Ich denke nicht, dass es eine Standdardthese ist, dass ein Mensch trauern muss. Ein naher Verwandter kann auch erlöst werden nach langem Leiden und man kann das schon vorab quasi bewaltigt haben. Auch kann es Verhaltnisse geben, wo nahe Verwandte nicht nahe stehen oder sogar verabscheut werden, je stärker dies vorliegt, desto geringer ist die Trauer, ganz im Gegenteil kann sogar eine Freude aufkommen, dass ein bestimmter Mensch endlich tot ist.
Der Unterschied, ob Trauer ins Gewicht fällt, ist dabei die Liebe. Oder das Mitleid, oder das Teilen von Erlebnissen, das Miterleben einer Krankheit, die zum Tod führte, die persönliche Betroffenheit über einen Suizid, die Frage „hätte ich etwas tun können, habe ich nicht hingehört?“ Vielleicht, dass man den Menschen gut kannte oder sogar liebte.
Außerhalb der Religionen gibt es also oft rationalen Umgang mit dem Tod. Z. B. wenn eine 90 jährige Mutter verstirbt. Verlust von eng verbundenen Menschen ohne Trauer, obwohl mir nichts bekannt ist, was einer „Schule“ gleichkommt im Sinne einer wissenschaftlichen oder weltanschaulichen Theorie, die dies propagiert und Trauer ablehnt. Suchen Sie so etwas?
Ich als Psychologin, also wissenschaftlich ausgebildet und auch tätig, ohne jede persönliche Hinwendung zu irgendeiner Religion, sehe Trauer nicht als kalten Entzug einer Droge, denn der verlorene Mensch kommt ja nicht einem Schadstoff gleich, nach dem man süchtig war. Das wäre doch sehr menschenverachtend, Freundschaft/Liebe/Mitleid/Nähe mit Koksen oder Heroin spritzen oder Alkoholabusus, Glücksspiel gleichzusetzen, also mit einer Krankheit.
Ihre Wortwahl ist schon in der Formulierung der Frage sehr technisch und persönlich unbeteiligt, „mir ist aufgefallen“ anstatt, „ich habe erlebt, erfahren, miterlebt. Menschlich ist es, die neue Situation (einen Tod/Verlust) erst einmal auf sich wirken zu lassen, das Neue daran nach einiger Zeit zu akzeptieren und nach einiger Zeit wieder ins Leben zurück zu gehen. Da gibt es viele Facetten, von der Nachbarin bis zum eigenen Kind, das stirbt. Trauer lässt sich auch nicht einsetzen und abstellen, weil man es willentlich steuert, so wie Sie es zu überlegen scheinen.
Haben sie schon einmal das Wort „Asperger“, Autismus“ gehört?, Ich, beruflich bedingt mit einem immer angeschalteten diagnostischen Ohr ausgestattet, frage mich, ob bei Ihnen störungsbedingt ein Wunsch nach Rationalisierung von negativen und schmerzhaften bzw. unverständlichen Gefühlen vorliegen könnte. Vielleicht sind sie auch in ihrer Kindheit, wenn diese Art Störungsbild nicht vorliegt, stark von ihren engsten Bezugspersonen traumatisiert, vernachlässigt oder mißhandelt worden und haben so einen Teil ihrer Persönlichkeit abgespalten und verdrängt, nämlich die Gefühlswelt. Alles Weiche, Sanfte, Liebevolle, Hilflose, Bedürftige, Traurige wird rationalisiert und zurückgewiesen, da es damals keinen Raum fand oder zu Lebensgefahr führte.
Ich kann mir tatsächlich nicht vorstellen, dass es für irgendwen von Vorteil sein könnte, emotional nicht mit Schock und Trauer zu reagieren, wenn ein naher Mensch stirbt. Vielleicht könnte das bei Menschen vorkommen, die berufsbedingt mit vielen sehr schrecklichen und schockierenden Dingen konfrontiert werden (z. B. Feuerwehrleute, die zerfleischte Tote von den Schienen kratzen und eintüten etc.) Hier könnte es dann zu einer emotionalen Verhärtung kommen, weil sie einen Weg gefunden haben „dicht zu machen“, weil sie sonst ihre Arbeit nicht mehr machen könnten. Auch dies wieder ein Störungsbild, aber kein normales Verhalten.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen bis hierher.
ndardthese ist: Ein Mensch muß trauern. Nicht nur wird
es erwartet von anderen sondern es soll auch Teil der Biologie
sein.
Trauer sind Gefühle von Verlust. Es ist ein kalter Entzug ohne
Ersatzdroge.
Entfernt von der Religion gibt es welchen pragmatischen Umgang
mit dem Tod, der es einem ermöglicht, weiterzuleben ohne in
das Tief der Trauer zu fallen?
Ich frage, weil mir auffällt, daß viele Menschen sich immer
wieder an die gestorbene Person bewußt erinnern. Kein Wunder,
daß dann wieder Traurigkeit aufkommt.
Entfernt von der Religion gibt es welchen pragmatischen Umgang
mit dem Tod, der es einem ermöglicht, weiterzuleben ohne in
das Tief der Trauer zu fallen?