' Als ob - Philosophie '

Die Ausgangsfrage in der
„Philosophie des Als Ob“
von Vaihinger lautet:

„Wieso erreichen wir oft Richtiges
mit bewusst falschen Annahmen?“

Vaihinger schreibt dazu:
„Das menschliche Vorstellungsgebilde der Welt ist ein ungeheures Gewebe von Fiktionen voll logischer Widersprüche, d. h. von wissenschaftlichen Erdichtungen zu praktischen Zwecken bzw. von inadäquaten, subjektiven, bildlichen Vorstellungsweisen, deren Zusammentreffen mit der Wirklichkeit von vornherein ausgeschlossen ist.“ (Vaihinger: Philosophie des Als Ob, 1911, S. 14)

MultiVista denkt:

Zum Beispiel MODELLE!?
Sie werden in der Wissenschaft entworfen
und sind stimmig, konsistent… so lange bis Popper um die Ecke kommt :smile: und sie falsifiziert werden müssen…

Aber so lange funktionieren sie…

Oder wie muss ich Vaihinger hier verstehen?

Etwa so, wie es „wikipedia“ anbietet:

"Atom, Gott und Seele erklärt Vaihinger als nützliche Fiktionen.

Sie erlangen Bedeutung, »als ob« sie wahr seien, auch wenn sie der Denkkonstruktion bewusst widersprechen.

Nützliche Fiktionen erhalten ihre Legitimation durch den lebenspraktischen Zweck,

damit sind sie für viele Bereiche unentbehrlich."

Zusatzfrage:
In wiefern unterscheidet sich
Vaihingers „Als ob - Philosophie“ von der vermeintlichen „Als ob - Philosophie“ Sartres?

Gruss
MultiVista

Sind Illusionen (nach Vaihinger !)
nicht nur nützlich,
sondern ggf. auch NOTWENDIG ?

MV

am besten garnicht, jedenfalls noch nicht denn es ist noch zu früh als das es jeder versteht. wenn das falsch rüberkommt hat es nichts gebracht das dieser gedankenblitz entstanden ist. doch wer versteht, der kann es lesen und es bewahren bis der zeitpunkt gekommen ist…

bis denn und hoff dir ist „genug“ geholfen

Sind Illusionen (nach Vaihinger !)
nicht nur nützlich,
sondern ggf. auch NOTWENDIG ?

MV

illusion ist eine illusion und maßgeblich notwendig im bewusstsein

Hallo,

Zum Beispiel MODELLE!?

nein, nicht „zum Beispiel“, sondern genau: Modelle! :smile:

Sie werden in der Wissenschaft entworfen
und sind stimmig, konsistent… so lange bis Popper um die
Ecke kommt :smile: und sie falsifiziert werden müssen…

Das stimmt zwar, aber Poppers Falsifizierungen gelten nur für den empirischen Bereich. Die Fiktionen (nicht Illusionen!) Vaihingers sind grundlegender.

"Atom, Gott und Seele erklärt Vaihinger als nützliche Fiktionen.

Ja, weil sie bei der Bewältigung des Lebens hilfreich sind.

Sie erlangen Bedeutung, »als ob« sie wahr seien, auch wenn sie
der Denkkonstruktion bewusst widersprechen.

Genau.

Nützliche Fiktionen erhalten ihre Legitimation durch den
lebenspraktischen Zweck,
damit sind sie für viele Bereiche unentbehrlich."

Stimmt.

Zusatzfrage:
In wiefern unterscheidet sich
Vaihingers „Als ob - Philosophie“ von der vermeintlichen „Als
ob - Philosophie“ Sartres?

Sartres „Als-Ob“ bezieht sich auf die Beurteilung von Situationen durch ein Subjekt. Vaihinger meint es - wenn ich so sagen darf - objetiver. Die Fiktionen sind bei Vaihinger nicht subjektabhängig im Sinne von subjektiv wie bei Sartre, sondern sie konstituieren, die Wirklichkeitswahrnehmung des Objektes, obwohl sie falsch sind.

Sind Illusionen (nach Vaihinger !)
nicht nur nützlich,
sondern ggf. auch NOTWENDIG ?

Das ist eine anthropologische Frage, keine erkenntnistheoretische. Wenn die Fiktionen (nochmal: nicht „Illusionen“, der Term „Fiktion“ meint bei Vaihinger etwas ganz Spezifisches!) nicht überwunden werden können , sind sie notwendig. Abschließend kann man so etwas aber nicht behaupten. Vaihinger konstatiert eigentlich nur, dass es so ist. Hier ist er wie Sartre ganz Nachfolger Nietzsches, freilich aber in einer anderen Hinsicht als Sartre.

