AG: Tricksen und Aufhebungsvertrag statt Kündigung

Hallo,
ich habe eine brisante und heikle Frage Arbeitnehmer günstig loszuwerden:
Barny Geröllheimer arbeitet schon 15 Jahre in Freds Feuersteinfabrik.
Aber Feuersteine sind nicht mehr gefragt und Fred will seine Produktion zurückfahren und auch Mitarbeiter einsparen.
Barny wird also zum Chef zitiert (ohne Ankündigung, was Sache ist) und findet sich im Büro zusammen mit Willma (Persabtlg.) wieder.
Fred sagt Barny, daß er mit sofortiger Wirkung freigestellt ist, seine Sachen vom Arbeitsplatz holen soll, den Meißel für die Zeituhr abgeben usw. anschließend soll er das Gelände verlassen.
Er bekommt einen Schrieb „unwiderrufliche Freistellung“ ausgehändigt,
indem nochmal steht, was im gespräch gesagt wurde, u.a., daß man ihm die Maßnahmen erklärt hat, und man ihm zur Vermeidung der Kündigung einen Aufhebungsvertrag angeboten hat.

Ein "Kündigungsschreiben erhält Barny nicht, er muß auch nichts unterschreiben…
Barny gibt also alles ab, packt seine noch halbvolle Brottüte ein und geht.
Nachdem er seinen Frust im „Flintstone-INN“ gelöscht hat, kommt er trunken nachhause. Beim nächsten Frühstück erfährt Barnys Frau davon und sie fragen sich wie es am besten weitergeht.

---- leider ist hier Werbeunterbrechung ----

In dem fiktiven Fall, wird versucht, den AN ohne offizielles Personalgespräch (kein BR anwesend, nicht vorangekündigt) schnellstmöglich aus den Augen zu kriegen.
Auch fällt das Wort Kündigung gar nicht. Aufhebungsvertrag ist das Schlagwort.
Eine richtige Kündigung (egal ob Einzelperson oder mehrerer MA) müsste Fred sich doch mit dem BR abstimmen. Den hatte er gar nicht im Boot. Bei einer Kündigung gibts ja auch Regeln für die Abfindung von Barny. Früher hieß es mal, pro Jahr Betriebszugehörigkeit 1 Monatsgehalt - inzwischen wohl weniger!

Was würdet ihr Barny raten?

Gruß,
Michael

Fred sollte mal sein BR, die Gewerkschaft oder das Arbeitsgericht fragen (auch ohne Anwalt möglich in der 1. Instanz) denn eine Änderung des Arbeitsvertrages ist an eine beidseitige Willenserklärung gebunden. Er kann nicht nur auf Willen einer der beiden Parteien (Arbeitgeber und ArbeiternehmerIn) einseitig geändert werden. Bei einem Änderungsvertrag unterschreiben beide Vertragsseiten, dass sich bestimmte Punkte im Arbeitsvertrag ändern sollen. LG

unwiderrufliche Freistellung ist eine Änderung des AV, denn der AG verzichtet auf die vertraglich zugesicherte Arbeitskraft (wenn möglich noch ohne Bezahlung, was exitenzbedrohend wäre) des AN. LG

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Hallo,
erst einmal Danke fürs schnelle Antworten!
Fred hatte im Gespräch bzw. im ausgehändigten Schreiben ja von „Aushebungsvertrag“ gesprochen um eine betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden.

Barny hat ja nichts unterschrieben, eine Vertragsänderung muß aber doch beidseitig unterschrieben werden.
Kann das Abgeben aller „Schlüssel“ und mitnehmen der „privaten Sachen“ als stillschweigende Zustimmung gewertet werden? Barny hat sich ja nicht geweigert …
und die anderen Teilnehmer des Gesprächs, konkret der direkte Vorgesetzte und MA’in Perso. könnten doch als „Zeugen“ für Barny’s Zustimmung fungieren.

