§19 Kleingewerbe für Kunsthandwerk ab dem ersten Euro? Sonst Umsatzsteuerpflicht?

Hallo, ein selbsternannter Experte, den ich dazu fragte, riet mir kein Kleingewerbe anzumelden für Kunsthandwerk, dessen Einnahmen und Ausgaben ich in der Steuer ansetzen will. Ist das so korrekt oder wird da Umsatzsteuer für jeden Verkauf fällig? Dann wäre ja die Anmeldung eines Kleingewerbes anzuraten, wobei auf die USt verzichtet werden kann in der fraglichen Größenordnung.
Danke + Grüße

Die Anmeldung eines Gewerbes hat keine Auswirkung auf die Steuer. Dem Finanzamt ist es völlig egal, ob du ein Gewerbe angemeldet hast, es interessiert sich nur dafür, ob du eines betreibst.

Es geht nicht um Gewerbeanmeldung generell, sondern um Kleingewerbeanmeldung nach § 19 und eben um die Pflicht Umsatzsteuer zu erheben beim Verkauf und diese mit dem FA abzurechnen.

Es gibt keine Kleingewerbeanmeldung, aber sei’s drum.

Umsatzsteuerlich kommt es nur auf deine Umsätze an, egal ob du irgendetwas anmeldest oder nicht.

Wenn deine Umsätze im Vorjahr weniger als 17.500 € (bei unterjährigen Zeiträumen hochrechnen) betragen haben und du für das laufende Jahr Umsätze unter 50.000 € erwartest, dann bist du von der Umsatzsteuer befreit, es sei denn, du willst es ausdrücklich anders.

Also: Guck auf die Umsätze, alle Anmeldungen und so weiter interessieren bei der Steuer niemanden.

Schieß den Experten auf den Mond!

gibts vielleicht in Kaporistan, dem Land der unersättlichen Fiskalbeamten, aber nicht in Deutschland. Vergiss es ganz einfach.

Schöne Grüße

MM

???
Beispielsweise bei gewerbeanmeldung.com finde ich dies, ist das aus Kaporistan?

"Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer:

Kleinunternehmerregelung Mehrwertsteuer, Rechnungen, Umsatzsteuer und Steuererklärung bei Kleinunternehmen

Was ist die Kleinunternehmerregelung und wie funktioniert die Umsatzsteuerbefreiung?
Wenn Sie Ihr Unternehmen nach der Kleinunternehmerregelung gemäß des §19 des Umsatzsteuergesetzes führen möchten, wird Ihnen eine Vereinfachung bei der Umsatzsteuererhebung gewährt. Das heißt für Sie, Sie können auf Umsatzsteuer bei der Rechnungserstellung verzichten (Umsatzsteuerbefreiung). Allerdings
haben Sie auch nicht die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs. Haben Sie sich für die Kleinunternehmerregelung entschieden, dürfen Sie keine Umsatzsteuer auf Ihren Rechnungen erheben.

Wer kann die Kleinunternehmerregelung und Umsatzsteuerbefreiung in Anspruch nehmen?
Sind Sie ein kleines Unternehmen, Freiberufler oder Selbstständiger mit nur geringen Umsätzen, können Sie sich von der Umsatzsteuerpflicht befreien lassen. Die Kleinunternehmerregelung können Sie in Anspruch nehmen, wenn Ihr Umsatz den Betrag von 17.500 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überstiegen hat und den Betrag von 50.000 Euro im laufenden Jahr nicht übersteigen wird. Als Existenzgründer müssen Sie für das erste und die folgenden Jahre eine glaubhafte Schätzung Ihrer Einnahmen dem Finanzamt vorlegen. Überschreiten Sie nach dieser Schätzung den Betrag von 17.500 Euro dürfen Sie die
Kleinunternehmerregelung für sich nicht in Anspruch nehmen.

An welche Voraussetzungen sind Sie bei der Kleinunternehmerregelung gebunden?
Kleinunternehmer sind Sie solange, wie Ihr Umsatz die Grenze von 17.500 Euro nicht überschreitet. Im laufenden Kalenderjahr darf Ihr Umsatz den Betrag von 50.000 Euro nicht übersteigen. Als Umsatz wird die Summe aller tatsächlich gezahlten Entgelte bezeichnet. Lediglich die Beträge, welche durch eine Veräußerung durch Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens erzielt wurden, werden nicht berücksichtigt.

Antrag auf Umsatzsteuerbefreiung:

Ist man mit Beginn der Selbstständigkeit und den entsprechenden Voraussetzungen automatisch Kleinunternehmer?
Für die Kleinunternehmerregelung entscheiden Sie sich freiwillig. Ihnen obliegt es, ob Sie diese
Vereinfachungsregelung in Anspruch nehmen möchten oder nicht. Sind die Voraussetzungen gegeben, können Sie als Kleinunternehmer tätig werden, müssen es aber nicht.Nach der Gewerbeanmeldung erhalten Sie automatisch vom Finanzamt einen Fragebogen, in dem Sie Angaben zu Ihrem Verfahren bezüglich der Umsatzsteuer machen müssen. Verzichten Sie auf die Kleinunternehmerregelung, sind Sie aber für die nächsten 5 Jahre an Ihre Entscheidung gebunden."
???
Jawattnu?

