Abbau Bürokratie?

Hallo

Die Wahlaussage jeder Partei seit ??? Jahren: die Bürokratie muß abgebaut werden. Erkenntnis vor jeder Wahl: Investitionshemmnis Nr.1 sind die deutschen Genehmigungen und Vorschriften in allen Bereichen.
Auf den Plakaten steht: Die müssen weg.
Wer weiß wie viele Verordnungen, und wo, abgebaut wurden. (was wurde vereinfacht)?
Wer weiß wie viele Neue dazugekommen sind. (Annähernd)?
Oder doch alles nur kümmerliche Wahllüge?

Fragend Vanic.

Auch hallo.

So kurz vor dem nächsten Wahldeseaster umgibt sich eine Partei i.A. gerne mit dem Mantel des Bürokratieabbaus.
Aber hier ist schon mal ein Beispiel für (versuchten ?) B.abbau: http://www.bundesregierung.de/-,413.821754/artikel/B…
Aber auch der Bürokratieabbau muss bürokratisch geregelt werden. Und dafür braucht es wieder Gesetze, Erlasse,…

mfg M.L.

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http://de.fc.yahoo.com/b/banken.html

Hi,

Wer weiß wie viele Verordnungen, und wo, abgebaut wurden. (was
wurde vereinfacht)?

netto nichts:
http://www.welt.de/data/2005/01/12/386944.html
http://www.welt.de/data/2004/09/28/338818.html
http://www.welt.de/data/2003/11/03/191709.html

Gruß,
Christian

Hallo!

Bürokratie wird wie wild abgebaut. Nehmen wir als Beispiel Mecklenburg-Vorpommern. Es ist das ärmste Bundesland, selbstredend hoch verschuldet, verliert alljährlich 15.000 Einwohner durch Abwanderung, das sind knapp 1% seiner Bevölkerung und leistet sich zum Ausgleich die meisten öffentlich Bediensteten pro 1000 Einwohner.

Weil sich nicht jede Mini-Gemeinde komplette eigene Verwaltungsstrukturen leisten kann (so viele Einwohner hat manches Dorf gar nicht, wie Behörden erforderlich wären), betreiben mehrere Gemeinden gemeinsam ein Amt. Aber auch diese Einheiten sind oft viel zu klein und so gibt es eine Order der Landesregierung, daß ein Amt für mindestens 8.000 Einwohner zuständig sein soll. Kleinere Amtsbezirke sollen fusionieren. Klingt vernünftig und funktioniert in der Praxis wie folgt: 2 Mini-Ämter fusionieren zu einem neuen Amt. Jetzt wird aber nicht etwa ein Amtsstandort aufgelöst, vielmehr bleiben die alte Standorte erhalten und neue kommen dazu. Das heißt dann Bürgernähe. In einzelnen Dörfern werden Räumlichkeiten hergerichtet, in denen die Bürger z. B. ihren Personalausweis verlängern können. Am Ende wird mehr Personal als zuvor gebraucht.

Weder die alten noch die neuen fusionierten Ämter konnten alle Angelegenheiten des Bürgers erledigen. So hat jedes Amt zwar ein Bauamt und einen Bauamtsleiter, aber der reicht einen Bauantrag nur weiter zum Bauamt beim Kreis. Nur dort sitzen Leute, die das Anliegen bearbeiten. Vorschläge, diesen aufgeblasenen Apparat einzudampfen, prallen ab. Mir wurde beschieden, es sei dem Bürger nicht zuzumuten, mit jedem Bauantrag in die Kreisstadt (Kreisstädtchen) zu fahren. Hab ich natürlich sofort begriffen, daß für diese von jedermann täglich zu erledigende Aufgabe überall Leute vor Ort dringend nötig sind.

Vor Jahren gabs im Kreis nur eine Kfz-Zulassungsstelle im Landratsamt. Das Landratsamt wurde in einen Neubau in eine andere Stadt im Kreis verlegt. Dort gabs dann auch eine neue Kfz-Zulassungsstelle - aber nicht statt der alten, sondern zusätzlich zur alten Zulassungsstelle. In den beiden Zulassungsstellen gehts gemütlich zu. Niemand überarbeitet sich, viel Publikum ist nur selten anzutreffen. Vor einigen Monaten teilt der Landrat stolz mit, daß nun endlich eine dritte Kfz-Zulassungsstelle in einem weiteren Ort des Landkreises eingerichtet wurde. Kost ja alles nix.