Gruß

Bona

Hallo,

Sie erlangen Bedeutung, »als ob« sie wahr seien, auch wenn sie
der Denkkonstruktion bewusst widersprechen.

ich habe diese kleine Ungenauigkeit leider zuerst übersehen: Natürlich wiedersprechen die Fiktionen nicht der Denkkonstruktion, sondern der Wirklichkeit, und zwar in zwei Formen: Als Semifiktionen widersprechen sie bloß der Wirklichkeit, sind aber nicht in sich selbst widersprüchlich, als Vollfiktionen sind sie zusätzlich in sich selbst widersprüchlich.

Gruß

Bona

Hallo,

„Wieso erreichen wir oft Richtiges
mit bewusst falschen Annahmen?“

dazu fällt mir spontan ein: In der Logik folgt aus falschen Prämissen alles mögliche, sogar manchmal eine wahre Schlußfolgerung.

„Das menschliche Vorstellungsgebilde der Welt ist ein
ungeheures Gewebe von Fiktionen voll logischer Widersprüche,
d. h. von wissenschaftlichen Erdichtungen zu praktischen
Zwecken bzw. von inadäquaten, subjektiven, bildlichen
Vorstellungsweisen, deren Zusammentreffen mit der Wirklichkeit
von vornherein ausgeschlossen ist.“ (Vaihinger: Philosophie
des Als Ob, 1911, S. 14)

„Zusammentreffen mit der Wirklichkeit“: Der Text ist von 1911. Damals war die Ansicht, daß die Naturwissenschaften Wahrheiten verkünden (sollen), noch weit verbreitet. Heute ist dieser Standpunkt weitgehend überwunden. Auch die naturwissenschaftliche „Gesetze“ sind eigentlich nichts anderes als Bestandteile von

MODELLE!?
Sie werden in der Wissenschaft entworfen

Die Güte dieser Modelle beurteilt sich dann danach, ob sie erstens

stimmig, konsistent…

sind und zweitens nach der empirischen Bewährung.

so lange bis Popper um die
Ecke kommt :smile: und sie falsifiziert werden müssen…

Falsifiziert werden MUSS wenig. Das ist nämlich aus logischen Gründen so gut wie nicht möglich, da jeder potentiell falsizifierende Satz wiederum angezweifelt werden kann. Es gibt keine sichere Basis für naturwissenschaftliche Erkenntnis. Das Prüfen von Theorien / Hypothesen ist prinzipiell ein unendlicher Prozeß, der durch Beschluß vorläufig unterbrochen wird.

Aber so lange funktionieren sie…

so lange es keine besseren Theorien gibt, wird eine Theorie beibehalten.

Nützliche Fiktionen erhalten ihre Legitimation durch den
lebenspraktischen Zweck,

Das hört sich ähnlich wie der pragmatische Standpunkt von William James an: Wahr ist, was nützt. Kein Wunder also, daß in der wikipedia steht, daß sich bei Vaihinger Parallelen zum amerikanischen Pragmatismus finden.

Beste Grüße

Vielleicht noch eine (zu gewagte ?) Idee zu

Vaihingers „Als OB“ und Poppers Falzifikationsansatz…
im Zusammenhang mit "Illusionen nützlich > /t/sind-illusionen-notwendig/4668305

a) Vaihinger anerkennt, die Art des Menschen, sich mit einer „Als Ob - Grundhaltung“ im Leben behaupten zu müssen.

b)Gemäß Poppers „Trail & Error“ werden diese aber auch ggf. verworfen, wenn sie untauglich werden.

c) MultiVista meint:

Das entspräche der biologisch (und kulturellen) Evolution. Denn wenn sich herausstellt,
dass eine - einst vielleicht nützliche - Illusion nicht mehr ausreichend trägt, dann wird sie verworfen bzw. modifiziert.
(Im religiösen Bereich war es ja auch so, dass viele Glaubenssätze (zu) lange aufrechterhalten wurden, die dann aber nicht mehr der jeweils gültigen Weltanschauung der jeweiligen Epochen entsprachen bzw. standhalten konnten.
Auch bei Ansichten zur „Moral“ finden sich ja in der Menwchheits-Geschichte starke Abweichungen…
was damals gut oder zuminsest gültig war,
gilt heute als Verberechen)

Also nochmal meine These zusammengefasst:

Alle Illusionen, Denk-Konstrukte, WeltANSCHAUUNGen etc. sind solange „gültig“ bis sie - ganz im „Sinne“ der Evolution - eben ( ganz Popper) verworfen werden müssen, weil sie nicht mehr nützlich sind.

Gruss
MultiVista