84 Jahre, dement und Autofahren

Hallo Ihr Lieben,

eins vorweg: Dieser Artikel könnte auch im Psychologie-/Medizin- oder Rechtsbrett stehen. Also bitte verschieben, falls es ist hier grundverkehrt sein soll.

Meine Oma ist über 86 Jahre und eigentlich SUPER fit. Sie führt ihren Haushalt noch allein, geht einmal die Woche Schwimmen und in die Sauna und hat einen 84-jährigen Lebensgefährten, mit dem sie allerdings nicht verheiratet ist.

Dieser Lebensgefährte, der körperlich auch noch sehr fidel ist, hat in den letzten Monaten stark abgebaut - Demenz. Das Schlimme ist, dass er immer noch darauf besteht, dass er Auto fahren will. Meine Oma weigert sich schon, mit ihm mitzufahren, und fährt mit meiner Mutter einkaufen etc., aber er weigert sich, dieses Auto abzugeben, und reagiert auf dieses Thema schon recht aggressiv.

Wir müssen natürlich befürchten, dass irgendwann mal etwas passiert, aber all meine Bemühungen, ihn behutsam das Autofahren auszureden, waren erfolglos. Er scheint sich über das Autofahren zu definieren, à la „So lange ich das noch kann, bin ich fit!“.

Meine Frage: Was kann ich als rechtlich Nicht-Angehörige unternehmen, damit er auf das Auto verzichtet? Dies sollte würdevoll geschehen, ihn also nicht verletzen. Oder bleibt nur der Weg über die Entmündigung, die dann sicherlich nur sein Bruder in die Wege leiten könnte, oder?

Danke und viele Grüße

Kathleen

Hallo Kathleen,

dieses Thema hatten wir auch bei meinem widerspenstigen Vater. Mutter ( die keinen Führerschein hat) sass daneben und hat ihm gesagt ob ein Auto kommt oder nicht…

Wir haben uns durchgesetzt und ihm das Auto weggenommen nachdem er mehr auf dem Randstreifen fuhr statt auf der Strasse.

Hier am Ort fahren noch ein paar dieser Spezies herum. Einer hat jetzt seinen BMW geschrottet und läuft endlich.

Wollt ihr warten bis er jemanden totgefahren hat???

LG Rosenfreak

Hallo!

Zuerst mal bin ich froh, daß es echt noch Leute gibt, denen sowas auffällt und die was dran ändern wollen.

Meine Frage: Was kann ich als rechtlich Nicht-Angehörige
unternehmen, damit er auf das Auto verzichtet? Dies sollte
würdevoll geschehen, ihn also nicht verletzen. Oder bleibt nur
der Weg über die Entmündigung, die dann sicherlich nur sein
Bruder in die Wege leiten könnte, oder?

Entmündigung ist, denke ich mal, zu weit hergeholt. Ein erster Schritt wäre es eventuell, der entsprechenden Behörde (Straßenverkehrsamt?) Bescheid zu geben, daß er nicht mehr in der Lage ist, am Straßenverkehr teilzunehmen. Die werden dann hoffentlich die richtigen Schritte einleiten. Wenn man einem Kiffer den Lappen entziehen kann, dann mit Sicherheit auch jemandem, der einfach zu alt ist. Und zwar ganz einfach mit der Begründung: Unfähig, am Straßenverkehr teilzunehmen. Mit Sicherheit wird man ihn dann eine MPU machen lassen oder sowas.

Ob das nun „würdevoll“ ist, ist ne andere Frage. Das wäre mir ehrlich gesagt aber auch egal. Mir ist es lieber, wenn Opa ein Jahr lang geknickt ist, als wenn Opa einen Menschen totfährt.

Vielleicht fährste einfach mal mit ner Videokamera hinterher und zeigst ihm, was er für Mist baut?

zum Atofahren
Hallo Kathleen,

ich meine mich zu entsinnen, dass es zum Autofahren eines Schlüssel bedarf…

Ich weiss nicht mehr so genau…

Eventuell irre ich aber auch
Ray

PS: Ich gehdann malne Runde fahren. Wenn ich den Schlüssel gefunden hab…

Hallo Ray,

diese Idee hatte ich auch schon, befürchte nur, dass ich den Armen noch mehr verunsichere, wenn er seinen Schlüssel nicht mehr findet. Und dass meine Oma den Ersatzschlüssel dann auch verloren hat, muss man erst einmal erklären…

Aber: Taten warten! :smile:

Schönen Abend

Kathleen

Hallo Ulrike,

natürlich wollen wir nicht warten, bis jemand zu Schaden kommt - daher ja auch meine Frage!

