AGG nicht für die Kirche als Arbeitgeber?

Servus,

kann mir jemand erklären warum für die Kirchen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) offensichtlich nicht zu gelten scheint?

Gruß,
Sax

Servus,

nach dem Schreiben der Frage habe ich erkannt, dass ich sie evtl. genauer fassen muss.

Mir ist schon klar, dass die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, und hierbei insbesondere die großen Kirchen, ein eigenständiges Arbeitsrecht erlassen können und dass das seine Grundlage im sog. Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungsrecht hat, welches gemäß Art. 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung, der nach Art. 140 GG in das Grundgesetz inkorporiert und vollwirksames Verfassungsrecht ist.

Aber warum ändert/korrigiert dies die EU/BRD diese unsägliche „Altlast“ nicht endlich?
Konterkariert dies nicht völlig den Antidiskriminierungsgedanken des AGG?

Religionsfreiheit ist ja eine Sache (hgehört auch ins GG), aber dass daraus eine Willkürherrschaft im Arbeitgeber/Arbeitnehmer-Verhältnis entstehen kann, halte ich für völlig falsch.

Immerhin heißt es ja in 140 GG, 137 WRV:

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.

Gruß,
Sax

Hallo,

Aber warum ändert/korrigiert dies die EU/BRD diese unsägliche „Altlast“ nicht endlich?

Was ist denn da die Altlast?

Konterkariert dies nicht völlig den Antidiskriminierungsgedanken des AGG?

Nein.

Religionsfreiheit ist ja eine Sache (hgehört auch ins GG), aber dass daraus eine Willkürherrschaft im Arbeitgeber/Arbeitnehmer-Verhältnis entstehen kann, halte ich für völlig falsch.

Tut es ja auch nicht. Zur Religionsfreiheit gehört nicht nur, dass ich nicht von irgendwelchen Religionsgemeinschaften zwangsmissioniert werde, sondern das die niemanden beschäftigen müssen, der sich nicht zu deren Religion bekennt.

Immerhin heißt es ja in 140 GG, 137 WRV:
(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.

Naja. Das heißt doch nicht, dass das AGG für die Religionsgemeinschaften nicht gilt. Das AGG sieht diverse zulässige Ausnahmen vor. Das sind eben berufliche Anforderungen, in bestimmten Grenzen das Alter und auch eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion. Das bedeutet aber auch nur, dass eine katholische Einrichtung etwa darauf bestehen darf, dass ein Bewerber katholisch ist resp. darf sie hier zwischen katholischen und nicht-katholischen Bewerbern diskriminieren und katholische bevorzugen. Bewerben sich ein Katholik und eine Katholikin, dann sind die gleichwohl ans AGG gebunden und dürfen nicht wegen des Geschlechts ungleich behandeln.

Grüße

Servus,

hast Du eigentlich meinen ursprünglichen Link verfolgt?

Es ging mir hier darum, dass ein krichlicher Arbeitgeber fordern kann, dass seine Mitarbeiter katholisch sind, sondern dass im vorliegenden Fall eine Kindergärtnerin gekündigt wird nur weil sie lesbisch ist.

Das sollte sich mal ein anderer Arbeitgeber erlauben…

Gruß,
Sax

Moin,
das „lesbisch“ sein ist ein Verstoss gegen die katholische Lehre und jedem Mitarbeiter ist bewußt, das er sich soweit daran zu halten hat.
Den Schuh zieht man sich an, wenn man den Arbeitgeber so wählt.
Wenn man dann damit hausieren geht, kündigt der Arbeitgeber, was zu erwarten war.

Wem die Regeln des Arbeitsgeber nicht passt, muss dort nicht anfangen.

hth

Moin!

Aber warum ändert/korrigiert dies die EU/BRD diese unsägliche
„Altlast“ nicht endlich?

Das habe ich auch noch nicht verstanden.
Angeblich sind wir ja ein säkularer Staat.

Die beste Lösung wäre es, die katholische Kirche zu enteignen und das über Jahrhunderte geraubte Vermögen an die Bevölkerung zurückzugeben.
Danach kann man dann das Thema Arbeitsrecht verhandeln…

Gruß,
M.

