Abstand zur Sonne für 10 Grad im Raumanzug

Hallo, die Frage treibt mich schon ne Weile um.

Wie weit weg müsste ein Astronaut im Raumanzug von der Sonne entfernt sein damit die Außentemperatur sagen wir mal 10 Grad beträgt und er/sie theor. keine Heizung brauchen würde. Dabei ist mir klar, dass wir ein Vakuum haben…

Wir ignorieren hier mal gesundheitliche Risiken durch Strahlung; der Astronaut dreht sich langsam um die Längsachse damit es keine Licht/Schattendifferenzen gibt. Auch eventuelle, graitationsbedingte Ungünstigkeiten sind erst mal egal.

Ich glaube es hat was mit ‚black body‘ als erste Näherung zu tun aber da hört es bei mir auf.

Danke

Chris

Wenn der Raumanzug ein passiver schwarzer Strahler wäre und ich annehme, dass es sich näherungsweise um einen Zylinder mit einem Meter Durchmesser und zwei Meter Länge handelt, der um die Längsachse rotiert, dann wären es rund 1,2 Astronomische Einheiten. Allerdings ist der Raumanzug weder passiv (die Lebenserhaltung und der Astronaut darin erzeugen Abwärme) noch ein schwarzer Strahler (Raumanzüge sind meistens weiß). Wir bräuchten mehr Daten um die Frage zu beantorten.

Danke für die Antwort. Mir geht es wie beschrieben u.a. um die Außentemperatur, d.h. die Temperatur, die auf den Raumanzug einwirken würde. Dabei spielt die Anzugsfarbe bzw. dessen Adsorption/Reflektion wohl keine Rolle?

Doch die Farbe des Raumanzuges spielt eine große Rolle. Ein schwarzer Anzug heizt sich stärker auf als ein weißer. Dazu kommt noch die Abwärme der Technik im Raumanzug (wie schon oben erwähnt) und nicht zu vergessen: Der Astronaut selbst. Auch ein Mensch gibt ständig Wärme ab.
Deswegen sind Astronautenanzüge immer weiss, weil man sonst die Wärme nicht mehr beherrschen könnte. Weiter muss der Anzug ständig gekühlt werden. Zumindest wenn die sich im Bereich der Erdumlaufbahn befinden.
Im Vakuum des Weltalls ist das gar nicht so einfach die Wärme los zu werden. Denn es gibt kein Medium wie Luft, daß die Wärme aufnehmen kann. Man kann Wärme nur durch Strahlung los werden. oder indem man die Wärme irgendwo sammelt und dann „rauswirft“. Das wird bei Astronautenanzügen gemacht, hier wird Wasser mit der Abwärme erwärmt, und dann durch ein Ventil in den Weltraum abgelassen.
Ob es eine Entfernung von der Sonne gibt, indem sich das ganze im Thermischen Gleichgewicht befindet, und keine aktiven heiz oder kühlvorgänge nötig sind, kann ich Dir leider nicht sagen.

Da es (nahezu) keine Materie um den Raumanzug herum gibt, ist die Temperatur nur wenig über 0 K.
Du willst aber nicht die Temperatur wissen, sondern die Leistung der auf den Raumanzug einstrahlenden Wärme.
Der Unterschied ist auch auf der Erde schnell nachvollziehbar, wenn du bei -10 °C vor dem Lagerfeuer sitzt und dir dennoch die Gesichtshaut brennt. Die Temperatur um das Gesicht herum? -10 °C. Aber die Wärmestrahlung des Lagerfeuers heizt dennoch die Haut auf - bis zur Unerträglichkeit.

Es wird irgendwann ein Gleichgewicht geben zwischen der Leistung, die auf den Raumanzug einstrahlt und der Leistung, die der Raumanzug selber ins Weltall abstrahlt.

Herr Stefan und Herr Boltzmann würden im Grab rotieren, wenn sie mein laienhaftes Geschreibsel lesen, daher hier für Wissbegierige:

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Ich hätte jetzt gedacht, dass die Wärmeaufnahme von der Farbe abhängt, aber die Wärmeabstrahlung eben auch. Womit sich das ausgleicht und die Farbe damit tatsächlich keine Rolle spielt.

Wobei es natürlich nicht (nur) um die Farbe im sichtbaren Bereich, sondern mehr um die Eigenschaft im Infrarotbereich geht, was ja nun nicht das gleiche sein muss.

Siehe Wiki-Link von @X_Strom.

Hi!

Entscheindend ist hier auch, um was für Wellenlängen es geht.

Betrachtet man die Sonne als idealen Schwarzkörper, so liegt der größte Teil ihrer Strahlung im sichtbaren Bereich, das Maximum bei einer Wellenlänge von 500nm.

Bei Raumtemperatur liegt das Maximum eines Schwarzkörpers aber eber bei 7000nm.

