68-er

Hallo,

in diesem Artikel:

http://www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,675509,00.html

ist im vorletzten Absatz von einem „bekennenden Alt-68er“ die Rede.

Hmh, was ein „68er“ ist, weiß ich, bin nämlich selbst einer, und auch „bekennend“.

Wenn es aber „Alt-68er“ gibt, dann müsste es doch auch „Neu-68er“ oder „Neo-68er“ geben?

*Grusel*. Mit der Vorsilbe „Neo“ in Zusammenhang gebracht zu werden, lässt mich schaudern. Denn bisher kenne ich nur „Neo-Nazis“ und „Neo-Liberale“. Die einen sind physische Mörder, die anderen soziale.

Aber egal: Wo findet man was über „Neu-68er“ oder „Neo-68er“? Ich habe da noch nie von gehört. Von „Alt-68ern“ bisher allerdings auch nicht.

Grüße
Carsten

Neoliberal
Hallo Carsten,

auch wenn dieses mein Posting keinerlei nachhaltige Wirkung haben wird, weise ich doch aufklärerisch darauf hin, dass neoliberal das Gegenteil von „altliberal“ (laissez-faire) ist. Synonyme wären ordoliberal und, naja, sozialmarktwirtschaftlich.

Wenn also wie Du Leute heute neoliberal im Sinne von erneut altliberal benutzen, dann ist das a) falsch und/oder b) wie bei Dir polemisch, um den gleichklang mit neofaschistisch oder neonazistisch zu erreichen.

Gruß,
Andreas

Hi

Wenn es aber „Alt-68er“ gibt, dann müsste es doch auch
„Neu-68er“ oder „Neo-68er“ geben?

Nein, muss es nicht. Wenn ein Ort ein Akltersheim hat, muss er nicht zwingend auch ein Jugendheim haben.
Die Silbe „Alt“ vor „68er“ heißt ja nur, dass die Leute, die 1968 politisch aktiv und progressiv waren, jetzt halt alt geworden sind, mehr ist da nicht reinzudeuteln.
Gruß von einem ebenfalls etwa aus der Generation stammenden

Hallo,

*Grusel*. Mit der Vorsilbe „Neo“ in Zusammenhang gebracht zu
werden, lässt mich schaudern. Denn bisher kenne ich nur
„Neo-Nazis“ und „Neo-Liberale“. Die einen sind physische
Mörder, die anderen soziale.

daß das Nonsens ist, wurde von Andreas ja schon erklärt.

Ich habe da noch nie von gehört. Von „Alt-68ern“ bisher
allerdings auch nicht.

M.E. hat die Bezeichnung zwei Facetten. Einmal die, die Branden erwähnte, also die reine, natürliche Alterung der damals mehr oder weniger aktiven Personen. Dann aber auch noch die, daß Menschen im fortgeschrittenen Alter ein Verhalten an den Tag legen (entweder wieder oder erstmals), für das die 68er stehen oder standen. Manche demonstrieren auf der Straße gegen Studiengebühren, andere behindern Kontrolleure in Bussen und Straßenbahnen bei ihrer Arbeit.

Gruß
Christian

Hi,
Alt-68er sind terminologisch analog Alt-Stalinisten, Alt-Nazis, Alt-Kommunisten benannt.
Als Neu-68er werden i.a. jene verwirrten dt. Jugendlichen, i. d. R. Linksautonome, bezeichnet, die gegen Nazis/ Neonazis UND Rassismus sind (daher oft antizionistisch/ antiamerikanisch), die bestehende politische Ordnung grundsätzlich ablehnen (mit Gewaltanwendungen bekämpfen)und auch sonst die Verhaltensmuster ihrer Alt 68er Eltern/ Großeltern aufweisen/benutzen/kopieren (quasi als Pseudo-Epigonen der 68er Ausgeburt RAF/ Baader Meinhoff Bande).
Slogans dieser Neu-68er wie „Harris do it again“ und „Alles Gute kommt von oben“ sind Slogans anläßlich des Jahrestages des an Dresden verübten Bombermassenmordes vom 13.02. 1945. Ob die Dresdener Bevölkerung die lautere Gesinnung hinter diesen Parolen wertschätzten vermag, wird sich bald weisen.

Andere Begriffsdefinitionen sind die, daß Alt-68er, die zur Vernunft (bzw. zu Vermögen) gekommen sind, somit was zu verlieren haben (wie als Prototyp das Putztruppenmitglied Joseph M. „Nabucco“ Fischer - einst in Turnschuhen, jetzt in Armani - dienen mag) und daher jene Werte, die sie einst bekämpften, heute wertschätzen, ja gegen Wandel verteidigen.
lg O

http://jungle-world.com/artikel/2009/06/32618.html

http://www.single-generation.de/kohorten/arno_widman…

http://www.bankingportal24.de/finanzredaktion/436/go…

Hallo Andreas,

Carsten schrieb, dass er das Wort „neoliberal“ nur aus bestimmten Zusammenhängen kenne. Und heute ist es in der Tat so, dass „neoliberal“ in der öffentlichen, nichtakademischen Diskussion negativ konnotiert ist und zur Beschreibung von Phänomenen wie Reagonomics, Thatcherismus oder allgemein einer Hinwendung zu einer Laisse-faire-Wirtschaftspolitik benutzt wird. Diese Umdeutung hat Mitte der siebziger Jahre begonnen und ist heute weit verbreitet, so dass jemand, der sich nicht mit Wirtschaft beschäftigt, die akademische Definition vermutlich gar nicht kennt.

Ähnliches passiert immer wieder, so wurden die „Schlüsselqualifikationen“ in den achziger Jahren mit einem emanzipatorischen Impetus auf den diskursiven Markt geworfen, während der Begriff heute die nicht fachbezogenen, aber verwertungsrelevanten Fähigkeiten und Fertigkeiten eines Stelleninhabers oder Bewerbers beschreiben.

Grüße, Thomas

Hallo Thomas,

Du hast zwar recht, hältst mich aber nicht davon ab, den Begriff wie beschrieben zu gebrauchen. Ich BIN neoliberal und stehe auf Röpke, Müller-Arnack etc.

Ich glaube auch im Prinzip daran, dass man Sprachentwicklungen korrigieren kann. Die schlimmsten Auswüchse des Denglisch z.b. liegen hinter uns und wir nähern uns einem gesunden Normalmaß.

Mehr dazu sollten wir aber bei „Sprache“ diskutieren.

Gruß,
Andreas