Abgaben im Mittelalter

Hallo allerseits,

war noch nie in diesem Forum (ich weiss, keine Entschuldigungen …)
In einem anderen Forum hatte ich eine Diskussion und erwähnte den Zehnt, der mir aus meiner Schule in Erinnerung blieb (neben Kreide und Perm). Jetzt hiess es, der Zehnt war nur für die Kirche und es gab zusätzlich weitere Abgaben.
Sowas hab ich in der Schule nur für die Zeit vor 1789 behalten (war halt nur eine Realschule).
Kann mich jemand in Kenntnis setzen, wie hoch waren die Abgaben im Mittelalter ? OK, eventuell etwas zu unpreziese formuliert, aber eine grobe Angabe hätte ich doch gerne.
Warum war es seinerzeit relativ stabil, während bei uns in ein paar Jahrzehnten die MWSt von 9 auf 19 geht ?
War der Zehnt wirklich nur religiös ? Was kam noch dazu für die Bürger ?

Gruss,

Uwe P.

In einem anderen Forum hatte ich eine Diskussion und erwähnte
den Zehnt, der mir aus meiner Schule in Erinnerung blieb
(neben Kreide und Perm). Jetzt hiess es, der Zehnt war nur für
die Kirche und es gab zusätzlich weitere Abgaben.

Hallo Uwe,
Der Zehnt stammt noch aus dem alten Testament, wo nach dem Gesetz des Moses, ein zehntel der Feldfrüchte, also hauptsächlich Naturalien, zum Tempel, oder einer anderen gerade verfügbaren heiligen Stätte, gebracht werden sollte, um Gott zu Danken.Wer keine Feldfrüchte hatte, konnte auch Geld bezahlen.
Allerdings war die Abgabe freiwillig, wurde aber meist gebracht,wenn auch nicht allzu genau, um den Zorn Gottes nicht abzukriegen.

Im Mittelalter dann,und jetzt kommt der Irrtum mit der Kirche, wurde der Zehnt direkt beim Pfarrer abgegeben, welcher nicht für ihn oder die Kirche bestimmt, sondern nur zur Verteilung vorgesehen war, da der Pfarrer als vertrauenswürdig galt.
Je nach Region und Boden konnte dieser Zehnt aber durchaus bedeuten, das ein Drittel der Ernte abgegeben werden mußte.

Was kam noch dazu für die Bürger ?

Später so nach 1000 a.D. führte man den Großzehnt ein,
Getreide und Großvieh, wie Rindsviecher ect.
dazu den Kleinzehnt: andere Feldfrüchte (Obst Gemüse) und Kleinvieh( Hasen Hühner ect.)

Daneben entwickelten sich zusätzliche Abgaben, die von Region zu Region, manchmal sogar von Dorf zu Dorf unterschiedlich ausfielen,
wie z.B. den Bergzehnt, der Abgaben aus dm Bergbau forderte( macht ja auch nur da Sinn, wo Bergbau betrieben wird.)
Man erhab nachher einfach auf alles einen Zehnt.
Heu, Wein, Holz, Fleisch, Eier, Milch, sogar Küchenkräuter blieben nicht verschont.
Du siehst also, das der Zehnt über die Jahrhunderte hinweg auch nicht so stabil blieb, sonder immer und immer mehr gefordert wurde.
In Kriegszeiten dann erhob man den Doppelzehnt, also ca. 20%.
Also war ein kluger Herrscher bemüht, eigentlich immer mit einem Nachbarn im Kriegszustand zu sein, manchmal auch mit einverständnis des Anderen, damit beide schön den doppelten Zehnt fordern konnten.
Natürlich kam es nie zu einer ernsten Schlacht, und wenn die Schober voll waren schloß man Frieden, bis sie sich langsam leerten und „zog“ dann wieder in den Krieg.

grüsse borthi

Guten Morgen,

Leibeigene mussten den Zehnten an den Grundherrn zahlen, und zwar von allem, also von Getreide, Großvieh, Heu.

Es gab die Kopfsteuer, die vom Grundherrn, Stadtherrn usw. eingetrieben wurde für die Königskasse.

Es gab auch noch den Kirchenzehnten, den die Bauern tragen mussten.

Zu bestimmten Terminen gab es noch Sonderabgaben wie Gänse zu Sankt Martin, Eier und Ostern. Das war aber regional sehr unterschiedlich.

In den Städten und Dörfern wurde von den Handwerkern auch eine Art Einkommensteuer verlangt, die in etwa dem Zehnten entsprach. Auch hier große regionale Unterschiede.

