Hi Eric,
ich geh mal nur auf ein paar wenige Sachen ein.
Aber schnell!
Ein Dirigent hat meistens, bevor er Dirigent wurde, ein Instrument
„richtig“ spielen gelernt. Studiert. Auch ein „Laiendirigent“. Wobei
es davon glaub ich sehr wenige gibt. Auch ein Laienorchester wird
meistens von einem Profi dirigiert. Der Dirigent ist nun mal der Boss
und muss der professionellste von allen sein.
Oh, das wusste ich natürlich nicht. (sarkasmus)
Ein Stück gestalten lernt auch der Dirigent erst mal für sich selbst
am Instrument. Wenn er für sich selber gestalten kann, dann kann er
auch andere anleiten.
Ein Stück gestalten. Ich habe nichts dagegen, ein Instrument zu lernen, aber zwingend erforderlich ist das auch nicht, für meine bescheidenen Zwecke. Freilich ist es praktischer, wenn man den Leuten etwas vorspielen kann, was ich auch tun würde, notfalls, aber ich habe meine Vorstellungen, wie alles klingen muss, bereits im Kopf (und jetzt sag mir bitte nicht, dass das nur echte Dirigenten können), nicht nur, weil ich unzählige Aufnahmen der betreffenden Stücke mein Eigen nenne.
Die Musiker hören sehr wohl Fehler.
Hört mir keiner zu? Ich sagte, die „normalen“ Leute, die nur in Konzerte gehen um gesehen zu werden, bzw. die, die sich nicht wirklich mit Partituren etc. beschäftigen, DENEN fällt das nicht auf. Solchen wie dir und mir natürlich schon, weil wir eine Ahnung davon haben, du sogar noch mehr als ich.
Die Musiker sind nicht einfach
deine Instrumente, die haben alle sehr lange ihr Instrument gelernt,
auch Laienmusiker!
Das will ich hoffen!
Und sie haben nicht nur spielen gelernt, sondern
auch künstlerisches Gestalten. Sie sind die ersten, die du von deiner
Auffassung des Stücks überzeugen musst.
Das werde ich!
Es gibt da den Ausdruck „künstlerische Freiheit“. Der übrigens nicht
bedeutet, dass man einfach machen kann, was man will!
Ach so? Nun, genau dieser Fall liegt aber vor! Auch hier habe ich schon gesagt, dass es natürlich einen gewissen Spielraum (in diesem Fall beim Tempo) gibt, es muss nicht alles die exakt gleiche Metronomgeschwindigkeit haben, aber wenn in der Partitur zuerst zwei lang auszuhaltende Fermaten stehen, und dann ein wuchtiger Schluss, der mit „wiederum sehr rasch!“ bezeichnet ist, hat sich der Komponist doch etwas dabei gedacht! Das Thema, das hier so schnell sein soll, wird meistens in der Oper langsamer gespielt, nur am Schluss (Tutti!) muss es rasch gehen.
Franz Welser Möst hat den Schluss so schnell gespielt, dass die meisten Instrumente nicht mehr sauber spielen konnten (besonders die Bläser, die dauernd 16tel Noten bringen müssen) Bei diesem Tempo geht das einfach nicht mehr. Wenn du die Stelle hören würdest, würdest du mir recht geben.
Und Solti hat offenbar überhaupt nicht begriffen, dass rasch gespielt werden muss. Was er mit seinem SCHLEPPENDEN Schluss, der auch nicht mehr sauber klingt (hören müsstest du es!!!) macht, liegt nicht mehr im Bereich der künstlerischen Freiheit, das ist schon eine Verschandelung, nichts weiter.
Interessanterweise hat Solti das selber auch gemerkt, denn 2 Jahre später hat er, für eine Verfilmung derselben Oper, alles mit den Philharmonikern nocheinmal eingespielt, und da war der Schluss dann „richtig“, also tatsächlich in einem erhöhten Tempo. Das zeigt, dass sogar Solti selbst der alte Schluss zu langsam war.
