammengestoßen.

Das ganze ist zum einen in einem Luftraum ohne Radarüberwachung (= Normalzustand über 90% der Erdobrfläche) passiert. Zum anderen müssen meines Wissen Militärmaschinen noch immer kein TCAS - Kollisionwarngerät mitführen… insofern gab es auch keine Warnung von seiten der Technik.

Markus
(auch Physiker, auch Franke :wink: )

Danke

Die deutsche Maschine hatte in diesem Fall ihre Höhe nicht
eingehalten (2000’ zu hoch) und war deswegen mit der
amerikanischen Maschine zusammengestoßen.

Ok, dann hat der Pilot „geschlafen“, als er die Höhe zugewiesen bekam oder eingegeben hat.

Das ganze ist zum einen in einem Luftraum ohne
Radarüberwachung (= Normalzustand über 90% der Erdobrfläche)
passiert.

Interessant, ich dacht sowas gibts gar nicht mehr. Aber man lernt ja nie aus.

(auch Physiker, auch Franke :wink: )

Freut mich zu hören.

Cu Rene