Ältere Jungbäume von der Baumschule - weniger standfest?

Hallo

In einer Radiosendung hat mal jemand erzählt, dass nur jung gepflanzte Bäume (ca. 3 Jahre alt) richtig standfest werden, dass aber heutzutage auch sehr große, schon 10 oder 20 Jahre alte Bäume verkauft werden, und dass die einen richtigen Sturm oft nicht aushalten, weil sie in dem Alter nicht mehr so kräftige Wurzeln bilden.

Außerdem würden Bäume auch leichter umgeweht werden, weil immer die unteren Äste entfernt werden. Das leuchtet mir direkt ein, ich frage mich aber, ob der Baum noch zusätzlich durch solche Maßnahmen geschädigt wird, außer einer ungünstigeren Statik gegenüber seitlich wehenden Windkräften.

Stimmt das, was der Mensch in der Radiosendung gesagt hat? - Es interessiert mich nur so, ich möchte keinen Baum pflanzen.

Viele Grüße

Servus,

Wurzeln werden mit Wachstum der Krone ständig weiter ausgebildet.

Ob hier die Leitwurzeln von vornherein deformiert sind, hängt wohl wesentlich davon ab, wie der Wurzelballen in der Baumschule „erzogen“ wurde: Wenn der Baum von vornherein in einem künstliche begrenzten Wurzelraum steht, ist er zum Pflanzen zwar jederzeit und ohne Vorbereitung auszuheben, aber seine Leitwurzeln wachsen im Kreis immer an der Wand lang - wie man das bei kleineren Containerpflanzen auch beobachten kann.

Eine höhere Empfindlichkeit auf Windwurf bei Entfernen unterer Äste erschließt sich mir nicht.

Schöne Grüße

MM

Hallo!
Zum Thema Ballen und Container wurde schon was gesagt.

Dann spielt noch eine Rolle, was nach Pflanzung geschieht: Gängig ist ja das Anpflocken und leider häufig auch der Umstand, dass die Pflöcke viel zu lang stehen bleiben. Die Bäume „verlassen“ sich auf die Stütze und werden nicht so stabil wie ohne Pflock. Nimmt man dann den Pflock nach vielen Jahren weg, passiert es recht häufig, dass die Bäume dann dem Wind nicht standhalten…

Man geht seit vielen Jahren dazu über, den Ballen zu sichern (mit Zurrgurten und Drähten z.B.), das verschafft dem Baum die „normale“ Stammbewegung und -belastung und in der Folge wird er stabiler wachsen.

In einer Radiosendung hat mal jemand erzählt, dass nur jung
gepflanzte Bäume (ca. 3 Jahre alt) richtig standfest werden,
dass aber heutzutage auch sehr große, schon 10 oder 20 Jahre
alte Bäume verkauft werden, und dass die einen richtigen Sturm
oft nicht aushalten, weil sie in dem Alter nicht mehr so
kräftige Wurzeln bilden.

Hast Du einen Link? Würde mich interessieren.

Außerdem würden Bäume auch leichter umgeweht werden, weil
immer die unteren Äste entfernt werden. Das leuchtet mir
direkt ein, ich frage mich aber, ob der Baum noch zusätzlich
durch solche Maßnahmen geschädigt wird, außer einer
ungünstigeren Statik gegenüber seitlich wehenden Windkräften.

Also, wenn man einem Baum Äste fachgerecht (zur richtigen Jahreszeit, nicht zu große und den Schnitt richtig setzt) abschneidet, dann kann der Baum das sehr gut kompensieren. Eine regelgerecht verheilte Wunde wird keine Folgen für den Baum haben.
Dann kann ich mir vorstellen, dass es darauf ankommt, wann ein Baum aufgeastet wird: Von klein auf oder dann erst später. Gründe wie oben erläutert: Bei Solitärbäumen (Äste bis unten) ist der Stamm wahrscheinlich schwächer ausgebildet. Astet man ihn auf, ist die Knickbelastung (Schwerpunkt oben) von jetzt auf gleich größer, ist der Baum das von kleinauf „gewöhnt“, macht er den Stamm eben stabiler.

Bäume reagieren im Wachstum auf die Kräfte, die auf sie wirken und bilden sehr gezielt und effektiv Holz an den richtigen Stellen. Die Bionik beschäftigt sich ja damit, das nachzuahmen.

Die Stabilität ist von vielen vielen Faktoren abhängig, ich würde da keine monokausalen Zusammenhänge herstellen wollen.
Die Baumart spielt da sicher noch eine Rolle. Manche haben einen vitaleres Wurzelwachstum nach Schäden oder Ortswechsel als andere.
Der Standort der Baumschule und dann später.
So Dinge wie die richtige Düngung („Stickstoffstangen“ bei übermäßiger einseitiger Düngung während der Schulung)

Stimmt das, was der Mensch in der Radiosendung gesagt hat? -

Bei richtigen Großbaumverpflanzungen würde ich ihm zustimmen. Da kann man den Ballen quasi gar nicht so groß machen, um ein komplettes Wurzelsystem mit umzuziehen. Man wird immer starke Wurzeln dabei beschädigen, was die Standfestigkeit fast immer vermindert.