Gruß,
Michael

Hallo, stillschweigende Zustimmung, nein laut Arbeitsrecht muß es schriftlich erfolgen.Ich würde es eher als Rauswurf deuten als einseitige Beendigung durch den AG, hier ist auf jeden Fall rechtlich gegen vorzugehen und Auf Weiterbeschäftigung klagen. Denn solange er nur Freigestellt ist hat er ja auch kein Anspruch auf ALG I oder Sozialleistungen. LG

Was würdet ihr Barny raten?

es wurde kein wirksamer aufhebungsvertrag abgeschlossen (§ 623 bgb) und keine kündigung ausgesprochen… (die freistellung, ohne dass eine kündigung ausgesprochen wird, ist atypisch):

der AG darf entscheiden, ob er die arbeitsleistung des AN nutzen möchte oder nicht. möchte er dies nicht (hier „freistellung“), liegt ein verzicht vor, d.h. der AG kommt (ohne verzichtserklärung des AN) in annahmeverzug. das schöne für den AN ist, dass er weiterhin einen lohnanspruch hat (obwohl er nicht mehr arbeiten muss), § 615 bgb.

zu beachten ist allerdings die anrechnungsregelung in § 615 S.2 bgb. wenn der AN stattdessen einkünfte erzielt, werden diese angerechnet. die frage ist nun, ob der AN sich um eine anderweite arbeit bemühen muss bzw. wie sein böswilliges unterlassen anzurechnen ist.
dies ist regelmäßig eine frage, die ein gericht entscheidet. es lohnt sich allerdings, wenn der AN (durch einen zeugen nachweisbar) nun beginnt, stellenanzeigen zu lesen.
dabei ist zu beachten, dass den AG die beweislast für die anrechnungsvoraussetzungen treffen…

es stellt sich also die frage, was der AG mit der freistellung bewirken will. zahlt er den lohn (unberechtigterweise) nicht, sollte entsprechend klage erhoben werden…

Tricksen und Aufhebungsvertrag statt Kündigung
Guten Tag,

eine Kündigung bedarf ebenfalls der Schriftform. Man sollte den ArbG darauf hinweisen, dass man gerne seine Arbeitsleistung anbieten möchte und kann dann abwarten. Wenn kein Lohn kommt, muss man wohl oder Übel eine Lohnklage einreichen, oder besser ein Antrag auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht beendet wurde.

Der ArbG wird aber wahrscheinlich, wenn der nicht dumm ist, eine betriebsbedingte Kündigung nachreichen.

Liebe Grüße

Danke zunächst fürs Antworten.
Mehr Hintergrundwissen zur Feuerstein-Firma: Der alte Fredhat vor 4 Monaten extra den Chef der Verwaltung getauscht und einen „scharfen Betriebsleiter“ eingestellt (Im Feuersteinbruch hat man recherchiert: seine letzte Anstellung hat er ebenfalls nur 1 Jahr, weil er dort fast die gesamten MA des BR entlassen hatte - als jemand der sich wirklich damit Entlassungen auskennt). Dieser hat vor 4 Wochen eine Betriebsversammlung abgehalten und mit BR zusammen angekündigt, das man keine Betriebsbedingten Kündigungen wolle. Parallel ist dennoch detailiert untersucht worden, welche Stellen wegfallen können. So wurde Barny und andereKollegen ohne „Vorwarnung“ zum Chef zitiert. Mit den Worten: Du sollst nachhermal zum Chef kommen.
Dort war dann das ganze „Gericht“ aufgebaut. In einem Monolog laberte der Chef Barny die Maßnahme herunter, überreichte ihm eine Zusammenfassung in schrifztlicher Form und bat ihn seine Sachen aufzuräumen und anschließend das Gelände zu verlassen.
Es sind keine „Pfandflaschen oder Brötchen“ geklaut worden, absolut keine Verfehlungen oder so…
Es ist auch nirgendwo direkt von Kündigung die Rede: Unwiderrufliche Freistellung und man möchte mit einem Aufhebungsvertrag (angegebenes Datum innerhalb der nächsten 14 Tage - kommt dannnwohl mit der Dino-Post als Einschreiben) eine betriebsbedingte Kündigung vermeiden. DAs ist die einzige Passage wo das Wort Kündigung auftaucht!
Barnys Frau hat halt Angst, er ist ja nicht mehrder Jüngste, daß er von der Feuerstein-Firma übern Tisch gezogen werden soll… Naja, so viele Jahre Betriebszugehörigkeit- da käme 'ne schöne Abfindung zusammen.

