AGB: Beweislastumkehr bei Schäden im Rahmen von Car-Sharing

Hallo Wissende,

ein Car-Sharing-Anbieter in der Rechtsform der AG hat folgende Klausel zur Regulierung von Fahrzeugschäden in seinen AGBs:
Der Teilnehmer haftet für sämtliche Schäden, die während der Zeit von der Übernahme bis zu der ordnungsgemäßen Rückgabe des Fahrzeugs auftreten, soweit er nicht nachweist, dass er diese nicht zu vertreten hat“ (Fettung von mir)

Ein Kunde, bei dem nach ca. 3 Monaten ein Schaden durch die AG geltend gemacht wird, ist nun der Meinung, daß diese Klausel eindeutig gegen § 309 Nr. 12 BGB verstößt und somit unwirksam ist.
Der Kunde bestreitet, den Schaden verursacht zu haben. Als Beleg für den Schaden hat die AG lediglich einen Kostenvoranschlag vorgelegt. Die Herausgabe weiterer, vom Kunden angeforderter Dokumente wie zB fotografische Schadensdokumentation, Zeitpunkt der Schadensmeldung, tatsächlicher Reparaturaufwand etc. wird von der AG verweigert.
Der Kunde sieht den Anspruch nicht nachgewiesen, die AG beharrt auf ihren AGBs und droht mit Vollstreckung.

Hinweis für alle Moralapostel:
Nein, der Kunde will sich nicht vor etwas drücken, von dem er weiß, daß er es zu vertreten hat.

Wie sehen Fachmenschen diese Klausel ? Könnte der Gang zum Anwalt lohnen ?

Danke &Tschüß
Wolfgang

Hallo,

du möchtest dir den §309 des BGB ansehen, genauer den Punkt 12:

(Beweislast)
eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er
a)
diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen, oder
b)
den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt;
Buchstabe b gilt nicht für Empfangsbekenntnisse, die gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind;

Zusätzlich sei gesagt:

Der Vermieter kann hier ja offenbar noch nicht einmal beweisen, dass der Schaden im Zeitraum der Anmietung statt gefunden hat.
Es gibt Urteile, bei denen ein Auto am Abend abgegeben wurde, am Morgen danach hat der Vermieter einen Schaden gefunden. Fazit: Keine Haftung des Mieters, unaufklärarer Schaden.

Hallo,

genau das hier

versucht ja der Vermieter mit der Klausel zu umgehen: Der Mieter muß beweisen, daß das Auto in einwandfreiem Zustand abgestellt wurde.

&Tschüß
Wolfgang

Hallo,

so ein Beweis ist vielleicht bei einem aufblasbaren Wasserball oder einer Glasscheibe zu führen, nicht aber bei einem komplexen und unübersichtlichen Apparatus wie einem PKW. Wie sollte denn so ein Nachweis aussehen? Fotos von allen innen- und außenliegenden Bauteilen inkl. Dach, Unterboden, Koffern- und Motorraum? Bedienung aller elektrischen und elektronischen Bauteile unter Zeugen und entsprechende Protokollierung? Wer sagt, daß es nicht der Kunde war, der einen Liter Sahne in die Sitze gekippt hat, wenn es zwei Wochen später anfängt zu stinken?

Die Feststellung von Schäden liegt im ureigensten Interesse des Vermieters. Wenn er Schäden nicht unmittelbar nach Rückgabe des Fahrzeuges feststellt, dann ist das sein Problem. Niemals nicht kann von einem Mieter erwartet werden, eine so umfangreiche Dokumentation über den Zustand des Fahrzeuges anzulegen, daß er ggfs. noch Monate später in der Lage ist, zu beweisen, daß der Schaden zum Zeitpunkt der Rückgabe noch nicht bestand.

Insofern zieht als allerletztes Mittel in jedem Falle die unangemessene Benachteiligung nach § 307 I BGB.

Gruß
C.

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Die Frage wäre dann ja, wie „ordnungsgemäße Rückgabe“ definiert ist.

Ist es der Zeitpunkt der Rückgabe, oder Zeitpunkt der Annahme durch den Vermieter?

Beispiel:
Samstag 7 Uhr Auto geliehen,
Samstag 19 Uhr zurückgegeben.

Montag 8 Uhr wird ein Schaden vom Vermieter bemerkt, als er den Wagen inspsiziert.

