Löste die Armbrust im 14. Jahrh. den Bogen ab?

Hallo, Wissende

Löste die Armbrust im 14. Jahrhundert den Bogen ab? Oder wurden beide Waffen nebeneinander für verschiedene Zwecke verwendet – der Bogen indirekt mit Pfeilen als Bogenschusswaffe und die Armbrust direkt mit Bolzen als Flachschusswaffe?

„Den ältesten, bildl. Nachweis zur A. im Gebiet der heutigen Schweiz liefert das Siegel des Luzerner Ratsherrn Johann von Hildisrieden (1235). Im 14. und 15. Jh. legten schweiz. Städte Armbrustvorräte an oder verpflichteten ihre Bürger zum Besitz von A.en. Vom 14. Jh. an lassen sich Armbruster als städt. Beamte nachweisen. Armbrustschützen-Einheiten nahmen mit eigenen Fahnen an Kriegen oder Schützenfesten teil. In der 2. Hälfte des 15. Jh. wurde der Hornkompositbogen vom Stahlbogen abgelöst, der sich mittels einer Winde spannen lässt …“ (Historisches Lexikon der Schweiz)

Mit Gruss & Dank

Adam

Hallo Adam

Löste die Armbrust im 14. Jahrhundert den Bogen ab?

definitiv nicht. Der Bogen (insbesondere der Langbogen englischen Typs) war in Europa bis ins 17. Jahrhundert hinein (Schlacht von Tipper Muir 1644) in militärischem Gebrauch. Er wurde durch die Muskete abgelöst, nicht durch die Armbrust.

Der Langbogen war der Armbrust an Durchschlagskraft mehr als gleichwertig, in der möglichen Schussfrequenz (10 Pfeile pro Minute) weit überlegen. Nachteil waren die Anforderungen an die Fähigkeiten des Schützen. Es war nicht nur Geschick sondern auch ein erheblicher Kraftauswand erforderlich, diese Waffe effektiv zu bedienen. Wie die Analyse der an Bord des 1545 gesunkenen Kriegsschiffes ‚Mary Rose‘ gefundenen Bögen (168 wurden gefunden) zeigte, betrug das Zuggewicht 40 - 80 Kilo (88-176 pounds). Das ist mehr als das Doppelte von dem, was heute im sportlichen Bereich übliche Langbögen haben.

Eine gut ausgebildete und trainierte Bogenschützenkompanie war einer Kompanie von Armbrustschützen militärisch deutlich überlegen. Flämische und vor allem englische Bogenschützentruppen waren daher hochbezahlte Spezialeinheiten. Der legendäre Ruhm der Bogenschützenkompanien als einer Art ‚Superwaffe‘ entstand erst im 15. Jahrhundert - durch den überwältigenden Sieg der zahlenmäßig weit unterlegenen Engländer bei Agincourt. In dieser Schlacht zeigten englische Bogenschützenkompanien ihre Überlegenheit über eine andere Spezialeinheit, die auf französischer Seite kämpfte - genuesische Armbrustschützen.

Der Vorteil der Armbrust war, dass sie eine hohe Durchschlagskraft mit leichter Bedienbarkeit verband. Sie war damit auch für Nicht-Berufssoldaten, also Bürgermilizen, besonders geeignet.

Geht man allerdings ein paar Jahrhunderte zurück, dann sehen die Verhältnisse etwas anders aus. Bevor der englische (eigentlich der walisische) Langbogen zur Standardwaffe englischer Bogenschützentruppen wurde, waren Kurzbögen in Gebrauch - und denen wiederum war die Armbrust überlegen. Aus dieser Zeit stammen auch die Versuche, die Armbrust als militärische Waffe zu ächten. Die Ablösung fand in England etwa im 13. Jahrhundert statt - auf dem Kontinent dauerte es deutlich länger (siehe Agincourt), bis man die Überlegenheit des Langbogens anerkannte.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Adam,

