13Monate altes Kleinkind hat Bockanfälle, was tun?

Hallo zusammen,

meine Tochter ist 13 Monate alt und geht jetzt knapp 2 Monate in die Kita. In den letzten Tagen hat es ab und zu mal morgens, mal nachmittags so richtige Schreianfälle gegeben. Sie hat sich nicht mehr beruhigen lassen von mir, mich weggeschoben, sich auf dem Boden gerollt und den Rücken gekrümmt. Sind das nur Bockanfälle oder muss ich mir Gedanken machen? Kennt Ihr sowas? Heute war so ein Beispiel, sie hat eine Wurst gegessen und ist hin und her gelaufen und meine Mutter war da und hat „Nein“ gesagt als sie sich an der Heizung abwischen wollte. Dannach ging es los. Dachte erst sie hat Schmerzen etc. Hat ca. 30 Minauten gedauert, dann wurde es besser und sie war so müde. Was sagt Ihr dazu? Danke vorab.

Hallo DSTIER,
so wie du die Sache beschreibst, denke ich, es sind tatsächlich Bockanfälle. Meist können Personen, die das Kind gut kennen, deutlich erkennen, ob es sich um Bockanfälle oder Krämpfe o.ä. handelt, die Kinder reagieren deutlich anders, wenn sie krank sind (z.B. wimmern eher, leiden deutlich sichtbar, etc.). Ich vermute also, dass du dir bzgl. der Gesundheit keine Sorgen zu machen brauchst. (Wenn du dir trotzdem Sorgen machst, oder Anhaltspunkte für eine Erkrankung hast: zum Arzt).

Aber was tun, bei Bockanfällen?

Zunächst einmal: diese Anfälle sind normal, auch wenn nicht alle Kinder so extrem reagieren. Sobald die Kinder laufen lernen, wird ihr Radius größer und sie beginnen die Grenzen auszudehnen, in denen sie die Welt selbstbestimmt entdecken wollen. Und das geht leider mit so manchem Wutanfall einher. Ich kann mich an die meiner Tochter noch gut erinnern (*seufz*).

Aus pädagogischer Sicht kann ich nur empfehlen: aushalten und so weit als irgend möglich ignorieren. Je mehr du darauf eingehst, desto mehr Erfolg hat deine Tochter und desto eher wird sie diese Strategie weiter verfolgen um sich durchzusetzen. Dabei kann Erfolg zweierlei sein: wenn du nachgibst und deine Tochter bekommt, was sie will, hat sie natürlich Erfolg und lernt schnell, wie sie dich zwingen kann nach ihrer Pfeife zu tanzen. Wenn du NICHT nachgibst und mit Schimpfen oder Gut-Zureden o.ä. reagierst, dann hat sie die Aufmerksamkeit auf ihrer Seite und hat damit auch einen gewissen Erfolg. Mit Schimpfen und Schreien oder Zureden verfestigt man also eher dieses Verhalten.
Daher: so schwer es ist, möglichst ignorieren, es sei denn, sie läuft Gefahr vor Wut sich zu ernstlich verletzen (z.B. die Treppe runter zu fallen o.ä.). Belohne sie mit Aufmerksamkeit oder wohl dosierter Nachgiebigkeit, wenn sie ruhig bleibt.

Ich weiß, das ist extrem schwer, besonders, wenn diese Wutanfälle in der Öffentlichkeit geschehen. Ich erinnere noch 3 solche Anfälle in Supermärkten und Spielzeugläden. Damals habe ich die Sachen, die ich nicht unbedingt brauchte, wieder zurück gelegt und bin ganz ohne Einkauf nach Hause zurück gegangen, begleitet vom Geschrei meiner Tochter. Nicht lustig und dazu geeignet, Mama an ihre Grenzen zu bringen. Aber meines erachtens der einzige Weg.
Und: auch diese Phase geht vorüber!

Wichtig auch: möglichst in diesem Alter klare Vorgaben und Ansagen machen, deutlich sagen, was sie darf und was nicht, dabei möglichst konsequent sein. Um die Selbständigkeit zu fördern in kleinem Rahmen das Kind selbst entscheiden lassen, dabei das Kind aber nicht überfordern.
Z.B.:Mit 13 Monaten können Kinder noch nicht entscheiden, was es zum Mittagessen geben soll oder was sie in die Brotzeitbox für die Kita haben wollen, also da gar nicht nachfragen, einfach machen. Andererseits können sie durchaus nachmittags sagen, ob sie lieber ein Stück Banane oder etwas Apfel haben mögen. Und wenn sie bei schönem Wetter mit Winterstiefeln raus wollen, ruhig mal schwitzen lassen, aber sagen, was man davon hält. Umgekehrt ist es schwieriger, aber evtl. durchaus auch machbar, wenn man nur vor die Tür muss und auch schnell die kalten Füßchen ins Warme bringen kann.

