21ton musik

Hallo ihr musiker,

mich würde interessieren wie ihr über 12ton musik denkt.
Ist es für euch möglich/denkbar dabei Gefühle zu auszudrücken? (Spannung, Traurigkeit, …)
Was bewegt einen Menschen solche Werke zu schreiben?
Gefällt es euch?
ich freue mich auch über rein informative Postings.

cheers, silke

Hallo Silke,

zunächst habe ich dein Posting geöffnet, weil ich dachte, dass darin etwas zu lesen ist über etwas, das ich noch nicht kenne, nämlich über 21 -Ton-Musik :smile: .

Aber nun ernsthaft:

Ist es für euch möglich/denkbar dabei Gefühle zu auszudrücken?
(Spannung, Traurigkeit, …)
Was bewegt einen Menschen solche Werke zu schreiben?
Gefällt es euch?

Das ist wie mit jeder Technik in der Kunst: Man kann sie meisterlich anwenden oder dilettantisch. Im Falle meisterlicher Anwendung gibt es noch die Möglichkeiten, dass das Werk sofort gefällt oder gewöhnungbedürftig ist.

Das schönste, gefühlvollste und mit Traurigkeit überreiche Stück der 12-Ton-Literatur, das mir bekannt ist, ist immer noch das Violinkonzert von Alban Berg, das mir sofort beim ersten Hören auch gefallen hat.

Was bewegt einen Menschen solche Werke zu schreiben?

Der Versuch, etwas in einer neuen Technik auszudrücken.

Gefällt es euch?

Wenn es gut gemacht ist oder interessant, ja. Allerdings bevorzuge ich auch hier wie in der tonalen Musik nicht die strenge Anwendung der Technik (siehe etwa das parodierende sog. „Dorfmusikantensextett“ von Mozart oder strenge Palestrina-Chorsätze des 19. Jahrhunderts), sondern eher die begründete Abweichung von der Regel, wie sie sich bei allen großen Komponisten (ob sie Bach, Mozart, Beethoven, Wagner, Schönberg, Webern oder sonstwie heißen) findet.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Silke,

Was bewegt einen Menschen solche Werke zu schreiben?

Die 12tonmusik war ein Versuch, die Grenzen der Dur/Moll-Tonalität zu überschreiten. So wie die temperierte Stimmung ein musizieren in allen 24 Tonarten ermöglichte.

Gefällt es euch?

Einiges, aber nicht viel. Irgend wann wird es für meine Ohren eher langweilig. Manchmal nervt mich 12tonmusik einfach. Nur so dahingeplätschert (also als Hintergrundmusik) kann ich sie nicht so gut haben, ich muß konzentriert zuhören. Aber dazu hab ich eben nicht immer Lust.

Allerdings bin ich eher ein Freund der tonalen Musik und hier speziell Bach.

Gandalf

Hallo Gandalf

Was bewegt einen Menschen solche Werke zu schreiben?

Die 12tonmusik war ein Versuch, die Grenzen der
Dur/Moll-Tonalität zu überschreiten.

ein Versuch der Misslungen ist?
(der Bolero war wohl auch nur ein Versuch -> ein gelungener!)
wenn man bei einem Versuch merkt: naja- geht nicht wirklich, warum macht man dann weiter? (es gibt ja mehrere Komponisten die diesen Versuch wagen.)

Gefällt es euch?

Einiges, aber nicht viel.

Ich kenne ehrlich gesagt niemanden dem diese Musik gefällt. (auch ihr beiden sagt: interessant aber nicht mein Ding…)

warum ist diese Musik dann doch in irgendeiner weise erfolgreich?

speziell Bach.

ich auch :smile:

cheers, silke

12 töne!
Hi Thomas,

zunächst habe ich dein Posting geöffnet, weil ich dachte, dass
darin etwas zu lesen ist über etwas, das ich noch nicht kenne,
nämlich über 21 -Ton-Musik :smile: .

oops - sorry.

…meisterlicher Anwendung gibt es noch die Möglichkeiten, dass
das Werk sofort gefällt oder gewöhnungbedürftig ist.

kann der Mensch sich an solche Musik, die ja m.E. nie Harmonisch ist oder sich wenigstens in wohlgefallen auflöst gewöhnen?
es ist ja ein psychisches Verlangen des Hirns dass sich Disharmonien wieder in Harmonien „auflösen“.

Das schönste, gefühlvollste und mit Traurigkeit überreiche
Stück der 12-Ton-Literatur, das mir bekannt ist, ist immer
noch das Violinkonzert von Alban Berg, das mir sofort beim
ersten Hören auch gefallen hat.