Wie Ralf schon ausgeführt hat, war der Langbogen eigentlich die technisch überlegene Waffe. Allerdings nicht nur, was die Durchschlagskraft sondern auch was die Reichweite betraf.
Wir müssen in den Vergleich allerdings auch die Zeit mit einbeziehen. Bereits zur Zeit der späten Kreuzzüge gab es Armbürste. Die Bögen hingegen waren zumeist noch Kurzbögen. Der Kurzbogen war deswegen nicht wirklich unterlegen, weil er im Gegensatz zur Armbrust auch vom Pferd aus eingesetzt werden konnte.
Armbrustschützen bildeten also Anfangs eine billige Lösung, dementsprechend waren die Verluste. Aber das war so ähnlich wie mit einer Kompanie gepresster Bauern. Billig und entbehrlich. Aber weil ein Armbrustschütze einen Ritter aus dem Sattel holen konnte, un das ohne jahrelange Ausbildung, waren gerade die Ritter darüber schwer erbost und versuchten die Waffe zu ächten.
Im 15. und bis ins 17.Jahrhundert hatte sich der Krieg verändert. Die Armeen waren größer geworden, bestanden aber zu einem großen Teil aus Bauern und Teilzeitsoldaten. Man kann gewissermaßen in jedem Bereich zwei Arten von Einehiten unterscheiden, die billigen in großer Anzahl zur Verfügung stehenden und die teuren, die zwar in der Unterzahl waren, aber vom militärischen Wert her das Rückgrat ausmachten.
Fazit: Der Armbrustschütze war oft so etwas wie ein Wegwerfsoldat.

Gruß
Peter B.

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Hallo,
sehr schöne Darstellung.

Allerdings ziehe ich die Aussage der Langbogen sei der Armbrust in der Durchschlagskraft gleichwertig gewesen doch etwas in Zweifel.
Schon die Die Armbrüste mit Hornkompositbögen hatte „Zugkräfte“ von um 130 kg. Die mit Stahlbögen zum Teil noch darüber hinaus.
Tatsächlich bedeutet das nun nicht eine direkt proportional höhere kinetische Energie des Bolzens, da ja auch die Geometrie und die Flugeigenschaften der Geschosse noch eine Rolle spielen. Aber bei einer rund drei mal so hohen Spannkraft der Armbrust (der Standartlangbogen hatte wohl eher 40-50 kg Zuggewicht als 80), scheint mir eine gleichwertige Durchschlagskraft der Langbögen kaum darstellbar.

Gruß
Werner

PS: Ein Vorteil der Armbrust der noch vergessen wurden ist, dass diese im Grunde beliebig lange Schussbereit gehalten werden kann. Ein Bogenschütze kann dagegen nur begrenzt in Feuerbereitschaft bleiben. Aber auch das ist in einer Feldschlacht von eher geringer Bedeutung.

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Hallo Werner,

(der Standartlangbogen hatte wohl eher
40-50 kg Zuggewicht als 80),

ich habe mal mit einem Nachbau geschossen, er gemessene (Federwaage) 125 Pund Zugkraft hatte. Bei mir wohl noch mehr, weil ich sehr groß bin und länger ausziehe. OK, nach drei Schuß war schluß, aber interssant war es. Normalerweise schieße ich mit Bögen mit 40 bis 60 Pfund Zugkraft.

PS: Ein Vorteil der Armbrust der noch vergessen wurden ist,
dass diese im Grunde beliebig lange Schussbereit gehalten
werden kann. Ein Bogenschütze kann dagegen nur begrenzt in
Feuerbereitschaft bleiben. Aber auch das ist in einer
Feldschlacht von eher geringer Bedeutung.

Das verstehe ich nicht. Den Pfeil kann ich beliebig lang auf der Sehne lassen und binnen weniger Sekunden abschießen. So lange braucht man wohl auch mit einer Armbrust zum Visieren. Praktisch wird dieses Halten bei 3D-Parcours angewendet, wenn man beim Schleichen plötzlich auftauchende Ziele treffen möchte.

