Änderung Grad der Behinderung von 60 auf 50

Hallo Zusammen,
mein Freund hatte einen Behinderungseintrag von 60. Jetzt hat ihn das Landratsamt auf 50 eingestuft. Begründung: dass eine wesentliche Besserung eingetreten sei, was schlichtweg nicht stimmt. Auch die Krankheiten, welche jetzt aktuell aufgeführt werden, sind identisch mit dem alten Bescheid, wo er mit 60 eingestuft wurde.
Er hat beim VdK angerufen und erhielt am Telefon die lapidare Auskunft, er hätte ja noch 50 % und falls sie das nächste Mal auf 40 runter wollen, könne man immer noch widersprechen. Ist der VdK nicht für solche Dinge zuständig? Diese Antwort hat uns sehr verunsichert.
Unsere Sorge ist, dass wenn wir jetzt zustimmen, sozusagen auch der „wesentlichen Besserung“ zustimmen. Die Diagnosen sind unverändert wie vor Jahren. Lediglich der Orthopäde hat gewechselt (Praxisübergabe). Oder haben sich die Einstufungen irgendwie geändert? Erhält er Einbußen wenn er jetzt bei 50 % bleibt? Lohnt es sich hier zu Widersprechen?
Vielen Dank!

Unbedingt widersprechen:
https://www.anwalt.de/rechtstipps/herabstufungen-der-schwerbehinderung-durch-das-versorgungsamt-koennen-gut-abgewehrt-werden_123876.html
ramses90

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Nein. Ergänzend zu @ramses90 : eine Schwerbehinderung liegt ab 50 GdB vor. Insofern ändert sich nichts und das erklärt auch die Reaktion des VdK - was nicht heisst, dass sie damit gerechtfertigt wäre. Zumindest eine ernstzunehmende Rechtsberatung darf man da schon erwarten - jedenfalls als beitragszahlendes Mitglied. Ist Dein Freund Mitglied? Wenn nicht, habe ich für die Reaktion Verständnis. Der VdK ist in erster Linie für seine Mitglieder zuständig.

Das kann ich nachvollziehen. Also: Widerspruch einlegen mit der Begründung, die Behauptung einer wesentlichen Besserung sei nicht durch ärztliches Gutachten belegt. Unbedingt Frist beachten!

Und - falls Dein Freund VdK-Mitglied sein sollte - mal einen Brief an die zuständige Geschäftsstelle schicken, dass man mit dieser Art Betreuung nicht zufrieden ist.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Solange das Verfahren läuft nicht aber danach wenn das Versorgungsamt die Minderung wirklich durchdrücken kann., dann kann sich die steuerliche Belastung erhöhen. ramses90

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Danke, Du hast recht. Der pauschale Freibetrag gem. § 33b EStG sinkt von 720 € auf 570 €.

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Ja mein Freund ist Mitglied beim VdK. Daher hat uns die spärliche Aussage vom VdK auch gewundert. Auch dass sich steuerlich etwas ändern kann oder wird durch die Herabstufung wurde nicht gesagt.

Wenn er jetzt Widerspruch einlegt, wie ist das weitere Prozedere? Geht es dann nochmals an einen Gutachter oder muss er erneute Untersuchungen machen zur Bestätigung? Oder gleich über einen Anwalt? Leider besteht keine Rechtsschutzversicherung, das wäre dann mit Kosten verbunden, sodass sich die steuerliche Änderung damit sicher aufheben würde.

Ihr bekommt dann einen Widerspruchsbescheid - entweder dem Widerspruch wird stattgegeben oder er wird zurückgewiesen. Wobei dann vor allem die Begründung von Interesse wäre. Dann kann dagegen vor dem Sozialgericht geklagt werden - und da ist der VdK auf jeden Fall in der Pflicht. Übrigens auch schon bei der Formulierung des Widerspruchs. Wichtig ist, dass dieser begründet wird sowie dass er form- und fristgerecht eingelegt wird. Was das genau heisst (i.E. wo, wie und bis wann Widerspruch eingelegt werden muss), steht in der Rechtsbehelfsbelehrung am Ende des Änderungsbescheides, den Dein Freund erhalten hat. Ist nicht weiter schwierig, dazu muss man kein Jurist sein.

Spätestens bei Ablehnung des Widerspruchs persönlichen Gesprächstermin bei der VdK-Geschäftsstelle zur Rechtsberatung vereinbaren. Die übernehmen dann auch den weiteren Schriftverkehr.

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Hallo lege Widerspruch erst mal ohne Begründung ein und verlange Akteneinsicht. Dann bekommst Du den gutachterlichen Bewertungsbogen und die eingeholten Arztberichte und siehst überhaupt erst, was sich jetzt tatsächlich geändert hat.