1 Like

Hallo,

hast Du eigentlich meinen ursprünglichen Link verfolgt?

Ja. Und selber mal den entsprechenden Passus im AGG gelesen? Da steht etwas von Beachtung des Selbstverständnisses einer Religionsgemeinschaft.

Es ging mir hier darum, dass ein krichlicher Arbeitgeber fordern kann, dass seine Mitarbeiter katholisch sind,

Es war auch nur eins von vielen Beispielen. Das AGG listet nunmal nicht alle denkbaren Eventualitäten abschließend auf.

sondern dass im vorliegenden Fall eine Kindergärtnerin gekündigt wird nur weil sie lesbisch ist.

Naja, was heißt denn da nur, wenn es nun mal gegen das Selbstverständnis dieser Kirche verstößt? Weiß doch jeder, was die dazu sagen.

Das sollte sich mal ein anderer Arbeitgeber erlauben…

Solche, die eine anerkannte Religion oder Weltanschauung darstellen, dürfen das. Andere dürfen das nicht. Ganz einfach. Jeder Bewerber weiß das, da solche Arbeitgeber meist auch in den Stellenausschreibungen explizit datauf hinweisen. Nicht darauf, dass sie keine Lesben oder Schwulewollen, sondern darauf, dass sich der Bewerber mit den Wertvorstellungen der jeweiligen Religion identifizieren muss. Vielleicht sehen die das beim Hausmeister nicht so eng. Bei Leuten, die unmittelbar mit der Erziehung im Sinne der Religion zu tun haben, dafür vielleicht umso mehr.

Grüße

genau, und dabei schaffen wir dieses grundgesetz ab, das verhindert doch nur alles „gute“ was der staat für uns will.

/ironie off
aber mal ernsthaft, machmal frag ich mich wirklich, wie Leute auf solche idee kommen. enteigung der kirchen hatten wir übringens schon, ich will zumindestens nicht in diese zeit zurück…

Wann war das denn?

/ironie off
aber mal ernsthaft, machmal frag ich mich wirklich, wie Leute
auf solche idee kommen. enteigung der kirchen hatten wir
übringens schon,

Bei der Säkularisierung 1803 wurden die Lehen (Eigentum der Landesfürsten) von den Kirchen zurückgefordert (Vertrag gekündigt), da die Fürsten schon länger scharf drauf waren, die Ländereien selbst zu bewirtschaften und den Mehrertrag gegenüber dem Lehen zu behalten.

ich will zumindestens nicht in diese zeit zurück…

In die Zeit oder zur Säkularisation 2.0 (diesmal aber richtig).

Gruß

Stefan

Krischen vs. Tendenzbetriebe

und Selbstverwaltungsrecht hat, welches gemäß Art. 137 Abs. 3
Weimarer Reichsverfassung, der nach Art. 140 GG in das
Grundgesetz inkorporiert und vollwirksames Verfassungsrecht
ist.

Was immer das auch für Nicht-Tendenzträger als Arbeitnehmer bedeutet.:

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre
Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für
alle geltenden Gesetzes.

http://de.wikipedia.org/wiki/Tendenzbetrieb

Das besondere Arbeitsrecht in Tendenzbetrieben gilt nur für Tendenzträger, nicht für Mitarbeiter, die nicht für das Erscheinungsbild „nach außen“ verantwortlich sind.

Aber das Problem erledigt sich ja eh in den nächsten Jahrzehnten.

Gruß

Stefan

Hallo,

gähn! Das Thema ist doch nun so was von töter als Tod. Jeder Tendenzbetrieb (und das sind nicht nur die großen Kirchen) darf erwarten, dass sich Leute die für sie nach außen in Erscheinung treten, und für das Selbstbild des Betriebes stehen, auch dieses entsprechend teilen und sich hiernach verhalten.