Das heißt:

Ein schwarz gestrichener Gegenstand absorbiert daher einen Großteil der Sonnenstrahlung, ein weiß gestrichener reflektiert ihn dagegen, und absorbiert kaum was. Sofern der Unterschied dieser Farben aber nur im sichtbaren Bereich liegt, aber nicht bei 7000nm, ändert sich am Abstrahlverhalten des Körpers rein gar nichts.

Also: Doch, Farbe macht einen gewaltigen unterschied.

Danke für die Informationen. Wie ich vermutet hatte gibt es da keine einfache Antwort. Aber das Gleichgewicht, wie von x_strom beschrieben, kommt meiner Frage glaube ich recht nahe. Es müsste ggf. über die Strahlungsenergie der Sonne im Vakuum gehen, wie diese mit der Entfernung zur Sonne abnimmt, und wo diese an einer Oberfläche eine Temperatur um die 10 Grad erzeugt…?

Hi!
Sagen wir, es geht sehr schnell ans Eingemachte.

Die Stephan-Boltzmann-Formel ist nun recht einfach: man steckt die Fläche des Körpers und seine Temperatur in K rein, und bekommt die Leistung der Wärmeabstrahlung raus. Diese Leistung muss irgendwie zugeführt werden, um die Temperatur konstant zu halten.

Angenommen, du hast eine dünne Platte mit Schwarzkörpereigenschaft mit einer Gesamtoberfläche von A=1m² im All. Bei 10°C=283K strahlt die 360W ab.
In der Erdumlaufbahn hat die Sonnenstrahlung eine Intensität von etwa 1500W/m², wenn die senkrecht auf die eine Seite der Platte fällt (0,5m²), absorbiert die Platte 750W. Deutlich mehr, als abgestrahlt wird, also heizt die Platte sich auf.

Die Stahlungsintensität verringert sich mit 1/r², es gilt daher:

360W/750W=(1AE)²/X²
X=1,44AE

(1AE: Astronomische Einheit, Abstand Erde - Sonne)

In der Realität schicken wir aber keine Platten ins All, du wolltest Astronauten. Nun, der Mensch gibt in Ruhe etwa 80W an Wärme ab, das Lebenserhaltungssystem vermutlich einiges mehr. Das heißt, du kannst noch weniger Sonneneinstrahlung gebrauchen. Wie in meinem letzten Beitrag geschrieben hilft es, den Raumanzug weiß zu machen, dann wird DEUTLICH weniger Sonnenlicht absorbiert.

Ah jo, und ein Astronaut ist keine Platte. Arme und Beine führen zu gegenseitiger Abschattung, aber auch gegenseitiger Emission und Absorbtion.

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Freu mich immer wenn ich was dazu lernen kann - Danke. Der Astronaut müsste also weiter weg von der Sonne sein als die Erde um im Vakuum eine 10 C entsprechende Strahlung abzubekommen, unabhängig davon, wieviel Wärme er/sie selbst abgibt bzw. reflektiert (Idealfall black body etc.).

Letztendlich geht es mir darum: wenn der Astronaut dem Vakuum ausgesetzt ist (Druckdifferenz und Folgen mal ignoriert, Atmung etc. auch), und er/sie dreht sich so um die eigene Längsachse, dass die Strahlung gleichmäßig den Körper erwärmt, würde er/sie im Orbit um die Erde trotzdem erfrieren; wird ja so immer im Film dargestellt.?

Bleibt für mich die Frage wo das quasi nicht passiert (alle anderen biol. Prozesse mal ignoriert)- rein physikalisch mein ich.

Wenn Du die Druckdifferenz ignorierst, dann wird die Person nicht erfrieren. Die Druckdifferenz kann man hier aber nicht ignorieren. Sie führt dazu, dass das Wasser verdampft und dem Körper dabei sehr schnell sehr viel Wärme entzieht. Wenn der Körper ausgetrocknet ist, dann erwärmt er sich wieder.

Ich werfe auch mal das in den Raum:
Ein Mensch hat eine Körperoberfläche von ca. 2m², und wiegt ca. 70kg (Nutzlast ist teuer)

Wenn man 70l Wasser mit einer Temperatur von 10°C in einem Schwarzkörpergefäß von 2m² Oberfläche dem Weltraum aussetzt, dann strahlt der gut 700W Wärme ab. Die Abkühlung erfolgt dann mit ca. 8K/h, der Gefrierpunkt ist also erst deutlich nach einer Stunde erreicht. Ein Mensch hat ja nunmal 37°C, da dauert es mehrere Stunden, bis der alleine durch Wärmeabstrahlung gefriert. Die Extremitäten frieren zwar schneller ein, aber das typische Filmszenario, dass ein dem Weltall ungeschützter Mensch innerhalb von Sekunden gefriert, ist unrealistisch. Zwar hat man da noch Verdunstungskühlung, aber der Mensch besteht auch noch aus Gewebe, so schnell verdunstet das Wasser daraus auch nicht.