Weil mir heute noch nichts die Laune verdarb, schenke ich mir die Schilderung der überaus komplizierten, zeitraubenden und personalintensiven Abläufe beim behördlichen Verkauf eines Müllsacks.

Merke: Wir haben die Fähigkeit, die Menschheit auszurotten. Ausgenommen sind nur ÖDler, die lassen sich nicht dezimieren. Diese Akribie macht uns keiner nach! Wir sind Papst Spitze!

Gruß
Wolfgang

Ein Beispiel aus dem richtigen Leben - lang!
Hallo.

Zur Ausgangssituation : Kassel war vor dem Krieg Provinzhauptstadt und als solche Sitz vieler Behörden. Kassel wurde zu ca. 85% zerstört (was die Bomber nicht geschafft hatten, erledigten die Stadtplaner gründlichst bis zur Mitte der 50er Jahre). Ergo befindet sich in der Kasseler Innenstadt, mit Ausnahme einiger Schloss- und Parkanlagen, so gut wie nichts mehr an alter Bausubstanz. Alles 50er Jahre, hübsch hässlich und so mazda.

Nun muss aber eine solche Stadt ein Amt für Denkmalpflege haben; nicht etwa, um sich um die verbliebenen Rokokoschlösschen u.dgl. zu kümmern (dafür haben wir die „Hessische Verwaltung der Schlösser und Gärten“ oder so ähnlich). Es steht also der wackere Denkmalpflegebehördenleiter vor der undankbaren Aufgabe, entweder bis zum Erhalt seiner Pension Büroklammern rund zu biegen - oder aber schützenswerte Bausubstanz zu definieren. Er macht letzteres, indem er im Hauruckverfahren (Anfang der 50er : riesige Wohnungsnot!) hochgezogene Mietskasernen, aber auch Ein- und Zweifamilienhäuser per Order de Mufti zu Denkmälern umdefiniert. Konsequenterweise beschränkt sich die Erhaltung dieser ach so wertvollen (Trümmerschutt!) Substanz nicht auf die Fassade, sondern auch die Innenraumgestaltung. Warum sollen auch nicht Wohnräume von 5 m Höhe, in denen sich August Normalalmosenempfänger totheizt, der Nachwelt im Originalzustand erhalten bleiben???

Nun gut, alle diese Maßnahmen müssen natürlich mit entsprechendem Personalaufwand abgestimmt und zerwaltet werden. Da aber offenbar jede/r/s Beamt/e/in/um mit der Qualifikation zum Denkmalschützer auch einen unstillbaren Drang zum Außendienst entwickelt, müssen die löblichen Aktivitäten auf weitere Gebäudearten ausgedehnt werden. Nun muss man wissen, dass große Teile Kassels seit den späten Sechzigern zu Industriebrache wurden. Diese Gemäuer im schönsten Ziegelsteinbarock dürfen nun, falls sich tatsächlich ein armer Irrer findet, der in dieser Stadt investieren will, keinstenfalls abgerissen oder gar vernünftig renoviert werden - der Investor hat sich in den seit 30 Jahren fröhlich vor sich hinrottenden Gelassen einzurichten, Denkmalschutzberatungsgebühren abzudrücken und ansonsten die Schnauze zu halten. Dass in einer solchen hehren Halle kein Gabelstapler ohne Gefahr für Leib, Leben und Feinstaubquote verkehren kann, ist zwar ungünstig, aber na gut. Mäh honn’s je, spricht der Kasseläner. Ja, in der Tat - so Stücker 15% offizielle und mehr als 20% wirkliche Arbeitslose, die honn mäh.

Nun ist irgendjemand, der offensichtlich die Struktur der Bürokratie noch nicht ganz erfasst hat, auf die Idee gekommen, dass Denkmalschutz zwar schön und gut, aber hier an einigen Stellen wohl doch etwas übertrieben ist. Was passiert also? Es wird nach dem alten Motto „wenn man nicht mehr weiter weiß, macht man einen Arbeitskreis“ eine Gruppe gebildet, die nun tagtäglich in den Sesseln hockt, gar heftiglich drückt und gelegentlich mal pupst. Zum Beispiel müssen ja die Mitglieder dieses elitären Zirkels Schreibkräfte, Assistenten, Popoabwischer und andere Bedienstete haben … für die man dann wieder eine Frauenbeauftragte, zwei Personalräte (Geschlechterquote!), einen SB- Vertrauenseumel, einen Ombudsmann, einen Sicherheitsbeauftragten, mindestens drei Koordinatoren, einen externen Berater für Gender Mainstreaming und einen dafür, zu erklären, wie man das ausspricht, sowie einen dem Gender Mainstreaming zugeodneten Schrägstrichdisponenten, eine Abteilung für externe Kommunikation usw. haben muss …

Nettoabbaubilanz negativ, und zwar - mit viel Beschränkung auf das behördliche Existenzminimum (schlanke Verwaltung, s.o.!) - im zweistelligen Bereich.