Gandalf

Hallo Gandalf,

ich habe mal mit einem Nachbau geschossen, er gemessene
(Federwaage) 125 Pund Zugkraft hatte. Bei mir wohl noch mehr,
weil ich sehr groß bin und länger ausziehe. OK, nach drei
Schuß war schluß, aber interssant war es. Normalerweise
schieße ich mit Bögen mit 40 bis 60 Pfund Zugkraft.

Da weiss ich nun nicht genau, was dies mit der Ausgangsfrage zu tun hat.
Es ging doch um die Situation im späten Mittelalter für das zwar Bögen mit Zugkräften von ca. 80 kg nachgewiesen wurden, aber das war nicht der Normalbogen, die 6000 bei Agnincourt schossen eben eher mit 40-50 kg Zugkraft.

PS: Ein Vorteil der Armbrust der noch vergessen wurden ist,
dass diese im Grunde beliebig lange Schussbereit gehalten
werden kann. Ein Bogenschütze kann dagegen nur begrenzt in
Feuerbereitschaft bleiben. Aber auch das ist in einer
Feldschlacht von eher geringer Bedeutung.

Das verstehe ich nicht. Den Pfeil kann ich beliebig lang auf
der Sehne lassen und binnen weniger Sekunden abschießen.

Du kannst aber einen Bogen mit 40 kg Zugkraft nicht bliebig lange gespannt halten. Vor dem Schuss musst du also erst den Bogen spannen und zielen. Dazu braucht der Bogen noch relativ viel Platz - also etwa auf engen Wehrgängen eher schlecht. Mit der gespannten Armbrust, kann man sich stundenlang hinter einen Schießscharte legen und sofort schießen wenn einer vorbeistolpert.

Aber wie gesagt, in offener Feldschlacht eher irrelevant.

Gruß
Werner

Hallo Werner,

Es ging doch um die Situation im späten Mittelalter für das
zwar Bögen mit Zugkräften von ca. 80 kg nachgewiesen wurden,
aber das war nicht der Normalbogen,

uns wurde vom Fremdenführer (in Bayeux), der auch sonst in Fragen der Bewaffnung gut instruiert war, gesagt, daß die Standardstärke rund 120 Pfund gewesen sei, als knapp 60 kg.

Du kannst aber einen Bogen mit 40 kg Zugkraft nicht bliebig
lange gespannt halten. Vor dem Schuss musst du also erst den
Bogen spannen und zielen.

Der Pfeil liegt auf der Sehne und Spannen und Visieren ist eine Bewegung.
Ich kann mir kaum vorstellen, daß reines Visieren mit einer Armbrust wesentlich schneller geht.

Dazu braucht der Bogen noch relativ
viel Platz - also etwa auf engen Wehrgängen eher schlecht.

Ein Bogen ist hoch aber hat eine geringe ‚Tiefe‘
Eine Armbrust hat eine recht große Tiefe.
Ich habe keine Erfahrung mit dem Schießen von Armbrüsten, aber einen solch frapierenden Vorteil kann ich nicht sehen.

Mit
der gespannten Armbrust, kann man sich stundenlang hinter
einen Schießscharte legen und sofort schießen wenn einer
vorbeistolpert.

Wenn ich eine Pfeilführung habe, kann ich auch einen Pfeil beliebig lang auf der Sehne lagern, sogar den Bogen mit Pfeil auf den Boden legen und schnell wieder aufnehmen. Aber Du hast recht, es geht langsam ins akademische.

Aber wie gesagt, in offener Feldschlacht eher irrelevant.

Da sind wir uns einig.

Gandalf

Hallo Werner,
ein wenig Physik … Wie Du schon richtig anmerkst, ist die Zugkraft alleine nicht entscheidend für die Durchschlagskraft (und Reichweite) des Geschosses. Die physikalischen Nachteile der Armbrust sind die im Vergleich zum Langbogen kürzere Auszugslänge und die Kürze des Bogens (und damit der Wurfarme). Beides (und in geringerem Maß das für den Bogen verwendete Material) hat entscheidenden Einfluss auf auf die Geschwindigkeit, die das Geschoss erreichen kann - und damit auf dessen kinetische Energie. Der kritische Faktor ist die maximale Geschwindigkeit, die die Spitzen der Wurfarme beim Abschuss erreichen können. Diese Zusammenhänge sind jedem Bogenschützen bekannt.