Das macht ja gerade den Reiz aus, dass dieses Thema, wenn es in der Oper vorkommt, normal recht langsam gespielt wird, doch am Ende gibt es eine Variation davon, und die Post geht ab!
Es braucht Jahre für einen Musiker, um herauszufinden, wo er sich
Freiheiten nehmen will und MUSS,
Wenn das so ist, dann können Komponisten gleich nur Noten hinschreiben, ohne jegliche Lautstärke oder Tempo oder Ausdrucksbezeichnungen. Weg mit den Letaturbögen (heißen die so?), weg mit „poco a poco crescendo“ etc. Braucht sich der Komponist gar keine Mühe damit machen, wenn es eh ignoriert wird.
und wo er’s nicht darf. Er darf z.b.
keine Noten verändern.
Das war mir klar. Er darf allerdings mit Tempi und auch Dynamik
in besonderen Fällen (!)
Und wann sind diese besonderen Fälle? Ich habe in noch keiner Partitur gelesen „wiederum sehr rasch, oder aber sehr langsam, oder vielleicht auch wahnsinnig schnell, ganz nach Belieben“.
frei umgehen. Das macht die Interpretation
aus.
Maurice Ravel hat einmal gesagt, sein Bolero (auch ein Stück, von dem ich möglichst viele Aufnahmen sammle) dauert, wenn er richtig gespielt wird, 17 Minuten. Es gibt Versionen, die dauern 13 oder 14 Minuten. Rate mal, warum. Ich habe Aufnahmen, die total zerballert wurden. Da gab es seitens der Musiker keine Tonschönheit, wenn ich das mal so nennen darf, jeder hat nur seine Töne geblasen, ohne Ausdruck, lediglich die Noten haben gestimmt.
Es wird tausend Aufnahmen mit anderen Dirigenten geben, in dem das
Tempo „richtig“ ist.
Frag mich.
Möst hat sich dem bewusst widersetzt. Das ist
kein Fehler, das ist Absicht.
Völlig klar, dass das Absicht war.
Es gibt da einen tollen Spruch vom Dalai Lama (der sicher dabei nicht
ans Musikmachen gedacht hat, aber warum auch nicht?): „Lerne die
Regeln, damit du weißt, wie man sie richtig bricht.“ Das ist, grob
gesagt, die Hauptarbeit eines Musikers.
Der Satz gefällt mir auch sehr gut, aber in Bezug aufs Musikmachen passt er überhaupt nicht!
Noch einmal, wozu macht der Komponist sich überhaupt die Mühe, etwas zu komponieren. Wozu sitzt er da und ringt darum, seine teilweise undeutlichen Ideen, Gedanken, auszuarbeiten?? Damit solche Leute wie Möst oder Solti alles umarbeiten?
: etwa eine große Trommel m. Becken, die über mehrere Takte auf
:völlig falschen Zählzeiten gespielt hat. Aber gemerkt hat das
:keiner.
Kann ich mir nicht vorstellen.
Ich gebe dir die Partitur in die Hand und spiele dir die Stelle geloopt vor, dann gibt’s du mir recht. Ich weiss auch warum er die Stelle falsch gespielt hat. Das (wiedermal) viel zu hohe Tempo. Das wird dem Trommler ein bisschen zu schnell gewesen sein, und/oder er hat vergessen, wie die Stelle richtig geht.
Ich will kurz sagen wo der Fehler war. Es geht um einen 2/4 Takt.
Richtig gespielt hätte die Trommel ihre Einsätze so (die großen Buchstaben sind die Trommelschläge):
„eins U zwei U eins U zwei U“
jetzt die hier vorliegende falsche Version:
„eins U ZWEI und eins UND ZWEI und“
Zuallererst gemerkt haben muss es der
Schlagzeuger, der hat nämlich u.a. im Studium richtig zählen gelernt.
