Agincourt - Schlachtverlauf -Langbogen - Mythos?

Hallo,

ich möchte eine Diskussion eröffnen/ Fragen klären, ob der Langbogen so mächtig war wie im „Mythos Langbogen“ - besonders in der Schlacht von Agincourt.

Ich habe einerseits gehört, das die Pfeile Plattenrüstungen durchdringen konnten - besonders die Bodkin-Pfeilspitzen. Da Frage ich mich: wie weit? Und: auf welche Entfernung?

Andererseits habe ich gelesen, dass dies nur ein Mythos ist - das die Durchdringungskraft nicht ausreicht (schon gar nicht bei Pfeilhagel auf 200+ yards) - und das bei Agincourt nicht die Ritter verletzt wurden, sondern die Pferde - dass diese durchgegangen sind, in den Reihen der eigenen leichtgepanzerten Verluste erzeugt haben, das die Ritter auf dem schlammigen Untergrund nicht aufstehen konnten - und die Bogenschützen schließlich in den Nahkampf gegen die unbeweglichen und erschöpften Ritter gegangen sind.

Aber auch so waren die meisten Kämpfer ja Men at Arms ohne Pferde, die zwar nicht so stark gepanzert - aber wesentlich beweglicher waren. Hier war der Zahlenvorteil auf französischer Seite.

Ich kenne allerdings Aussagen, nach denen es nicht 6 zu 1 oder 4 zu 1, sondern höchstens 3 zu 2 zu Gunsten der französischen Armee stand - verlässlichere Aussagen, die im Ggs. zu historischer „Propaganda“ und Schauspielen (…) basierend auf Quartiermeisterlisten und Versorgungszahlen aufgebaut sind. Auf französischer Seite sind hier allerdings nicht die lokalen Truppen, die nicht in den Listen auftauchen, eingerechnet.

Es sind demnach viele Fragen: Wie stark war der Langbogen - und war er schlachtentscheidend? Wie groß war die zahlenmäßige Überlegenheit der französischen Armee?

Hallo

Für den Anfang findest Du ein bißchen was zur Durchschlagkraft des Langbogens in diesem Thread.

/t/loeste-die-armbrust-im-14-jahrh-den-bogen-ab/4670604

Gruß
Edith

Hallo,Michael

der engl. Langbogen , soll eine Reichweite von max. 340 Yards gehabt haben. Die effektive Schußweite lag bei 240 Yards.
Kettenhemden, wie sie der Fußsoldat trug, hatten unter 200 Yards keine Chance. Der Plattenpanzer, das beweisen heutige Tests, konnten auf einer Entfernung von unter 100 Yards durchschlagenwerden.

Gesichert gilt, das Heinrich V. über 6000 Mann verfügte, die allesamt durch Krankheiten geschwächt waren.Davon waren 5.000(!) mit Langbogen bewaffnet.(und einem 2 meter langen Holzpfahl, der an beiden Enden angespitzt, vor dem Schützen in den Boden gerammt wurde. Siehe BRAVEHEART)
Bei den Franzosen schwanken die Angaben, zwischen 25-30.000
Ebenfalls ist die Zahl der Reiterei zw. 8-12.000 sehr wage.
Sicher aber scheint zu sein, das etwa 5.000 Reiter, in der letzten der drei Schlachtreihen, keine Lust hatten eine Attacke zu reiten, nachdem sie gesehen hatten, was mit den ersten beiden Treffen geschehen war.
Das lag vielleicht aber auch daran, das bereits 500 Adelige (die gleichzeitig, das Kommando inne hatten) tot oder verwundet im Schlamm lagen und nun niemand einen entsprechenden Befehl gab.
Der Schlamm war wohl der Hauptgrund, warum dir franz. Ritter nicht zu den Bogenschützen gelangten und diese wiederum ein leichtes Ziel hatten.
Tja immer ist das Wetter schuld.
Noch ein Mythos: ein geübter Schütze soll drei Pfeile abgeschossen haben, bevor der erste ins Ziel einschlug.

Hi!

Ich habe einerseits gehört, das die Pfeile Plattenrüstungen
durchdringen konnten - besonders die Bodkin-Pfeilspitzen. Da
Frage ich mich: wie weit? Und: auf welche Entfernung?

Die englischen Langbögen waren auf 200 Meter effektiv, allerdings waren sie kaum in der Lage, auf diese Entfernung Plattenpanzer zu durchschlagen. Die Pfeilspitzen bestanden aus taktischen Gründen aus relativ weichen Metallen, die sich bei Aufschlag verbogen und somit von den Beschossenen nicht erneut verwendet werden konnten.

Andererseits habe ich gelesen, dass dies nur ein Mythos ist -
das die Durchdringungskraft nicht ausreicht (schon gar nicht
bei Pfeilhagel auf 200+ yards) - und das bei Agincourt nicht
die Ritter verletzt wurden, sondern die Pferde - dass diese
durchgegangen sind, in den Reihen der eigenen

Das ist exakt der Sinn vom Massenbeschuss herangaloppierender Kavallerie - wie bei Azincourt. Es ging nicht darum, die Reiter zu töten, sondern die Pferde zu Fall bzw. die Linien des Feindes in Unordnung zu bringen. Ein gestürzter Ritter in voller Rüstung ist nicht in der Lage, wieder auf sein Pferd zu kommen - mitunter nicht einmal mehr auf die eigenen Beine.

leichtgepanzerten Verluste erzeugt haben, das die Ritter auf
dem schlammigen Untergrund nicht aufstehen konnten - und die
Bogenschützen schließlich in den Nahkampf gegen die
unbeweglichen und erschöpften Ritter gegangen sind.

Aber auch so waren die meisten Kämpfer ja Men at Arms ohne
Pferde, die zwar nicht so stark gepanzert - aber wesentlich
beweglicher waren. Hier war der Zahlenvorteil auf
französischer Seite.

Ich kenne allerdings Aussagen, nach denen es nicht 6 zu 1 oder
4 zu 1, sondern höchstens 3 zu 2 zu Gunsten der französischen
Armee stand - verlässlichere Aussagen, die im Ggs. zu
historischer „Propaganda“ und Schauspielen (…) basierend auf
Quartiermeisterlisten und Versorgungszahlen aufgebaut sind.
Auf französischer Seite sind hier allerdings nicht die lokalen
Truppen, die nicht in den Listen auftauchen, eingerechnet.

Nach Forschungen der Historikerin Prof. Anne Curry sollen sich bei Azincourt etwa 8.000 Engländer, davon drei Viertel Langbogenschützen, und 12.000 Franzosen, etwa zur Hälfte Ritter und Fußsoldaten, gegenüber gestanden haben.

Es sind demnach viele Fragen: Wie stark war der Langbogen -
und war er schlachtentscheidend? Wie groß war die zahlenmäßige
Überlegenheit der französischen Armee?