Gruß,
Michael

Guten Tag,

eine Kündigung bedarf ebenfalls der Schriftform. Man sollte
den ArbG darauf hinweisen, dass man gerne seine
Arbeitsleistung anbieten möchte und kann dann abwarten.

auf keinen fall sollte man dem AG auf seinen fehler hinweisen (am besten sagt man ihm noch, wie er richtig kündigt…). es ist auch nicht erforderlich, seine arbeitsleistung anzubieten, wenn eine freistellung erfolgte…

Wenn
kein Lohn kommt, muss man wohl oder Übel eine Lohnklage
einreichen, oder besser ein Antrag auf Feststellung, dass das
Arbeitsverhältnis nicht beendet wurde.

mit einer FK allein hat der AN nichts in der hand (überdies ist das feststellungsinteresse eher fraglich).

Barnys Frau hat halt Angst, er ist ja nicht mehrder Jüngste,
daß er von der Feuerstein-Firma übern Tisch gezogen werden
soll… Naja, so viele Jahre Betriebszugehörigkeit- da käme
'ne schöne Abfindung zusammen.

offensichtlich, dass der AG die betriebsbedingte kündigung aus eigeninteresse vermeiden will und nicht zum wohle des AN handelt:

die betr. kündigung hat sehr hohe anforderungen (vgl. §§ 1 III iVm 23 I kschg), außerdem will der AG offenbar das entgelt während der kündigungsfrist vermeiden. der AN kann fristgerecht feststellungsklage (§§ 4, 7 kschg) erheben, dass das AV nicht durc hdie kündigung beendet wurde, und ab diesem moment wird der gesamte sachverhalt für den AG sehr unangenehm, da er die voraussetzungen der kündigung darlegen und beweisen muss.

einen gesetzlichen abfindungsanspruch des AN gibt es nicht. selbst im falle von §1a kschg bedarf es des hinweises des AG. daran wird es hier wohl fehlen.

einen aufhebungsvertrag braucht der AN nicht unterzeichnen, wenn er es nicht möchte oder ein abfindungsangebot zu gering ist.
wenn der AG (ordentlich, betriebsbedingt) kündigen will, dann wird der AN ausreichend durch die kündigungsfristen iSd § 622 bgb geschützt, ggf. sind auch urlaubsansprüche zu vergüten (wenn in der freistellung nicht erklärt wurde, dass die restlichen urlaubstage angerechnet werden).

ein aufhebungsvertrag kann auch erhebliche sozialrechtliche auswirkungen haben (möglichen eintritt einer sperrzeit und ein ruhen des anspruches nach § 158 SGB III). deshalb sollte man sich sehr genau überlegen, ob man nicht eine betriebsbedingte kündigung abwartet (und dann evtl. dagegen vorgeht).

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Gehts eigentlich noch ???

unwiderrufliche Freistellung ist eine Änderung des AV, denn
der AG verzichtet auf die vertraglich zugesicherte
Arbeitskraft

Auch das ist so pauschal erst mal Blödsinn

(wenn möglich noch ohne Bezahlung, was
exitenzbedrohend wäre) des AN.

„Ohne Bezahlung“ ist bei einseitiger Freistellung durch den AG erst mal aufgrund der Fallschilderung des UP ziemlich absurd

LG

Hallo,

Ja, genau wie du sagst, Barny ist unwiderruflich freigestellt und bekommt noch 3 Monate Knete (wahrscheinlich die reguläre Kündigungsfrist). Mit der Freistellung ist sämtlicher Uraubsanspruch und etwaige Überstunden abgegolten. Aussderm will der Chef ne Kündigung aus betr. Gründen vermeiden und kündigt an Barny einen Aufhebungsvertrag zukomemn zu lassen.

