Abkürzungen in Türkensteuerliste von 1574

Hallo, kann mir jemand sagen, wofür in einer Türkensteuerliste „1 ß 6 d“ steht? Es geht um die Festsetzung der Steuer. Vielen Dank. Liese

Hallo Liese

„1 ß 6 d“

ich vermute mal, das ß soll eigentlich ein £ sein und für Pfund (libra, livres) stehen. d stünde dann für Pfennige (denar, deniers). Ein Pfund Silber hatte 20 Schilling zu je 12 Pfennig.

Es dürfte sich um eine reine Rechenwährung handeln.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo .

miteinander!

„1 ß 6 d“

ich vermute mal, das ß soll eigentlich ein £ sein und für
Pfund (libra, livres) stehen,

wenn es sich nicht um die Abkürzung „fl“ = Florin (Gulden) handelt.
Schönen Gruß!
H.

Hallo Hannes,

vielen Dank für die Antwort. Ich hätte vielleicht noch angeben sollen, daß die Hauptwährung, in der die Steuerbeträge angegeben werden, der Daler ist. Ein Eintrag lautet z.B.:

Berndt Kremer et uxor 5 Daler, twe megede ider 1 ß 6 d = facit 3 ß.
Bei dem von mir gesuchten Namen steht: und eine maget z ß 6 d.

Passen Daler, Pfund und Florin zusammen?

Vielen Dank.

Liesell

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Servus, Hannes,

Ich weiß nicht, ob es auch für die nachgefragte Türkensteuerliste gilt, aber:

darf ich auch noch an den, seit dem 13. Jahrhundert geprägten Schilling erinnern, dessen Abkürzung „ß“ war.

Er entsprach, wenn ich mich nicht irre, 12 d (Denaren - die silberne Pfennigmünze des Mittelalters) und war im damaligen Süd- und Norddeutschland, der Schweiz, Österreich und Frankreich gebräuchlich. In Bayern gab es dann noch den „langen“ Schilling, zu 30 Pfennigen

Lieben Gruß, jenny

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Hallo Hannes,

vielen Dank für die Antwort.

Nett, das Du Dich bei Hannes bedankst.

Ich hätte vielleicht noch angeben
sollen, daß die Hauptwährung, in der die Steuerbeträge
angegeben werden, der Daler ist. Ein Eintrag lautet z.B.:

Berndt Kremer et uxor 5 Daler, twe megede ider 1 ß 6 d = facit
3 ß.
Bei dem von mir gesuchten Namen steht: und eine maget z ß 6 d.

Das wäre in der Tat hilfreich gewesen.

Passen Daler, Pfund und Florin zusammen?

Das Pfund war eine 794 durch Karl den Großen eingeführte Gewichtseinheit, keine geprägte Münze. Bis ins Hochmittelalter war die hauptsächliche Umlaufmünze der Silberpfennig (denarius). 12 Pfennige galten einen Schilling (solidus, ebenfalls eher eine Gewichts-/Recheneinheit als geprägte Münze), 240 Pfennige hatten ein Pfund zu wiegen.

Das Pfund wurde allerdings als Gewichtseinheit allmählich durch die Mark (grob ein halbes Pfund) abgelöst. Einheitlich war das alles allerdings noch nicht, da die Gewichtseinheiten lokal unterschiedlich festgelegt wurden. In der Eßlinger Reichsmünzordnung von 1524 wurde dann die Kölner Mark (576/1000 Pfund) reichsweit als Grundgewicht festgelegt. Seit der Gründung des Rheinischen Münzvereins 1386 hatte sich die Kölner Mark durchgesetzt, da sie Grundlage für den weitverbreiteten und im Fernhandel wichtigen Rheinischen Goldgulden (florenus rheni) war (1 Kölner Mark = 66 Gulden rheinisch). Gulden werden üblicherweise ‚f‘ oder ‚fl‘ abgekürzt - von ‚florenus aureus‘ (= florentinische Goldmünze); Goldmünzen dieser Wertstufe wurden zuerst im 13. Jahrhundert in Florenz geprägt und daher häufig auch als ‚Florin‘ bezeichnet.

Im Augsburger Reichsmünzabschied von 1566 wurde dann auch die Silberwährung einheitlich auf die Kölner Mark als Berechnungsgrundlage umgestellt und nach dem Vorbild des Joachimsthaler Guldiners oder Guldengroschen (umgangssprachlich einfach ‚Joachimsthaler‘ und dann nur noch ‚Thaler‘ genannt - das ist Dein „Daler“) der Reichstaler als Kurantmünze eingeführt. Der Taler sollte ursprünglich im Wert dem Gulden entsprechen (daher die ältere Bezeichnung ‚Guldiner‘); das Verhältnis wurde so festgelegt, dass aus einer Kölner Mark Silber (mit Feingehalt 889/1000) 9 Reichstaler geprägt wurden. Das Wertverhältnis Gold/Silber blieb freilich nicht konstant bzw. entsprach so nicht der Nachfrage; es pendelte sich grob bei 1 Reichstaler = 2/3 Gulden (Florin) ein.

Offiziell galt der Taler = 24 Groschen = 68 Kreuzer. Ursprünglich; die Ratio stieg schon bis 1580 auf 90 Kreuzer, da diese aus merkwürdigen Gründen immer etwas zu klein gerieten … Aus diesem Grund wurde gerne statt mit der Kurantmünze Kreuzer weiter mit Pfennigen gerechnet, da war zumindest der nominale Silberwert klar: 12 Pfennige (d) = 1 Groschen (g oder gl) = 1/288tel Taler = 1/2592 Mark kölnisch. Der Pfennig selbst wurde dann allerdings auch recht schnell zu einer bloßen Scheidemünze (d.h. Metallwert entsprach nicht dem Nominalwert). Aus gleichem Grund benutzte man dann auch noch den Schilling als alte Recheneinheit für 12 Pfennige an Stelle des Groschen weiter. Als (immer noch existierende) Kurantmünzen waren Schillinge allerdings nicht notwendig wertgleich mit dem Reichsgroschen - der wohl am weitesten verbreitete Lübecker Schilling galt z.B. nur 8 Pfennige, keine 12.

Kommen wir nun zu Deiner Ausgangsfrage. Das hier:

twe megede ider 1 ß 6 d = facit 3 ß.

zeigt uns, dass 6 d = 1/2 ß. Somit ist anzunehmen, dass ‚d‘ für Pfennig, denarius, steht. Es wäre anzunehmen, dass ‚ß‘ mithin für Groschen stünde - da ist allerdings ‚g‘ oder ‚gl‘ üblich. Jenny dürfte daher richtig liegen, dass ‚ß‘ hier für Schilling steht - allerdings für einen Schilling im Wert von 12 Pfennig bzw. genau einem Reichsgroschen.

Interessant, dass die Kopfsteuer für eine Dienstbotin anderthalb Groschen betrug, für einen verheirateten Büger bzw. eine Bürgerin hingegen 2,5 Taler - das 40fache! Das nenne ich eine Steuerprogression …

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo Ralf,

Ein Sternchen scheint mir zuwenig für diesen kurzen wiewohl umfassenden Abriss über die Geschichte des Münzwesens. Toller Beitrag und Dank dafür.

Gruß Hardey

PS. …, der hofft, sich einen einschlägigen Begriff aus aus diesem Text zu merken, damit er ihn im Archiv jederzeit wiederfindet.