Die Langbogenschützen waren bei Azincourt entscheidend. Die Franzosen griffen, durch die Langbogenschützen provoziert, unmotivirrt auf einem sehr schmalen Schlachtfeld an. Dadurch war die angreifende Linie sehr kurz, aber tief gestaffelt. Ein optimales Ziel für die Langbogenschützen.

Etwa 5.000 Langbogenschützen begannen, auf die heranpreschenden französischen Ritter zu schießen - mit einer Schußkadenz von 10 Pfeilen pro Minute (also alle sechs Sekunden eine Salve). Ein Vielzahl von Pferden (und wohl auch Rittern) wurde getroffen, brach zusammen und trampelte, verletzt und in Panik, alles nieder, was im Weg stand. Die Verluste der französischen Fußsoldaten allein aufgrund durchgehender Pferde sollen sehr hoch gewesen sein.

Der Angriff der französischen Ritter brach zusammen, aber ein Rückzug aus dem Gefecht galt als unehrenhaft und wurde einem Ritter ein Leben lang nachgetragen. Also blieben die Ritter in Reichweite der englischen Langbogen und wurden weiter zusammengeschossen.

Die vorstoßenden französischen Fußsoldaten werden ebenfalls von Pfeilhageln eingedeckt. In dieser Lage muss ein Fußsoldat nach unten schauen, damit der Helm ihn vor einem Pfeil schützt (das Gesicht bzw. das Schutzvisier vor dem Gesicht ist der Schwachpunkt eines Fußsoldaten). Das fortwährende Blicken nach unten, der Beschuss mit Pfeilen, die durchgehenden Pferde der eigenen Ritter brachte totale Unordnung in die französischen Reihen, und als sie auf die englischen Fußsoldaten trafen, waren die Franzosen durch die Desorganisation eindeutig im Nachteil. Dazu kam, dass die Franzosen in schneller Bewegung waren, während die Engländer standen und warteten. Bei dem nassen und schweren Untergrund stolperten viele Angreifer, und der ursprüngliche Vorteil der zahlenmäßigen Überlegenheit der Franzosen wurde zum Nachteil, denn wer vorne hinfiel, der wurde von den nachströmenden Truppen einfach niedergetrampelt.

Als der Nahkampf tobt, werfen die englischen Schützen ihre Langbogen weg und gehen mit dem Messer gegen die im Schlamm liegenden französischen Ritter vor. Erst jetzt wird die Masse an französischen Rittern getötet. Es ist ein regelrechtes Abstechen von Wehrlosen im Dreck. Dazu muss man aber wissen, dass die Franzosen alle in einer Schlacht gefangenen englischen Langbogenschützen umbringen ließen - einerseits aus Rache für die taktische Überlegenheit des Langbogens, andererseits um dem englischen König nach Friedensschluss keine Waffenspezialisten zurückgeben zu müssen.

Es heißt, dass innerhalb von zwei Stunden etwa 5.000 französische Ritter getötet worden sind - für Franzreich ein unersetzlicher Verlust.

Es gibt von ARTE eine recht gute britisch-französische Dokumentation in zwei Teilen, die man sich hier anschauen kann:

http://de.sevenload.com/videos/nKZzhzC-Die-Schlacht-…

http://de.sevenload.com/videos/6I4wzcs-Die-Schlacht-…

Grüße
Heinrich

Hallo,

da gibt es Einiges zu zu sagen, was die Dinge in beiden Richtungen relativiert. Eine vollständige Analyse würde aber den Rahmen sprengen, deswegen nur ein paar Kernpunkte (das wird lang genug):

a.) Truppenstärken
a1.) auf englischer Seite
Die Angaben schwanken etwa zwischen 5000 und 8000. Die Untersuchung der Stammrollen im Original hinkt daran, dass diese zu Beginn des Feldzuges erstellt wurden, also die Verluste von Harfleur, die Verluste durch Krankheit und den immer wieder von Plänklern bedrohten Marsch nicht wiedergeben. Andererseits ist die Zahl von 8000 in der neueren Forschung durch reines Zählen verschiedener Namen entstanden wobei die Organisation des englischne Heeres selbst mehr als nebulös ist. Daraus ergibt sich eine Dunkelziffer, dass gemäß der damaligen Namenstradition, die ja nur bedingt Nachnamen kannte, eine erhebliche Anzahl von Namen doppelt auftaucht und tatsächlich verschiedene Dinge gemeint sind. Das ist bis zu einem gewissen Grad so, wie wenn man die Wehrmacht von 1939 untersucht und alle Hans Meier als einen zählt.
Meiner persönlichen Ansicht nach ist das englische Heer also zu Beginn des Feldzuges größer gewesen als die 5000 der Legende und auch größer als die 8000, die derzeit propagiert werden. Diese Vorstellung wird auch durch den zur Verfügung stehenden Transportraum, sprich Schiffe, unterstützt. Ich würde eher von 10000, möglicherweise 11000 inklusive des relativ moderaten Troß, ausgehen. Wobei diese Truppenstärke nach Harfleur und dem langen Marsch entlang der Somme dann durchaus 6000-7000 Mann glegen haben kann, die allerdings alle geschwächt und erschöpft waren.