So funktioniert Bürokratie - sie erschafft sich immer wieder selbst.

Gruß kw

… und von daher sollte es Beiträge wie Deinen auf Krankenschein geben. Wenn nur nicht alles so maßlos traurig wäre.

Übrigens richtet ein Denkmalamt, das tatsächlich nicht schützenswerte Substanz unter Schutz stellt, einiges an Steuerausfällen an, weil Investitionen in Baudenkmäler mit besonderen Abschreibungsmöglichkeiten verbunden sind.

Ich kann auf durchaus positive Erfahrungen mit Denkmalämtern zurückblicken, sofern ich vom dicken Hals absehe, den mir der offenkundig übertriebene Personalaufwand machte. So gibt es im Landkreis eine untere Denkmalbehörde, die definitiv nichts zu sagen hat. Das wußte ich zunächst nicht und sabbelte mir mit den Herrschaften den Mund fusselig. Es gab Ortstermine und Schriftwechsel, aber für verbindliche Aussagen und Entscheidungen aller Art wurde ich ans Denkmalamt des Landes verwiesen. Dort fing alles von vorne an, Ortstermine, Schriftwechsel. Wenn ich hochrechne … so viele untere Denkmalbehörden wie Landkreise … alle haben nichts zu melden … wir haben schon so viele Schulden, da kommt es auf die paar zig Leute à 50 T€ p. a. auch nicht mehr an…

Gruß
Wolfgang

Hallo,

ich glaube daß das, was Du hier beschreibst, viel schädlicher und Arbeitsplatz-vernichtender ist als die angeblich zu hohen Personalkosten in D oder die Tatsache daß Unternehmen wegen Müntes Äußerungen verprellt werden könnten.

Letztlich kann man es IMHO ganz simpel auf folgenden Mechanismus reduzieren: Unternehmen investieren da, wo es sich für sie lohnt. Punkt.

Es interessiert letztlich keinen ernst zu nehmenden Konzern was der Münte erzählt und keiner wird sich deswegen düpiert zurückziehen, solange hier der Rubel rollt.
Die Personalkosten - die bei uns ja angeblich so teuer sind - sind auch nur ein kleiner Faktor, gerade auch weil sie häufig gar keinen soooo furchtbar großen Posten im preislichen Gesamtgefüge ausmachen. Der Einsatz von Maschinen, die viele Arbeitsplätze ersetzen, kostet überall gleich viel, die Maschine kann genauso gut in D wie in China stehen.

Was aber ein wichtiger Faktor ist: in anderen Ländern kann sich ein Unternehmen relativ frei entwickeln, können sich die Mitarbeiter auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.
Hier greifen ständig irgendwelche Regelungen und Vorschriften ein, hier müssen sich Chefetagen um bürokratische Hürden anstatt die Unternehmensentwicklung kümmern.
Hier überlegt sich ein Unternehmer 100x ob er einen neuen Mitarbeiter einstellt weil er den nachher nicht mehr los wird, anstatt bei Bedarf zwanglos neue Mitstreiter zu engagieren weil man weiß: man könnte sie theoretisch unproblematisch wieder los werden.

Der Müntefering hat IMHO Recht, nur kommt sein Vorstoß ausgerechnet in der Wahlkampfphase in NRW: man merkt die Absicht und ist verstimmt.
Und außerdem: das Kapital fragt nicht nach gut und böse, sozialer Marktwirtschaft usw.
Dieser „Kampf“ gegen weltweit vagabundierendes Kapital ist sinnlos. Anstatt sich darüber zu empören sollte man „mitspielen“, also dafür sorgen daß dieses Kapital hier gebunden wird anstatt sich darüber zu beklagen daß es hier vorrüberzieht.