Hatte Dein Freund evtl. eine Behinderung mit „Heilungsbewährung“ ?

Und wichtig für das weitere Prozedere: in welchem Bundesland findest das Ganze statt?

Alberca

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Hallo LaAlberca,

Ich weiss leider nicht, welche Krankheiten unter die Heilungsbewährung fallen. Gibt es irgendwo eine Aufstellung wo man nachschauen kann?

Baden-Württemberg

Vielen Dank :heart:

Das habe ich gefunden…

„Nach Ablauf der Zeit der Heilungsbewährung wird der GdB neu bewertet. Soweit kein Rückfall feststellbar ist, wird regelmäßig ein niedrigerer GdB für die Zukunft festgesetzt. Dies ist häufig auch dann der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand nach Ablauf der Heilungsbewährung gar nicht geändert hat, weil nun die Bewertung nach den konkret verbleibenden Funktionsbeeinträchtigungen erfolgt. Diese Herabsetzung des GdB ist nach § 48 SGB X gerechtfertigt, weil die erfolgreiche Heilungsbewährung als wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gesehen wird.“

Hier steht, dass eine niedrigere Einstufung auch häufig der Fall ist, wenn sich der Gesundheitszustand gar nicht geändert hat. Meinem (hoffentlich gesunden) Menschenverstand leuchtet dies nicht ein… Denn die Funktionsbeeinträchtigungen sind ja bei 50 % die selben wie bei der letzten Feststellung mit 60 %.

Hallo,

mein Fachmensch läßt folgendes antworten:

1.
„Heilungsbewährung“ gibt es fast ausschließlich bei Krebserkrankungen. Wird eine Heilungsbewährung abgewartet, muß dies im ursprünglichen Bescheid drinstehen.
Dies und andere Bewertungsgrundlagen findet man in der gesetzlichen Grundlage, der „Anlage zu §2 VersmedV“:

Grundsätzlich kann aber die Versorgungsverwaltung immer nachprüfen - auch bei unanfechtbaren Bescheiden - ob nicht doch eine Verbesserung eingetreten ist. Dabei kommt es auch nicht auf die festgestellte Behinderung an sich an, sondern auf die konkreten persönlichen Einschränkungen, die von behandelnden Ärzten entsprechend beschrieben werden müssen - das wissen viele Ärzte nicht oder wollen es nicht wissen, weil es zusätzliche Arbeit bedeutet.
Außerdem gab es in den letzten 10 Jahren 5 Änderungen der VersmedV, wobei die Bewertung dem medizinischen Fortschritt angepasst wurde - auch das darf die Verwaltung überprüfen.

[quote=„schneewittchen2303, post:9, topic:9458166“]
Baden-Württemberg
[/quote]
Herzliches Beileid, wohl in keinem anderen Bundesland - evtl. mit Ausnahme NRW - wird schlampiger und fehlerhafter begutachtet.

Allerdings sollte es vor jeder Neufestsetzung eine Anhörung gegeben haben, dies ist ebenfalls zwingend.
Da das in Ba-Wü gerne mal verschleiert wird, sollte der Betroffene aufmerksam lesen, ob es sich tatsächlich um einen neuen Bescheid oder nur um eine Anhörung („es ist beabsichtigt…“) handelt.
Falls es ein Bescheid ist, sollte der Betroffene in sich gehen, ob es da nicht schon mal vor mehreren Monaten ein Schreiben gegeben hat, das eine Anhörung gewesen sein könnte.

Soweit mein konsultierter Fachmensch.

Alberca

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Nachtrag:

Vom VdK hält mein Fachmensch, der beruflich und ehrenamtlich viel mit diesen Verfahren zu tun hat, gar nichts, die Antwort wundert ihn nicht.

Alberca

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Hallo LaAlberca,
vielen lieben Dank für Deine Nachricht und auch vielen lieben Dank an Deinen Fachmenschen für sein Wissen :heart:

Die Anhörung hatte er bereits erhalten, mit der Gelegenheit sich zu äußern. Die wesentliche Änderung wurde dort betitelt, als dass sich die Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule zwischenzeitlich gebessert hat. Wir hatten uns hierzu bereits schriftlich geäußert, dass KEINE wesentliche Änderung eingetreten sei und sich die Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule auch zwischenzeitlich NICHT gebessert hat. Der bestehende Bandscheibenschaden wurde nicht berücksichtigt und wurde im neuen Anschreiben nicht aufgeführt. Wir haben um Korrektur gebeten.
Folge davon war, dass die den „Bandscheibenschaden“ jetzt zwar mit aufgelistet haben, aber nicht von 50 auf 60 geändert wurde.