a2.) auf französischer Seite
Hier schnwanken die Angaben zwischen 12000 und 25000, also in einen viel höheren Maße als bei den Engländern. Der Grund liegt hier zum Teil darin, dass weniger Dokumente erhalten sind, zum Teil aber auch darin, dass es sich im Grunde um so etwas wie 2 1/2 beinahe unabhägige Armeen handelte. Denn die Herzöge von Burgunf und von Orleans hatten ja jeder ein eigenes Heer aufgestellt. Das halbe zusätzlich waren lokale Adlige, die mehr oder weniger Plänkleraufgaben leisteten. D.h. hier ist eine genaue Aussage schwierig und alles mehr oder weniger Schätzung. Man darf sogar bezweifeln, dass die Franzosen am Abend des 24.Oktober selbst genaue Zahlen hatten.
Trotzdem gibt es Eckpunkte. Die Anzahl der gefallenen französischen Ritter Ritter soll bei angeblich um die 5000 gelegen haben, was mehr oder weniger der Gesamtbestand der Art vor Ort gewesen sein soll. Offensichtlich stammt die Zahl 5000 aus beiden Heeren, also dem des Burgunders und dem von Orleans zusammen. Da die beiden Herren ja in anderer Hinsicht in übelster Konkurrenz zueinander standen hatte ein jeder mehr oder weniger ein Heer aufgestellt um die Engländer ohne Mithilfe des anderen zu schlagen. Das hätte jeweils so ungefähr 10000 bis 12000 Mann bedeutet. Wir wissen aber, dass Charles d’Albret dann den Oberbefehl übernahm um zu verhindern, dass die beiden Herzöge sich in Kämpfe untereinander verwickelten. Das vom Herzog von Burgund aufgestellte Heer blieb zurück. Daraus resultiert die Zahl von 12000 bei Agincourt, die in der neueren Forschung kursiert. Wobei es hier allerdings auch ein paar Probleme gibt.
Erstens, wenn das Heer des Burgunders zurückblieb, bedeutete das nicht automatisch, das alle Truppen zurückblieben. Was ein beleidigter Burgunder zurückhalten konnte, waren seine eigenen Lehenstruppen, nicht jedoch die der anderen Lehensherren, und sicher nicht die Lehensherren selber, die Kronvasallen waren. Dass er es nicht konnte, belegt das statistische Ungleichgewicht in den Zahlen. Die Franzosen hätten mit beiden Heeren zusammen und lokalen Adligen rund 25000 Mann zusammengebracht, davon 5000 Ritter. Das hätte ja ungefähr den Verhältnissen von Crecy entsprochen, soweit es Reitereit zu Fußtruppen entsprach. Da nun die Zahl von 5000 Rittern auch mehr oder weniger in den Zahlen der Gefallenen auftaucht können wir davon ausgehen, dass die Franzosen wirklich annähernd diese Zahl hatten. Was also weniger war, war die Anzahl der Fußtruppen. Die aber wären ja auch angeworbene Truppen gewesen aus der Mobilmachung nach Harfleur, d.h. etwa hälftig die Truppenteile, die der Herzog von Burgund hätte zurückhalten können. Bei einer Gleichverteilung würde das bedeuten, dass er dort rund 8000 Mann an Fußtruppen hätte zurückhalten können, aber nicht 2000 Mann Reiterei. Das Gesamtheer, dass d’Albret zum Schluß nach Agincourt führte sollte also rein rechnerisch bestanden haben aus 2000-3000 Reiterei des Herzogs von Orleans, 2000-3000 Mann Reiterei des Herzogs von Burgund, 7000-8000 Mann Fußtruppen des Herzogs von Orleans und einer unbekannten Anzahl kleiner Trupps der lokalen Adligen soweit diese zwsichen dem 20. und 24. Oktober noch Anschluß an das Hauptheer gewinnen konnten. Macht also ein Minimum von 11000+x (x=lokale Truppen) und 14000+x. Das x, die lokalen Truppen können durchaus noch einmal in der Größenordnung von 5000 Mann gelegen haben. Damit würde man auf rund 16000 bis 19000 Mann kommen.

b.) Truppenqualitäten
Die Hauptunterschiede lagen sicherlich weniger in den Zahlen, die hier ein etwas falsches Bild wiedergeben.

b.1.) auf englischer Seite
Das Heer hatte bereits die Belagerung von Harfleur hinter sich, die lange gedauert hatte und entsprechend verlustreich gewesen war. Heinrich hatte Verletzte und Beute zurück nach England geschickt, hatte aber offensichtlich nicht mehr die Transportkapazitäten für einen Rückzug über See. Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als auf Calais zu marschieren mit dem Ziel dort zu überwintern. Dazu musste er die Somme überqueren, was nicht gelang, da die Brücken besetzt waren. Sicher ist, dass auch die Ruhr im Heer grassierte.
Die Knappheit an englischer Reiterei (und 1415 bedeutete Reiterei auch nicht mehr zwangsläufig Ritter) ist bezeichnend. Denn sie zeugt davon, dass das englische Heer nicht mehr in der Lage war, die Pferde zu versorgen bze. diese bereits gegessen hatte. Man mag ja zu Shakespeare stehen wie man will, aber seine unterschwelligen Anspielungen auf Disziplinprobleme sind sicher nicht ungerechtfertigt. Was wir hier sehen ist das Bild eines Heeres auf der Flucht. Wesentlicher als die Anzahl der Soldaten war der allgemeine schlechte Zustand und die Versorgungslage, die sich dann auch in der Knappheit an Reiterei niederschlug während die Bogenschützen, die zu Beginn des Feldzuges sicher noch nicht den Hauptteil des Heeres gestellt hatten, von den Verlusten weniger betroffen waren (einerseits weil Bogenschützen bei Belagerungen weniger Schaden nehmen, andererseits weil sei im Gegensatz zu anderen Truppen besser in der Lage sind, sich aus dem Land zu ernähren). Das Übergewicht der Bogenschützen im englischen Heer war also ziemlich sicher keine Planung oder Tradition, es handelte sich lediglich um die verbliebenen intakten Truppenteile.

b.2.) auf französischer Seite
Für die Franzosen war die Lage auch nicht so rosig, wie die reinen Zahlen uns weismachen wollen. Die französische Reiterei bestand hauptsächlich aus Rittern, die wir gewissermaßen als Berufssoldaten ansprechen können. Aber die Fußtruppen von 7000-8000 Mann im Hauptheer waren im Grunde ja gepresste Bauern, die mangels Zeit nicht einmal in Form gedrillt worden waren. Bezeichnend hier ist hier die hohe Anzahl von Armbrustschützen im Verhältnis zu Bogenschützen. Bogenschützen benötigten jahrelange Ausbildung und Training. Armbrustschütze konnte jeder werden, der nicht gerade blind war. Natürlich war die Durchschlagskraft und Reichweite einer Armbruist, vor allem aber die Feuergeschwindigkeit gegenüber einem Bogen begrenzt.
Zudem war das Heer ja in Eilmärschen herangeführt worden, d.h. alles andere als frisch, auch wenn der Zustand sicher besser war als der des englischen Heeres.

1.Zwischenbilanz
An diesem Punkt ziehen wir das mal zu einer ersten Bilanz zusammen.
Was sich bei Agincourt gegenüberstand waren auf dem Papier zwei Heere, die nach Größe und Truppen kaum unterschiedlicher sein konnten.
16000-19000 Mann relativ frisch gegen etwa 6000-7000 schwer angeschlagen. Aber dahinter verbarg sich ein anderes Verhältnis, denn die Franzosen hatten nur etwa 5000 Berufssoldaten während die Engländer beinahe ausschließlich Berufssoldaten waren. Und damit haben wir einen der Pnukte, die uns Agincourt erklären können.

c.) Waffen und Ausrüstung

c.1.) Auf englischer Seite.
Die Langbogenschützen haben wir ja schon erwähnt, auf die Wirksamkeit komme ich später nochmal zurück. Aber was hatten die Engländer sonst noch? Zunächst einmal einen definitiven Mangel: Beinahe keine intakten speertragenden Einheiten. D.h. Heinrich verfügte eigentlich nicht über die Hauptabwehr gegen Reiterei. Das war ein Zufallseffekt, denn die klassischen Speerträger waren ja eigentlich gepresste Bauern mit langen Speißen, Rabenschnäbeln oder ähnlichen Waffen während die teureren Söldner meistens bereits Schwerter oder Äxte und Schilde trugen. Denn nur die Berufssoldaten hatten das Training für diese Art von Waffen während man einen langen Spieß jedem Bauern in die Hand drücken konnte.
Aus den gleichen Gründen gab es bei den Engländern auch kaum einen Armbrustschützen. Das war allerdings durch die Langbogenschützen, die den größten Teil der verbliebenen intakten Truppen ausmachten obsolet.
Die Engländer hatten fernhin zwar etwas schwere Reiterei (also gepanzerte Ritter) aber keine mittlere oder leichte Reiterei, die zu dieser Zeit begann, sich oftmals als schlachtfeldbeherrschend gegen Infanterieformationen zu erweisen.