Beim Tod eines leibeigenen Bauern mussten dessen Angehörige das „Besthaupt“ bezahlen. Dies war das beste Stück Vieh im Stall. Wahlweise konnte der Grundherr auch das beste Stück Leinen aus der Kleidertruhe verlangen. Dies war eine Art Erbschaftssteuer, damit der Grundherr den Hof zurück an die Familie gab. Das Land eines leibeigenen Bauern gehörte ihm ja nicht mehr, es musste als eine Art Lehen zurück"verliehen" werden. Wurde das Besthaupt nicht bezahlt, konnte der Grundbesitzer den Hof einem anderen Leibeigenen überlassen oder ihn von seinen eigenen Knechten bewirtschaften lassen.

Zu besonderen Terminen wurden auch Steuern erhoben, z. B. Krönungssteuern, Kriegssteuern, Steuern wenn die Stadtmauern erneuert oder repariert werden mussten usw.

Ich hoffe, Du hast jetzt einen kleinen Überblick über den sog. Zehnten.

Liebe Grüße
Hagazussa

Guten Morgen,

Leibeigene mussten den Zehnten an den Grundherrn zahlen, und
zwar von allem, also von Getreide, Großvieh, Heu.

Es gab die Kopfsteuer, die vom Grundherrn, Stadtherrn usw.
eingetrieben wurde für die Königskasse.

Es gab auch noch den Kirchenzehnten, den die Bauern tragen
mussten.

Zu bestimmten Terminen gab es noch Sonderabgaben wie Gänse zu
Sankt Martin, Eier und Ostern. Das war aber regional sehr
unterschiedlich.

In den Städten und Dörfern wurde von den Handwerkern auch eine
Art Einkommensteuer verlangt, die in etwa dem Zehnten
entsprach. Auch hier große regionale Unterschiede.

Beim Tod eines leibeigenen Bauern mussten dessen Angehörige
das „Besthaupt“ bezahlen. Dies war das beste Stück Vieh im
Stall. Wahlweise konnte der Grundherr auch das beste Stück
Leinen aus der Kleidertruhe verlangen. Dies war eine Art
Erbschaftssteuer, damit der Grundherr den Hof zurück an die
Familie gab. Das Land eines leibeigenen Bauern gehörte ihm ja
nicht mehr, es musste als eine Art Lehen zurück"verliehen"
werden. Wurde das Besthaupt nicht bezahlt, konnte der
Grundbesitzer den Hof einem anderen Leibeigenen überlassen
oder ihn von seinen eigenen Knechten bewirtschaften lassen.

Zu besonderen Terminen wurden auch Steuern erhoben, z. B.
Krönungssteuern, Kriegssteuern, Steuern wenn die Stadtmauern
erneuert oder repariert werden mussten usw.

Hallo Hagazussa,

sehr hübsch (für den Grundbesitzer) finde ich das Recht auf die erste Nacht!

Wolfgnag D.

Ich hoffe, Du hast jetzt einen kleinen Überblick über den sog.
Zehnten.

Liebe Grüße
Hagazussa

sehr hübsch (für den Grundbesitzer) finde ich das Recht auf
die erste Nacht!

Das ist soweit ich weiß ein Märchen.

Vielen Dank für Deine Antwort,

worauf ich hinaus möchte ist eine Einschätzung, wieviel damals im Gegensatz/Vergleich zu Heute von den „Einnahmen“ abgegeben wurden.

Es ist mir schon bewusst, das es kein „damals“ gibt, da ja doch relativ langer Zeitraum (unsere heutige Demokratie muss erst einmal so stabil werden). Und gerade heute kann man Zweifel bekommen, ob die Demokratie überhaupt in der Lage ist, das zu erreichen, da sie finanziell auf mathematisch unmöglich realisierbaren Füßen steht.

Die Frage lautet also, wieviel hat jeder so im Schnitt über die Bevölkerung und die Zeit abgeben müssen (pro Jahr)

Ein Zehnt für den Grundherrn, ein Zehnt für die Kirche, ein Zehnt für den Fürsten, das wären dann ja 30 %, und das ohne Schulbildung, Krankenversorgung und Autobahnen. Dann wäre es ja ähnlich hoch wie heute. Oder war es 10% für jeden, aber jeweils anders (regional und zeitlich) aufgeteilt ?