Ich wollte bloß eine „sanfte“ Art (und rechtlich korrekte, da kein Verwandtschaftgrad besteht) finden, um ihn vom Autofahren abzuhalten.

Letztes Jahr ist er bereits einem stehenden LKW aufgefahren, die gerufene Polizei ist aber ob seines Alters nicht stutzig geworden.

Aber wahrscheinlich hilft hier wirklich nur die rabiate Art: Auto weg!

Schönen Abend

Kathleen

2 argumente dagegen
hallo,

ich kenne hautnah 2 fälle, auf grund derer mich demente/sehbehinderte oder anderweitig beeinträchtigte greise hinterm lenkrad schleunigst das weite suchen lassen:

1.) fast genau 30 jahre her. wir waren damals 18, eine freundin hatte schon den führerschein und einen kleinen fiat 500, ich war in der fahrschule. die freundin fuhr mit ihrem auto eine sehr breite, vorfahrtsberechtigte straße lang. von links kam etwas und bretterte ihr rein. der fiat 500 atomisierte, die freundin ebenso. auch eine 5-stündige operation konnte sie nicht mehr retten.
der autofahrer (82), der von links kam, konnte kaum noch gucken. drum hatte er seine frau gebeten: „du else, guck doch mal, ob von rechts was kommt.“ „nö, alles frei“, meinte sie - und er fuhr los.
fazit: eine 18-jährige tot, ein greises unbelehrbares paar, das daran festhielt, nichts falsch gemacht zu haben.

2.) eine firma, in der ich mal gearbeitet habe (sie macht licht, aber ich sage den namen nicht), hatte einen sehr greisen chef. der alte herr war aber noch sehr kregel, wackelte noch jeden morgen durch den weitläufigen betrieb, um all den geburtstagskindern zu gratulieren (aber nur den angestellten!). er hatte einen parkplatz im firmenparkhaus. wie er dort rein kam, ist nicht überliefert. bei der ausfahrt jedoch orientierte er sich an dem hellen loch der ausfahrt, auf das er einfach zufuhr. gleich dahinter war eine große kreuzung. mehr als einmal (ach, was sag ich? 10 mal, 20 mal!) hat es da gerappelt, weil cheffe ins helle gefahren war. zum glück nur blechschaden, das aber heftig. weil cheffe aber angst um seinen führerschein hatte, hat er die schäden stets an ort und stelle bezahlt, was die häufigkeit der zusammenstöße noch forcierte. denn einen unfall mit dem alten zu haben, galt als sicheres zubrot.

du solltest prioriäten setzen: ein im ego etwas verletzter mitt80er oder ein oder mehrere schwerverletzte oder gar tote.

gruß
ann

Hi Kathleen,

vor einigen Wochen konnte ich mich mit meinem Hund nur mit einem Sprung von einem heranrasenden Auto in Sicherheit bringen. Das Auto krachte dann in eine Litfaßsäule… Der Fahrer, ein Mann von ca. 80, nahm diesen Unfall gar nicht so richtig wahr. Er stieg aus und guckte eher staunend auf seinen Blechschaden. Irgendjemand hatte dann die Polizei gerufen und ich hab’ den Beamten darauf angesprochen, dass ich fast umgenietet worden wäre und dass der alte Mann wohl schon nicht mehr in der Lage wäre, ein Fahrzeug zu führen und man solle ihm doch lieber den Führerschein abnehmen, damit er nicht noch mehr Menschen gefährdet. Der Polizist zuckte nur die Schulter und sagte: „Da kann man nichts machen“.

Das wird Dir jetzt nicht unbedingt helfen, aber vielleicht so viel, dass Du alles dransetzt, Dein Vorhaben durchzuziehen und nicht aufgibst.

Gruß,

Anja

Danke!
Hallo miteinander,

die Notwenigkeit habe ich ja schon erkannt, auch weil mir selbst mit 18 Jahren ein 79-Jähriger die Vorfahrt genommen hat mit der Argumentation, er führe hier schon seit Jahren hier lang und hier sei noch nie einer gekommen. Mein Auto hatte Totalschaden, weitere drei Autos wurden beschädigt. Lach - und ich durfte mir noch anhören, dass man ja nicht auf sein Vorfahrtsrecht pochen müsste. Ich hatte verdammtes Glück, dass ich IHM reingefahren bin und er mir nicht in die Seite.

