12Ton-Reihe

Liebe Community-LeserInnen,
weiß jemand von Euch, aufgrund welcher Intentionen bei einer 12Ton-Reihe die Vorzeichen gesetzt werden? „Reine“ Stimmung gibt es ja nicht: sonst gäbe es einen Grundton. Daher sind alle Halbtöne enharmonisch doppelt bezeichnet (hier völlig grundlos). Dennoch finden sich z.B. bei Schönberg sowohl Bs als auch Kreuze in der Notation der Grundreihe. Eine Schülerin meinte, es gehe um maximale Verkomplizierung… Bisher die schlüssigste Lösung. Hat jemand andere? Oder überhaupt liebevolle Hinweise?

versetzungszeichen
in der tat eine sehr interessante frage… das überfliegen des wenigen notenmaterials, das ich diesbezüglich besitze, hat bislang auch kein befriedigend eindeutiges ergebnis gebracht.

strenggenommen handelt es sich aber nicht um vor- sondern um versetzungszeichen - nur um der haarspalterei willen :wink:

Eine Schülerin meinte, es gehe um maximale Verkomplizierung

dann müßte der gute arnold statt c auch his schreiben, oder?
maximal kompliziert wäre die sache höchstens, wenn schönberg konsequent den selteneren enharmonischen ton schriebe, als ges statt fis, ais statt b usw. - das ist meines erachtens nicht der fall.

Hallo Tina und giuri,

diese Frage ist eine praktische. Der Komponist entscheidet, welche Vorzeichen er verwendet - wegen der Übersichtlichkeit (Lesbarkeit) und wegen der Verwendung in der Komposition.

Sowohl Komponisten um Schönberg als auch die um Messiaen wuchsen in der tonalen Umgebung auf, so ist es für sie natürlich, beim Intervalldenken die einfacheren Bezeichnungen zu nehmen. Meist weist die Reihenfolge der Töne in der Reihe auf die künftige Verwendung, und so sind jede zwei Töne als ein Intervall, die meisten drei Töne als ein Akkord zu verstehen. Da wäre z.B. „a cis“ eher zu treffen als „a des“ usw.

Die Meinung der Schülerin in dem Beispiel ist ein gutgemeinter Witz, ohne einen Bezug zur Realität.

Gruß

Hi giuri + peet,
so richtig angekommen bin ich mit der Antwort noch nicht - dennoch Danke!!! Ein Aufeinander-Bezogensein als Akkord bewegt sich ja schon fast in gefährliche grundtonbildende Nähe. Z.B. haben wir heute selbst Reihen entworfen und die Frage ist aufgetaucht, ob eine Reihe aus drei „braven“ Dreiklängen (sequenziert) und einer aufteigenden Quinte mit so einer Art Leitton dazu (diese Töne bleiben dann noch übrig)noch im Sinne der Idee sein mag…
Lesbarkeit ist für mich noch kein schlagendes Argument: Da wäre es z.B. doch auch einfach lesbar, lediglich Kreuze bzw. b zu verwenden.
Außerdem verwenden die Komponisten die Töne doch im Verlauf der Komposition auch in verschiedenen Intervall-bz. Akkord-Verbindungen. Notieren sie dann die Versetzungszeichen anders - je nach verwendetem Zusammenhang? Das wäre dann wieder interessant.
In den verschiedenen Quellen (sorry: Schulbücher sind verbrieft unzuverlässige Quellen und ich schaffs nicht, sie zurück zu verfolgen) finden sich auch verschiedene Schreibweisen: so ist der 5. Ton der Grundreihe des „Überlebenden“ in einem Buch als e, in einem anderen als fes notiert…
Habt Ihr einen Nachlese-Tipp oder kannst Du, peet, das mit der internen Bezogenheit konkreter machen?
(Die Schülerin meinte das nicht heiter: vielleicht wäre es ja auch beim Lesen um Aufhebung gegangen…)
Dank+Gruß
Tina

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Hallo Tina,

nimm doch lieber die Reihe aus dem Violinkonzert von Alban Berg. Damit kommt ihr schneller weiter.

Die Skizzenarbeit eines Schönberg, Berg, Webern ist gut dokumentiert. Daraus kann man schliessen, daß sie sehr wohl nach bestimmten Intervallen, Akkorden und überhaupt Motiven suchten. Dabei änderte sich auch die Schreibweise.

Der Sinn der Idee ist die Begrenzung, die Erschaffung eines Rahmens für künstlerische Freiheit.

Außerdem verwenden die Komponisten die Töne doch im Verlauf
der Komposition auch in verschiedenen Intervall-bz.
Akkord-Verbindungen. Notieren sie dann die Versetzungszeichen
anders - je nach verwendetem Zusammenhang?

Unbedingt. Komponisten sind auch Menschen. :smile:

In den verschiedenen Quellen (sorry: Schulbücher sind
verbrieft unzuverlässige Quellen und ich schaffs nicht, sie
zurück zu verfolgen) finden sich auch verschiedene
Schreibweisen: so ist der 5. Ton der Grundreihe des
„Überlebenden“ in einem Buch als e, in einem anderen als fes
notiert…

Das macht nichts. Ich würde lieber die Partitur nehmen.

Habt Ihr einen Nachlese-Tipp oder kannst Du, peet, das mit der
internen Bezogenheit konkreter machen?

Wie gesagt, das Violinkonzert von Berg ist ein guter Einstieg. Dazu gibt es ein Meer von Literatur. Für die Schule passt sehr gut ein kleines Büchlein von Rudolf Stephan:

ISBN: 3770524837 Buch anschauen (Im Antiquariat bestimmt zu finden)

(Die Schülerin meinte das nicht heiter: vielleicht wäre es ja
auch beim Lesen um Aufhebung gegangen…)

Das habe ich verstanden. Mein Kommentar war ein zugegeben verkürzter Versuch zu zeigen, wie du damit umgehen kannst, ohne die Schülerin zu verletzen.

Gruß

Lieber Peet,

Danke! Wir haben jetzt „Blut geleckt“ - ich werde das weiter verfolgen.
Dir vielleicht zur Freude: Nach einem Probenbesuch am Feitag (Gielen mit RSO Berlin und Rundfunkchor probt Schönberg) sind selbst einige der ursprünglich leidenschaftlichen GegnerInnen ernsthaft fasziniert…)
herzliche Grüße
Tina

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o.T.
Es hat mich sehr gefreut, Tina, du bist immer willkommen :smile:

Herzliche Grüße