Gemerkt hat er es sicher, aber ändern hat er es auch nicht mehr können. Das Tempo war zu hoch.
Du vergisst schon wieder, dass das Menschen sind hinter den
Instrumenten.
… die es natürlich schwer haben, wenn sie in einer dermaßen bearbeiteten und falschen Version richtig spielen müssen.
Aber vorschriftsmäßig spielen kann jeder Musiker, Eric. Jeder
Interpret möchte seine Aufnahme zu etwas besonderem machen,
Und das geht nur, wenn man alles bearbeitet und sich nicht an die Partitur hält? Dann ist der Dirigent schon ziemlich arm dran, wenn er solche Mittel verwenden muss, damit seine Aufnahme einzigartig ist.
und dazu
muss er ein paar „Vorschriften“ brechen! (sagen wir zu den
Tempobezeichnungen lieber „Empfehlungen“).
Wenn ich dirigieren würde, ich wollte auch, dass meine Aufnahme was besonderes wird. Aber ich werde das hinbekommen OHNE Bearbeitungen. Die Kunst liegt doch darin, aus dem vorgegebenen Material etwas tolles zu zaubern.
Wenn das so weitergeht mit dem Bearbeiten, sich Freiheiten nehmen, dann sind die einzigartigen Aufnahmen wirklich nur mehr die, die sich an die Partitur halten.
Als Fan dieser einen bestimmten Oper bin ich immer froh, wenn Aufnahmen immer anders klingen. Wenn das Tempo mal ein bisschen schneller ist, der andere macht es etwas langsamer, schaut noch mehr auf einen schönen Ton etc. Aber wenn einer einfach nur Gas gibt, der Klarinettist einfach nur gehetzt in sein Instrument bläst und somit keinen Spielraum hat, um den Ton schön klingen zu lassen (ganz leicht vibrieren vielleicht, oder ein wenig lauter werden, oder auch den Ton minimal länger oder kürzer Auszuhalten) dann ist und klingt das nicht mehr schön.
Wenn jedes Instrument seine Melodie laut hervorbringen will, gibt es
ein Klangwirrwarr sondergleichen.
Von dem war ja auch nicht die Rede. Ich rede von Transparenz, dass die Bläser die Streicher nicht übertönen etc.
Das tolle an einem Großteil der
klassischen Musik ist doch, dass sie so komponiert ist, dass sie
immer wieder aufs neue und immer wieder anders interpretiert werden
kann.
Solange das keine schwerwiegenden Veränderungen sind, die dem Charakter des Stückes
Abträglich sind, ist das voll und ganz meine Meinung! Spiel mir aus irgendeiner meiner Opern CDs ein kleines Fragment vor, und ich sage dir, welche Aufnahme das ist 
Der eine kann diese Melodie rausholen, der andere zeigt uns das
Gegenthema, der dritte entdeckt eine Stimmführung, die bisher kaum
jemand wahrgenommen hat…
Absolut. Trotzdem sollte man leise gespielte Streicher genauso hören können wie die Bläser, die dazu spielen, was nicht bedeutet, dass alle gleich laut sind.
Oft hapert es halt auch an der Tontechnik der Aufnahme, wo es dann schon egal ist, was der Dirigent heraushebt, weil man sowieso nichts hört, außer z.B. die Bläser, und von denen vielleicht auch nur die Posaunen.
Abschließend will ich noch sagen, dass ich es gemein finde, dass ich hier, nur weil ich sage, dass mir das Dirigieren gefallen würde, jeder meiner Sätze herausgenommen und niedergemacht wird. Es wird doch eh nie dazu kommen, weswegen macht ihr mich dann noch so fertig, lest gar nicht was ich zu sagen habe und erzählt mir, dass ich doch eh nichts kann und was ich alles können muss und dass ich keine Ahnung von irgendwas habe? Noch dazu, ich habe nie gesagt ich will Berufsdirigent werden, ich würde nur gerne mal ein paar Stücke mit einem Orchester erarbeiten.