Der Leiter einer Gewerkschaftsgeschäftsstelle, der in der Öffentlichkeit über den Sumpf im DGB herzieht, und eine Neuordnung des Arbeitnehmervertretungsrechts fordert (ich will jetzt hier gar nicht an das böse Spiel mit den Gründern einer „Gewerkschaft der Gewerkschaftsbeschäftigten“ erinnern), wird seinen Job genauso verlieren, wie der als solches erkennbare SPD-Mitarbeiter, der sich für die CDU irgendwo aufstellen lassen würde, …

Wer bei einem Tendenzbetrieb anfängt, weiß auf was er sich einlässt, und es ist vollkommen lächerlich, ganz bewusst so ein Beschäftigungsverhältnis in Kenntnis der Spielregeln einzugehen, ebenfalls ganz bewusst gegen diese besonderen Spielregeln in so einem Fall zu verstoßen, dass nach Möglichkeit auch noch schön in der Öffentlichkeit breit zu treten, und sich dann zu beklagen, dass man seinen Job verliert.

BTW: Und ich bin fest davon überzeugt, dass sich solche Leute mit ihrem öffentlichen Vorgehen in solchen Dingen keinen Gefallen tun. Denn Personaler werden solche Leute niemals nicht als „die armen Schweine“ ansehen, denen hier böses Unrecht getan wurde, sondern darin immer die Vollpfosten sehen, die sich auch noch in der Öffentlichkeit mit ihrer eigenen Dummheit brüsten, Verträge zu unterschreiben, die sie nicht einhalten wollen, und die keine Sekunde zögern zum eigenem Vorteil einen Arbeitgeber - vollkommen zu Unrecht - öffentlich an den Pranger zu stellen, und gegen diesen Meinung zu machen. Herzlichen Dank für die rechtzeitigen Hinweise!

Gruß vom Wiz

also selbst da ging es nicht nur um lehen, das beweist schon allein der umstand, das der heutige staat immer noch entschädigungen dafür zahlt.

also wie immer, reine stimmungsmache ohne fakten

Servus,

also ich halte das Thema solange nicht für „abgefrühstückt“ oder „töter als Tod“ so lange diese unsägliche Ungleichbehandlung weiter existiert.

Bin ich eigentlich der Einzige, dem auffällt, dass bei den hier nicht nur von Wiz genannten Vergleichsbeispielen noch nicht einmal Äpfel mit sonstigem Obst verglichen werden?

Erstens ist es - gelinde gesagt - ziemlich ungenau, wenn man die Privilegien der Religionsgemeinschaften auch unter den Begriff des Tendenzschutzes fasst, da bei Religionsgemeinschaften und deren karitativer Einrichtungen der Schutz des Arbeitgebers deutlich weiter geht (§ 118 Abs. 2 BetrVG).

Zweitens hat SPDler, der sich als CDU-Kandidat aufstellen lässt oder ein Gewerkschaftler, der öffentlich schlecht über seinen Arbeitgeber redet, jeweils die FREIE Entscheidung darüber, ob er dies tut oder unterlässt.

Sexuelle Präferenzen hingegen sind keiner freien Willensentscheidung unterworfen und daher schon aus diesem Grund nicht mit den genannten Beispielen vergleichbar.

Drittens wird hier von Wiz und anderen unterstellt, dass die Erzieherin ja zumindest die freie Wahl bei der Berwerbung um den Arbeitsplatz gehabt hätte.

Allerdings waren die Jobaussichten für ErzieherInnen bis vor wenigen Jahren alles andere als rosig. Selbst heute noch - trotz des massiv hochgefahrenen Ausbaus der Kitas - sind die Kassen in manchen Kommunen so knapp, dass man in öffentlichen Einrichtungen schwierig Stellen findet. Da bleibt dann nur der Weg zu privaten oder kirchlichen Anbietern.

Ich denke es ist nicht zu viel unterstellt, dass die Erzieherin sich höchstwahrscheinlich durchaus reiflich vorher überlegt hat, ob sie sich wirklich das Leben mit einer Lüge über Jahre hinweg antun will und wahrscheinlich kaum ohne äußere Zwänge die Stelle angetreten haben wird.

Es ist leicht vom hohen Ross eines sicheren Arbeitsplatzes oder einer wirtschaftlich unabhängigen Situation heraus anderen vorzuhalten, man hätte ja die Stelle nicht antreten müssen, wenn sie einem nicht zusagt.

