Ablenkung oder Durchstehen?

Hallo,

ich selbst bin gerade an einem Punkt, an dem ich unverarbeitetes in einer Gesprächstherapie aufarbeiten möchte. Infolgedessen kam in einem Gespräch mit meinem Stiefvater auf, dass ich vieles einfach immer verdrängt habe, bzw. abgelenkt habe anstatt es durchzumachen.

Wärend des Gespräches wollte meine Tochter (1,5 Jahre) mit dem gefüllten Trinkbecher herum laufen, was ich ihr nicht erlaubte. Darüber war sie sauer und knatschte. Ich versuchte sie abzulenken, indem ich ihr ein Spielzeug versuchte schmackhaft zu machen.

Mein Stiefvater griff die Situation auf und sagte, ich würde das gerade an meine Tochter weiterreichen. Ich würde ihr nicht die Chance geben, den Frust über das nichtmitgenommene Trinken auszuarbeiten, sondern mit Ablenkung den Prozess unterbrechen.

Ich war etwas perplex, denn bei Kleinkinderziehung dachte ich immer, Ablenkung in solchen Situationen würde entspannend für alle Beteiligten wirken, aber seine Anmerkung brachte mich zum Nachdenken, ob da nicht doch etwas dran ist.

Hier wird ja auch bei solchen Situationen, wo das Kindchen in seinem Frust gefangen ist geraten, abzulenken, statt auszustehen.

Wo wird da dir Grenze gezogen? Ist das überhaupt einer Überlegung Wert?

lg, Dany

Hallo,

ich denke, das kommt drauf an. In solchen Situationen lenke ich auch ab. Nur, wenn das Kind ernsthafte Probleme hat, traurig ist, zornig sollte man das schon durchstehen und versuchen Probleme zu lösen.

Wenn es aber einfach nur sauer ist, weil es ein Spielzeug nicht darf, klar bietet man da ersatz an.

lg

Brenna

Hi Dany,

ih denke mal, es ist z.B. ein Unterschied, ob man Kind ablenkt, wenn das Haustier gestorben ist (ach komm, wir gehen in den Zoo) und das Kind keine Möglichkeit hat zu trauern und zu verarbeiten oder es um eine Nebensächlichkeit wie eine verpasste Fernsehsendung und Deine Geschichte mit dem Trinken geht.
Manche Dinge sollte man einfach durchstehen und dann als Eltern oder Großeltern einfach für das Kind da sein ohne viel drumherum. Bei anderen Dingen lenkt man (auch gerade bei kleinen Kindern) eher ab. Ich habe das immer spontan aus dem Bauch entschieden. Das Dein Vater die von Dir genannte Situation als Beispiel für Aushalten/Durchstehen genommen hat, finde ich persönlich übertrieben - jedenfalls für ein kleines Kind. Für ein älteres Kind würde ich persönlich die Fustrationsgrenze höher ansetzen.

Gruß Inge

diffizil: Ablenkung oder Durchstehen?
Moin,

wie sollte man/das Kind dieses „nicht Becher tragen dürfen“ auffassen?
Bestrafung? - Dann wäre Ablenkung völlig falsch
als vorbeugende Hilfestellung? - dann wäre das Beste, den Becher mit Wasser nur halbvoll tragen lassen (abtrinken)
als „Du kannst das nicht“? - dann trösten und mit ähnlichem üben
als falsches Kommando? - unmittelbar erläutern und mit ähnlichem weiter üben lassen

Aus der Situation heraus: Du genervt, absehbare Katastrophe, um Ruhe bemüht… dadurch überreagiert, wahrscheinlich zu energisch: da halte ich ablenken auch für falsch. Steh dazu, dass Du es so gehandhabt hast, nach einer Weile trösten und wieder alleine was suchen lassen…

und immer cool bleiben, gell

LG
Ce

Hallo ceestmoi,

in einem Punkt fühle ich mich unverstanden, daher möchte ich darauf gerne etwas sagen:

Du genervt,…dadurch überreagiert, wahrscheinlich zu energisch…und immer cool bleiben

ich reagiere mit meinen Kindern nicht genervt. Beim Großen manchmal, wenn der mir zum 100. Mal mit Star Wars-Heft kaufen wollen, oder Beyblade zum Umfallen kommt. Sonst bin ich generell gelassen. War auch ein Prozess der eine Weile dauerte, aber ich sehe es so: Wenn mein Kind etwas anstellt (die Kleine nun), ist es an mir, dass ich die Zustände erlaubt habe, dass sie so etwas überhaupt machen kann http://www.flickr.com/photos/49814647@N00/10870482935/ . Da hilft es nicht zu schimpfen, oder energisch überzureagieren. Da hilft ein Foto und duschen, saubermachen (in diesem Beispiel).

Ich habe das Gefühl, dass ich in diesem Punkt falsch rüber komme, daher würde ich das gerne richtig stellen. Ich war bei der Kleinen noch nie genervt, energisch oder uncool :wink:

wie sollte man/das Kind dieses „nicht Becher tragen dürfen“
auffassen?
Bestrafung? - Dann wäre Ablenkung völlig falsch
als vorbeugende Hilfestellung? - dann wäre das Beste, den
Becher mit Wasser nur halbvoll tragen lassen (abtrinken)
als „Du kannst das nicht“? - dann trösten und mit ähnlichem
üben
als falsches Kommando? - unmittelbar erläutern und mit
ähnlichem weiter üben lassen

nein, bei uns wird nicht mit Essen oder Trinken herum gelaufen. Sie macht gerne Pfütze und spielt darin, das ist auf einem Fliesenboden sicherlich verkraftbar, aber nicht auf Laminat. Daher: gegessen und getrunken wird am Tisch - mit Wasser spielen geht im Bad und im Garten, da darf auch gerne mit allem herum gelaufen werden, was getragen werden kann. Es ist weder Bestrafund, noch das nicht-zutrauen, sie kann das. Nur kenne ich ihr Ziel (Wasserpfütze).

Aus der Situation heraus: Du genervt, absehbare Katastrophe,
um Ruhe bemüht… dadurch überreagiert, wahrscheinlich zu
energisch: da halte ich ablenken auch für falsch. Steh dazu,
dass Du es so gehandhabt hast, nach einer Weile trösten und
wieder alleine was suchen lassen…

Ich mache eine altersgerechte Ansage, da in dem Alter noch keine Einsicht da sein kann, handele ich (Becher weg nehmen) und versuche ihr etwas Alternatives schmackhaft zu machen.

und immer cool bleiben, gell

ja, daran habe ich gearbeitet, es gelingt beim Großen nicht immer, aber der Papa der Beiden weiß schon, dass er mir die „dicken Dinger“ lieber erzählt, wenn der Große noch im Sport ist, damit ich erstmal explodieren und mich dann abreagieren kann, damit ich dann mit dem Großen sachlicher reden kann :wink:

lg, Dany

Hallo,

Nur, wenn das Kind ernsthafte Probleme hat, traurig ist, zornig sollte man das schon durchstehen und versuchen Probleme zu lösen.

… und wenn das nicht geht: Einfach mal aushalten, wenn das Kind traurig oder zornig ist.

Ob die Probleme eines Kindes ernsthaft sind oder nicht, ich glaube nicht, dass man das immer beurteilen kann, bzw. die Einteilung in ‚ernsthaftes Problem‘ und ‚nicht ernsthaftes Problem‘ ist ziemlich willkürlich.

Viele Grüße

3 Like

Hallo

So wie du die Situation geschildert hast, finde ich Ablenken das allerbeste.

Viele Grüße

Hallo,

natürlich ist das auch ein Stück willkürlich - ich meinte aber, das man für das Kind traurige Momente einfach auch mal durchleben muss. Das wir Erwachsenen eine andere Auffassung von traurigen Momenten haben, ist klar., Aber für ein Kind, das ein geliebtes Spielzeug verloren hat, ist das schlimm, und sollte auch als solches erkannt haben.

lg

Brenna

Hallo,

es gibt in menschlichen Beziehungen keine klare Grenzen. Sie verlaufen bei jedem anders und in Interaktion mit anderen dann nochmal anders und dann nochmal anders in unterschiedlichen Situationen und Stimmungen.

