§ 127 I StPO

Hallo,

nachdem ich dutzende verschiedener Varianten gehört habe, die Frage an wirklich Sachkundige:

  1. Ist das Durchsuchen nach vorläufiger Festnahme aus Gründen der Eigensicherung zulässig?

  2. Ist es NÖTIG im Falle der Unkenntnis des Betroffenen, nach Ausweis (o.Ä.) zu fragen, oder ist die bloße Unkenntnis
    Festnahmevoraussetzung?

Gruß,
Frank

Hallo,

nachdem ich dutzende verschiedener Varianten gehört habe, die
Frage an wirklich Sachkundige:

  1. Ist das Durchsuchen nach vorläufiger Festnahme aus Gründen
    der Eigensicherung zulässig?

Nein, eine Durchsuchung darf NUR (!!!) durch Polizeibeamte erfolgen, alles andere wäre Amtsanmaßung § 132 StGB und müßte durch die später eintreffende Polizei auch so als Anzeige, gegen den Festnehmenden aufgenommen werden.

  1. Ist es NÖTIG im Falle der Unkenntnis des Betroffenen, nach
    Ausweis (o.Ä.) zu fragen, oder ist die bloße Unkenntnis
    Festnahmevoraussetzung?

Die Identität des Verdächtigen DARF widerum grundsätzlich nur durch Polizeibeamte festgestellt werden - aber wenn man den Verdächtigen fragt, ob er sich denn Ausweisen würde, kann er dies FREIWILLIG tun, sind danach die Zweifel an seiner Identität geklärt und müßte er entlassen werden. Kommt aber wieder auf den Einzelfall an, da der Normalbürger nicht erkennen muß ob es sich bei dem Ausweis evtl. um eine Fälschung handelt, ein warten auf die Polizei wäre z.B. bei Personen mit fragwürdigen Papieren auf jeden Fall zulässig - andererseits ist bei OMA Bräsicke mit ihren 80 J nicht anzunehmen, das sie einen gefälschten Ausweis mitführt. Probleme gibts in diesem Bereich für den Festnehmenden idR nur wenn der Festgenommene von sich aus eine Anzeige wegen Freiheitsberaubung erstatten will (hab ich noch nie erlebt) - ob die dann durchkommt ist noch eine ganz andere Frage.

Die Unkenntnis der Identität ist eine Voraussetzung um als jedermann überhaupt eine Festnahme nach 127 I durchführen zu dürfen, also bei Deinem Nachbarn kannste das vergessen.
Allerdings heißt es im Wortlaut 127 I „wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine ID nicht sofort festgestellt werden kann“ - wenn also ein Mörder sich ausweißt mußt Du ihn nicht gehen lassen, weil Du seine Personalien hast, denn es ist für jeden normalen Menschen klar, daß er bestimmt versucht sich einem Strafverfahren zu entziehen. Der Festnehmende kann das nach seinem Gewissen, also normalem Menschverstand einschätzen -
auch ein Grund, warum es beim warten auf die Polizei in unklaren Fällen (nicht unsere Oma) keine Probleme gibt.
Auch eine Durchsuchung wäre in diesem Fall mit Sicherheit durch durch Rechtfertigenden Notstand § 34 StGB abgedeckt, wenn Du annehmen mußt, daß er bewaffnet ist, da ja Gefahr für Dein Leben bestehen könnte, solange Du auf die Polizei wartest.

Allerdings bei z.B. Ladendieben ist eine Durchsuchung durch den Kaufhausdedektiv nach geklauten Sachen VERBOTEN (s.o.). Sie dürfen nur freiwillig herausgegeben werden.

Nochmal allgemein zum Festnahmerecht für jedermann - das ist eben für jederman und erfordert damit keine hohen Ansprüche an das Rechtswissen - ein gesundes Rechtsempfinden genügt um keine Probleme zu bekommen - Festnahme grundsätl. ja - Durchsuchung nein -

L.

Nein, eine Durchsuchung darf NUR (!!!) durch Polizeibeamte
erfolgen, alles andere wäre Amtsanmaßung § 132 StGB und müßte
durch die später eintreffende Polizei auch so als Anzeige,
gegen den Festnehmenden aufgenommen werden.

Wenn das so unstrittig wäre, hätte ich die Frage hier nicht gestellt. Ich habe eben selbst in der LPS gelernt, daß Durchsuchen legitim ist!!! Wenn Du es genau weißt, sage mir bitte ein Urteil! (OlG oder BGH)

  1. Ist es NÖTIG im Falle der Unkenntnis des Betroffenen, nach

Ausweis (o.Ä.) zu fragen, oder ist die bloße Unkenntnis
Festnahmevoraussetzung?

Die Identität des Verdächtigen DARF widerum grundsätzlich nur
durch Polizeibeamte festgestellt werden

ich bin kein Laie, ich habe eine fachfrage gestellt:
identitätsfestellung gem ASOG ist hier nicht gemeint, auch nicht verpflichtung zur auskunft, sondern lediglich: muß man den Betr. fragen, ob er FREIWILLIG bereit ist, seine sich identifizierenden Papiere vorzuzeigen? Denn in §127 StPO steht doch explizit drin

Die Unkenntnis der Identität ist eine Voraussetzung um als
jedermann überhaupt eine Festnahme nach §127 I StPO durchführen zu
dürfen.

