Alkohol-/ Nikotinentzug vergleichbar?

Hallo,

ich war früher ein sehr starker Raucher, 40 - 60 Zigaretten am Tag. Ich habe dann „kalt entzogen“, es war ziemlich heftig, 2 Monate wirklich die Hölle, etwa ein dreiviertel Jahr schwer, das ist jetzt fast 20 Jahre her.

Inzwischen bin ich Alkoholiker. Kein Hardcore-Säufer, eher ein Spiegeltrinker, aber so im Schnitt meine 8 bis 10 Bierchen trinke ich jeden Tag, und ich merke, es entwickelt eine gewisse Dynamik, immer früher am Tag fange ich an. Ich muss da was machen, irgendwie aufhören.

Ich frage mich, wenn ich es einfach weglasse, ist das vergleichbar mit dem Nikotinentzug? Oder ist das schlimmer? Geht das ohne Klinikaufenthalt?

Danke für Antworten,

Euer Engel

Es ist körperlich viel schlimmer, sollte deswegen nur mit ärztlicher Aufsicht unternommen werden. Tabak hat im Vergleich zu Alkohol ein fast vernachlässigbares physiologisches Suchtpotenzial - auch die zwanzig Tage bei Dir damals waren nicht einer körperlichen Tabak-Abhängigkeit geschuldet, die Entgiftung ist nach etwa vier Tagen durch, der Rest läuft dann alles über den Kopf.

Nicht so bei Alkohol: Du hast Deinen Stoffwechsel auf etwa einen Viertelliter Alkohol pro Tag trainiert, Dein gesamtes körperliches Geschehen ist um diesen Viertelliter Alkohol herum aufgebaut. Der Alkohol ist die tragende Säule Deines Lebens. Wenn Du sie wegnimmst, können die überraschendsten Dinge passieren - da muss ein Toubib in der Nähe sein, sonst kann das ganz schnell ganz lätz ausgehen. Und zumindest der Beginn des Entzugs wird nicht ambulant zu schaffen sein.

Toi toi toi!

MM

Hallo,
worauf bezieht sich dieses Wissen?

Hallo Engel,

ich kann Dir aus eigener Erfahrung nur dringend davon abraten, einen Alkoholentzug ohne ärztliche Hilfe und ohne Klinikaufenthalt durchzuführen.
Zuerst einmal können die körperlichen Entzugserscheinungen ziemlich heftig werden. Zittern, Schmerzempfindunen, Schweißausbrüche, Halluzinationen… Ich bekam „Ersatz“-Medikamente, damit geht das.
Zum zweiten traten bei meinen Entgiftungen teilweise Hirnkrampfanfälle auf. Dabei hat es mich dann hingehauen und ich lag wild rumzuckend auf dem Boden. Ich kenne meinen Zustand nur aus den Beschreibungen der Personen, die anwesend waren - ich selbst habe an diese Ereignisse nur bis wenige Sekunden davor eine seltsamerweise sehr genaue Erinnerung. Danach folgt ein ganz schwarzes Erinnerungsloch, welches sich wohl über mehrere Stunden erstreckt. Ich bin dann irgendwann (zum Glück) wieder aufgewacht und war dann erstmal sehr desorientiert.
Das blöde an diesen Hirnkrämpfen ist, daß diese praktisch ohne Vorwarnung auftreten. „Komisch“ wurde mir vielleicht 1 oder 2 Sekunden vorher… da ist es nicht nur zum Arzt rufen zu spät, sondern auch um sich einfach hinzusetzen.

Natürlich sind wir alle verschieden und jedermanns körperliche Konstitution ist anders, das heißt: die Symptomatik muß bei Dir nicht genauso oder ähnlich auftreten. Ich kenne auch Menschen, die einen Alkoholentzug komplett ohne irgendwelche Entzugserscheinungen durchgeführt haben. Aber das sind die wenigsten.

Ich wünsche Dir viel Kraft und ein bissl Glück darf auch dabei sein
HylTox

PS: Das Wort Bier"chen" ist das erste, was Dir in einer Klinik abgewöhnt wird :wink:

Hallo,

es bezieht sich auf einen wesentlichen Unterschied zwischen Alkohol- und Tabakentzug.

Schöne Grüße

MM

Alkohol überwindet die Blut-Hirn-Schranke und greift in den Spiegel verschiedener Neurotransmitter ein und verändert so in großem Maße in dem Hormonhaushalt des Menschen ein. Wenn eine gewisse Gewöhnung eingetreten ist, hat sich das Hirn auf die regelmäßige Zufuhr von Alkohol eingestellt, es hat seine Arbeitsweise regelrecht an diese Droge angepasst und braucht diese Menge zum Funktionieren. (Die negativen Folgen spielen für diese Gewöhnung keine Rolle sondern müssen als Nebenwirkungen betrachtet werden.) Durch diese Anpassung arbeitet das Hirn nicht mehr richtig, wenn der Alkohol weg fällt. Und genau dieser Wegfall löst die Probleme beim Entzug und für den Rest des Lebens aus. Die Veränderungen im Gehirn sind nicht reversibel und hängen der Menge des regelmäßigen Alkohols und einigen persönlichen Merkmalen ab.

Mit anderen Worten: unter Umständen wird Dein Entzug sehr hart. Und das „Kribbeln“ im Hirn wird ein Leben lang bleiben.

Für einen Mediziner bist Du einfach nur ein Alkoholiker mit einer starken Abhängigkeit. Je nachdem, welches Bier Du trinkst und wie groß die Flaschen sind, nimmst Du jeden Tag etwa 50 bis 100 ml reinen Alkohol zu Dir. Ja, man kann sich das Schönreden, aber als Fakt wird bleiben, dass Du Dein Leben nicht von jetzt auf gleich ohne Alkohol bestreiten können wirst.

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Servus,

hier

liegt das Teuflische in der Verkleinerungsform des „Bierchens“:

10 * 0,5 L = 5 L Bier / Tag. Mit den Kinderflaschen zu 0,3 L gibt man sich nicht so gerne ab, wenn man den Stoff braucht.

Ziemlich wahrscheinlich Export, weil man vom Pils leichter „satt“ wird, und auch, weil es ein bissle weniger Alkohol enthält.

Also 5 Liter * ca. 5 Vol % Alkohol = 0,25 L oder 250 ml reiner Alkohol am Tag, damit der Spiegel stimmt. Das ist bereits eine ganze Menge Stoff: Das Äquivalent von bereits beinahe einer Flasche Schnaps täglich. Eine große Leistung von @engelsbruecke, an diesem Punkt festzustellen ‚Ich kann nicht mehr, es muss was passieren‘.

Schöne Grüße

MM

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Nikotinentzug ist schlimmer.

Craving bleibt lebenslang.

Schreib alles auf was du in dieser Richtung kaufst.
Führe Buch.

Im Jahr 1959 bin ich geboren und ab 1975 Alkoholiker.
Ich lebe noch, weil ich peinlichst genau alles was in diese Richtung geht unter Kontrolle halte.
Helfen kann mir niemand.
Ich bestimme das selbst.
Ohne Alkohol wäre ich vermutlich tot.

Ein Arzt wäre tot, wenn er meine Tagesmenge bekäme.
1 Liter Whisky in 30 Minuten.
Für normale Leute absolut tötlich oder Krankenhaus.
Darum beschränke ich meine Tagesmenge ohne abzustürzen und dehne das auf 24 Stunden aus.
Damit kann ich 100 Jahre alt werden.
Ich habe es auf ein Drittel Menge heruntergebracht.
Medizin ist Medizin.
Gruss