Hi!
In meinen Augen ist nach dem Wegfall des dreigeteilten Ideologien-Konfliktes (Demokratie - Kommunismus - Faschismus) der Anschlag vom 11.September 2001 nur der Ausdruck eines neuen Konfliktes, wobei sich dieses Mal ein gesellschaftspolitisches Wertesystem mit (scheinbar) religiös motivierten Gegnern auseinanderzusetzen hat.
Wirft man einen Blick auf die Weltkarte, so entstehen überall dort Konfliktherde, wo unterschiedliche Weltanschauungen auf religiöser Basis aufeinander stoßen: der Balkan mit dem zerfallenen Jugoslawien (Bosnien, Kosovo), die neu entstandenen Staaten im Süden der ehemaligen Sowjetunion plus Anrainer (Tschetschenien, Georgien, Armenien, Aserbaidschan, Afghanistan), der indisch-pakistanische Konflikt, die Kämpfe in Indonesien, auf den Philippinen und in Timor, die blutigen Auseinanndersetzungen in den Grenzstaaten Afrikas, wo die arabische Welt auf die schwarzafrikanische stößt.
Ich halte die Demokratie - trotz aller Bedenken, Gefahren, Einschränkungen und Nachteile - für ein erfolgreiches Politmodell. In der Auseinandersetzung mit faschistischen Staaten, angefangen von Italien und Deutschland über diverse Militärdiktaturen in Lateinamerika, hat sich dieses Modell als erfolgreich herausgestellt. Keine Diktatur in Mittel- und Südamerika hat sich als dauerhaft haltbar herausgestellt.
Gleiches kann spätestens seit 1989 über die kommunistischen Staaten geagt werden. Die praktische Umsetzung eines hehren theoretischen Zieles ist schlicht gescheitert. Und die letzten Staaten, die heute noch kommunistischen Ideen folgen (Kuba, Nordkorea), werden in Kürze ihr Politsystem ändern müssen, damit ihre Völker wirtschaftlich überleben können.
Worin liegt der Erfolg der demokratischen Staatsform begründet? Ich denke, dass in einer funktionierenden Demokratie die Achtung des Andersdenkenden, Toleranz und gleiches Recht gegenüber jedermann die ausschlaggebende Kraft ist. Dialektische Auseinandersetzungen, ohne dabei persönliche negative Konsequenzen befürchten zu müssen, ist der Motor einer funktionierenden Demokratie.
All das löst bei Menschen, die ein anderes Weltbild haben, Ängste, Neid und Hass aus. Das betrifft nicht nur jene, die nach einem absolutistischem Glauben leben, sondern auch links- wie rechtsradikale Kräfte innerhalb demokratischer Staaten. Der Erfolg der Staatsform Demokratie macht Angst. Und führt zu Fehleinschätzungen (Hitler hat westlichen Demokratien immer als schwach angesehen und lag damit völlig falsch; ähnliches ist bei kommunistischen Staatsführern und Polittheoretikern der Fall gewesen).
Vermutlich fühlen sich diese Menschen durch den Erfolg in ihrer persönlichen Existenz bedroht. Und richten ihre Angriffe gegen zwei Hauptziele: den Staat, der als der mächtigste im demokratischen Lager angesehen wird, und dem Staat, der als Urheber dieser Staatsform gilt. Im vorliegenden Fall sind beides die USA.
Wie erfolgreich die Demokratie als Staatsform wirklich ist, läßt sich am Beispiel des Iran ablesen. Das durchaus faschistisch geprögte Regime des Schahs wurde in den Siebzigern von der Bevölkerung bekämpft. Die Demokratie als Alternative kam jedoch nicht in Frage, weil die USA den Schah als Stellvertreter ihrer Position stützten (die ganze Geschichte würde hier zu weit führen, weil dann die Rolle Großbritanniens in der Region etc. beleuchtet werden müßte). Auch der Kommunismus wurde abgelehnt, weil die Sowjetunion nördlich der iranischen Grenzen nur darauf lauerte, eine Position in der Golfregion zu besetzen. So blieb nur der Rückzug auf die eigenen relgiös gefärbten Möglichkeiten: die islamische Republik. Mittlerweile ist eine neue Generation herangewachsen, die nichts anderes kennt als den Gottesstaat. Und siehe da: aus dieser Generation erwächst der Ruf nach mehr persönlicher Freiheit, nach Teilhabe an Macht und wirtschaftlichem Erfolg, nach Lösung des religiösen Gängelbandes.
Und genaue letzteres war der entscheidende Schritt der westlichen Staaten auf dem Weg in eine funktionierende Demokratie. Die Trennung von Staat und Religion. Auch wenn islamische Führer von einer Toleranz gegenüber anderen Religionen (konkret gegenüber dem Christentum) sprechen, so haben sie bis heute nicht verstanden, was diese Trennung von Religion und Staat und die daraus erwachsene Toleranz wirklich bedeutet.
Und dies ist für mich das Motiv, das hinter den ganzen Attentaten islamischer Fundamentalisten steht. Weder ein Krieg gegen den Irak noch die Ausschaltung der Al-Kaida oder anderer Terrororganisationen wird den Konflikt beenden!
Grüße
Heinrich