Achilleus Schildkröte

Hallo,

einige von euch kennen bestimmt Zenons Beispiel von Achilleus und der Schildkröte. Es wird ungefähr folgendermaßen beschrieben:

Achilleus und eine Schildkröte laufen um die Wette. Da Achilleus der Schildkröte einen Vorsprung lässt, ist es ihm nicht möglich sie einzuholen, denn wenn er an ihrem Standort A kommt, ist sie bereits schon am Standort B und so weiter.

Wofür genau steht dieses Beispiel? Was soll es zeigen? Kann mir dies vielleicht jemand auf möglichst unkomplizierte Weise erklären?
Mich würden auch eure persönlichen Gedanken dazu interessieren.

Schon mal Danke.

Liebe Grüße,

Tini

Hallo Tini,

Wofür genau steht dieses Beispiel? Was soll es zeigen? Kann
mir dies vielleicht jemand auf möglichst unkomplizierte Weise
erklären?

ist das klar genug?
http://de.wikipedia.org/wiki/Achilles_und_die_Schild…
http://de.wikipedia.org/wiki/Zenon_von_Elea

Gandalf

Hallo,

Tini!

"Zenons Beispiel von Achilleus

und der Schildkröte […]
Wofür genau steht dieses Beispiel? Was soll es zeigen?

Dem Philosophen Parmenides warfen seine Gegner vor, dass er die Existenz von Bewegung und Vielheit leugne (Parmenides: Es gebe eigentlich nur das Eine und keine Vielheit) und dass dies unsinnig sei.
Platon teilt (in seinem Werk „Parmenides“, dort 128cd) mit, dass Zenon den Parmenides verteidigt habe gegenüber den Vorwürfen, aus dieser These ergäben sich sonderbare Folgerungen, und dass Zenon zeigen wollte, dass die Folgerungen aus der gegenteiligen Behauptung (es gebe solche Vielheit) noch viel sonderbarer seien.
Das bedeutet also, dass Zenon zeigen wollte, zu welchen Schwierigkeiten es seiner Ansicht nach führen muss, wenn man Bewegung und (durch Teilung erreichbare) Vielheit annimmt.
Wahrscheinlich hat Zenon seine Sätze (hierher gehört auch noch der im Fliegen ruhende Pfeil) formuliert, damit ihr Für und Wider diskutiert werden sollte.
(Dafür, dass Axiome, die in der Anschauung nicht vollziehbar sind, dennoch zu widerspruchsfreien Theorien führen können, sind die im Unendlichen sich schneidenden Parallelen ein Beweis.)
Kurt von Fritz (in: Grundprobleme der Geschichte der antiken Wissenschaft, S. 43 f.) über Zenon:

  1. Er vergleicht die Vorstellung Zenons von der Bewegung als sinnlich wahrgenommenes Kontinuum mit einem Filmstreifen, der diese Bewegung als diskontinuierliche Abfolge zeigt, deren Kontinuität ein Ergebnis unserer Wahrnehmungsfähigkeit ist;
  2. Wenn es eine (durch Teilung erreichbare) Vielheit gibt, dann braucht der Teilungsprozess eines Kontinuums niemals „definitiv zu Ende zu kommen“;
  3. Die sich dabei ergebende Vorstellung, das Kontinuum bestehe aus einer unendlichen Menge solcher Punkte, ist nicht nachvollziehbar; denn da müsste „eine Summe völlig unausgedehnter Elemente Ausdehnung haben“.
    „Es bleibt […] die Antinomie verschiedener, gleich unentbehrlicher und doch nicht völlig auf denselben Nenner zu bringender Erfasssungsweisen“ (S. 44).

Mich würden auch eure persönlichen Gedanken dazu
interessieren.

Vielleicht war ja Zenon selber im Zweifel, ob ihm der Nachweis gelungen war. Platon schreibt nämlich, Zenons Schrift sei ein Jugendwerk gewesen, das ihm abhanden gekommen und dann ohne seine Erlaubnis unter die Leute gebracht worden sei, bevor er sich entscheiden konnte, ob es überhaupt veröffentlicht werden sollte.
Schönen Gruß!
Hannes

Hi.

Zenon (war Schüler von Parmenides) wollte die parmenidische Lehre des unveränderlichen Seins verteidigen.

Exkurs: Für Parmenides war all das, was wir um uns herum sehen, also Veränderungen, Bewegungen, Prozesse nur Schein und nicht wahr/real (bzw. nur innerhalb (!) der Sinnenwelt realt). Die Sinnenwelt ist also eine Scheinwelt. Nur das Unveränderliche, Ewige ist bei ihm wahr. Der Ausgangspunkt für diese Position ist Heraklit, der behauptet, alles sei stets in Veränderung (panta rhei - alles fließt). Für Parmenides ist bedeutet das einen Relativismus, weil so nie wahre Aussagen möglich sind (das Objekt der Aussage hat sich zum Zeitpunkt der Aussage schon längst wieder gewandelt).

Zenon hat sich nun der Position des Parmenides angeschlossen und diese Paradoxie (neben bekannten anderen) formuliert. Er wollte damit die prinzipielle, logisch begründete Unmöglichkeit zeigen, dass die Schildkröte überholt werden kann. Dass es in der „Praxis“ doch passiert, zeigt somit die Scheinhaftigkeit der „Praxis“.

Gruß