Aha! ich kanns mir kaum vorstellen, daher bin ich umso gespannter auf dieses Stück (habs mir schon aufgeschrieben)

ich muss ganz ehrlich sagen, ich verseh das alles nicht mit der 12ton musik - wohl schon wie es funktioniert (mathematisch) aber ich bekomm das nicht in Einklang mit dem Verlangen das ich verspühre wenn ich Musik hören will.
und kann mir eigenltich kaum vorstellen dass es anderen anders geht. da diese Musik ja aber dohc einen gewissen Erfolg hat bin ich jetzt auf der suche nach dem „Warum“!

cheers, silke

nicht mein Ding?
Hallo Silke,

ein Versuch der Misslungen ist?

nein (s. u.).

(der Bolero war wohl auch nur ein Versuch -> ein
gelungener!)

Aber da wurde nicht die Tonalität aufgehoben, sondern nur in der Instrumentation experimentiert. Das ist im Prinzip ein bloßes Arrangement.

wenn man bei einem Versuch merkt: naja- geht nicht wirklich,
warum macht man dann weiter? (es gibt ja mehrere Komponisten
die diesen Versuch wagen.)

Ich verweise nochmal auf Alban Berg, der ein wirklicher Meister war. Und auch von Schönberg selbst gibt es schöne Stücke.

Ich kenne ehrlich gesagt niemanden dem diese Musik gefällt.
(auch ihr beiden sagt: interessant aber nicht mein Ding…)

Nein, das habe ich so nicht gesagt. Ich habe gesagt, dass mir die Strenge missfällt, wenn sie zur Kunst erhoben wird. Das gilt in der tonalen Musik genauso. Bloße Strenge in der Methodik reicht nicht aus.

warum ist diese Musik dann doch in irgendeiner weise
erfolgreich?

Ist sie das? Ich vermute eher das Gegenteil. Manchmal braucht es, damit einem ein Stück gefällt, mehrmaliges intensives Hören (ich hatte so eine lange Eingewöhnungszeit mit dem Tristan, den ich heute verehre).

Aber es gibt noch einen anderen Aspekt, den ich nicht genügend betont habe. Musik kann man auf verschiedene Weise hören, z. B. als Begleitmusik, als Kunstgenuss, als Experimentalmusik. Es gibt aber nicht nur in der Expermentalmusik Stücke, die etwa als Begleitmusik untauglich sind, vielleicht weil sie kompliziert sind oder eben in irgend einer anderen Hinsicht gewöhnungsbedürftig. Ich denke da an Wagner-Opern (die anfangs ja genauso Ablehnung fanden), an Lieder von Wolf, an Stücke von Strawinski oder Max Reger und viele andere. Manche Stücke müssen nicht gefallen, sondern es reicht, wenn sie interessant sind.

Ich bin ein großer Verehrer der Musik Stockhausens, Berios, Eimerts, Pendereckis usw., würde aber niemandem sagen, er solle sich die Stücke anhören, weil sie schön klingen, sondern eben weil sie interessant sind. Ich denke, es ist einfach eine Erweiterung der Möglichkeiten von vielen, die nicht unbedingt gefallen muss.

Worauf ich hinaus will: Schönheit ist an Kunst nur ein Aspekt, nicht aber die ganze Kunst. Man kann sein Interesse auf diesen Aspekt lenken, man kann aber auch ohne diesen Aspekt Musik hören. Eben ganz wie man möchte. :smile:

Herzliche Grüße

Thomas Miller

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Zusatz
Hallo Silke,

worauf ich noch hinweisen wollte: Auch Bach hat den Zeitgenossen nicht gefallen, Wagner und Strawinski waren skandalös, Mozarts Neuerungen fanden nicht die Einschätzung, die sie heute haben. „Gefallen“ ist immer zeitabhängig. Mir z. B. gefällt alte Musik zwischen 1200 und 1600 sehr, andere finden das langweilig.

Der Grund dafür ist schwer anzugeben. Mode? Gewohnheit?

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Off topic?
Hi Silke,
möchte Dir nur eine eigene und deshalb ganz persönliche Beobachtung mitteilen, die sicher nicht eine Allgemeingültigkeit darstellt.
Wenn ich als Bildhauerin an meine Arbeit gehe, höre ich bevorzugt Musik, die mir „gegen den Strich“ geht, d.h. Musik, die mich nicht in Harmonien wohlig versinken lässt. Das gilt sowohl für 12-Ton-Musik als auch für Free Jazz etc. „Schräge Harmonien“ bieten Reibung, fordern heraus, befähigen, den Blickwinkel zu verändern. (Meine These: Idylle verblödet).
Wenn ich dann geschaffen habe, geschafft bin, dann höre ich Messen, vorzugsweise Johann Sebastian Bach h-Moll-Messe, Mozart Requiem, Händel Messias… Aber mit Bach könnte ich nie die Figuren
(er)schaffen, die meinem Herzen entsprungen sind (auch wenn das jetzt ein bisschen kitschig klingt).
LG,
Anja

nicht Töne allein machen Musik
Hallo, Silke und Kollegen,

vor langer Zeit auf einem Darmstädter Ferienkurs brachte mich ein Enthusiast avangardistischer
Musik (er trug ein Ferneyhough-T-Shirt) auf den Gedanken, daß Schönberg deshalb
geradezu falsch klinge, weil er zwar „neue Töne“, aber den alten Rhythmus verwendet habe - im Gegensatz etwa zu Webern.

