400-€-Job anfragepflichtig?

Hallo,

zu folgender Fragestellung bitte ich um Hilfe und Auskunft:

Ein AN sei Vollzeit mit „normalen“ Arbeitszeiten beschäftigt, also kein Schichtbetrieb, stattdessen Arbeitszeiten im Kern wochentags von ca. 08.30 bis 17.00 Uhr.

Dieser AN möchte nun zusätzlich eine Nebentätigkeit bis max. 400 bzw. 450 € annehmen. Diese Tätigkeit richte sich in ein gänzlich anderes Arbeitsfeld; es bestünde also keine „Konkurrenz“-Situation zum Erst-Vertrag.

1.) Im Arbeitsvertrag sei nichts zu Nebentätigkeiten festgehalten. Muss der AN dennoch seinen AG informieren oder gar um Erlaubnis bitten?

1.1) Da der AN sich nicht sicher ist, informiert er sicherheitshalber seine AG vorab. Obwohl vorher keine Einschränkung vereinbart wurde, verbietet der AG nun pauschal jedwede Nebentätigkeit, weil der Hauptjob des AN so anspruchsvoll sei, dass der AG davon ausgeht, dass der AN sich bei einer weiteren Tätigkeit nicht mehr ausreichend seinem Hauptjob widmen kann/wird.
Ist der AG zu diesem „Pauschalverbot“ berechtigt oder muss er abwarten, ob es sich so entwickelt, wie von ihm befürchtet?

2.) Der Arbeitsvertrag schreibe vor, dass Nebentätigkeiten anzugeben (alternativ: anzufragen) seien. Ist es für diese Anfragepflicht erheblich, ob es sich um einen Minijob oder um ein soz.vers.pflichtiges Beschäftigungsverhältnis handelt (sprich nach dem Motto: „Bei zweiter Steuerkarte muss gefragt werden, ohne nicht…“)?

3.) Der Arbeitsvertrag schließe lediglich Konkurrenztätigkeiten - aber halt auch nur diese - aus. Muss dennoch der nicht-konkurrierende Minijob zumindest gemeldet/angzeigt werden?

Vorab einmal mehr herzlichen Dank für jede fundierte Info!!!

Viele Grüße
Camelot

Hallo,

Ein AN sei Vollzeit mit „normalen“ Arbeitszeiten beschäftigt, also kein Schichtbetrieb, stattdessen Arbeitszeiten im Kern wochentags von ca. 08.30 bis 17.00 Uhr.

Dieser AN möchte nun zusätzlich eine Nebentätigkeit bis max. 400 bzw. 450 € annehmen. Diese Tätigkeit richte sich in ein gänzlich anderes Arbeitsfeld; es bestünde also keine „Konkurrenz“-Situation zum Erst-Vertrag.

Das ist auch nicht das einzige Kriterium.

1.) Im Arbeitsvertrag sei nichts zu Nebentätigkeiten festgehalten. Muss der AN dennoch seinen AG informieren oder gar um Erlaubnis bitten?

Nein. Trotzdem muss er natürlich den Pflichten nachkommen, die er mit dem Erst-Vertrag eingegangen ist.

1.1) Da der AN sich nicht sicher ist, informiert er sicherheitshalber seine AG vorab. Obwohl vorher keine Einschränkung vereinbart wurde, verbietet der AG nun pauschal jedwede Nebentätigkeit, weil der Hauptjob des AN so anspruchsvoll sei, dass der AG davon ausgeht, dass der AN sich bei einer weiteren Tätigkeit nicht mehr ausreichend seinem Hauptjob widmen kann/wird. Ist der AG zu diesem „Pauschalverbot“ berechtigt oder muss er abwarten, ob es sich so entwickelt, wie von ihm befürchtet?

So pauschal wird das nicht gehen. Hier wird es wohl stark auf den Umfang der Nebentätigkeit ankommen. Wenn natürlich jemand im Hauptberuf LKW-Fahrer ist und dort regelmäßig seine Lenk- und Ruhezeiten bis an die Grenzen ausreizt, dann wird er nicht noch nebenbei ein paar Stunden LKW fahren können.

2.) Der Arbeitsvertrag schreibe vor, dass Nebentätigkeiten anzugeben (alternativ: anzufragen) seien. Ist es für diese Anfragepflicht erheblich, ob es sich um einen Minijob oder um ein soz.vers.pflichtiges Beschäftigungsverhältnis handelt (sprich nach dem Motto: „Bei zweiter Steuerkarte muss gefragt werden, ohne nicht…“)?

Nein. Davon hängt ja nicht der Umfang oder die Art der Nebenbeschäftigung ab.

