Altersstarrsinn

Hi,

mein Problem mit meinem Vater:

er hat seine Meinung, er weiss alles besser, er hat die Erfahrung, er ist über 30 Jahre älter als ich. Also dementsprechend mehr Erfahrung. Ich komm nicht weiter. Ich will Frieden. Gibt es eine Lösung?

Gruß
André

Hi André,

mein Problem mit meinem Vater:

er hat seine Meinung, er weiss alles besser, er hat die
Erfahrung, er ist über 30 Jahre älter als ich. Also
dementsprechend mehr Erfahrung. Ich komm nicht weiter. Ich
will Frieden. Gibt es eine Lösung?

Meine Lösung mit meiner Mutter: Reden lassen und doch tun, was man selber für richtig hält.

Gruß, Karin

Hi André,

wie wärs mal mit einem Dialog, statt ihn nur reden zu lassen?Leider schreibst du sehr wenig.
Kann es sein, dass du die einzige Verbindung deines Vaters zur „Jugend“ bist?
Es ist deine Aufgabe, ihm zu lernen, was in dir vorgeht und welche Dinge sich seit seiner jugendlichen Perspektive geändert haben. Wenn er keine Infos bekommt, kann er sich auch nicht weiterentwickeln.
Ich glaube, dass jeder Mensch geistig flexibel sein kann, wenn man ihm die Möglichkeit gibt, etwas zu verstehen und ihn nicht nur mit fertigen Lösungen konfrontiert. Erfahrungen können sehr nützlich sein, wenn sie nicht aufgedrängt sondern „mit-geteilt“ werden.
Normalerweise ist es doch so, dass ein Vater wirklich helfen will, nicht herrschen und bestimmen. Den Weg dorthin müsst ihr aber zusammen finden. Sprich mal mit ihm darüber, wie sein Verhalten auf dich wirkt und hör dir auch seine Darstellung deines Verhaltens an.
Versuche mit ihm gemeinsam aus der Vater-Sohn-Abhängigkeit zu kommen und eine gleichberechtigte Freundschaft aufzubauen, in der man sich gegenseitig achtet. Ihr könnt beide nur gewinnen.

LG
Heidi

Meine Lösung mit meiner Mutter: Reden lassen und doch tun, was
man selber für richtig hält.

Richtig, Karin.
So mache ich es, so macht mein Sohn es auch.
Wenn man auf die Schnauze fällt damit, muß man sich zwar einiges anhören, aber …

Was aber wenn der alte Herr darauf besteht, die Dachrinne zu reinigen, dies selbst zu tun und jede Hilfe ablehnt? Schließlich möchte man ja nicht unbedingt dem vorzeitigen Erbfall Vorschub leisten.
Ich selbst habe an mir solche Anwandlungen von Selbstüberschätzung auch schon beobachtet. Zum Glück konnte ich mich dan bisher immer bremsen.

Es ist nicht leicht, wenn der Vater nur den Sohn in einem sieht und dabei immer noch das Bild aus dem Sandkasten im Kopf hat. Das hindert ihn daran, auch dem Sohn Verstand und Kenntnisse zuzubilligen. Ständiger Dialog, viel miteinander reden - und auch einmal einen miteinander trinken - kann diese Geistessperren abbauen helfen. Ganz werden sie nie fallen.

Das dürfte im Verhältnis Mutter/Tochter auch nicht anders sein.

Grüße
Eckard.

Hallo Eckard,

So mache ich es, so macht mein Sohn es auch.
Wenn man auf die Schnauze fällt damit, muß man sich zwar
einiges anhören, aber …

Was aber wenn der alte Herr darauf besteht, die Dachrinne zu
reinigen, dies selbst zu tun und jede Hilfe ablehnt?

Tja, solche Dinge fielen bei meiner Mutter nie an. Unser Prblem war, dass ich die Erziehung meiner Tochter nie richtig machen konnte. Da habe ich mir verkniffen zu sagen, dass ich das aus eigener Erinnerung gerne anders mache als Sie es bei uns. Schade war nur, dass sie mit ihren Streitereien (vor meiner Tochter) es so weit gebracht hatte, dass Omi bei dieser nicht mehr sehr beliebt war. So hat meiner Tochter doch leider en Stück Erfahrung mit der Generation vor den Eltern (meine Mutter war die einzig noch lebende Omi) gefehlt.

Es ist nicht leicht, wenn der Vater nur den Sohn in einem
sieht und dabei immer noch das Bild aus dem Sandkasten im Kopf
hat. Das hindert ihn daran, auch dem Sohn Verstand und
Kenntnisse zuzubilligen. Ständiger Dialog, viel miteinander
reden - und auch einmal einen miteinander trinken - kann diese
Geistessperren abbauen helfen. Ganz werden sie nie fallen.

Das dürfte im Verhältnis Mutter/Tochter auch nicht anders
sein.

Naja, miteinander einen trinken und miteninader blödeln hat leider auch nur auf einer ganz anderen Ebene ein bisschen geholfen, aber da meine Mutter eh schon seit 15 Jahren das Zeitliche gesegnet hat, hat sich das Thema erledigt.

Gruß, Karin

Mal wieder ich mit ner Anekdote, die…
…die von Dir beschriebene Perspektive des Vaters schön illustriert:

Hallo Eckard et al.,

der Vater einer Freundin hatte sich im Lauf seines Berufslebens zu einem der ranghöchsten Verantwortlichen in einem nicht ganz unbedeutenden Automobilkonzern hochgearbeitet.

