Hallo Thomas,
du rechnest Freud unter die Philosophen?
manchmal, denn
in gewisser Hinsicht ist da ja auch etwas dran, schon recht.
Naja, das war doch sicher klar, dass ich die Kränkungen
sachlich und nicht als persönliche Schöpfungen meinte, oder?
Mir war schon klar, wie Du es meintest, aber da die Fragestellung explizit mit den Namen Kopernikus, Darwin und Freud verbunden war, fand ich den kleinen Hinweis, daß Schopenhauer Freud nicht genannt haben kann, sachlich angemessen. Im Sinne der Fragestellung. Trotzdem ist Deine Ergänzung von hohem Wert, weil ja in manchen Köpfen die Vorstellung spukt, Freud habe das „Unbewußte“ entdeckt. Dieses Verdienst gebührt ihm nicht. Er hat es übrigens auch nicht für sich und die psychoanalytische Bewegung beansprucht, denn Freud schreibt in den Vorlesungen im Anschluß an das bereits von mir Zitierte:
„Auch diese Mahnung zur Einkehr haben wir Psychoanalytiker nicht zuerst und nicht als die einzigen vorgetragen, aber es scheint uns beschieden, sie am eindringlichsten zu vertreten und durch Erfahrungsmaterial, das jedem einzelnen nahegeht, zu erhärten“ (Freud, S. [1916-17]. Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. In Freud, S. [1969]. Studienausgabe. Band I. [284]. Frankfurt/M.: S. Fischer).
(hast du eine Stelle vorliegen? Ich wäre dankbar, dann brauche
ich nicht - immer wieder *g* - zu suchen).
„Fast jedesmal, wenn Freud wegen allzu großer Nähe zur Philosophie angegriffen wurde [Anm. von mir: daher vielleicht meine Bezeichnung Freuds als Philosoph?], pflegte er zu behaupten, daß er sich auf diesem Gebiet nicht auskenne: er gab an, von Schopenhauers Interpretation des Wahnsinns nichts gewußt zu haben, bevor Rank ihn darauf aufmerksam gemacht habe, und er spielte seine Lektüreerfahrungen mit Nietzsche herunter, um zu beweisen, daß die Psychoanalyse ausschließlich auf empirischer Beobachtung beruhe. Jüngere deutsche Historiker haben nachzuweisen versucht, daß er diese Philosophen sehr viel besser kannte, als er zugab, und daß es für seine frühe abwehrende Einstellung keine plausiblen Gründe gab. Dieser Nachweis wurde ziemlich schlüssig geführt, indem diese Historiker sich gründlich mit Freuds Briefwechsel, seinen politischen Engagements und Dokumenten aus der Schulzeit befaßten.5 Freud wollte die Psychoanalyse ganz einfach von dem schlechten Ansehen fernhalten, das die Philosophie bei Ärzten, Naturwissenschaftlern und Psychiatern hatte. Die Freudianer entschuldigten diese Ausflucht als ein harmloses Vergessen zugunsten der Bewegung. Tatsächlich sah Freud sich gezwungen, den Beweis anzutreten, daß er Arzt war - und zwar einer, der hysterische Symptome durch das Aufdecken fiktiver Traumen und Phantasien heilte“ (Kurzweil, E. [1995]. Freud und die Freudianer. [106-107]. München: dtv).
Allerdings ist
diese Einschätzung auch nur unter bestimmten Bedingungen
haltbar, wenn man nämlich die Interpretationen Freuds als
Standardinterpretationen zulässt.
Wie meinst Du das? Ich bin müde und hier komme ich vielleicht deshalb im Moment nicht ganz mit.
Dabei wird meistens übersehen,
dass hier magische Macht-Rituale häufig eine Rolle spielen,
indem der eine den anderen irgendwie überbieten möchte
(3er-Zahl gegen 4er-Zahl etc.).
Vielleicht ist das so, aber ich für meinen Teil fühle mich wohler, so etwas mit anderen Begriffen zu belegen.
Vollmer ist übrigens - du wirst es wissen - einer der Hauptvertreter
(wenn nicht der Schöpfer) der sog. evolutionären Erkenntnistheorie
(auch etwas recht fantasievolles *g* …).
Ja, die Beschäftigung mit der EE steht noch auf meiner „To do“-Liste, aber ziemlich weit hinten. Zur Zeit gibt es andere Dinge für mich zu tun.
Beste Grüße,
Oliver