3.) Der Arbeitsvertrag schließe lediglich Konkurrenztätigkeiten - aber halt auch nur diese - aus. Muss dennoch der nicht-konkurrierende Minijob zumindest gemeldet/angzeigt werden?

Der Ausschluss von Konkurrenztätigkeiten bedeutet nicht zwangsläufig, dass keine Anzeigepflicht besteht. Es kommt also darauf an, was genau alles dazu im AV/TV etc. definiert ist.

Grüße

Hallo ElBuffo,

herzlichen Dank bis hierher schon einmal für die aufschlußreichen Informationen.

Dieser AN möchte nun zusätzlich eine Nebentätigkeit bis max. 400 bzw. 450 € annehmen. Diese Tätigkeit richte sich in ein gänzlich anderes Arbeitsfeld; es bestünde also keine „Konkurrenz“-Situation zum Erst-Vertrag.

Das ist auch nicht das einzige Kriterium.

Der Hinweis auf die fehlende Konkurrenz-Situation sollte auch nur diesbezüglichen Einwändeb vorbeugen.

1.) Im Arbeitsvertrag sei nichts zu Nebentätigkeiten festgehalten. Muss der AN dennoch seinen AG informieren oder gar um Erlaubnis bitten?

Nein. Trotzdem muss er natürlich den Pflichten nachkommen, die
er mit dem Erst-Vertrag eingegangen ist.

Damit ist gemeint, dass er - natürlich - auch bei Ausübung einer Nebentätigkeit seinen „Hauptjob“ weder vernachlässigen darf noch so sehr in Anspruch genommen werden darf, dass er z.B. am Erst-Arbeitsplatz einschläft, richtig?

So pauschal wird das nicht gehen. Hier wird es wohl stark auf
den Umfang der Nebentätigkeit ankommen. Wenn natürlich jemand
im Hauptberuf LKW-Fahrer ist und dort regelmäßig seine Lenk-
und Ruhezeiten bis an die Grenzen ausreizt, dann wird er nicht
noch nebenbei ein paar Stunden LKW fahren können.

Machen wir ein Beispiel:
Der AN sei im Erstjob kaufmännisch-verwaltend tätig. Er arbeite zwischen 40 und 50 Stunden die Woche (letztere Angabe durch Überstunden) von Montags bis Freitags.

Nun möchte er stundenweise nach Feierabend, vor allem aber am Wochenende noch als a) Pförtner oder b) Spielhallenaufsicht oder c) als Türsteher in einer Diskothek arbeiten (die von mir hier gewählten Tätigkeiten sollen nur beispielhaft für eine steigende Beanspruchung stehen, sprich: Pförtner = geringe (körperliche) Beanspruchung, Türsteher = hohe (körperliche) Beanspruchung).

Kann dann der AG z.B. bei einer c)-Tätigkeit unter der Woche von vorne herein sein Einverständnis verweigern (weil er davon ausgeht, dass der AN dann morgens übermüdet zu seinem Hauptjob erscheint), während er einer a)-Tätigkeit von Samstag auf Sonntag zustimmen MUSS?
(Ich hoffe, das Beispiel ist konkret genug, um zumindest eine tendentielle Aussage treffen zu können. Falls nicht: Kann man einen entsprechenden Fall entwerfen, so dass man diese Frage (beispielhaft) beantworten kann?)

Der Ausschluss von Konkurrenztätigkeiten bedeutet nicht
zwangsläufig, dass keine Anzeigepflicht besteht. Es kommt also
darauf an, was genau alles dazu im AV/TV etc. definiert ist.

Ist der Umkehrschluß legitim, dass - wenn diesbezüglich nichts genau, sondern lediglich allgemein, definiert ist - keine generelle Anzeigepflicht besteht?

Einmal mehr herzlichen Dank für jede Auskunft!!

Viele Grüße
Camelot

Hallo,

Hallo,

herzlichen Dank bis hierher schon einmal für die
aufschlußreichen Informationen.

Dieser AN möchte nun zusätzlich eine Nebentätigkeit bis max. 400 bzw. 450 € annehmen.
1.) Im Arbeitsvertrag sei nichts zu Nebentätigkeiten festgehalten. Muss der AN dennoch seinen AG informieren oder gar um Erlaubnis bitten?

Informieren evtl. ja, wegen der Angaben im unten angeführten Beispiel

Nein. Trotzdem muss er natürlich den Pflichten nachkommen, die
er mit dem Erst-Vertrag eingegangen ist.