Ich halte den Bürokratismus für eine der größten Gefahren wenn es darum geht sich in Zeiten der Globalisierung zu positionieren.
Unsere geographische Lage, unsere Infrastruktur, die Verläßlichkeit, das alles würde für uns sprechen, die Lohnkosten sind höher als anderswo aber im Gesamtpreis eines Produktes nur ein kleiner Anteil. Aber der Bürokratismus macht alles kaputt - und jeder lamentiert, nur keiner ändert es.

Gruß,

MecFleih

Hallo Vanic,

Investitionshemmnis Nr.1 sind die deutschen Genehmigungen und
Vorschriften in allen Bereichen.
Wer weiß wie viele Verordnungen, und wo, abgebaut wurden. (was
wurde vereinfacht)?

M:W. wurden in Thüringen um 2000 herum alle VO auf den Prüfstand gestellt, dabei wurde a priori alle VO als an einem bestimmten Datum ausser Kraft gesetzt erklärt, ausser das Ministerium hat erklärt, warum die VO benötigt wurde.

In Sachsen gab es vor ca. 2 Jahren einen Paragraphenpranger. Man konnte da Landesgesetze/VO melden, die man für sinnlos hielt.
Ergebnis: neben Kleinvieh wiue Förderrichtlinie stellte sich das Schornsteinfegerwesen als Schwerpunkt heraus.
Insgesamt eine rel. geringe Beteiligung (insgesamt einige Tausend meldungen) und fast keine von den Profis (Hier. Verbände).

Lt. google soll das Saarland auch so etwas betrieben haben.
Ciao maxet.

Hallo!

Bürokratie wird wie wild abgebaut. Nehmen wir als Beispiel
Mecklenburg-Vorpommern.

Kleinere Amtsbezirke sollen fusionieren.
Klingt vernünftig und funktioniert in der Praxis wie folgt: 2
Mini-Ämter fusionieren zu einem neuen Amt. Jetzt wird aber
nicht etwa ein Amtsstandort aufgelöst, vielmehr bleiben die
alte Standorte erhalten und neue kommen dazu.

das funktioniert auch noch 2003ff ?
Felix MeckPomm!

Hier in Sachsen wird gerade diskutiert, die Anzahl der Kreise auf eine Handvoll zu beschränken. UND AUCH bei den Kommunen gibt es tendenziell Bewegung, allerdings nicht flächendeckend.

Ciao maxet.

Hallo!

Hier in Sachsen wird gerade :diskutiert, die Anzahl der :Kreise auf eine Handvoll zu :beschränken.

Das wird auch in McPomm und in Schleswig-Hosltein passieren. Ob Landkreise neu zugeschnitten, zusammengelegt oder neu benannt werden, ändert zunächst nichts an Kosten und/oder Effizienz der Verwaltung. Wenn Kosten gesenkt werden sollen, muß man sich von Aufgaben, Standorten und Personal verabschieden. Daß sich Land und Kreise von Aufgaben verabschieden, setzte voraus, daß Reglementierungen entfallen. Das könnte z. B. in der Selbstverwaltung von Schulen münden, in der Durchforstung der Bauordnung, in der Straffung des Denkmalschutzes und der Privatisierung des Vermessungswesens. Es ist so vieles denkbar, aber nichts davon geschieht oder ist auch nur angedacht. Mitarbeiter werden beruhigt, daß natürlich anläßlich von Umstrukturierungen niemand um seinen Arbeitsplatz fürchten muß. Da wird gewaschen, aber nichts naß gemacht.

Mit längerfristiger Perspektive werden vielleicht Neueinstellungen zurückhaltender vorgenommen, so daß sich der Personalstand durch Ruhestand und (sehr geringe) Fluktuation irgendwann reduziert.

Gruß
Wolfgang

Hi,

was sich für mich dadurch erklärt daß es so viele komplexe, unsinnige Vorschriften gibt daß kein einziger Laie sie kennt. Also kann er auch nix melden.

Diejenigen, die die Vorschriften kennen, sind in der Regel die Leute, die aufgrund der Regeln ihr Beamtengehalt kassieren - und die werden sich nicht selber ihr Betätigungsfeld wegmendeln indem sie Vorschriften abschaffen lassen.

Gruß,

MecFleih

Hallo Vanic

das ist ganz simpel ausgedrückt Volksverarschung!!! Ein Kenner der Szene bemerkte mal dazu: Dazu fehlen uns aber die externen Bürokraten, die das machen, denn jeder Abbau einer Vorschrift ist ja auch wieder ein bürokratischer Vorgang.

Ausserdem, was willste mit die 100.000en Bürokraten denn sonst noch anfangen??

LG
Mikesch

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