Das Problem ist, dass bedingt durch die Kürze der Auszugslänge und der Wurfarme bei einer Armbrust die Energie der Zugkraft nur stark eingeschränkt in Geschwindigkeit umgesetzt werden kann; ein guter Teil dieser Energie ‚verpufft‘ schlicht und einfach (bzw. wirkt als ‚Rückschlag‘ auf Bogen und Sehne, was die Zielgenauigkeit beeinträchtigt). In dieser Hinsicht ist eine Armbrust schon vom technischen Design her im Vergleich zum Langbogen sehr ineffektiv. Die kinetische Energie des Geschosses (und damit seine Durchschlagskraft) ist darüber hinaus natürlich auch abhängig von seiner Masse - die beim Armbrustbolzen idR geringer ist als beim Pfeil.

Stephen V. Grancsay, Kurator für Waffen und Rüstungen am Metropolitan Museum in New York, veröffentlichte im April 1954 im True Magazine (S. 44-46 und 89-92) einen Artikel „Just how good was Armor?“, in dem er typische Vergleichsdaten eines Experiments anführt, die wiederum von W. F. Paterson in „A Guide to the Crossbow“ (Society of Archer Antiquaries 1990, ohne ISBN) zitiert werden.

Dabei erreichte ein von einem Langbogen mit einer Zugkraft von moderaten 68 lbs (30,84 kg) abgeschossener Pfeil eine Abschussgeschwindigkeit von 133,7 fps (40,75 m/s). Eine Armbrust, die eine nur unerheblich höhere Abschussgeschwindigkeit (138,7 fps bzw. 42,28 m/s) erzielte, musste da schon mit einem Zuggewicht von sage und schreibe 740 lbs (335.66 kg!) aufwarten. Solch ein schweres Gerät lässt sich schon nicht mehr mit einem Spanngürtel spannen - da braucht es schon eine Winde. Dabei war dann noch die Masse des Pfeils doppelt so groß wie die des Armbrustbolzens (2,5 oz gegen 1,25 oz bzw. 70 g gegen 35 g) …

Also mit einer „rund drei mal so hohen Spannkraft der Armbrust“ kommt man in Punkto Durchschlagskraft an den Langbogen noch lange nicht heran - da braucht man schon eher das Zehnfache.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo Werner, hallo Ralf,

ein wenig Physik …

noch etwas Physik.

Der entscheidende Begriff ist ‚Impuls‘
Der ist physikalisch definiert als Masse * Geschwindigkeit.

Habe ich einen Pfeil mit doppelter Masse im Vergleich zu einem Armbrustbolzen, habe ich bei gleicher Geschwindigkeit den doppelten Impuls oder tivial ausgedrückt die doppelte Wucht. Es kommen zwar noch einige Faktoren wie Form, Härte und Dichte hinzu, aber die liegen in vergleichbaren Größenordnungen.

Wenn ich nun einen Pfeil mit größerer Masse und größerer Geschwindigkeit habe wirds noch günstiger für den Pfeil.

Gandalf

Overkill?
Hallo,

mal eine andere Frage zur Durchschlagskraftdiskussion:

Wieviel Durchschlagskraft war denn überhaupt sinnvollerweise nötig?
Der Hauptzweck von Pfeilen/Bolzen war doch das Durchschlagen von Rüstungen, und die konnten schon aus Gewichtsgründen eine gewisse Stärke nicht überschreiten.
Sicher würde eine höhere Durchschlagskraft ein Durchdringen einer Rüstung auf größere Entfernung ermöglichen, allerdings sehe ich da das Problem, auf welche Entfernung die Trefferwahrscheinlichkeit noch hoch genug war.
Bliebe höchstens noch die Erhöhung der Durchschlagswahrscheinlichkeit auch bei ungünstigen Auftreffswinkeln.