Dieses ärgerliche Argument wird häufig gewählt, um ungerechte Behandlungen im Arbeitsleben zu entkräften:

  • Der Paketzusteller muss sich ja nicht in Scheinselbstständigkeiten begeben
  • Die Krankenschwester oder der Krankenhausarzt muss ja nicht diesen Beruf wählen der Schichtarbeit voraussetzt
  • Auch der LKW-Fahrer, der Pizza-Bote, die Verkäuferin, die Friseurin, etc. hätten ja nicht ihre Jobs antreten müssen

Alle die genannten Personen machen ihre Jobs ja nur - inklusive der bekannten schlechten Bedingungen - weil sie es sich frei so gewählt haben…

Charakterisierungen wie „Dumm gelaufen“, „Pech gehabt“ oder „Vollpfosten“ stellen vor diesem Hintergrund eine ziemlich menschenverachtende Einstellung dar.

Viertens befand sich ja die Erzieherin nach der Geburt ihres Kindes ohnehin in einer Loose-Loose-Situation, denn auch als alleinerziehende Mutter mit einem unehelichen Kind wäre die Weiterbeschäftigung bei dem kirchlichen Arbeitgeber wahrscheinlich kaum möglich gewesen.

Fünftens hat die Erzieherin mitnichten die Absicht verfolgt, diese Sache

schön in der Öffentlichkeit breit zu treten

Man erkennt vielmehr in dem Artikel, dass der Erzieherin während der Elternzeit - in der ein besonders hoher Kündigungsschutz besteht - gekündigt wurde (so viel zu sozialen und karitativen Selbstverständnis der Kirche). An die Öffentlichkeit ist das erst gekommen, nachdem die Kündigung der Gewerbeaufsicht vorgelegt werden musste, die Behörde sich weigerte und die Kirche vor das Verwaltungsgericht zog.

Während mir kirchenrechtliche Besonderheiten des Arbeitsrechts im nahen Umfeld der Kirche noch einleuchten wollen, meine ich durchaus die Frage stellen zu dürfen, ob dies in einem säkularisierten Staat auch für Betriebe wie kirchliche Kindergärten gelten sollte, die hauptsächlich mit staatlichen Mitteln finanziert werden. Insbesondere wenn es sich um solche fundamentalen Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht handelt.

Denn Sechstens wird in der genannten Situation mit der Frage nach der sexuellen Orientierung in einen zutiefst privaten und persönlichen Bereich eingegriffen, ein Bereich in dem kein Arbeitgeber - auch kein kirchlicher - etwas zu suchen haben sollte.

Ich dachte immer in Deutschland gilt:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

und

„Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“

Ich wusste nicht, dass hierfür noch die Fußnote: „Ausgenommen die Kirchen“ mitzulesen ist.

Siebtens : Im Falle des ehebrüchigen Kirchenmusikers hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dem Kirchenmusiker immerhin einmal Recht gegeben. Somit sind solche Fälle bei Weitem nicht so glasklar durchzuentscheiden und zu akzeptieren, wie es Wiz und andere hier glauben machen wollen.

Gruß,
Sax

1 Like

Du kannst so lange „ich wünsch mir was“ spielen, wie Du willst, Du kannst auch gerne agitieren, soviel Du willst. Aber mach das doch nicht so plump in dem Du hier eine Frage einstellst, und keine sachliche und den Tatsachen entsprechende Antwort lesen und akzeptieren willst. Deine Meinung sei Dir unbelassen, alleine: Das Thema ist durch!

An sich sind die großen Kirchen bei dem Thema inzwischen sehr locker, wenn sich jemand nicht gerade offen als mit seinen sonstigen Einstellungen mit dem was Kirche ausmacht, als inkompatibel zeigt.

Es gibt gelegentliche Einzelfälle, die sich am Rand bewegen, bzw. wo mal Dienststellen das Thema unangemessen nutzen, um jemanden los werden zu wollen. Die gehendann mal in die, mal in jene Richtung, aber That’s it! Wer mit - kirchlichem - Erziehungsauftrag tätig werden will, der ist aber niemals nicht ein Grenzfall.

Aber das willst Du ja vermutlich alles nicht hören, weil es nicht in dein Weltbild passt.

1 Like