Frank

Zunächstmal, hatte ich Deine V-Karte nicht gelesen, tut mir echt sehr leid, das ich Dir aus Versehen wie einem nicht Juristen geantwortet habe…

Nein, eine Durchsuchung darf NUR (!!!) durch Polizeibeamte
erfolgen, alles andere wäre Amtsanmaßung § 132 StGB und müßte
durch die später eintreffende Polizei auch so als Anzeige,
gegen den Festnehmenden aufgenommen werden.

Wenn das so unstrittig wäre, hätte ich die Frage hier nicht
gestellt. Ich habe eben selbst in der LPS gelernt, daß
Durchsuchen legitim ist!!! Wenn Du es genau weißt, sage mir
bitte ein Urteil! (OlG oder BGH)

Im Kleinknecht werden als von 127 I erfaßte Handlungen lediglich die Ausübung von Zwang gegen den Festgenommenen (Karlsruhe NJW 74/806, Stuttgart NJW 84/1694) und die Wegnahme eines Schlüssels oder Personalausweises (OLG Saarbrücken NJW 59, 1190, 1191) erwähnt.
Eine Durchsuchung wird wörtlich auch nicht im Wessels, Beulke, Strafrecht AT, 28. Auflage/ 98 oder im Haft, Jus Schriftenreihe 7. Auflage 1996, Heft 24 erwähnt.
Fragt sich nur, wie und wer in der LPS darauf kommt die Durchsuchung als selbstverständlichen Teil des Festnahmerechts darzustellen.
In der gutachterlichen Prüfung wären die Tathandlungen zu trennen. § 239 StGB gem. § 127 StPO gerechtfertigt und § 132 StGB

  • wenn in der Prüfung zutreffend - durch § 34 StGB.
    Solltest Du, der Du ja als Student der Rechtswissenschaften leichten Zugang zur Literatur hast, mal eigene Forschungen anstellen und auf ein anderes Ergebnis stoßen, laß es mich wissen. Bin über neues immer dankbar.
  1. Ist es NÖTIG im Falle der Unkenntnis des Betroffenen, nach

Ausweis (o.Ä.) zu fragen, oder ist die bloße Unkenntnis
Festnahmevoraussetzung?

Die Identität des Verdächtigen DARF widerum grundsätzlich nur
durch Polizeibeamte festgestellt werden

ich bin kein Laie, ich habe eine fachfrage gestellt:

identitätsfestellung gem ASOG ist hier nicht gemeint, auch
nicht verpflichtung zur auskunft, sondern lediglich: muß man
den Betr. fragen, ob er FREIWILLIG bereit ist, seine sich
identifizierenden Papiere vorzuzeigen? Denn in §127 StPO steht
doch explizit drin

Die Unkenntnis der Identität ist eine Voraussetzung um als
jedermann überhaupt eine Festnahme nach §127 I StPO durchführen zu
dürfen.

Entschuldige nochmal, daß ich Dich als Laien behandelt habe!
Wann habe ich von ASOG - Maßnahmen gesprochen?
Und die Frage läß sich nicht einfach mit JA beantworten, denn
im 127 steht explizit drin:
…so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist ODER seine ID nicht sofort festgestellt werden kann…

Der Flucht verdächtig ist hier nicht identisch mit dem dem Begriff iSd § 112 Abs. 2 Nr 2 Fluchtdacht ist schon dann anzunehmen, wenn der zur Festnehmende nach dem Verhalten des Festgenommenen vernünftigerweise davon ausgehen kann , dieser werde sich dem Strafverfahren entziehen.

ODER - d.h. eines von beiden -

Seine Id kann nicht sofort festgestellt werden. Diese kann wohl durch einen Privatmann wenn überhaupt nur durch Ausweispapiere festgestellt werden.

Das bedeutet:
Ja, der Festnehmende muß den Festgenommenem nach seinen Papieren fragen. Gibt der Festgenommene diese heraus wäre ja seine ID sofort feststellbar und er dürft nicht länger festgehalten werden.

ABER:
Gibt der Festgenommene seine Papiere heraus und der Festnehmende ist sich über deren Authenzität nicht im klaren oder glaubt aus irgendwelchen Gründen der Verdächtige werde sich dem Verfahren entziehen ist das Festhalten bis zum Eintreffen der Polizei gerechtfertigt.
In einer Gutachterlichen Prüfung, wäre bei einem Irrtum des Festnehmenden zu Ungunsten des Verdächtigen u.U. der Erlaubnistatbestandsirrtum einschlägig, so daß keine Bestrafung zu befürchten wäre.

Ich hoffe diese Antwort genügt Deinen Ansprüchen,

Gruß

L.