Wärend des Gespräches wollte meine Tochter (1,5 Jahre) mit dem
gefüllten Trinkbecher herum laufen, was ich ihr nicht
erlaubte. Darüber war sie sauer und knatschte. Ich versuchte
sie abzulenken, indem ich ihr ein Spielzeug versuchte
schmackhaft zu machen.

Warum hast Du es ihr nicht erlaubt? Vermutlich wolltest Du in Ruhe Dein Gespräch führen. Du hast bereit vorhergesehen, dass der Becher umkippen wird (hätte das Gespräch unterbrochen und Dein Kind und Boden wären nass gewesen). Das hast Du unterbunden und dann hat sie gequängelt, was Du durch die Ablenkung unterbinden wolltest (um das Gespräch fortzuführen). Hättest Du ihr auch etwas angeboten, wenn ihr alleine Zuhause gewesen wärt und es gleich Zeit gewesen wäre zum baden, schlafen gehen, essen oder raus gehen?

Mein Stiefvater griff die Situation auf und sagte, ich würde
das gerade an meine Tochter weiterreichen. Ich würde ihr nicht
die Chance geben, den Frust über das nichtmitgenommene Trinken
auszuarbeiten, sondern mit Ablenkung den Prozess unterbrechen.

Er kennt Dich und hat dich vermutlich in verschiedenen Situationen beobachtet und sein Urteil daraus gezogen. Vielleicht hat er aber auch durch das Gespräch diese Beobachtung benutzt, um Dir Dein eigenes Verhalten (Dir gegenüber) zu zeigen.

Ich war etwas perplex, denn bei Kleinkinderziehung dachte ich
immer, Ablenkung in solchen Situationen würde entspannend für
alle Beteiligten wirken, aber seine Anmerkung brachte mich zum
Nachdenken, ob da nicht doch etwas dran ist.

Nein, das stimmt schon - Ablenkung und Entspannung ist für alle Beteiligten besser als Fixierung und Anspannung, jedoch muss man das letztere auch erleben - nur das Positive sollte überwiegen. Wenn man aber das Negative nicht erleben darf, dann „erkennt“ man das Positive nicht mehr (so gut).

Wo wird da dir Grenze gezogen? Ist das überhaupt einer
Überlegung Wert?

Wie eingangs geschrieben - ich denke es gibt da keine klare Grenze, sondern es ist ein Gefühl. Und ja, ich finde es ist durchaus eine Überlegung wert! Das ist ja gerade deshalb ein so spannendes Feld, weil es nicht so klar abgegrenzt sein kann.

Wenn Du ein Problem damit hast, Frust auszuhalten, dann kannst Du das an Dein Kind weitergeben oder Du kannst konsequent versuchen es eben nicht zu tun (weil Du Dich deren bewusst bist) - Du kannst Dich aber auch von Deinem Kind abgrenzen und sagen, dass Dein Problem nichts mit Deinem Kind zu tun hat und jede Situation neu bewerten - aushalten oder ablenken, je nachdem was gerade angesagt ist.

Viele Grüße

Hallo Chili,

Warum hast Du es ihr nicht erlaubt? Vermutlich wolltest Du in
Ruhe Dein Gespräch führen. Du hast bereit vorhergesehen, dass
der Becher umkippen wird (hätte das Gespräch unterbrochen und
Dein Kind und Boden wären nass gewesen).

Wie bereits unten geschrieben: ihr Ziel mit einem Becher ist, eine Pfütze zu machen um darin zu patschen. Sie kann ihn unfallfrei tragen - wenn sie das möchte. Ihr Ziel ist das aber nicht ^^ Bei uns wird gegessen und getrunken am Tisch - mit Wasser wird im Bad und im Garten gespielt.