c.2.) auf französischer Seite
Schwere Reiterei ohne Ende. Wenig erwähnt, aber vorhanden war auch mittlere Reiterei deren Hauptwaffe nicht die Lanze sondern eher Axt bzw. Morgenstern war.
Bogenschützen wenige, Armbrustschützen in relativ schnell zusammengewürfelten Einheiten, Dazu die breite Masser der Infanterie, die so gut wir ungeschützt war und sich mehr oder weniger als Hauptwaffe auf Speere verlassen musste, d.h. auch keine Schilde hatte. In Formation und Ausrüstung wäre das französische Heer somit jedem klassischen Heer seiner Zeit gleichwertig oder überlegen gewesen. Nur hatten die Engländer kein klassisches Heer mehr aufzubieten.

d.) Anführer und Motivation

d.1.) auf englischer Seite
Heinrich V, dann sehr lange nichts, dann noch mehr nichts, dann eine Anzahl Unteranführer, die mehr oder weniger keinen Einfluß auf Strategien hatten. Das englische Heer stand und fiel mit Heinrich. Nicht, weil er so ein netter Kerl war, was er wahrscheinlich nicht war, sondern einfach deshalb, weil er den Respekt seiner Männer durch persönlichen Einsatz und ein gewisses Maß an taktischem Genie errungen hatte.
Wesentlich bei dieser Betrachtung ist, dass hier drei Effekte zusamenkamen. Der Respekt gegenüber dem Anführer, die ohnehin höhere disziplin der Berufssoldaten und ein gewisses Maß an Verzweiflung. Die meisten Soldaten konnten kaum auf einen Austausch oder Freikauf durch Lösegled hoffen, sollte es schief gehen. Selbst wenn sie also die Schlacht überleben sollten, konnten sie bestenfalls irgendwo in einem Kerker vermodern. Das machte die Engländer zu einem grauenvoll harten Gegner, weil ein Aufgeben gar nicht in Frage kam.

d.2.) auf französischer Seite
Bei den Franzosen hatte Charles d’Albret den Oberbefehl. Aber er hatte natürlich sehr viele Ritter unter sich und insbesondere der Herzog von Alencon (keine Ahnung, wie ich die franz. Sonderzeichen hier rein kriege)tat sich mit taktischen Ansichten hervor, die im krassen Gegensatz zu d’Albret standen. D.h. schon an der Spitze gab es Uneinigkeiten. Die Situation war vor allem dadurch geprägt, dass sich d’Abret der Unzuläglichkeiten seines Heeres durchaus bewusst war. Nicht umsonst versuchte er, die direkte Konfrontation zu vermeiden und die Engländer mehr oder weniger „abzunutzen“. Alencon im Gegenzug vertrat die Meinung der Ritter. Diese sahen in erster Linie die bekannte Schwäche der Engländer bei der Reiterei. Verbunden mit einer gewissen Arroganz drängten die Ritter darauf, eine schnelle entscheidende Konfrontation herbeizuführen.
Im Heer selber war die Disziplin nicht besonders ausgeprägt. Die Masse waren kurzfristig gepresste Bauern und die stolzen Rittersleut zeichneten sich ebenfalls weniger durch Disziplin als mehr durch Arroganz und Fehden untereinander aus. Ein Problem, dass man bei französischen Heeren ja den gesamten 100jährigen Krieg hindurch beobachten kann.
Zum Zeitpunkt von Agincourt war es weder d’Albret noch Alencon gelungen, sich wirklich den Respekt der breiten Masse ihres Heeres zu verdienen. Gleichzeitig gab es für die Franzosen keinen Grund, wirklich bis zum bitteren Ende zu kämpfen, denn bisher hatte Heinrich sich ja gegenüber Gefangenen (ausgenommen Adel) als relativ großzügig gezeigt.

2.Zwischenbilanz
Soweit es Motivation und Führerschaft anging, standen die Zeichen ganz klar zu Gunsten der Engländer. Für die Engländer war klar, dass sie siegen mussten. Nicht in einem abstrakten Sinne weil sonst irgendein Reich verloren gegangen wäre. Sondern in einem ganz konkreten Sinn bei dem jeder einzelne Soldat wusste, dass sein Leben vom Sieg abhing. In der Anfangsphase der Schlacht sollte sich auch zeigen, dass Disziplin und Respekt unnötige Rückfragen und eigenständiges Zurückweichen verhütete. Die englischen Soldaten, gleich ob Bogenschützen oder Infanterie taten, was befohlen war, ohne zu zögern, ohne zurückzuweichen und mit vollem Einsatz.
Auf französischer Seite hätte d’Albret, der ein heller Kopf war, vielleicht so etwas wie eine gleichwertige Führung aufbauen können. Aber es fehlte die Zeit und das ständige Störfeuer seiner Ritter half auch nicht gerade. Hätte d’Albret sich durchgesetzt, wäre es vielleicht gar nicht zur Schlacht von Agincourt gekommen sondern er hätte versucht das englische Heer abzunutzen. Eine Taktik gegenüber der auch ein Heinrich machtlos gewesen wäre. Aber er kam ja nicht durch.

e.) Waffenwirkung
e.1.) Der Langbogen
Ich habe ja schon auf die Unterschiede in Ausrüstung und Einheitenqualität hingewiesen. Die entscheidende Waffe war der Langbogen. Er zeigte seine Wirkung aber auch sozusagen als Soft Fact. Ich greife einfach mal ein paar Punkte heraus.

e.1.1) Das Durchschlagen von Rüstungen
Dieser Punkt ist nicht ganz einfach zu beantworten. Wenn ich einen Bodkin, der aus relativ weichem Material ist, auf 200 Yards auf eine Brustplatte einer damals üblichen Rüstung schieße, wird er nicht durchkommen. Er wird entweder je nach Modell der Rüstung abgelenkt oder einfach eine Delle schlagen. Dabei findet jedoch durchaus eine Druckübertragung statt, so, dass der Ritter trotzdem Schaden davonträgt bzw. durch die pure Einschlagwucht aus dem Sattel befördert werden kann.
Wenn der gleiche Pfeil in einem blallistischen Bogen auf eine Beinschine trifft, zumal um 1415, als Kette unter der Platte eher unüblich war, dann würde er durchschlagen, da die Beinplatten natürgemäß dünner waren. Das Beispiel, einen Ritter aufs Pferd zu nageln ist ja sprichwörtlich geworden.
Wenn wiederum der gleiche Pfeil den Helm trifft, können verschiedene Dinge passieren. Der Pfeil kann das Visier treffen, dann ist Feierabend. Oder er kann die Kalotte treffen. In diesem Fall hängt wiederum viel vom Helmtypus ab. Die relativ veralteten Topfhelme, die es aber 1415 noch gab, würden wahrscheinlich standhalten und den Druck auf die Schulterplatten übertragen. Der getroffene Ritter würde also wahrscheinlich aus dem Sattel geworfen werden, weil das Hebelgesetzt gegen ihn ist. Ein Kugelhelm, wie er gerade bei den für damalige Verhältnisse sehr modern ausgestatteten Franzosen vielfach getragen wurde, würde den Pfeil ableiten, gleichzeitig aber auch viel Druck aufs Genick leiten. Selbst ohne durchzuschlagen, was wegen der Rundform beinahe ausgeschlossen ist, würde der Pfeil indirekt per Genickbruch töten.

