Eins ist mir allerdings aufgefallen. Vom Zähler kommen 4
wirklich dicke Strippen, 3 mal Schwarz, und einmal Grün/Gelb,
ich würde mal sagen, Litzendurchmesser ca. 4mm. Die schwarzen
sind dann mit ebenso dicken Strippen weiter verklemmt auf die
FIs bzw. der Gelb/Grüne auf die Verteilerschienen für die
Schutzleiter. Der Blaue dagegen (der knapp vor dem Zähler mit
dem Gelb/Grünen zusammengeklemmt ist) ist ein vergleichweise
jämmlerliches Stückchen Einziehdraht, zwar ein wenig dicker
als das was sonst in den Rohren liegt, jedenfalls aber
deutlich dünner als die anderen 4.
Ist das korrekt so?
Nein.
Und wenn ja, wieso kann der Blaue so viel
dünner gemacht werden?
Man KANN alles machen, SOLLTE es aber nicht.
Der Neutralleiter muss die selbe Strombelastbarkeit wie die Außenleiter haben.
Als ich das gelernt habe, galt die Ausnahme, dass man ab 16mm² Cu / 25mm² Al den Neutralleiter reduzieren durfte. Ich befürchte, dass dies immer noch zulässig ist.
Tatsächlich ist es so, dass im „echten Leben“ bei normalen Hausinstallationen Neutrallleiterströme immer kleiner/gleich dem größten Strom eines Außenleiters sein wird.
Aber eben „kleiner / gleich“! Erst wenn ich eine Vielzahl Endstromkreise habe, die vorschriftsgemäß gleichmäßig auf die drei Außenleiter verteilt sind, dann werde ich mit großer Wahrscheinlichkeit den Effekt haben, dass eben nicht zufällig gerade eben alle aktiven Verbraucher den selben Außenleiter belasten und sich dann ein Neutralleiterstrom in der selben Höhe ergibt.
Mal als Beispiel:
Ich habe zwei Kochplatten an: 10A auf L1
Im Bad läuft ein Heizgerät: 8,7A auf L1
In der Küche die Spülmaschine: 10A auf L1
Im Keller der Trockner: 10A auf L1.
Sonst ist NICHTS an im Haus.
Dann ist L1 mit 38,7A belastet, der N mit dem selben Wert.
Nun ist das aber recht unwahrscheinlich.
Je mehr Stromkreise, desto unwahrscheinlicher.
Im besten Fall sähe es so aus:
Kochplatte: 10A L1
Spülmaschine: 10A L2
Trockner: 10A L3
Heizlüfter: 8,7A L1
Nun gleichen sich die ersten drei Ströme exakt aus, diese drei Verbraucher ergeben eine Neutralleiterbelastung von 0A.
Somit fließt über den N nur ein Strom von 8,7A (Heizlüfter).
Die mögliche Querschnittsreduzierung ist also deswegen auf größere Querschnitte begrenzt worden, weil man dachte, dass ein großer Querschnitt eine Vielzahl Verbraucher versorgt und daher der Strom im N sehr wahscheinlich deutlich geringer als in den Außenleitern ist.
Es kommt nun (hoffentlich liest überhaupt noch einer mit…) das Problem mit den Oberschwingungen dazu.
Eigentlich hat die Spannung im Stromnetz die Form eines Sinus. Und so hat eigentlich auch der Strom diese Form.
Nur sinusförmige Ströme iauf den Außenleitern im Drehstromnetz können sich vollständig zu 0 addieren / ausgleichen.
Aber viele Verbraucher ziehen den Strom verzerrt, etwa impulsförmig. Das sind etwa Verbraucher, die sich über Schaltnetzteile versorgen.
Die Verbreitung dieser Verbraucher nimmt zu.
Verzerrte Ströme können (Stichwort: Fourier-Analysis) als Summe mehrer sinusförmiger Ströme betrachtet werden, deren Frequenzen ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz sind.
Jeder verzerrter, periodische Strom im 50Hz Netz kann also als Summe von Einzelströmen der Frequenzen 50Hz, 100Hz, 150Hz, 200Hz,… - den sogennanten Harmonischen - betrachtet werden. Will ich einen bestimmten Stromverlauf synthetisieren, dann brauche ich nur (zig) Sinusgeneratoren, drehe die Amplituden passend und kann so jede beliebige periodische Signalform erzeugen.
Ströme verschiedener Außenleiter, deren Frequenz ein ungerades, durch drei teilbares Vielfaches der Grundfrequenz sind (150Hz, 450Hz, 7500Hz,…) addieren sich auf dem Neutralleiter!
3mal (L1, L2, L3) 10A mit 50Hz sind 0A im Neutralleiter.
3mal (L1, L2, L3) 10A mit 150Hz sind 30A im Neutralleiter!
Daher gibt es mittlerweile Richtlinien, bei großen Anteilen von Oberschwingungen die Leitung geringer abzusichern, als eigenlich möglich, um den N nicht zu überlasten.
Ein Hersteller baut sogar eine Leitung, bei der alle vier Leiter gleich dick sind, nur sind die Außenleiter aus Alu und der Neutralleiter ist aus Kupfer, damit er bei viel Oberschwingungen nicht überlastet wird.