LG,
Markus

Hallo Markus,
über die Frage ist viel gestritten worden und sie lässt sich auch nicht generell beantworten, da die Entwicklung von Offensiv- und Defensivwaffen immer in einer direkten Beziehung zueinander stattfindet. Bessere Offensivwaffen erzeugen den Bedarf nach besseren Defensivwaffen und umgekehrt; mal hat die eine Seite die Nase etwas weiter vorn, dann die andere. Auf der Seite der Armbrüste und Bögen haben wir daher den Trend zu einer Erhöhung der Durchschlagskraft - wobei ein Weg war, die Zugkraft der Bögen und vor allem der Armbrüste zu erhöhen. Bei den Armbrüsten vor allem durch immer leistungsfähigere Spannvorrichtungen und leistungsfähigeres Material. Bei den Bögen war die entscheidende Verbesserung ein Wechsel im technischen Design - der Übergang vom Kurzbogen zum zwar unhandlicheren und schwerer zu bedienenden Langbogen, der nicht nur durch die längeren Wurfarme sondern auch durch die Kombination von Kern- und Splintholz im Bogenstab höhere Abschussgeschwindigkeiten ermöglichte. Dem entsprach auf Seite der Rüstung vor allem der Übergang vom Ketten- zum Plattenpanzer, der grundsätzlich schon einen recht guten Schutz bot, jedoch durch sein Gewicht auch erhebliche Nachteile mit sich brachte. Trotzdem kann sowohl ein Langbogenpfeil als auch der Bolzen einer Windenarmbrust eine Panzerplatte bei nicht allzu großer Entfernung und günstigem Auftreffwinkel durchschlagen. Die Bodkin-Pfeilspitze wurde speziell zu diesem Zweck entwickelt, während man gegen mit Kettenhemden gerüstete Gegner Nadelbodkins effektiv einsetzen konnte.

Das brachte aber gar nicht den entscheidenden taktischen Vorteil der Langbogenwaffe - dieser lag vielmehr darin, dass mit einer ausgebildeten und disziplinierten Bogenschützentruppe die damals effektivste Offensivtaktik in offener Feldschlacht neutralisiert werden konnte, nämlich der Angriff einer schweren Kavallerie, dem man bislang nur mit einem Gegenangriff derselben Waffengattung zu begegnen wusste. Man musste dazu gar nicht die schwergepanzerten Reiter aus den Sätteln schießen - es genügte, die verhältnismäßig schwach geschützten Pferde zu treffen. Da (beim der Abwehr einer Kavallerieattacke) wiederum war dann die Schussfrequenz ein entscheidender Faktor - ein taktischer Vorteil, bei dem die Armbrust - insbesondere die Windenarmbrust - hoffnungslos unterlegen war.

Die kaum beweglichen pferdelosen Reiter konnte man dann einsammeln und gegen Lösegeld wieder freilassen - was sehr viel lukrativer war als Beutemachen durch Plünderung. Tote Ritter brachten kein Geld. In diesem Sinne ist Deine Aussage

Der Hauptzweck von Pfeilen/Bolzen war doch das Durchschlagen von Rüstungen

durchaus zu differenzieren.

Ein weiterer erwähnenswerter Faktor sind natürlich die Kosten gewesen. Bis brauchbares Eibenholz in Europa rar zu werden begann, waren Langbögen erheblich billiger zu produzieren als vergleichbar leistungsfähige Armbrüste. Und bei Rüstungen waren die Kosten auch ein erheblicher Faktor - nicht zufällig waren Anfertigungen aus den Spezialwerkstätten in Nürnberg oder Mailand nur für wirklich sehr gut betuchte Herren erschwinglich. Das Gros der Ritter musste sich mit qualitativ zweit- und drittklassigem Material begnügen. Auch aus diesem Grund können daher kaum generelle Aussagen gemacht werden.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo Ralf,

du bist offensichtlich der Experte auf dem Gebiet und ich habe da nur mein Allgemeinwissen und meine Zweifel einzubringen.