Aber Danke! Ihr habt mich darin bestärkt, dass ich wohl auf Kurt weniger Rücksicht nehmen sollte, sondern einfach durchgreifen muss.

Viele vorweihnachtliche Grüße

Kathleen

Entmündigung ist, denke ich mal, zu weit hergeholt. Ein erster
Schritt wäre es eventuell, der entsprechenden Behörde
(Straßenverkehrsamt?) Bescheid zu geben, daß er nicht mehr in
der Lage ist, am Straßenverkehr teilzunehmen.

Wäre das nicht sehr schön, wenn es so einfach wäre, damit jemanden um seinen Führerschein zu bringen?

Vielleicht fährste einfach mal mit ner Videokamera hinterher
und zeigst ihm, was er für Mist baut?

Deutlich bessere Möglichkeit. Wenn er tatsächlich des öfteren richtigen Mist baut, dann muß er das selbst einsehen.

Hallo Kathleen,

Hallo Ihr Lieben,

Meine Frage: Was kann ich als rechtlich Nicht-Angehörige
unternehmen, damit er auf das Auto verzichtet? Dies sollte
würdevoll geschehen, ihn also nicht verletzen. Oder bleibt nur
der Weg über die Entmündigung, die dann sicherlich nur sein
Bruder in die Wege leiten könnte, oder?

Fahre Du doch mit zum Einkaufen! Und wenn er stark gefährlich fährt, dann sag es ihm gleich. Er muß selbst zur Einsicht kommen!!! Es ist bestimmt sehr verletzend, wenn Nicht-Angehörige so etwas durchsetzen wollen.
Die mich vor Bergkuppen oder Kurven noch unbedingt überholen müssenden, das sind keine Opas. Die Kreuze an der Straße lassen auch nicht auf Greise deuten, mein letzter Unfallgegener war eine junge Mutti, total gestreßt. Mit Kind.
Was willst Du mit all denen?

Danke und viele Grüße

Kathleen

Viele Grüße
Boris

Lieber Boris,

„Einsicht“ existiert leider nicht aufgrund der fortschreitenden Demenz. Kurt ist in seinem Leben berufsbedingt sehr viel Auto gefahren und ist immer ein sehr guter Autofahrer gewesen. Darauf baut er! Mag sein, dass er immer noch „besser“ fährt als so mancher Fahranfänger oder Hysteriker - aber das sollte ja nicht der Maßstab sein.

Viele Grüße

Kathleen

2 Like

Hi Kathleen,

zunächst einmaldanke für die Art wie Du über den Lebensgefährten Deiner Oma schreibst.

Ich mutmaße mal, dass Ihr schon einiges in Gesprächsform probiert habt. Es ist sicherlich auch nicht einfach für einen Menschen zu akzeptieren, dass man etwas nicht mehr können soll / darf, weil man zu alt dafür sein soll bzw. ist. Der Wegfall des Führerscheins nimmt ihm schließlich auch noch ein Stück Bewegungsfreiheit.

Allerdings ist auch Handlung angesagt, da er nicht nur sich sondern auch seine Lebensgefährtin und alle anderen gefährdet, die ihm im Straßenverkehr begegnen.

Er geht davon aus ein noch sicherer Fahrer zu sein. Lasst ihn das beweisen, zur Not durch etwas tückische Provokation, falls es zugewandt nicht klappen sollte. ADAC, Polizei, Tüv oder Fahrschulen sollten möglicherweise einen Reaktionstest in einem z.B. Simulator anbieten können.

Falls er weiter abblockt, es könnte auch Altersstarsinn hinzu kommen, gibt es einen Menschen, dessen Meinung er respektiert bzw. auf dessen Meinung er wert legt? Vielleicht könnte eine Art Respektsperson, z.B. zu guter letzt der Hausarzt, mit ihm sprechen.

Vielleicht könntet Ihr ihm auch Alternativen anbieten. Taxi ist wohl nicht, zumindest nicht auf Dauer, drin. Gibt es bei Euch Sammeltaxi? Oder kannst Du oder jemand anderes aus dem sozialen Umfeld anbieten, ihn und Deine Oma künftig x-mal die Woche zu fahren bzw. ihnen Sachen vom Einkaufen mitzubringen…?

Ihm muss jedenfalls klar werden, dass er nicht nur sich sondern auch andere in Lebensgefahr bringt. Und ihm einfach den Führerschein abnehmen, würde zwar das Problem lösen, doch das fände ich widerum würdelos. Nach Möglichkeit ihn über ein Gespräch zu einem Verkehrstest bringen, wäre mein Vorschlag.