Ich war verblüfft über seine Feststellung, aber ich gebe ihm auch nach Jahren noch recht. Alban Bergs Violinkonzert und Wozzecks klingen in meinen Ohren wirklich
„schöner“ als die meisten Sachen von Schönberg, weil die Instrumentation und
die Rhythmik freier gestaltet sind. Ich denke, man muß alle Parameter
in der Musik zueinander passend machen.

Ich will Schönberg nicht völlig verteufeln: als Negativ-Beispiel nenne ich
die Klavierstücke op.11 mit ihrer alten Rhythmik, als Positiv-Beispiel nenne ich die Orchestervariationen op. 30+x.

„Sacre“ ist offenbar atonal (bis vielleicht auf die Fagott-Melodie am Anfang :wink: ), aber dank der Instrumentation und des Rhythmus’ reißt es mit…

Stefan

Hi Thomas,

Ich kenne ehrlich gesagt niemanden dem diese Musik gefällt.
(auch ihr beiden sagt: interessant aber nicht mein Ding…)

Nein, das habe ich so nicht gesagt. Ich habe gesagt, dass mir
die Strenge missfällt, wenn sie zur Kunst erhoben wird. Das
gilt in der tonalen Musik genauso. Bloße Strenge in der
Methodik reicht nicht aus.

das hab ich auch nicht so drastisch gemeint wie ichs vielleicht geschrieben habe. Es kam schon eindeutig raus, dass du dich eben nicht voll und ganz dieser Musikrichtung hingibst - ausser den genannten Ausnahmen, die ja wirklich schön sind.

warum ist diese Musik dann doch in irgendeiner weise
erfolgreich?

Ist sie das? Ich vermute eher das Gegenteil.

es gibt Opern, es gibt Klavierstücke, alleine die Tatsache, dass sich mehrere Komponisten dafür entschieden haben 12ton musik zu schreiben ist ja ein gewisser Erfolg.

und hier hast du natürlich recht. hier verweise ich auch auf Anjas Posting (A. G. Adler)! das passt hier sehr gut :smile:

Manchmal braucht es, damit einem ein Stück gefällt, mehrmaliges intensives
Hören (ich hatte so eine lange Eingewöhnungszeit mit dem
Tristan, den ich heute verehre).

Aber es gibt noch einen anderen Aspekt, den ich nicht genügend
betont habe. Musik kann man auf verschiedene Weise hören, z.
B. als Begleitmusik, als Kunstgenuss, als Experimentalmusik.
Es gibt aber nicht nur in der Expermentalmusik Stücke, die
etwa als Begleitmusik untauglich sind, vielleicht weil sie
kompliziert sind oder eben in irgend einer anderen Hinsicht
gewöhnungsbedürftig. Ich denke da an Wagner-Opern (die anfangs
ja genauso Ablehnung fanden), an Lieder von Wolf, an Stücke
von Strawinski oder Max Reger und viele andere. Manche Stücke
müssen nicht gefallen, sondern es reicht, wenn sie interessant
sind.

Worauf ich hinaus will: Schönheit ist an Kunst nur ein Aspekt,
nicht aber die ganze Kunst. Man kann sein Interesse auf diesen
Aspekt lenken, man kann aber auch ohne diesen Aspekt Musik
hören. Eben ganz wie man möchte. :smile:

danke! Silke

Hi Anja,
ich bin froh dich getroffen zu haben. Das erste mal dass ich es tatsächlich nachvollziehen kann.

„Schräge
Harmonien“ […], befähigen den
Blickwinkel zu verändern.

Ich bin hier irgendwie auf der Suche nach dem „was gibt mir 12ton musik“ (ausser dass es vielleicht Interessant ist) -> Gefühlsmässig!
Mich persönlich strengt diese Musik nämlich wirklich körperlich an. Ich bin total angespannt und anders als bei anderen Stücken vermisse ich die Entspannung hinterher. (das ist bei mir so)

aber eben tun sie auch meinen Blickwinkel verändern!

greets, silke
Ich hätte dir auch gerne ein Sternchen verpasst, aber ich bin noch nicht so lange Mitglied -> darf also noch nicht. :-/

Hallo,

nur mal so als Anmerkung, ohne Begründund: ich höre es gern, Zwölftonmusik, serielle Musik, freie atonale Musik.

Aber natürlich nicht als Hintergrundmusik, aber in der Oper oder im Konzert gefällt mir das sehr!

Gruß,

yoyi