Und ein Astronaut trägt ja einen Anzug, der sicher sehr gut isoliert, das verlangsamt das ganze nochmal deutlich.

Ja, das ist was ganz anderes.

Nehmen wir einen Körper an, der im sichtbaren Bereich strahlend weiß ist und im IR pechschwarz und vergleichen ihn mit einem Körper, der in beiden Bereichen pechschwarz ist, so nehmen beide Körper dieselbe Wärmestrahlung auf und geben bei der gleichen Temperatur auch dieselbe Wärmestrahlung ab, jedoch wird der im sichtbaren Licht schwarze Körper das sichtbare Licht adsorbieren und in Wärme umwandeln, sich also stärker erwärmen.

Das mit der Wasserdampf hatte ich so gar nicht auf dem Schirm aber das ergibt Sinn und erklärt ggf. was in Filmen etc. gezeigt wird…meist bildet sich Eis oder Raureif und mit dem massiven Wärmeverlust geht dann wohl das Ableben einher.

Und wenn man davon ausgeht, dass Raumanzüge ‚optimal‘ fürs Überleben konzipiert sind ist bei einer Störung wohl eher ein Hitzetod realistisch…komisch dass das kaum/nie? thematisiert wird und immer nur der Kältetod.

Danke für die Denkanstöße!

Nun, jeder weiß, dass der Weltraum so richtig kalt ist. Da muss doch alles sofort gefrieren!
Dass der Wärmeverlust aber nicht so groß wie in flüssigem Helium ist, und dass da nebenbei dieser kleine Fusionsreaktor in unserem Sonnensystem ist, pffft.

Übrigens: In Star Trek fangen die innerhalb von Sekunden an zu röcheln, wenn das Lebenserhaltungssystem ausfällt…

Stimmt :slight_smile: Aber selbst bei Serien wo die Physik im Weltall so richtig ernst genommen wird (Expanse) wird das so gezeigt - allerdings waren die da deutlich weiter von der Sonne entfernt…

StarTrek ist halt auf die Amis ausgerichtet, da nimmt man/frau es mit der Realität nicht immer so genau.

Moin,

Das betrifft vorwiegend Techniker in kleineren Nebenrollen. Die lässt man dann auch sterben. :grin:

-Luno

Du meinst Redshirts. Der Job als Urlaubsvertretung für die Stammbesatzung ist lebensgefährlich!

Die Lebenserhaltung fällt hier und da schon häufiger mal aus, die erste Auswirkung ist dann immer, dass die Leute keine Luft bekommen. Dabei sind die Räume SEHR groß, die Luft dürfte eher Tage statt Stunden reichen, und ich würde eher vermuten, dass das Schiff eher ein Temperaturproblem bekommt, bevor Sauerstoff ein Thema wird.

Nochmal zurück zu echen Raumschiffen: Die beiden großen Klappen des Frachtraums des Spaceshuttles sind von innen vollflächig mit Radiatoren versehen. Im Orbit werden die Klappen geöffnet, selbst wenn man nicht an den Frachtraum dran muss, um über die Radiatoren Wärme los zu werden. Das Shuttle ist dabei auch weiß, bis auf die Hitzeschutzkacheln - aber die isolieren so gut, dass das da egal ist.

Moin,

Deswegen gab es zu den Zeiten der Apollo Missionen die Barbecue Roll: https://scienceblogs.de/alpha-cephei/2018/12/25/apollo-8-teil-2-das-fotoalbum/

Was Kommandanten lieber verschweigen wollen

Auf dem Weg zum Mond wurde das Raumschiff in eine scherzhaft als “Grillrolle” ( barbecue roll ) bezeichnete etwa 1-minütige Drehung versetzt, die aber genau den gleichen Zweck erfüllte: die einstrahlende Wärme auf die ständig im Sonnenlicht befindliche Kapsel durch Rotation besser zu verteilen, denn im Sonnenlicht erwärmte sich das Aluminium auf 200°C und im Schatten kühlte es auf -100°C ab – die Temperaturunterschiede konnten den Hitzeschild und Treibstoffleitungen zum Bersten bringen. Allerdings war das Raumschiff nicht perfekt symmetrisch ausbalanciert und es eierte ein wenig, was alle halbe Stunde mit den Lageregelungsdüsen manuell korrigiert werden musste. So wechselte sich die Besatzung in Schichten ab und schlief versetzt.

-Luno

Ja, danke auch.
Die Seite kannte ich bisher nicht, und du hast meine Produktivität für die nächsten Wochen grade massiv eingeschränkt…

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