e.1.2.) Wirkung gegen Pferde.
Ich bin von der Wirksamkeit der Langbogenschützen hauptsächlich gegne Pferde, nicht ganz überzeugt. Erstens war der Pferdepanzer üblicherweise gerade im vorderen Bereich stärker als der der Ritter. Schließlich hatten sich speertragende Infanterieformationen zum Hauptproblem entwickelt und die konnten nur durch Gewicht und Pferdepanzer eingebrochen werden. Zweitens handelte es sich bei den Pferden um die wir hier reden um speziell gezüchtete und trainierte Schlachtrösser. Es gab dazu, aber im Zusammenhang mit Crecy, ja auch pathologische Untersuchungen, bei denen englische Pfeile auf entsprechendes organisches Material geschossen wurden. Selbst ungepanzert ist eine Pferdebrust, und das dürfen wir als Haupttrefferzone annehmen, kaum soweit zu durchschlagen, dass lebenswichtige Organe erreicht wurden. So ein Gaul hat halt ein paar Muskeln und die Bodkins waren weich um eine Wiederverwendung zu verhindern. Die Einschlagwirkung ähnelte vergleichsweise also eher einem Blei- als einem Stahlmantelgeschoss, wenn auch mit geringerer kinetischer Energie.
Rein waffentechnisch sehe ich also eher die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich den Ritter zu erwischen statt des Pferdes als größer an. Das schließt aber nicht aus, dass das Pferd in Panik gerät. Vor allem, wenn der Ritter plötzlich fehlt. Und selbst wenn ein Pfeil nicht tötet, weh tun tut er sicher. D.h. zu einem gewissen Grad ist etwas dran an der These, dass Infanterie von durchgehenden Pferden niedergetrampelt wurde.

e.1.3.) Wirkung gegen Infanterie
Die die französische Infanterie keine Schilde trug und sicher auch nicht die notwendige Disziplin für Schutzformationswechsel gehabt hätte wenn sie welche gehabt hätte: Verheerend. Was denn sonst, wenn die nicht mal Rüstung trugen?

e.1.4.) Psychologische Wirkung
Hier haben wir einen Punkt, der von den Mediavelisten gerne vergessen wird. Die englischen Langbogenschützen konnten bis zu zehn Pfeile pro Minute schießen. Schwere Armbrustschützen, die außerdem an Reichweite immer noch unterlegen waren, etwa zwei.
Wie lange wird sich eine Armee, deren größter Teil aus unausgebildeten Bauernbuben besteht, halten, wenn ein derartiger Dauerregen auf sie niedergeht? Und wenn ja jeder sehen kann, dass die eigenen Schützen dem Feind nicht einmal richtig weh tun können?
Das Endergebnis war ziemlich absehbar. Zu dem Teil, als die zahlenmäßgi unterlegene englische Infanterie (und nur die, so gut wie keine Reiterei!) auf die Franzosen traf, waren die Formationen bereits unter dem Dauerfeuer am Einbrechen. Beschleunigt wurde das sicherlich durch durchgehende Pferde, vor allem aber auch dadurch, dass die Reiterei, die ja gewissermaßen die Panzerwaffe der Zeit darstellte, mehr oder weniger bereits ausgeschaltet war. Nur so ist auch zu erklären, dass die Ritter, die es bereits im Angalopp erwischt hatte, überhaupt von der englischen Infanterie erreicht werden konnten. Hätten die Infanterieformationen gehlaten, hätten sich ja die meisten verletzten Ritter noch dahinter befunden und Verluste in der Höhe wie dokumentiert, wären überhaupt nicht möglich gewesen.

e.1.5.) Kreuzfeuer
Bogenschützen, vor allem Langbogenschützen sind sehr verletzlich sowie eine Infanterieformation nahe genug kommt um sie im Nahkampf zu nehmen. Noch schlimmer kommt es aber, wenn sie von schwerer Reiterei ausflankiert werden können. Das war also die echte Achillesferse der Engländer. Nur konnten die Franzosen die nicht nutzen, weil der Weg zu weit war, der Grund nicht fest genug und die Flanken der Bogenschützen durch Wälder geschützt. Stattdessen konnten die Bogenschützen praktisch bis die Franzosen jegliche Formation verloren einfach ein Kreuzfeuer auf jede Gruppe Franzosen aufrecht erhalten, die gerade nicht von der eigenen Infanterie attackiert wurde. Kreuzfeuer ist aber deswegen besonders häßlich, weil selbst Schildträger nicht zwei Seiten abdecken können um sich zu schützen.

e.2.) Speere
Die so oft vergessene Waffe, die aber mehr Schlachten entschieden hat als Langbogen und Schwert zusammen. Speere, oder im weiteren Sinne Stangenwaffen aller Art, waren die Waffe der leichten Infanterie, im Prinzip eine Bauernwaffe. Trotzdem nicht zu unterschätzen, denn der Anprall auch schwerer Reiterei gegen eine mit Speeren bewaffnete Infanterieformation ging meistens schlecht für die Reiterei aus.
Trotzdem waren solche Speerformationen in erster Linie defensiv. Im Angriff konnten sie zwar manches Mal einen Stich machen wenn sie stürmen konnte, aber wenn es darum ging, eine andere Infanterieformation Schritt für Schritt einzudrücken, dann war die Waffenlänge eher hinderlich. Der zweite Nachteil war, dass man beide Hände brauchte, d.h. keinen Schild mit sich führen konnte. Das wiederum machte derartige Formationen sehr verletzlich gegenüber Armbrust- und Bogenschützen.
Bei Agincourt haben wir jedoch zwei ziemlich unwahrscheinliche Effekte in der Zusammenstellung der Heere. Das Heer, das auch die Reiterei hat, ist gut gegen Reiterei geschützt, das Heer, das sowieso keine Reiterei hat, ist so gut wie gar nicht gegen Reiterei geschützt. Im Endeffekt musste sich also die speertragende Infanterie der Franzosen nicht mit der englischen Reiterei sondern mit den Schwerten und Äxten von Heinrichs Berufssoldaten messen. Spätestens als diese Formationen unter dem Feuer der Langbogenschützen einbrachen war die Sache vorbei, egal, wie viele Ritter zu diesem Zeitpunkt noch lebten.