Ich wünsche viel Geduld und Ruhe und gute Nerven. Und genieße die schönen Stunden mit deiner Tochter. Die Kinder wachsen leider viel zu schnell…

Ich hoffe, ich konnte dir helfen. Falls du noch Fragen hast, schreib einfach nochmal.
Liebe Grüße,
Sabine

Hallo DSTIER,

ein Tipp ist mir noch eingefallen: beobachte mal, ob die Wutanfälle zu bestimmten Tageszeiten gehäuft auftreten. Kurz nach dem Essen? Wenn sie schon lange nichts mehr gegessen hat? Wenn sie schon sehr lange wach und aktiv war? Oder kurz nach dem Aufstehen? Oder andere Einflussfaktoren?
Manchmal hängen die Wutanfälle mit dem Blutzuckerspiegel zusammen (Unter- oder Überzuckert)oder mit Übermüdung etc., bzw. fallen unter bestimmten Bedinugngen heftiger aus. Dann gibt das auch Anhaltspunkte, wie man darauf reagieren kann (was Essen; weniger Zucker; früherer Mittagsschlaf,…).
Ganz abstellen kann man die Anfälle so wahrscheinlcih nicht, da ja in der Entwicklung normal und sogar wichtig als Ablösungsprozess. Aber wenn solche Faktoren mit verantwortlich sind, kann man die Heftigkeit evtl. etwas reduzieren.

Nochmals viel Geduld,
Sabine

Hallo,
also erst würde ich mal versuchen abzuklären, ob deine Tochter irgendwie krank ist und wirklich Schmerzen hat. Lässt sich beobachten, ob die Schreianfälle mit etwas direkt in Zusammenhang stehen (z.B. Essen?) Evtl. auch mal vom Arzt abklären lassen. Auf ein körperliches, organisches Leiden sollte man ja anders reagieren, als auf Tobanfälle.

Hallo zurück,

lese leider erst jetzt Ihre Anfrage, drum kommt die Antwort recht spät. Wenn das Kind gesund ist (und das nehme ich schwer an, weil die Bockanfälle nie ohne Auslöser zu beginnen scheinen) ist es wohl einfach eine Probe, wie weit die eigene Macht geht, bzw. ob die Erwachsenen die Grenzen auch wirklich einhalten.
Gerade in diesem Alter testen Kinder sehr ausgiebig die eigenen Grenzen und stellen frustriert fest, dass sie nicht alles machen können, wonach ihnen im Moment der Sinn steht. Je nach Temperament wirkt sich das stärker aus oder nicht. Grenzen sind für Kinder extrem wichtig und je klarer diese von den Erwachsenen formuliert und auch konsequent eingefordert werden, desto sicherer kann sich das Kind in seinem Rahmen entwickeln. Deswegen rate ich dazu, nicht nachzugeben, nicht böse zu werden aber auch nicht zu trösten, sondern es als natürliche Reaktion zu sehen, die auch wieder vorbei geht. Es kann dem Kind helfen, es ruhig auf den Schoß zu nehmen und ihm körperliche Nähe zu geben, aber wenn es um sich schlägt, kann das unmöglich sein. Dann wartet man halt ein wenig und nimmt es dann zu sich. Das Kind tut in diesem Moment nichts Böses, sondern macht eine wichtige Erfahrung. Klar kann das unangenehm sein, wenn es an der Supermarktkasse oder vor dem nicht so gut bekannten Besuch passiert. Aber je gelassener und konsequenter die Eltern reagieren, desto schneller ist der Anfall vorbei und nimmt irgendwann merklich ab. Notfalls muss man das schreiende und um sich schlagende Kind halt aus dem Geschäft tragen, wenn es nicht mitkommen will. Keine Bange, das geht vorbei! Allerdings kommen solche Tests im Laufe der Entwicklung der Kinder immer wieder,
je nach dem Entwicklungsstand in anderen Formen. Wenn man sich aber von Anfang an treu bleibt und niemals nachgibt (asuch wenn das erst mal anstrengender erscheint als nachzugeben), macht man es sich und dem Kind auf lange Sicht einfacher.

Viel Erfolg bei der weiteren Erziehung!