Die Klausel könnte, so sie einer gerichtlichen Überprüfung Stand halten würde, allenfalls von Samstag 7-19Uhr gelten.
Dann verpufft sie recht wirkungslos, weil zwischen Rückgabe und Inspektion ja alles mögliche hätte passieren können und die Umkehr nicht in diesem Zeitraum gelten würde.

Sollte tatsächlich mit Rückgabe der Montag Morgen gemeint sein, so kann eine so gemeinte Formulierung unmöglich wirksamer Bestandteil von AGB sein.
Es wäre absolut unangemessen, dem Mieter pauschal die Verantwortung für einen Zeitraum zuzusprechen, in welchem er überhaupt keine Verfügungsgewalt mehr über das Auto hatte.

Ceterum censeo: Das übrige Verhalten des Anbieters (Verweigerung jeglicher Auskünfte bzgl. des Schadens) spricht nicht gerade für dessen Seriosität!

Ich persönlich würde meinen Anwalt kurz nach der Rechtslage befragen und dann würde so ein Anbieter so dermaßen auf Granit beißen, wie es nur geht.

Hallo,

es handelt sich um ein Car-Sharing-Unternehmen. Das Kfz wird nach Mietende auf einem allgemein zugänglichen Standplatz abgestellt.
Die Vermieter-AG verweigert mit verweis auf die AGB auch die Angabe, wann denn eigentlich der Schaden gemeldet bzw. festgestellt wurde.

&Tschüß
Wolfgang

Ja doch, das hattest du geschrieben. Und ich habs vergessen.

Dann kann mit „Rückgabe“ doch nur der Zeitpunkt des Abstellens und der Freimeldung gemeint sein, da eine Inspektion durch den Vermieter, bzw. eine formelle Rückgabe ja offensichtlich nicht statt findet - oder wenn, dann nur sporadisch.

Die Beweislastumkehr gilt nur für Schäden zwischen Übernahme und „ordnungsgemäßer“ Rückgabe. So steht’s in den AGB.

Und „ordnungsgemäße Rückgabe“ ist definiert als die Rückgabe des Fahrzeugs in DEM Zustand, in welchem es zuvor übernommen wurde („ursprünglicher Zustand“). Kommt es also zu einem Schaden, so findet eine ordnungsgemäße Rückgabe nicht statt. Sie findet NIE statt. Kann das tatsächlich so gemeint sein? Der selbe Anbieter in der Region Rhein-Ruhr sagt: „Der Kunde haftet für sämtliche Schäden, die während seiner Buchungszeit auftreten, soweit er nicht nachweist, dass er diese nicht zu vertreten hat, begrenzt auf die Höhe der Selbstbeteiligung.“

Das sieht doch schon besser aus. Sollte diese unglückliche Formulierung nur den Nutzungszeitraum gemeint haben?
Oder tatsächlich einen wohlmöglich unbegrenzten, unbestimmten Zeitraum? Letzteres dürfte einer richterlichen Prüfung von AGB nicht Stand halten.

Daher würde ich einen Brief schreiben, dass ich gerne bereit bin, die Gültigkeit der pauschalen Beweislastumkehr für Schäden während der Mietdauer durch meinen Rechtsanwalt prüfen zu lassen, NACHDEM man mir schlüssig nachweist:

  • dass überhaupt ein Schaden am Fahrzeug besteht
  • dass dieser im Zeitraum zwischen Übernahme und Rückgabe passiert.
    Ohne schlüssige Darlegung von Schadensart und Schadenszeitpunkt sehe ich allerdings keinen Anlass dafür, überhaupt auch nur eine Sekunde über die Gültigkeit der AGB nachzudenken, weil diese offensichtlich nur für SCHÄDEN gilt und ebenso offensichtlich nur für solche, die WÄHREND meiner Nutzungstzeit entstanden sind.

Sofern Ihnen dieser Beweis gelingt, werde ich natürlich gerne und unverzüglich die Gültigkeit Ihrer AGB Klausel anwaltlich prüfen lassen. Ich erlaube mir aber vorsorglich, auf den §309 BGB hinzuweisen.

Ich möchte Sie aber bitten, mir nicht ein weiteres Mal mit einem Mahnverfahren zu drohen, denn so lange ich davon ausgehen muss, dass Ihre Forderung ganz offensichtlich unbegründet ist, werde ich einem Mahnbescheid sofort widersprechen.

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