Der Grad der Behinderung richtet sich nicht nur an medizinischen Diagnosen aus, sondern wesentlich auch daran, wie sich die gesundheitliche Beeinträchtigung auf die Möglichkeit auswirkt, am üblichen gesellschaftlichenin der Gemeinschaft Leben teil zu nehmen. Wenn ich nach Einsatzz einer Knieprothese besser laufen kann als vorher hat sich der gesundheitliche Zustand zwar nicht verbessert. Die Möglichkeiten, sich wie allgemein üblich zu bewegen, wurden aber verbessert. Man ist also nicht mehr so „behindert“ wie vorher.

Grade der Behinderung gibt es halt nicht für medizinische Diagnosen, sondern dafür, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen einem das Leben in der Gemeinschaft mit allen Rechten erschweren oder unmöglich machen.
Das ist auch gut so.
Andererseits ist das Schwerbehindertenrecht kein Selbstbedienungsladen für die Einheimsung finanzieller Vorteile für Personen, die trotz chronischer Erkrankung nur wenig engeschränkt sind.
Ich bin so wütend, weil ich selber gehbehindert bin. Mit einem GdB von 30, den ich schon längst auf einen GdB von 50 hätte hochschrauben könnnen. Mit vielen finanziellen Vorteilen. Ich werde im Alltag aber nicht behindert.
LG
Amokoma1

Hallo Schneewittchen,

mein Fachmensch hat sich mal wieder gemeldet:

Wenn es sich tatsächlich um einen Bescheid handelt, sollte der Betreffende wie bereits beschrieben Widerspruch einlegen und Akteneinsicht verlangen.
Zur Akteneinsicht gehört der Bewertungsbogen des Gutachters, in dem die Einzelwerte aufgeführt sind und alle medizinischen Unterlagen, die für die Bewertung eingeholt wurden.
Die Unterlagen müssen dann darauf geprüft werden, ob überhaupt aktuelle Unterlagen angefordert wurden, ob die angefragten Ärzte überhaupt noch aktuelle Angaben machen können (zB wegen evtl. Arztwechsel), ob die aus den Unterlagen erkennbaren Einschränkungen bzw. Diagnosen überhaupt alle im Bewertungsbogen erfasst sind und ob die geschilderten Einschränkungen im Rahmen des Bewertungsmaßstabes (bei Wirbelsäule zB Nr. B 18.9, bei sonstigen orthopädischen Erkrankungen B 18.13/18.14 der verlinkten VersmedV) richtig bewertet wurden.

@amokoma: ich weiß nicht, was Dein moralinsaurer Post hier soll. Die Bewertung von Behinderung ist in vielen Bundesländern mit „Verwaltungsreform“ so schlampig geworden, daß sich nach meinen Erfahrungen genaues Hinschauen immer lohnt, weil bis zu 2/3 der Bescheide fehlerhaft sind.
Und die Überprüfung von Verwaltungshandeln ist in einem Rechtsstaat nun mal ein elementares Bürgerrecht

Soweit mein konsultierter Fachmensch

Alberca

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Ich bin bei weitem nicht moralinsauer und verbitte mir auch solche Einsortierung.
Rein oberflächlich gesehen macht es ja schon aufmerksam, wenn jemand lieber mehr „behindert“ (GdB von 60) als weniger „behindert“ (GdB von 50) sein möchte.
Der Grund für „Heilungsbewährung“ nach Krebserkrankung ist die Annahme,
dass der Mensch nach " entfernten Krebs" (also Beseitigung der organischen Ursache) wenigstens 5 Jahre braucht, um mit den auch psychischen Folgen klar zu kommen.
Der gesundheitliche Zustand hat sich nach Behandlung des Krebses verbessert. Sonst hätte eine Behandlung vermutlich nicht stattgefunden.
Für die angeommene Schlampigkeit von Behörden kannst Du nicht mich haftbar machen. Genaues Hinschauen lohnt natürlich immer. Aber auch bei Ppposts hier.
LG
Amokoma1

Hallo,

was soll dann diese Bemerkung,

zu der Dir die UPin keinerlei Anlass gegeben hat?
Wenn Du selbst keinen Erhöhungsantrag stellen willst, ist das Deine Sache. Wenn aber der Partner der UPin eine angemessene Bewertung gem. der einschlägigen Vorschriften will, ist das sein gutes Recht, wie schon mein Fachmensch schrieb

Alberca

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Nein. Ergänzend eine Schwerbehinderung liegt ab 50 GdB vor. Insofern ändert sich nichts.