e.3.) Äxte
e.3.1.) Als Infanteriewaffe
Schwerter waren teuer, Äxte überall zu haben. Im Gegensatz zum Morgenstern, der 1415 beinahe eine reine Reiterwaffe geworden war, waren Äxte also auf den Schlachtfeldern sehr gebräuchlich. Streitkolben wiederum wurden von der Infanterie kaum noch verwendet, einfach weil Äxte als allgemein verfügbares Werkzeug leichter zu beschaffen und zu ersetzen waren. Daraus ergibt sich, dass die meisten Äxte nicht große Kriegsäxte waren, wie wir sie in dem 100.Barbarenfilm im Fernsehen sehen. Es handelte sich meistenteils entweder um Handäxte oder um Holzfälleräxte. Eine Handaxt konnte aber zusammen mit Schild geführt werden. Das war gegenüber speertragender Infanterie tödlich, weil mit dem Schild einfach eine Lücke zwischen zwei Speere gedrückt werden konnte und man dann relativ bequem beiden den Schädel einschlagen konnte. Der Nachteil lag allerdings auf Seiten der Handaxt, wenn man sich gepanzerter Reiterei erwehren musste. Die Reichweite war zu klein.
Umgekehrt sah es mit Holzfälleräxten aus, als den langen, die zwangsweise zweihändig geführt wurden. Die konnten zwar eine Pferderüstung durchdringen, aber sie hatten, eben weil ein Schild fehlte, Probleme, gegen Speerformationen.
Nur kam bei Agincourt wieder eine Beosnderheit zum Tragen (jede Schlacht hat eine Reihe von Besonderheiten, also nicht wundern). Die Engländer hatten Berufssoldaten und ihre Infanterie war ja eigentlich der zusammengewürfelte Rest aus dem bereits langen Feldzug. D.h. es gab keine eigenen Blöcke mit kurzer Axt und Schild und andere mit langer Axt. Die müssen wild durcheinander gewürfelt gewesen sein. D.h. eine lange Axt konnte einem Schildträger durch die Speere folgen während die Träger langer Äxte durchaus fähig waren, für den gelegentlich doch durchgebrochenen französischen Ritter zu sorgen. Das Standardverfahren war, tief zu schlagen, den Pferd die Vorderläufe zu brechen und den Ritter am Boden niederzumachen.

e.3.2.) Als Waffe in der Reiterei
Streitäxte waren meistens entweder Doppelblattäxte oder Einblatt mit einem Rabenschnabel. Seltener auch mit zusätzlicher Stoßspitze. Es handelte sich also prinzipiell trotz gleichen Namens um eine andere Waffe als die normalen in der Infanterie gebräuchlichen Äxte, die ja eher aus dem Werkzeugsektor stammten. Äxte hatten sich zusammen mit dem Morgenstern zur hauptsächlichen Zweitwaffe der Reiterei entwickelt. Nach Verlust der Lanze, durch Bruch oder dadurch, dass sie einfach noch im letzten Opfer steckte, bot sie die notwendige Wucht um auch Rüstungen und die eher seltenen Metallschilde zu durchdringen. Selbst wenn ein Schildträger eine Axt blockte, gab es immer noch eine hohe Wahrscheinlichkeit dass er sich dabei den Arm brach und beim zweiten Angriff erledigt werden konnte. Gleichzeitig hatte eine Streitaxt den unbestreitabren Vorteil gegenüber Schwertern, dass sich Geschwindigkeit des Pferdes und Schlagwucht besser aufaddierten, d.h. gerade von einm Pferd herunter die Wucht ungleich höher war (wegen der eigentlich kleineren Aufschlagfläche).

e.4.) Schwerter
Zu guter Letzt die Waffe des Rittertums schlechthin. Aber wie viel ist da wirklich dran? Das Schwert, insbesondere das um 1415 bei den Adligen übliche Langschwert, hatte ja eher Symbolcharakter. Ein Ritter, der innerhalb einer geschlossenen Formation anritt, verwendete ja zunächst einmal eine Lanze und kein Schwert. Selbst als Zweitwaffe innerhalb einer Schlacht war das Schwert nicht erste Wahl. Der Morgenstern bot vom Pferd herunter mehr Wucht und am Boden die Möglichkeit um einen Schild herumzuschlagen. Zur Zeit von Agincourt waren die Rüstungen auch bereits stark genug, um einem Schwerthieb so gut wie keine Chance mehr zu geben. Die Entwicklung hin zu Stichwaffen hatte ja bereits begonnen, aber noch nicht wirklich zu bruachbaren Resultaten geführt. Somit war das Schwert eigentlich gerade für Agincourt nebensächlich und die meisten Ritter wurden ohnehin von Pfeilen getroffen bevor das relevant wurde.

Endergebnis (meiner persönlichen Ansicht nach, es mag andere Meinungen geben):
Das reine Zahlenverhältnis ist gerade für Agincourt so gut wie nicht aussagekräftig. Die Truppenqualität sowie die französischen Schwierigkeiten in der Truppenführung und Kommandoeinheitlichkeit waren m.E. sehr viel relevanter.
Erschwerend kommt hinzu, dass die sich gegenüberstehenden Truppen in der Ausrüstung sehr ungleich waren. Die voerhergehenden Ereignisse hatten Heinrich als intakte Truppen praktisch eine unbenutzbare Armee übrig gelassen, die ihn in einer Verzweiflungssituation in die einzige Taktik zwang, die von den Franzosen nicht beherrschbar war. Nicht, dass er das wirklich hätte sehen können. Man könnte Agincourt also aus französischer Sicht als eine Kombination unglücklicher Umstände interpretieren, muss aber auch erwähnen, dass die Franzosen viele dieser Umstände selbst erzeugten (interne Kämpfe, uneinheitliches Kommando, Arroganz bzw. Selbstüberschätzung). Es war also nicht der Langbogen, der das Urteil sprach. Der Langbogen hatte nur die Rolle des Henkerschwertes als bereits genügend andere Faktoren beinahe schon systematisch auf französischer Seite verbockt worden waren. Insofern ist zwar sicherleich ein gewisser englischer Anspruch auf Kriegsruhm gerechtfertigt, aber mehr noch müssen die Franzosen sich für die Geschichte in die Top Ten der taktisch unfähigen einordnen lassen.

Gruß
Peter B.

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Hi,

Etwa 5.000 Langbogenschützen begannen, auf die
heranpreschenden französischen Ritter zu schießen - mit einer
Schußkadenz von 10 Pfeilen pro Minute (also alle sechs
Sekunden eine Salve).

