Musikantenbuckel und Umgebung
Servus,
das ist aus Ortenauer Sicht schon regelrecht Ausland: Der Klingelberger heißt „Riesling“, und Gutedel ist hier herum ganz unbekannt; wenn man ungefragt den ihm benachbarten Silvaner bekommt (das ist z.B. im Zellertal nicht auszuschließen), weiß man, daß man die Palz bereits hinter sich gelassen hat und in Rheinhessen ist.
- Das Weinfest in Birkweiler am nämlichen Wochenende hab ich noch vergessen, dort wird in 2011 gleichzeitig 750 Jahre erste urkundliche Erwähnung gefeiert.
Ebenfalls ausländisch mutet in der Pfalz an, daß es dort nicht bloß erlaubt, sondern ganz üblich und normal ist, den Riesling (sofern er noch jung ist und nicht grad von einer Ausnahmelage aus einem Ausnahmekeller kommt) zu taufen: Ein Schorle ist nichts, was man verschämt verstecken muß. Gleichzeitig ist die Einheit, in der der Stoff auf den Tisch kommt, allerdings nicht das Viertele, sondern der Schobbe zu 1/2 Liter. Ein richtiges Rieslingschorle ist nicht wie anderswo 50:50 eingeschenkt, sondern erhält bloß, damit der hierzuland ab und zu ein bissel arg runde, brave Riesling ein bissi bitzelt, einen mehr oder weniger kleinen Schluck Sprudel obendrauf. Weniger als 3:1 sollte selbst auf der Weinkerwe der Rieslinggehalt nicht ausmachen.
Der Schobbe wird aus dem sog. Dubbeglas getrunken. Das Dubbeglas (zu Deutsch in etwa: „Tupfenglas“) ist außen mit einem regelmäßigen Muster von etwa Poliersdaumendicken runden Einprägungen versehen. Das hat, wie mir ein im Garn gefärbter und heimatkundlich beschlagener Pälzer einmal berichtet hat, einen ganz einfachen praktischen Hintergrund: Alldieweil man in der Palz seit jeher arm gewesen ist - die Flur „Musikantenbuckel“ bei Freinsheim zeugt von den Bettelmusikanten, die aus dem nördlichen Wald über diesen Buckel in die ehedem bedeutende Reichsstadt gekommen sind - war ein Schoppen immer für den ganzen Tisch bestimmt, und die Dubbe dienen dazu, daß auch wenn jeder am Tisch einen Schoppen ausgegeben hat und die ganze Bagasch nicht mehr so trittsicher ist, das Glas beim Weitergeben nicht aus der Hand rutscht.
Von diesen Trinkgewohnheiten rührt es u.a. her, daß - wie mir ein Lauterer Bahnarbeiterssohn erklärt hat, lang bevor ich in die Gegend gekommen ist - die kleinste unteilbare Einheit des Pälzers der fröhlich lärmende Haufen zu 1/2 Dutzend ist.
Falls Ihr je zu Ende Juli in die Gegend kommen solltet: Ganz im Norden des Waldes, etwa westlich Grünstadt bei Ramsen, liegt der Eiswoog. Das ist ein Weiher, der abgesehen von zwei kleinen Zuflüssen hauptsächlich von Quellen gespeist wird, die unmittelbar aus dem Sandsteinfelsen kommen. Wenn es unten im Rheintal 35° C im Schatten hat, wird das Wasser im Eiswoog vielleicht so 22° C warm. Macht richtig Laune da.
Wieauchimmer - Ihr werdet Euch mit den lokalen Autoritäten schon einig werden, denke ich. Solang das kein Geld kostet, sondern die Gage in Schobbe entrichtet werden kann, sollte das kein größeres Problem sein.
Schöne Grüße
MM