Wir basteln uns ein 5-dimensionales Abgaben Bild:
–> Zeitraum/Zeitpunkt,
–> Region/Ort
–> Abgabenart
–> Empfänger
–> Abgebende Gruppe (Leibeigene, Handwerker, ect.)
–> Quellenangabe

Wir haben eine geografische Karte vor uns und links einen Schieber, mit dem wir durch die Zeit gehen. Entsprechend ändert sich die Ansicht in der Farbe, da unterschiedliche Abgabensätze sich abwechselten. Rechts neben der Karte kann ausgewählt werden :

  • Empfänger (Kirche, Grundbesitzer, Fürst, alle, ect.)
  • Abgabegruppe.

Könnt ihr genauere Angaben machen, um ein paar Bereiche aus zu füllen ? Würde mich darüber freuen. Natürlich werden die bisher gemachten Aussagen eingetragen, wobei sie durch genauere Angaben entsprechend abgelöst werden.

Werde den Bund der Steuerzahler um Unterstützung bitten, und da wäre es hilfreich, schon ein paar Angaben vorweisen zu können.

Mein Ziel ist es aber vorrangig eine (öffentlich zugängliche)Datenbasis auf zu bauen, in der die Veränderungen über die Zeit sichtbar sind.

Jegliche Hilfe sehr willkommen,

Gruß

Uwe P.

Es ist mir schon bewusst, das es kein „damals“ gibt, da ja
doch relativ langer Zeitraum (unsere heutige Demokratie muss
erst einmal so stabil werden). Und gerade heute kann man
Zweifel bekommen, ob die Demokratie überhaupt in der Lage ist,
das zu erreichen, da sie finanziell auf mathematisch unmöglich
realisierbaren Füßen steht.

Du machst mir Spaß! Die damaligen Zeiten mögen alles mögliche gewesen sein - stabil waren sie bestimmt nicht. Man betrachte nur all die vielen Kriege, Raufhändel und Plünderungen, etc. Dagegen leben wir heute in einem goldenen Zeitalter.

Gruß S

Hallo Hick,

ich möchte nur kurze Stichworte nachreichen …

Jetzt hiess es, der Zehnt war nur für die Kirche und es gab
zusätzlich weitere Abgaben.

Zunächst sollte man nachdenken, das der Zehnt teilweise bei der
Ernte und teilweise beim Ertrag einsetzte. Deutlich wird dies
beim Vergleich Roggen und Wein. 10 % der Ernte der Roggens
bedeuten, da bei Harkenpflug und Aussaat mit der Hand etwa
die halbe Ernte als Saatgut gebraucht wurde, schon 20 % des
Ertrages. Beim Wein sieht das anders aus …

Sowas hab ich in der Schule nur für die Zeit vor 1789 behalten

Spannend war es, wie neue Güter, insbesondere Tabak und Kartoffeln,
behandelt wurden, au f die niemand ‚alte Rechte‘ hatte.

Kann mich jemand in Kenntnis setzen, wie hoch waren die
Abgaben im Mittelalter ? OK, eventuell etwas zu unpreziese
formuliert, aber eine grobe Angabe hätte ich doch gerne.

Konzentriere dich erst mal auf eine Region und einen Zeitraum
und vergiss niemals, das alle Auszeichnungen dazu subjektiv sind.

Warum war es seinerzeit relativ stabil, während bei uns in ein
paar Jahrzehnten die MWSt von 9 auf 19 geht?

Du spannst selbst den Rahmen bis 1789 … nur durch diesen langen
Zeitraum und deinen und meinen Mangel an Detailkenntnissen wirkt
da die Besteuerung stabil.

Gemessen am Gesamtsteueraufkommen ist eine Änderung der MwSt. von
9 auf 19 % relativ unwichtig. Wichtiger scheint es mir zu sein,
dass unser Staat heute die Stützung und Subvention der Sozial-
versicherung aus Steuern finanziert. Also mehr Leistungen des
Staates gegenüber mehr Steuereinnahmen.

War der Zehnt wirklich nur religiös ?

Wie meinst du das?

Selbst wenn ein Zehnt an ‚die Kirche‘ gezahlt wurde, ist damit
GARNICHTS gesagt wofür gezahlt wurde.

-Kirchenneubau wie beim Kölner Domum dann Pilger anzuziehen?
-Finanzierung des von der Kirche betriebenen Armenhauses?
-Kirche als Grundbesitzer?
-Kirche als Fürst (also als Staat)?
-Kirche als religiöse Gemeinschaft?

Also kann es (mit heutigen Begriffen) Infrastrukturinvestition,
Sozialversicherung, Pacht, Steuer oder religiöses Opfer gewesen
sein.

Viele Grüße

Jake