Was ioh mich bei dieser beeindruckenden Geschwindigkeit frage:
Gingen da nicht recht schnell die Pfeile aus? Wieviele Pfeile konnte ein Bogenschütze so am Mann tragen? Oder war der Munitionsnachschub während der Schlacht irgendwie organisiert?

Gruß,
Markus

Hi,Markus.

Also die 10 Pfeile p.m. ist eine rein theoretische Schußgeschwindigkeit.
Ein heutiges Maschinengewehr kann 1200 Schuß in der Minute abgeben,
macht man aber praktisch kaum.
Ein engl. Langbogenschütze hatte etwa 20 Pfeile im Köcher.
Wenn die Bogenschützen nicht direkt angegriffen wurden und der Gegner noch 150 bis 200 Meter entfernt war, veranstalteten die Schützen eine Art Störfeuer auf die entweder stehenden Reihen oder langsam anrückenden Gegner.Langsam deswegen, weil erstens Wert darauf gelegt wurde eine "ordentliche " Schlachtreihe bis zum Anprall zuerhalten, also quasi Schulter an Schulter, was wiederum den Schützen sehr gelegen kam,(diese „geschlossenen Reihen“ und „dichte Kolonnen“ Taktik, hielt sich sehr lange auf den Schlachtfeldern), und zweitens:
ein Spurt mit schwerem Kriegsgerät sehr schnell erschöpft.
Selbst die Reiterei begann ihre Attacke im Schritt, ging dann zum Traben über und erst auf den letzten 60-80 Metern in vollem Galopp.
Bevor nun die Reiter diesen Endspurt einlegten, schoßen die Schützen was die Sehnen hergaben. Wie schon erwähnt, gelang es einem geübten Schützen ( und die Engländer waren Profis) ständig drei Pfeile in der Luft zu haben.
In der Regel schoßen die Schützen aber einen Pfeil ab, legten den nächsten ein und beobachteten, ob die Salve im Ziel lag, bevor sie den nächsten verschossen. Das alles geschah auf kommando, auch schossen im geplänkel nicht alle Schützen, um eben Munition zu sparen und den Gegner über die tatsächliche Feuerkraft im unklaren zu lassen.

Wenn ein König wie Heinrich V., der den Feldzug in England gut vorbereiten ließ,(jedenfalls für damalige Verhältnisse), ein Berufsheer aufstellt, das sich zu 80 Prozent auf Langbogen stützt, ist anzunehmen, das er auch genug Munition für seine Hauptwaffe mitführt. ( " Jede Gans solle 6 Federn opfern")

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Hallo,

der hervorragenden Zusammenfassung von Peter nöchte ich nur kurz das Streiflicht des Wetters hinzufügen. Die nasse Witterung hatte zwei -in meinen Augen wesentliche- Folgen:
-der Boden wurde denkbar ungünstig für schwere Reiterei. Die Ritter konnten kaum genug Angriffsschwung entwickeln, Pferde stürzten auf dem rutschigen Boden hin, Formationen kamen durcheinander, Angriffswellen blieben stecken und gerieten mit der nachfolgenden ineinander,…ein einziges Chaos.
-die Genueser Söldner konnten die Sehnen ihrer Armbrüste nicht trockenhalten. Die englischen Bogenschützen hingegen hatten es einfacher, Bögen werden ohnehin entspannt transportiert und die viel dünnere Sehne läßt sich leicht unter dem Helm oder in der Kleidung trocken halten. Die englischen Fernwaffen waren dadurch zum Zeitpunkt der Schlacht voll einsatzfähig, während die der französischen Seite größtenteils unbrauchbar geworden waren.

Hallo,
nur mal ganz allgemein.
Ein Pfeil wird auf große Distanz in etwa einem 45° Winkel in den Himmel geschossen.
Beim Abschuss hat er seine größte Geschwindikgeit und kinetische Energie und wird dann immer langsamer.
Nach dem Überschreiten des Scheitelpunktes seiner Flugbahn wird er durch die Gravitation wieder etwas Geschwindigkeit aufnehmen aber den Ausgangswert nie mehr erreichen.
Wo die Geschwindigkeit am Ende liegt habe ich noch nirgendwo gefunden. Angaben zur Durchschlagskraft beziehen sich, soweit ich das finden konnte, auf den Abschusszeitpunkt oder ein Auftreffen bei direktem Schuss, auf relativ kurze Distanz.
Die kinetische Energie mit der er Auftrift dürfte aber kaum ausreichen um jemanden vom Pferd zu werfen oder umzuwerfen. Zumal bei den schweren hochgezogenen Sätteln in denen die Ritter saßen.

Dabei wird die Flug- nun eher Fallbahn am Ende steiler, weil sein Vortrieb im Gegensatz zur Fallgeschwindikeit weiter abnimmt.
Der Pfeil trifft also einen Aufrecht stehenden oder sitzenden Menschen in einem für das Durchschlagen von Panzerung sehr ungünstigen spitzen Winkel.
Selbst wenn die kinetische Energie an sich dafür noch reichen sollte, wird der Pfeil also mit großer Wahrscheinlichkeit abgleiten, wenn nicht zufällig eine Fläche getroffen wird, die zur Fallbahn in einem relativ stumpfen Winkel steht.

Das die Wahrscheinlichkeit ein Pferd zu verletzen hier um ein vielfaches Höher ist, ist offensichtlich.

Gurß
Werner

Hallo,

bin gerade erst aus dem Krankenahus zurück, daher so spät. Heißen Dank für die Ergänzung, das Detail mit den Sehnen war mir entgangen.

Gruß
Peter B.

Hallo,

ein klares entschiedenes Jein. Aus folgenden Gründen. Wenn Du nur einen einefachen Bogen nimmst, wie er heutzutage bei LARPs verwendet wird, dann hast Du eine Zugkraftbeschränkung auf 25 Pfund. Lass Dich mit so einem Ding mal beschießen, der Spaß ist relativ. Auf kurze Entfernung geht das immer noch, aber wenns erstmal in die ballistischen Bahnen geht, die ja mit solchen Bögen gar nicht mal so ausgedehnt sind, dann kann ein Treffer auf die Brust dazu führen, dass Du Dich auf den Hintern setzt. Das ist natürlich eher praktische Erfahrung als theoretische Mathematik. Im Vergleich konnte ein echter Kriegsbogen aber in der Gegend von 100 Pfund Zugkraft liegen.
Zweitens ist natürlich der Abschußwinkel wegen des Luftwiderstandes höher als 45°. Etwa 50°. Was bedeutet, dass der Scheitelpunkt der Flugbahn höher liegt. Im Grunde also nichts anderes als die ballistische Bahn eines normalen Geschosses, nur mit geringerer V0. Nur gibt es einen Unterschied. Während das Geschossgewicht beispielsweise bei einer 9x19 Parabellum Stahlmantel bei ungefähr 8 Gramm liegt, kommt so ein Langbogenpfeil mit Bodkin-Spitze schätzungsweise auf 60 Gramm. Das solltest Du bei Deiner Abschätzung der kinetischen Energie berücksichtigen.