Das hast Du
unterbunden und dann hat sie gequängelt, was Du durch die
Ablenkung unterbinden wolltest (um das Gespräch fortzuführen).
Hättest Du ihr auch etwas angeboten, wenn ihr alleine Zuhause
gewesen wärt und es gleich Zeit gewesen wäre zum baden,
schlafen gehen, essen oder raus gehen?

Ja, hätte ich, zumal ich Lamiantboden habe. Ich hätte, genau wie bei meinen Eltern, dass sie nicht damit herumlaufen darf, ihn ihr weg genommen, weil sie ihn freiwillig nicht herausrückt, der Wunsch nach Pfütze ist einfach zu groß (kann ich ja nachvollziehen, ist ja auch einfach was Tolles). Damit sie sich nicht hineinsteigert (und das kann sie gut, lange und ausdauernd) würde ich sie überall, auch zu Hause mit ihrer Aufmerksamkeit auf etwas Anderes lenken wollen. Denn ich möchte nicht, dass sie sich (wie du weiter unten ja auch schön beschrieben hast) derart reinsteigert, dass es anfängt, negativ belastet zu werden. Und je müder sie ist, umso größer besteht da die Gefahr.

Er kennt Dich und hat dich vermutlich in verschiedenen
Situationen beobachtet und sein Urteil daraus gezogen.
Vielleicht hat er aber auch durch das Gespräch diese
Beobachtung benutzt, um Dir Dein eigenes Verhalten (Dir
gegenüber) zu zeigen.

Ja, ich fand seine Bemerkung ja auch positiv :wink:

Nein, das stimmt schon - Ablenkung und Entspannung ist für
alle Beteiligten besser als Fixierung und Anspannung, jedoch
muss man das letztere auch erleben - nur das Positive sollte
überwiegen. Wenn man aber das Negative nicht erleben darf,
dann „erkennt“ man das Positive nicht mehr (so gut).

Doch, doch, ich lasse ihr manchmal den Frust. Ich finde es wichtig, dass Kinder mit Frust und auch Langeweile umgehen lernen. Wenn sie möchte, tröste ich sie, wenn nicht, lasse ich sie sich auch mal ärgern/weinen. Meist ist das von kurzer Dauer und damit ist es gut. Bei dem Becher mit Wasser wäre das kein kurzes Ding gewesen, das kenne ich ja schon :smile: Sie ist da sehr vehement und versucht es immer wieder. Sie hat einen starken Willen und Charakter, was ich als sehr positiv empfinde.

Wie eingangs geschrieben - ich denke es gibt da keine klare
Grenze, sondern es ist ein Gefühl. Und ja, ich finde es ist
durchaus eine Überlegung wert! Das ist ja gerade deshalb ein
so spannendes Feld, weil es nicht so klar abgegrenzt sein
kann.

Wenn Du ein Problem damit hast, Frust auszuhalten, dann kannst
Du das an Dein Kind weitergeben oder Du kannst konsequent
versuchen es eben nicht zu tun (weil Du Dich deren bewusst
bist) - Du kannst Dich aber auch von Deinem Kind abgrenzen und
sagen, dass Dein Problem nichts mit Deinem Kind zu tun hat und
jede Situation neu bewerten - aushalten oder ablenken, je
nachdem was gerade angesagt ist.

hm, wie ist meine Frustrationsschwelle… mal überlegen. Ich versuche, frustrierende Sachen möglichst schnell zu klären, auch, wenn manchmal ruhen lassen sinnvoll wäre.
Ich ertrage recht viel, aber je näher mir jemand steht, umso schneller möchte ich die Sache geklärt haben.

Sonst empfinde ich mich als recht gelassen, was Situationen im Alltag angeht. Wird eben der Plan geändert. Bei einer Zugfahrt von 5 Stunden mit zusätzlich 5 Stunden Verspätung habe ich im letzten Zug sogar gelacht, konnte ja nicht mehr anders laufen :wink:. Nein, im Alltag frustriert mich so schnell nichts.

Danke für deine Gedanken,

lg, Dany