Ciao,
Romana

Hallo Kathleen,

Autofahren ist emotional hoch besetzt, deshalb wirst Du mit rationalen Argumenten nicht weiterkommen noch nicht einmal mit Videoaufzeichnungen. In Alzheimer-Angehörigengruppen ist das Thema Autofahren ein Dauerthema.

Schlüssel verschwinden lassen ist auch nur ein begrenzt taugliches Mittel. Eine Bekannte hatte sogar das Auto verkauft. Der Mann hat es geschafft, sich ein Motorrad zu kaufen!

Im Extremfall - also wenn ein Autofahrer die Verkehrssicherheit gefährdet, dann ist ein Mittel der Wahl das Auto fahruntauglich zu machen: Verteilerkappe abschrauben, Batterie abklemmen …

Viele Grüße

Iris

Hallo Kathleen,

erst mal: schön, dass Du Dir so viele Gedanken um Kurt machst.
Eine eigentlich unfaire, aber wirksame Methode: eine anonyme Anzeige beim Ordnungsamt Deiner Gemeinde/Stadt oder beim Gesundheitsamt. Die müssen, auch wenn die Nachricht anonym erfolgt, von Amts wegen tätig werden, wenn konkrete Tatbeschreibungen berichtet werden. Es erfolgt dann meist eine Vorladung beim zuständigen Amt und die Aufforderung, beim MPU mitzumachen. Diese Prüfung wird er dann wohl nicht bestehen.
Du hast Deine Schuldigkeit getan und bist trotzdem nicht „die Böse“, die ihm den Führerschein entzogen hat.
Mit Einsicht ist da nichts zu machen!
Viel Erfolg wünscht
leloup

3 Like

Hallo,

Meine Frage: Was kann ich als rechtlich Nicht-Angehörige
unternehmen, damit er auf das Auto verzichtet?

Genauso wie jeder Bürger verpflichtet ist, einem Besoffenen
die Benutzung des PKW zu unterbinden, genauso hat man auch
in anderen Fällen offensichtlicher Fahruntüchtigkeit eine
gewisse Mitverantwortung.

Dies sollte würdevoll geschehen, ihn also nicht verletzen.

Bei richtigem Starssinn wohl kaum möglich .

Oder bleibt nur der Weg über die Entmündigung, die dann
sicherlich nur sein Bruder in die Wege leiten könnte, oder?

Zwischen einer Entmündigung (nur durch Gerichtsentscheid nach
langwieriger Prüfung möglich) und einer ärtlichem Untersuchung
zur Fahrtüchtigkeit (MPU) sind wohl Welten Unterschied.
http://de.wikipedia.org/wiki/MPU
http://de.wikipedia.org/wiki/Portal:Transport_und_Ve…

Gruß Uwi

hallo … mein vater ist bis zu seinem 86. lebensjahr noch ganz gut gefahren. dann ging es bergab. mit 89 jahren hat er selbst gemerkt, dass er nicht mehr fahrtüchtig ist ( div. kleinere rempler). er hat das fahren aufgegeben; das auto steht aber zugelassen in der garage. zitat: „wenn ich nicht mehr fahren könnte, dass könnt ihr mich gleich begraben…“. ihm das fahren auszureden hat nicht funktioniert und ist jedesmal in einen streit ausgeartet. diesen sommer ( er ist nun 92 jahre) wollen wir mal abends auf einen grossen parkplatz fahren, damit er wieder ein paar runden drehen kann ohne andere zu gefährden. denn das fahren (=mobilität) ist für ihn ein gefühl des „lebens“.

Gruss Kai

Ich finde euer Nachdenken sehr verantwortungsvoll und kann mich dem nur anschließen. Es ist keinesfalls unfair, die zuständige Behörde einzuschalten. Es besteht aber auch die Möglichkeit, mit dem Hausarzt
Kontakt aufzunehmen, der alles weitere veranlaßt.

Noch ein wichtiger Tipp: Das Auto darf auch nach diesem Prodecere nicht
mehr zugänglich sein. Ich kenne leider einen derartigen Fall: Der Führerschein war eingezogen, aber der Pkw nicht eingezogen. Der alte Herr hat als Geisterfahrer auf der Autobahn vier Menschen totgefahren.
Daran erkennt man, wie wichtig Dein Anliegen ist.
Ich wünsche Dir Mut und Erfolg.
faros

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