Gruß
Peter B.

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Hallo,
danke wieder mal für die Belehrung.
Das Gewicht englischer Kriegspfeile war mir bekannt.
Bei einem Distanzschuss ist die kinetische Energie des Abschusses zum großen Teil verbraucht. Niemand, auch ich nicht, sagt aber, dass es für einen ungepanzerten Menschen gesund wäre, von 60g getroffen zu werden, die aus 150 m Höhe herabfallen.
Hier ging es aber um schwer gepanzerte Ritter, die in einem hochgezogenen Sattel mit Steigbügeln saßen. So schnell wurde so ein Pfeil dann auch nicht, dass die im spitzen Winkel auftreffenden 60 g des Pfeils einen zum Teil mit Rüstung über 100 kg schweren Ritter vom Pferd gechubst hätten.

Der Ausdruck, jemanden aus dem Sattel heben, ist hier nämlich ganz wörtlich zu verstehen. Bei einem frontalen Aufprall (und die Pfeile kamen ja wohl von vorne) konnte der Ritter nicht nach hinten wegrutschen, er musste dazu über die hintere Sattelschürze gehebelt werden, was bei einem Schlag von schräg oben wohl auszuschließen ist. Und auch das Risiko hinten überzukippen, wurde durch die Sättel sehr vermindert, weil dann die Oberschenkel unter die vordere Sattelschürze geklemmt worden wären.
Ich weiss nun nicht - und mag es nicht heraussuchen - welche Art der Rüstung in der Schlacht getragen wurde, das hätte da auch noch Einfluss gehabt, etwa durch die stützende Wirkung eines geschlossenen Harnischs.

Dabei ist es wiedermal etwas provozierend, dass du mir erklären zu müssen meinst, dass es doch wohl eher 50° bei Distanzschüssen waren. Ich schrieb etwa 45°.
Ich vermute die Bogenschützen hatten Winkellote dabei.

Gruß
Werner

Hallo,

Der Ausdruck, jemanden aus dem Sattel heben, ist hier nämlich
ganz wörtlich zu verstehen.

der Ausdruck „jemanden aus dem Sattel heben“ macht Sinn bei einem Angriff mit der Lanze. Ich verstehe nicht, wie Du dazu kommst, dies in Verbindung mit Beschuss von Pfeilen zu bringen.

Natürlich kann man mit einem Pfeil keinen gepanzerten Reiter „aus dem Sattel heben“. Entscheidend war, dass die kinetische Energie des Geschosses ausreichte, die Panzerung des Reiters oder die seines Pferdes zu durchschlagen. Wenn der Reiter schwer genug verletzt war, kippte er von selbst aus dem Sattel. Wenn das Pferd getroffen wurde, war die Chance groß, dass es entweder zusammenbrach oder den Reiter abwarf - zumindest aber die Angriffsformation durcheinander brachte.

Effektiv war vor allem das Abschießen der Pferde. Das und die im Vergleich zu Armbrüsten etwa um den Faktor 10 größere mögliche Schussfrequenz reichte völlig aus, um den taktischen Hauptzweck der Bogenwaffe zu erfüllen - nämlich einen massierten Angriff schwerer Kavallerie zu brechen. Und dies nicht durch den Einsatz der gleichen Waffe - nämlich extrem teuer auszurüstender Panzerreiter - sondern durch Einsatz einer vergleichsweise billigen Waffe.

Die Plattenpanzer der Reiter konnten natürlich nicht auf 200 Meter, sondern nur auf verhältnismäßig kurze Entfernung durchschlagen werden, wobei es da endlose Diskussionen gibt, bei welcher Distanz dies möglich war. Man muss da wohl eine Entfernung unter 30 Meter ansetzen - und selbstverständlich dann auch den direkten, gezielten Schuss und nicht den ‚volley‘. Bei der leichter gepanzerten Infanterie bzw. bei Kettenpanzern sah das allerdings wieder ganz anders aus - und Pferde waren waren deutlich leichter gepanzert als ihre Reiter. Sicher gab es da auch Ausnahmen; man kann sich jedoch unschwer vorstellen, dass ein Pferd, das außer dem gepanzerten Reiter noch eine Rüstung von (in Extremfällen) 200 kg und mehr zu tragen hatte dadurch gerade die taktischen Vorteile des Panzerreiters - Schnelligkeit und Beweglichkeit - einbüßte. Solch schwere Rüstungen für Pferde waren Ausnahmen.

Bei allen Einwänden und Argumenten, die man in Diskussionen um die Effektivität des Langbogens als Waffe immer wieder hört, sollte man doch eines nicht vergessen - die Engländer haben die Schlachten von Crécy und von Azincourt gewonnen, trotz deutlicher zahlenmäßiger Unterlegenheit - Crécy 12.000/30.000, Azincourt nach neuesten Untersuchungen 8.000/12.000. Bei beiden Siegen war der Einsatz der Langbogenschützen entscheidend. Das zumindest lässt sich nicht wegdiskutieren.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo,

Der Ausdruck, jemanden aus dem Sattel heben, ist hier nämlich
ganz wörtlich zu verstehen.

der Ausdruck „jemanden aus dem Sattel heben“ macht Sinn bei
einem Angriff mit der Lanze. Ich verstehe nicht, wie Du dazu
kommst, dies in Verbindung mit Beschuss von Pfeilen zu
bringen.

Da musst du wohl überlesen haben, dass ich damit auf die Aussage reagiert habe, dass der Pfeil selbst den Reiter vom Pferd zu stoßen in der Lage gewesen sein soll. Ich habe sogar direkt im Anschluss an die von dir monierte Aussage selbst ausgesagt, dass das aus dem Sattel heben durch einen Schlag von schräg oben unmöglich ist. Falls das zu undeutlich war: Damit meinte ich den Einschlag eines Pfeiles auf große Distanz.

Entscheidend war, dass die kinetische
Energie des Geschosses ausreichte, die Panzerung des Reiters
oder die seines Pferdes zu durchschlagen.

Genau das war die Frage, die aber nicht an dieser Stelle Thema war. An dieser Stelle ging es darum, ob ein Reiter allein durch den Aufprallimpuls umgeworfen werden konnte (wie anderweitig ausgesagt wurde) auch wenn die Rüstung standhielt.

Wenn der Reiter schwer genug verletzt war,
kippte er von selbst aus dem Sattel.

Da haben wir keinen Dissens. Auch deinen weiteren Ausführungen kann ich zustimmen, nur weiß ich nicht, warum du sie hier einfügst. Zu dem Meisten davon habe ich gar nichts gesagt oder es stimmt mit meinem Aussagen überein.
Danke dabei für die Unterstützung (nicht nur) meiner These, dass bei Distanzschüssen die Pfeile den Panzer eines Ritters nolrmalerweise nicht durchdringen konnten.

Gruß
Werner