Deine Aussage Armbrüste müssten da schon etwa die zehnfache Zugkraft haben um Konkurrenzfähig zu bleiben hat mich aufgeschreckt und lässt mich doch wieder Zweifeln.

Das von dir zitierte Experiment ist da meines Erachtens schon ein Ansatzpunkt.

Nach meinen zugegebenermaßen flüchtigen Recherchen wog die Metallspitze eines Armbrustbolzens zwischen 25 und 50 g (Wallarmbrüste hatten noch schwerere, aber die führen hier völlig in die Irre). Dazu kam ein Holzschaft von üblicherweise etwa gleichem Gewicht.
Das heißt der normale Armbrusbolzen wog etwa 50 bis 100 g und war damit nicht leichter als ein Pfeil (für englische Kriegspfeile werden 50 - 80 g Gesamtgewicht angegeben).
Schon damit ist das unten angeführte Experiment in seiner Aussagekraft fragwürdig.

Wie wir uns einig sind hängt die Durchschlagskraft des Bolzens (neben dem Geschossgewicht) von der Geschwindigkeit ab, die durch die vorschnellende Sehne auf das Geschoss übertragen wird.
Mal davon abgesehen, dass sich unterschiedliche elastische Materialien mit unterschiedlicher Schnelligkeit zurückstellen (ich nehme einfach mal an, dass dies hier keine Rolle spielt) hängt dies von der Sehnengeschwindikgeit und der Beschleunigungsstrecke ab.

Je kleiner der Bogen, desto stärker wird der Bogen nach innen hereingezogen und verwendet beim Zurückfedern einen größeren Teil seiner Geschwindigkeit auf die Auswärtsbewegung anstatt auf die Vorwärtsbewegung. Dadurch geht ein Teil der Beschleunigung verloren.

Ich habe versucht diese (http://www.section32.de/fantasy/armbrust.html#2.2) Berechnungsformeln dazu nachzuvollziehen.
Das ist mir nicht gelungen, aber ich habe doch den deutlichen Eindruck, dass dieser Effekt keinen vielfachen Wirkungsgrad des Langbogen erklären kann, wie du ihn hier herleitest, zumal bei der erheblich höheren Zugkraft der Armbrust.

Entscheidender ist da die unterschiedliche Auszugslänge und die ist beim Bogen durchaus doppelt so groß. Leider reicht mein Mathematikverständnis nicht, um das nun entsprechend zu qualifizieren. Klar ist, dass der gut doppelte Auszug einen erheblichen Geschwindkigkeitszuwachs bei sonst gleichen Parametern bedingen würde. Nur sind die sonstigen Parameter auch alle abweichend, so dass bei mir keine Klarheit - auch nicht zugunsten des Bogens übrig bleibt.

Der Schluss, die Armbrust hätte eine zehnfache Zugkraft gebraucht um eine vergleichbare Beschleunigung zu erzeugen ist aber auf nicht zwingend, da eben alle anderen Parameter, der Armbrust ausgeblendet sind.

Bei einer im Vergleich fast zehnfachen Zugkraft der Armbrust halte ich es für durchaus realsitisch, dass die hier eingesetzten 35 g Geschossgewicht im Grunde das Ergebnis eines „Leerschusses“ darstellen,
dass also die „Sehnengeschwindigkeit“ durch die Geometrie begrentz ist, die Kraft der Armbrust dabei aber auch einen vielfach schwereren Pfeil auf die fast gleiche Geschwindigkeit beschleunigt hätte, womit dann die Durchschlagskraft ggf. weit über den Wert eines Langbogens hinausgegangen wäre.

Auch ein gespannter Bogen ohne Geschoss schnellt ja nicht beliebig schnell vor. Wenn ich also das Gewicht des Pfeiles reduziere wächst dadurch die Geschwindigkeit des Geschosses nicht proportional bzw. umgekehrt.

Ich hoffe der Ansatz meiner Zweifel ist nachvollziehbar.

Gruß
Werner

Ich danke allen für die interessanten Antworten

Ich danke allen für die interessanten Antworten.

Gruss
Adam