Damit ist gemeint, dass er - natürlich - auch bei Ausübung
einer Nebentätigkeit seinen „Hauptjob“ weder vernachlässigen
darf noch so sehr in Anspruch genommen werden darf, dass er
z.B. am Erst-Arbeitsplatz einschläft, richtig?

Ist richtig, spielt aber so in der Praxis eine eher geringe Rolle.

Machen wir ein Beispiel:
Der AN sei im Erstjob kaufmännisch-verwaltend tätig. Er
arbeite zwischen 40 und 50 Stunden die Woche (letztere Angabe
durch Überstunden) von Montags bis Freitags.

Also im Durchschnitt bereits über 40 Std./Woche

Nun möchte er stundenweise nach Feierabend, vor allem aber am
Wochenende noch als a) Pförtner oder b) Spielhallenaufsicht
oder c) als Türsteher in einer Diskothek arbeiten (die von mir
hier gewählten Tätigkeiten sollen nur beispielhaft für eine
steigende Beanspruchung stehen, sprich: Pförtner = geringe
(körperliche) Beanspruchung, Türsteher = hohe (körperliche)
Beanspruchung).

Kann dann der AG z.B. bei einer c)-Tätigkeit unter der Woche
von vorne herein sein Einverständnis verweigern (weil er davon
ausgeht, dass der AN dann morgens übermüdet zu seinem Hauptjob
erscheint), während er einer a)-Tätigkeit von Samstag auf
Sonntag zustimmen MUSS?

Zuerst einmal spielt die konkrete Belastung keine Rolle, sondern die zeitliche Lage des Zweitjobs. Ein AN mit 8 Std. Arbeit am Freitag dürfte am Freitag höchstens noch 2 Std. zusätzlich arbeiten, da die gesetzliche tägliche Höchstarbeitszeit gem. § 3 ArbZG
http://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/__3.html
maximal auf 10 Std. ausgedehnt werden darf. Auch eine Nachtschicht als Pförtner von So. auf Mo. wäre aus arbeitszeitrechtlichen Gründen verbotn, wenn der AG am Mo noch bei seinem Haupt-AG 8 Std. arbeitet.
Der AN hat im Durchschnitt mindestens einen freien Tag pro Woche einzuhalten. Weiterhin ist die gesetzliche Mindestruhezeit des § 5 ArbZG
http://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/__5.html
einzuhalten - auch im Verhältnis der unterschiedlichen Arbeitsverhältnisse untereinander. Für die Einhaltung sind sowohl der AN als auch beide AG verantwortlich.
weiterhin sind sowohl AN als auch beide AG dafür verantwortlich, daß die gesetzliche durchschnittliche Höchstarbeitszeit pro Woche von 48 Std. eingehalten wird. Auch dese folgt aus § 3 ArbZG (6x8 Std. = 48 Std./Woche)

Ich hoffe, das Beispiel ist konkret genug, um zumindest eine
tendentielle Aussage treffen zu können.

Sofern keine besonderen Bedingungen gesetzlicher, tariflicher oder arbeitsvertraglicher Art vorliegen, sind die Beispiele exemplarisch genug, da es auf die konkrete körperliche Belastung erst in zweiter Linie nicht ankommt.
Hat der AG begründete Zweifel, daß diese Grenzen nicht eingehalten werden,kann er Arbeitszeitnachweise des Zweit-AG verlangen und bei Verstößen den Nebenjob untersagen. Außerdem können derartige Verstöße vom Haupt-AG mit Abmahnung und letztendlich auch Kündigung sanktioniert werden.
Bei Berufen mit besonderen ruhezeitregelungen wie zB beim vom Vorschreiber erwähnten Busfahrer/LKW-Fahrer können auch ohne begründete Zweifel von jedem Zweitjob Arbeitszeitnachweise verlangt werden, da der AG für die Einhaltung der Sozialvorschriften ggü. einer Aufsichtsbehörde haftet. Als Beispiel sei hier § 21 Abs. 2 FPersVO genannt:
http://www.gesetze-im-internet.de/fpersv/__21.html

Der Ausschluss von Konkurrenztätigkeiten bedeutet nicht
zwangsläufig, dass keine Anzeigepflicht besteht. Es kommt also
darauf an, was genau alles dazu im AV/TV etc. definiert ist.

Ist der Umkehrschluß legitim, dass - wenn diesbezüglich nichts
genau, sondern lediglich allgemein, definiert ist - keine
generelle Anzeigepflicht besteht?

Nein, dieser Schluß ist insbesondere arbeitszeitrechtlich nicht unbedingt zulässig.

Einmal mehr herzlichen Dank für jede Auskunft!!

Viele Grüße

&Tschüß

Camelot

Wolfgang

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