Denke mal, einen Aufhebungsvertrag können AG und AN jederzeit untereinander schließen, dazu ist kein BR erforderlich.
Sollte Barny sich weigern diesen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen (vermutlich werden die darin enthaltenen Konditionen Abfindungen etc. nicht sonderlich sein), muß der Chef ihn betriebsbedingt kündigen, denn widerrufen kann er die Freistellung ja nicht. Und wenn er betriebsbedingte Kündigungen aussprechen will, muß er dazu doch den BR mit einbeziehen, oder?

Hat bei betriebsbedingten Kündigungen der BR ein Mitspracherecht?
So Schlagworte wie „sozialverträglich“ sind aber keine grundsätzliche Pflicht bei betr.Kündigung?
Solange keine Kündigung ausgesprochen ist, besteht die Anstellung/Arbeitsvertrag fort und der AN hat weiterhin Anspruch auf Lohnfortzahlung!
Ein Aufhebungsvertrag kann auch so formuliert sein, daß das Verhältnis in beidseitigem Einvernehmen, zb schon zum 1.7.13 endet. Dann entfiele für Barny keine 3monatige Fortzahlung (bis zum Ende der
Kündigungszeit) und von der ARGE gäbs auch nix/weniger.
Sollte sich Barny dennoch darauf einlassen, müsste die Abfindung von Fred entsprechend üppig sein… (worauf er nicht hoffen sollte)
Trotzdem sieht das Ganze doch wie ein unprofessioneller Versuch aus, Barny einen Aufhebungsvertrag aufzuschwatzen. Der üble Beigeschmach ist eben: der bei Fred neu angestellte Chef soll ein „Professioneller“ rausschmeisser sein. Irgendwo muß der Trick sein!!!

Gruß,
Michael
Entsprechnd hoch

Ja, genau wie du sagst, Barny ist unwiderruflich freigestellt
und bekommt noch 3 Monate Knete (wahrscheinlich die reguläre
Kündigungsfrist).

hier nachlesen: § 622 bgb

Denke mal, einen Aufhebungsvertrag können AG und AN jederzeit
untereinander schließen, dazu ist kein BR erforderlich.

richtig.

Sollte Barny sich weigern diesen Aufhebungsvertrag zu
unterzeichnen (vermutlich werden die darin enthaltenen
Konditionen Abfindungen etc. nicht sonderlich sein), muß der
Chef ihn betriebsbedingt kündigen, denn widerrufen kann er die
Freistellung ja nicht. Und wenn er betriebsbedingte
Kündigungen aussprechen will, muß er dazu doch den BR mit
einbeziehen, oder?

richtig.

Hat bei betriebsbedingten Kündigungen der BR ein
Mitspracherecht?

grds. besteht nur ein anhörungsrecht bei einer ordentlichen kündigung, § 102 betrvg.

So Schlagworte wie „sozialverträglich“ sind aber keine
grundsätzliche Pflicht bei betr.Kündigung?

schlagworte heißen generell nicht viel…
wenn man daran zweifelt, dass die voraussetzungen der betriebsbedingten kündigung vorliegen (falsche sozialauswahl, insbesondere bei langer betriebszugehörigkeit fraglich; kein betrieblicher grund), lässt man die kündigung durch ein gericht überprüfen.

Trotzdem sieht das Ganze doch wie ein unprofessioneller
Versuch aus, Barny einen Aufhebungsvertrag aufzuschwatzen.

ja, wie ich bereits ausführte…

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Denn solange er nur Freigestellt ist hat er ja auch
kein Anspruch auf ALG I oder Sozialleistungen.

Wieso auch? Im Normalfall wird er ja weiter bezahlt.

Gruß

TET