Liebe Diskutantinnen,
es gibt auch Gründe, die dafür sprechen, zu Feiern:
Allerheiligen (= der Gedenktag für alle kanonisch nicht namentlich bekannten Heiligen) und Allerseelen (= der Gedenktag für alle derzeit nicht mehr im materiellen Leib befindlichen Seelen) werden heute weitgehend vermischt gefeiert. Die Feier von Allerseelen bezeichnet die Möglichkeit der Erlösung, die Feier von Allerheiligen sogar die des „unbekannten Heiligen“, also jedermanns Möglichkeit, auch ohne explizites Wissen der Una Sancta heilig zu sein bzw. zu werden. Beides sind ausgesprochen erfreuliche Tatsachen und eigentlich schon ein Grund zu feiern.
Da wir uns aber in der Kante „Kultur“ (= im gesellschaftlichen Konsens gegebene Beschränkungen für Verhaltensweisen des Einzelnen) und nicht „Religion“ befinden, vielleicht mal ein Vergleich, wie die Frage von (durchaus katholischen, also in Religionsfragen nicht nur an Gesetz & Schrift, sondern auch an der Tradition orientierten) anderen Kulturen behandelt wird.
In Lateinamerika (konkret weiß ichs von Bolivien) trifft man sich zu Allerheiligen auf den Gräbern der verstorbenen Angehörigen, freut sich gemeinsam über deren Erlösung, ißt und trinkt zu ihren Ehren und macht Musik.
In Irland gibts ne ganz merkwürdige Mischung aus diesem Motiv und etlichen vorchristlichen Angelegenheiten. Wörtlich übersetzt heißt dort Allerheiligen = Halloween (gwen = weiß = heilig), mit den bekannten Durchführungsformen.
Ob es eher traurig ist, daß liebe Angehörige und Freunde tot sind, oder ob es erfreulich ist, daß sie jetzt einen Schritt weiter sind, ist eine Frage der Perspektive. Zur Frage der Bedeutung von Ritualen zur Ehrung von Toten hat mal einer gesagt: „Lass die Toten ihre Toten begraben…“, wars nicht so?
Ich finds immer überraschend, wenn gläubige Christen an jenem anderen Tag des Jahres so traurig dreinschauen, an dem des Ereignisses gedacht wird, welches das schönste überhaupt ist, was der Welt widerfahren konnte, nämlich Aufhebung der Sünden mittels Kreuzestod des hierzu bestimmten Stellvertreters.
Merkwürdigerweise sind dabei viele, die noch etliche Wochen vorher unter grobem Verstoß gegen §1 Abs 1 der Zehn Gebote den seltsamsten Gottheiten gehuldigt haben und sich danach am Aschermittwoch brav das Aschekreuzlein auf die Stirn haben malen lassen.
Also lieber so und dann Feiern, wie und wenns den Nachbarn gefällt? Vielleicht auch das…
MM
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