Ja, das ist man erst mal automatisch. Es sei denn, man will es selbst anders (weil man z.B. hohe Vorsteuern hat).

Servus,

das hier

das hier

und das hier

ist dummes Zeug, wie es hohler kaum geht. Getarnt durch salbungsvolle Formulierungen wird hier der allergrößte Unsinn verzapft.

Wenn Du zum Schmitt gehst statt zum Schmittchen, kannst Du lesen, was in § 19 Abs 1 UStG wirklich drinne steht:

https://www.gesetze-im-internet.de/ustg_1980/__19.html

Du siehst:

  • es gibt keine, ich wiederhole keine „Befreiung von der USt-Pflicht“
  • ob jemand Kleinunternehmer ist, richtet sich nicht nach irgendwelchen Schätzungen oder Anträgen, sondern schlicht und einfach nach seinem voraussichtlichen, ich wiederhole voraussichtlichen Umsatz im laufenden Jahr und nach dem tatsächlichen Umsatz im Vorjahr
  • wenn er Kleinunternehmer ist und die Kleinunternehmerbesteuerung in Anspruch nehmen möchte, muss er goarnix, ich wiederhole goarnix machen
  • wenn er (was meistens sinnvoll ist, wenn er nicht für Verbraucher, sondern für andere Unternehmer tätig ist, aber auch, wenn er zu Beginn der Tätigkeit bedeutende Investitionen in längerlebige Wirtschaftsgüter tätigt) zur Regelbesteuerung, ich wiederhole zur Regelbesteuerung optiert, muss er das gegenüber dem Finanzamt erklären. Aber nicht mit dem Fragebogen zur Betriebseröffnung, sondern bis zur Bestandskraft seiner USt-Erklärung für das erste Jahr der Tätigkeit. Das ist ein bissle später, deucht mir.

Und last, but not least:

Der Begriff „Kleingewerbe“ für Gewerbetreibende, die gem. § 1 Abs 2 HGB keine Kaufleute sind, war von Anbeginn an Blödsinn und ist es trotz ständiger Wiederholung immer noch, weil er das dem Handelsrecht vollkommen, ich wiederhole vollkommen fremde USt-Recht mit der Definition der Kaufmannseigenschaft gem. § 1 HGB zu einer völlig ungenießbaren Suppe zusammenrührt.

Moral: Vertraue niemals auf irgendwelche Internet.-Quellen, wenn Du deren Seriosität nicht beurteilen kannst. 95 % davon ist Dreck.

Schöne Grüße

MM

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  • ach und nochwas: Nützliche und seriöse Informationen für Existenzgründer zur Untenehmensbesteuerung gibt es bei den IHKn. Alle maulen, wie plöd und schlimm und überflüssig diese angeblich sind, dabei leisten sie nicht nur in diesem Zusammenhang hervorragende Arbeit.

Gut brauchbar sind auch Jokus „Klicktipps“, die im Zusammenhang ‚Steuern‘ hier im Forum geprüft und verabschiedet worden sind, als dieses Forum dazu noch fähig war.

Schöne Grüße

MM

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Danke für die Ausführungen,
ich war auch verunsichert, weil ich selber einige Jahre eine Solaranlage mit Jahresumsatz von unter 4000 € betrieben habe, für deren Einnahmen ich die in den ersten 5 Jahren Umsatzsteuer erhalten und mit dem FA abgerechnet habe (damit ich die USt vom Kauf ansetzen konnte, aber was für ein Aufwand bei den Minibeträgen…)
und danach musste ich die Umstellung auf Befreiung von der Erhebung von USt nach §19 usw. beantragen, habe aber den Wortlaut, weil es ein paar Jahre her ist nicht mehr parat. Und ich dachte, dass man automatisch drin ist und nicht draußen.
Und unter Kunsthandwerkern kursiert immer wieder auf Märkten das - wohl eben - Gerücht, dass man auf seine Quittungen umsatzsteuerbefreit nach § 19 schreiben muss, und das nur darf, wenn man das so beim FA angemeldet hat… (Gerücht, weil wohl:

Also nun bin ich schlauer, dank euch von www :wink:

Servus,

nochmal zu den Rechnungen:

Wenn es um eine USt-Befreiung ginge, müsste darauf tatsächlich auf der Rechnung hingewiesen werden. Da es aber keine USt-Befreiung ist, sondern die USt auf einen an sich steuerpflichtigen Umsatz nur nicht erhoben wird, muss kein Hinweis auf die Rechnung.

Der Empfänger der Rechnung freut sich allerdings, wenn er weiß, was Sache ist. Allerdings darf man auch dann nicht „umsatzsteuerbefreit“ schreiben, weil halt keine Befreiung vorliegt, sondern „USt wird wegen Kleinunternehmerbesteuerung gem. § 19 Abs 1 UStG nicht ausgewiesen“.

Schöne Grüße

MM