Allg, Frage zu Business Intelligence und BSC

Ich studiere Wirtschaftsinformatik an einer Uni und muss jetzt eine Klausur nachschreiben, weil ich im letzten Semester lange im Krankenhaus lag. Ich habe von einem Freund ein paar Fragen zu dem Thema „Business Intelligence und Data Warehouse“ bekommen. Er studiert an einer BA, aber von dem Inhalt hat er in etwa das gleiche gemacht. Ich habe mir jetzt schon ein paar Gedanken zu den Fragen gemacht, aber würde gerne noch weitere Meinungen, Antworten, etc. hören. Vielen, Vielen Dank schonmal!

Hier jetzt meine Frage:
Wie unterstütz BI moderne Managementkonzepte? Erläutere hierzu das Konzept der Balanced-Scorecard (BSC) und beschreibe, welchen Beitrag BI für eine erfolgreiche Umsetzung leisten kann. Welche Managementprobleme können Auslöser für die Implementierung einer BSC in einem Unternehmen sein?

Das Konzept der Balanced Scorecard ist gar nicht mal schwierig, sofern alle Beteiligten mitspielen – wie alles im Leben. Natürlich gibt es Standardmodelle, die sich hundertfach mit nur geringen Abweichungen in der Beratungspraxis und natürlich auch in der daraus erwachsenen einschlägigen Literatur wiederfinden. In der Praxis freilich ist natürlich nicht nur die Balanced Scorecard, sondern auch der Einführungsprozess hochindividuell.

Zunächst einmal muss man Deutlichkeit schaffen über die Tatsache, dass die BSC ein Konzept zur Umsetzung vorhandener Strategien ist und nicht der Entwicklung grundsätzlich neuer Strategien dient. Der Strategiebildungsprozess sollte folglich im Vorfeld bereits abgeschlossen sein oder sich zumindest doch in einem fortgeschrittenen Stadium befinden. In jedem Fall bedarf es eines einheitlichen Verständnisses über die strategischen Grundbestimmungen im Topmanagement- Kreis.

Ist dies abgehakt, sind die geeigneten Ausgangsbedingungen für die Implementierung gegeben. Es bietet sich – je nach Unternehmensgröße - nunmehr das Set-Up eines Pilotprojekts für eine ausgewählte strategische Unternehmenseinheit an. Wichtig ist vor allem die Auswahl der Scorecard- Perspektiven, die die Unternehmens- und Marktrealität am besten reflektieren. Die „gängigen“, praktisch bewährten 4 Perspektiven sind: Finanzen, Prozesse, Kunden und Lernkurve/ Entwicklung. Selbstverständlich sind auch andere Strukturen denkbar, etwa durch die Hinzufügung einer Lieferanten-, Öffentlichkeits- oder Umweltperspektive.

Die Perspektiven sollten in höchstem Maße transparent sein und alle wesentlichen Belange des Unternehmens abbilden. Gleichzeitig muss in dieser Phase die Integration des Projekts in die „Unternehmenslandschaft“ gewährleistet werden: vor allem die involvierten Mitarbeiter(innen) müssen mit der Balanced Scorecard vertraut gemacht und vom Mehrwert des Konzepts für alle Stakeholder des Unternehmens überzeugt werden. Erinnern wir uns: jeder soll mitspielen; also muss auch jeder den Nutzen deutlich sehen.

Schließlich geht es um nichts weniger, als dass das Verhalten aller Beteiligten in die strategisch gewünschte Richtung gelenkt werden soll.

Der nächste Schritt dient der Entwicklung der BSC. Bei der Konkretisierung der strategischen Ziele werden Ziele aus der Strategie abgeleitet, von denen jene ausgewählt werden, welche den strategischen Weg am besten beschreiben. Diese werden in der Folge den Perspektiven der BSC zugeordnet. Dabei bleibt es nicht aus, dass laufende oder geplante Projekte hinsichtlich ihres Potentials zur Umsetzung der Strategie in Frage gestellt werden. Im Vordergrund der Bewertung steht immer die strategische Bedeutung einer Aktion.

Einen kohärenten Bewertungsprozess müssen wir uns folgendermaßen denken: singuläre strategische Ziele werden durch Ursache-/ Wirkungsbeziehungen miteinander verknüpft – schließlich müssen die Perspektiven im BSC-Konzept aufeinander aufbauen und sollen letztlich dem Erreichen des angestrebten – finanziellen - Erfolgs dienen. Erst durch die Ursache-/Wirkungsbeziehungen wird aus einer Ansammlung strategischer Ziele ein systemisches Konzept, das die gewünschte Entwicklung und die anvisierten Schwerpunkte beschreibt.

Im übrigen ergeben sich bei der Verknüpfung der strategischen Ziele häufig nochmals Veränderungen dieser Ziele selbst, denn durch die Ursachen-/ Wirkungsanalyse werden die Beziehungen unter den Zielen natürlich transparenter – ein Denk-, Lern- und Gesprächsprozess, der sich durchweg als ausgesprochen fruchtbar erweist.

Hier angelangt, kann man auch zur Bestimmung der Messgrößen und ihrer Zielwerte übergehen, an denen der Grad der Zielerreichung abgelesen werden soll. Diese müssen sich anspruchsvoll, ehrgeizig und glaubhaft erreichbar gestalten.

Schließlich und endlich ist dann die „alltagstaugliche“ Integration der BSC in das bestehende Managementsystem angesagt. Hierzu bedarf es vor allem der definitorischen und methodologischen Klärung der Kennzahlenermittlung sowie der Entwicklung eines geeigneten Front-End-Tools. Es ist ein weitverbreiteter, von manchen Software- Anbietern emsig genährter Irrglaube, dass sich die BSC in der Praxis nur mit der Anschaffung kostspieliger Sonderapplikationen handhaben lässt. Das ist natürlich Unsinn und insofern ärgerlich, als gerade KMU oft schon im Vorfeld entmutigt und mithin einer großen Chance beraubt werden.

Eine Excel- Lösung tut’s grundsätzlich auch (mit allen Vor- und Nachteilen einer solchen Wahl). Schließlich ist die BSC gerade KEIN IT- Projekt, sondern vor allem ein Instrument zur unternehmensweiten Strategiekommunikation. Außerdem birgt die Investition in eine vorgefertigte IT- Lösung das Risiko in sich, die Entfaltung der unternehmenseigenen Individualität einer jeden BSC schon in der Einführungsphase einzuschränken und den „betroffenen“ Mitarbeiter(inne)n den Spaß an der Sache zu nehmen – und Spaß sollte es schon machen, sonst war alles für die Katz’.

Bliebe nur noch einmal zu rekapitulieren, dass die Balanced Scorecard eben kein zusätzliches Kennzahlensystem mit neumodischen Zutaten ist. Deshalb will sie, wenn sie funktionieren soll, gefüttert werden wir ein Tamagotchi – und zwar mit stets neuen Ideen zur strategischen Weiterentwicklung eines Unternehmens, die im Dialog mit Kunden und Mitarbeiter(inne)n sowie in der vitalen Auseinandersetzung mit der Evolution des Marktes gewonnen werden. Nur so kann das vernetzte Denken weiterhin Einzug halten in die ökonomische Praxis unserer Unternehmen und vielen Menschen von Nutzen sein.