Wiki hat einen ganz guten Überblick zum Thema Baumpflege, da werden viele Dinge angerissen…eine Basis zum Weiterlesen.

Meiner Meinung nach stürzen viele Bäume v.a. im städtischen Bereich aus folgendem Grund um:

Bei Bauarbeiten ist es eigentlich die Regel, dass der Baumschutz vernachlässigt wird. Wer Baumscheiben dienen als Lagerplätze, werden überfahren, angegraben, mit Betonresten aufgefüllt etc. etc.
Die häufigsten Beschädigungen betreffen den Wurzelanlauf, knapp über oder unter der Erdoberfläche: Ein Einfallstor für Pilze und Schadarganismen, die dann im Verborgenen beginnen, ihr Werk zu verrichten.
Zum Ende der Bauarbeiten wird alles hübsch mit Erde aufgeschüttet und glatt geharkt und bepflanzt.
Und 10 Jahre später kracht der Baum dann um und keiner erinnert sich mehr an die Bauarbeiten und Schäden in früherer Zeit…

So, ich hab grad gegoogelt und das Paradenegativbeispiel direkt bei Wiki gefunden: Ein paar um den Baum gebundene Bretter sind eben überhaupt kein Schutz!
Das müsste dann schon eher soin etwa aussehen…
Die meisten und wichtigsten Versorgungswurzeln hat ein Baum übrigens da, wo man sie als Laie nicht mehr vermutet: knapp außerhalb der Kronentraufe - unterhalb des Laubdaches kommt ja z.B. gar kein Wasser mehr an.

Grüße
kernig

Hallo

Wurzeln werden mit Wachstum der Krone ständig weiter ausgebildet.

Ob hier die Leitwurzeln von vornherein deformiert sind, hängt wohl wesentlich davon ab, wie der Wurzelballen in der Baumschule „erzogen“ wurde: Wenn der Baum von vornherein in einem künstliche begrenzten Wurzelraum steht, ist er zum Pflanzen zwar jederzeit und ohne Vorbereitung auszuheben, aber seine Leitwurzeln wachsen im Kreis immer an der Wand lang - wie man das bei kleineren Containerpflanzen auch beobachten kann.

Was bedeutet das denn praktisch? Sind dann die Wurzeln endgültig deformiert und wachsen nur noch im Kreis? Und was gibt es noch für Möglichkeiten? Kann man einen älteren Baum auch einfach wachsen lassen und dann die einzelnen Wurzeln mühsam ausgraben, bzw. gibt es Baumschulen, die das machen?

Eine höhere Empfindlichkeit auf Windwurf bei Entfernen unterer Äste erschließt sich mir nicht.

Wenn ich einen Bleistift zur Hälfte in einen Blumentopf stecke, kriege ich in viel leichter umgekippt, wenn ich ihn nur am obersten Ende zur Seite drücke, als wenn ich das gesamte aus der Erde rausguckende Ende zur Seite schiebe.

Viele Grüße

Hallo

In einer Radiosendung hat mal jemand erzählt, dass nur jung gepflanzte Bäume (ca. 3 Jahre alt) richtig standfest werden, …

Hast Du einen Link?

Nein, es war eine Sendung, bei der Hörer anrufen und was sagen konnten, und da ging es irgendwie um den Sturm, bei dem in Düsseldorf so viele Bäume ungekippt sind (weiß nicht, wie er hieß), es ist also schon eine Weile her.

Wer das gesagt hatte, der war ein Gärtner, dessen Vater Baumschullehrer (oder wie heißen die?) war, und er hatte seine Weisheiten vom Vater. Man muss allerdings natürlich davon ausgehen, dass diese Weisheiten sich nicht unbedingt auf dem neuesten Stand der Baumschulpädagogik befanden.

Viele Grüße

Servus,

Was bedeutet das denn praktisch? Sind dann die Wurzeln
endgültig deformiert und wachsen nur noch im Kreis?

Sie finden irgendwann wieder in eine radiale Richtung, aber das kann dauern, und der bereits in sich verwachsene Knäuel im Inneren bleibt auf Dauer so.

Und was gibt es noch für Möglichkeiten? Kann man einen älteren Baum
auch einfach wachsen lassen und dann die einzelnen Wurzeln
mühsam ausgraben,

Da wird dann immer nur ein Teil der Wurzeln mit verpflanzt. Im Grundsatz funktioniert das so, dass man einen Graben ungefähr unter dem Trauf der Krone anlegt und die Wurzeln ungefähr eine Vegetationsperiode lang verheilen (und teils neu bestocken) lässt. Der Ballen, der dabei heraus kommt, ist in der Ausrichtung der Leitwurzeln weniger gestört als ein Containerballen.

Es ist dann halt so, dass zum Ausgleich für die fehlenden Lieferungen aus dem eingeschränkten Wurzelsystem „obenrum“ auch einiges weggenommen werden muss, so dass das von Baudezernenten usw. gewünschte Bild, die Bäume mögen so aussehen, als ständen sie schon seit zehn Jahren da, nicht so gut zu erfüllen ist - dafür hat man dann einen Baum, der mit besserer Wahrscheinlichkeit auch in zehn Jahren noch da steht.

Schöne Grüße

MM

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