Hi Lulle,

Ich hoffe diese Antwort genügt Deinen Ansprüchen,

Ich wollte mich nicht als den WISSENDEN hinstellen, aber wie Du siehst, gibt es zu eben wirklich zum geichen Thema verschiedene Ansicht. Auf der Straße zu wissem was man darf und was nicht, ist doch enorm wichtig, wie schnell kann man sich selber von der Legalität in die Illegalität hineinmanövrieren.

Also besten Dank, werde das im Hinterkopf behalten.

Gruß,
Frank

Auf der Straße zu wissem was man darf
und was nicht, ist doch enorm wichtig, wie schnell kann man
sich selber von der Legalität in die Illegalität
hineinmanövrieren.

Naja, in meinem ersten posting versuchte ich darzustellen, daß man mit einem gesunden Rechtsempfinden keine Angst zu haben braucht, wenn man einen Straftäter auf frischer Tat festnimmt - der Gesetzgeber läßt ja genug Hintertüren offen um eben Jedermann dieses Möglichkeit zu geben, auch wenn er den § 127 I StPO gar nicht kennt, sondern nur ein bischen menschlich und nicht völlig überzogen handelt.
Ein Richter hat mir mal gesagt: in den meisten Fällen trifft der erste Eindruck, aus dem Bauch heraus, über recht- o. unrechtmäßiges Verhalten zu.
Wenn man einzelne Rfg.-Fälle dann mal durchprüft und auch Entschuldigungsgründe mit einbezieht, stellt man fest, daß das stimmt, probiers mal aus, paßt irgend wie alles.
Und so verhälts sich dann letztlich ja auch auf der Straße
Gruß,
L.

Naja, in meinem ersten posting versuchte ich darzustellen, daß
man mit einem gesunden Rechtsempfinden keine Angst zu haben
braucht, wenn man einen Straftäter auf frischer Tat festnimmt

  • der Gesetzgeber läßt ja genug Hintertüren offen um eben
    Jedermann dieses Möglichkeit zu geben, auch wenn er den § 127
    I StPO gar nicht kennt, sondern nur ein bischen menschlich und
    nicht völlig überzogen handelt.

Da hast du Recht, allerdings ist es eben so eine Sache, wenn man sich als Polizist in Uniform auf sein gesundes Rechtsverständnis verlassen muß, weil man die Rechtsgrundlage (inklusive geltender Rechtsprechung) nicht genau kennt.
Wie gesagt, arbeite beim FP in Berlin und habe mit meinen Kollegen genug Diskussionen über die ein oder andere Rechtsgrundlage, teilweise zum Haaresträuben, was man so hört.

Ich für meinen Teil bewege mich lieber auf sicherem rechtlichen Terrain.

Gruß,
Frank

Naja, in meinem ersten posting versuchte ich darzustellen, daß
man mit einem gesunden Rechtsempfinden keine Angst zu haben
braucht, wenn man einen Straftäter auf frischer Tat festnimmt

  • der Gesetzgeber läßt ja genug Hintertüren offen um eben
    Jedermann dieses Möglichkeit zu geben, auch wenn er den § 127
    I StPO gar nicht kennt, sondern nur ein bischen menschlich und
    nicht völlig überzogen handelt.

Da hast du Recht, allerdings ist es eben so eine Sache, wenn
man sich als Polizist in Uniform auf sein gesundes
Rechtsverständnis verlassen muß, weil man die Rechtsgrundlage
(inklusive geltender Rechtsprechung) nicht genau kennt.
Wie gesagt, arbeite beim FP in Berlin und habe mit meinen
Kollegen genug Diskussionen über die ein oder andere
Rechtsgrundlage, teilweise zum Haaresträuben, was man so hört.

Ich für meinen Teil bewege mich lieber auf sicherem
rechtlichen Terrain.

Achsoo, Du bist bei der FP - dann muß man Deine Frage evtl. in einem anderen Licht sehen.
Je nachdem, ob im Dienst oder privat.
Privat gelten für Dich die selben Grundsätze wie für den Normalbürger.
Im Dienst sieht das ja ganz anders aus.
Hier stehen Dir ja gemäß §§ 1,3 PFG/ § 5 ASOG polizeiliche Befugnisse aus dem ASOG zu.
Gemäß § 34 II Nr. 1 ASOG darfst Du dann m.E. sehr wohl Personen zur Eigensicherung durchsuchen.
Das ist dann eine Paralellmaßnahme nach den ASOG, die neben der Festnahme nach § 127 I erfolgt.

Interessant ist natürlich noch die Frage nach der IDF - ich hab ganz ehrlich keinen Blassen in wie weit Ihr strafprozessuale Maßnahmen durchführen dürft???

Ich schick Dir mal ne Mail…

L.

Ich finde das ja alles höchst interessant, könnt ihr nicht noch weiter anführen, was Polizisten so dürfen?

Gruß,
Ingschi

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Steht alles im Gesetz…
:wink:

L.

Hallo,

klar, kaufen kann ich mir alle, aber wenn sich hier schon Polizei über ihre Befugnisse streitet, wäre es doch praktisch, wenn ihr das ein wenig für die Nichtpolizisten ausweiten könntet, oder?
:wink:

Gruß,
Ingschi