Als sein eigener Vater, inzwischen hoch in den 80ern und bei klarem Verstand körperlich nicht mehr der Rüstigste kraftlos zusammensackte, half ihm der Sohn wieder auf, faßte ihn dabei aber so ungeschickt an, daß beinah beide zu Boden gegangen wären.

Woraufhin der Patriarch ihn anzischte: „Tölpel! Aus Dir wird nie was!“

Viele Grüße
;-Diana

Hai, André,

leider gehst Du nicht näher darauf ein, bei welchen Sachen er mehr Erfahrung hat und wie sich das bei Euch auswirkt…

er hat seine Meinung,

…steht ihm ja frei - ebenso wie Dir
Geht es in einer Situation nur um Meinung (rote Autos sind besser - nein, grüne), dann sag ihm, daß Du zur Kenntnis nimmst, daß er eine andere Meinung als Du hast und daß man eben nur beide Meinungen so wie sie sind stehenlassen kann - jegliche Diskussion darüber ist weitesgehend zweckfrei.

er weiss alles besser,

auch er kann nicht alles besser wissen
Versucht er, Dir Dein Fachgebiet zu erklären, dürfte es für Dich eigentlich kein Problem sein, Beweise anzutreten. Tu das.

er hat die Erfahrung, er ist über 30 Jahre älter als ich. Also
dementsprechend mehr Erfahrung.

Nun - er ist älter als Du und hat in den Bereichen, die ihm im Laufe seines Lebens untergekommen sind, mehr Erfahrung…
Es gibt aber auch Bereiche, in denen Erfahrung nur von begrenztem Wert sind (z.B. nützt 50 Jahre Autofahr-Erfahrung wenig, wenn man zum ersten mal ABS hat - die sorgfältig antrainirte Stotter-Bremsung ist plötzlich falsch)

Ich komm nicht weiter.

Wo willst Du denn hin? *Huch - ich hab 'nen Biggi-Anfall :wink:*

Ich will Frieden. Gibt es eine Lösung?

Lösungen gibt es immer - mach Dir z.B. doch mal Gedanken darüber, warum er Dich mit seiner Besserwisserei belästigt (so liest sich Dein Posting). Es könnte sein, daß er schlicht zu wenig Kontakte hat, daß er es als schade ansieht, daß seine Erfahrung nicht genutzt wird und einfach so vergeht, daß er sich aus irgendwelchen Gründen Sorgen um Dich macht (jaja, Du bist eigentlich alt genug, aber das Sorgen-machen scheint für viele Eltern nie zu enden), versucht, Dich von seinem Wissen profitieren zu lassen und nur den richtigen Weg nicht findet, Dir das mitzuteilen, oder auch daß er einfach ein alter Sturkopf ist, der gerne den großen Patriarchen gibt.

Abhängig von den Gründen ist auch die Lösung: für mehr Kontakte sorgen (Kegel-Club), ihn fragen, wenn Du irgendetwas hast, von dem Du die Vermutung hegst, daß er eine Lösung kennen könnte; je öfter Du Fragen an ihn heranträgst, desto besser wird es mit der Zeit - er wird gelegentlich keine Antwort wissen und er wird das Gefühl bekommen, daß sein Wissen (und er selbst!) noch gebraucht wird.

Sollte er sich jedoch ungefragt in Dein Leben einmischen, so musst Du ihm mitteilen, daß ihn das nichts angeht. Allerdings nicht emotionsgeladen und aus der Position des Sohnes gegenüber seinem Vater, sondern ruhig und sachlich auf gleicher Ebene. Das bedeutet, daß Du nicht wartest, bis Dir der Dampf aus den Ohren schießt, sondern Du gleich bei der ersten Andeutung in die Richtung des (wahrscheinlich bei Euch schon ritualisierten) Themas. Ein ruhiges „Das geht Dich nichts an und wenn es ein Fehler ist, so möchte ich diesen selbst machen.“ wirkt manchmal Wunder. Damit beendest Du das Thema und reagierst den Rest des Tages auf keinen Fall mehr auf Sticheleien in die Richtung.

Mich erinnert das ganze ein wenig an das Verhältnis zu meiner Tante (hat über mehrere Jahre bei uns Mutter-Ersatz gemacht). Seit Jahren beobachte ich fasziniert die regelmäßigen Gefechte zwischen ihr und meinem Bruder (der Junge ist 46) zum Thema Rauchen. Es ist ein regelrechtes Ritual, das üblicherweise laut und mit dem wutentbrannten Verschwinden meines Bruders endet. Lustigerweise rauche ich auch und unser Tantchen spart sich die Kritik in dem Punkt in meine Richtung. Ich hab ihr nur, als sie damit anfing, gesagt, daß ich all die Nachteile kenne, es trotzdem tue und sie sich ruhig den Mund fusselig reden, von mir aber nicht ernsthaft eine Reaktion darauf erwarten dürfe…

Vielleicht hilft Dir ja irgendwas von dem, was ich geschrieben habe - oder bist eventuell sogar bereit, etwas mehr ins Detail zu gehen…

Gruß
Sibylle

Alters-, Erfahrungs-, und Raumdistanzen

er hat seine Meinung, er weiss alles besser, er hat die
Erfahrung, er ist über 30 Jahre älter als ich.

Ich komm nicht weiter. Ich will Frieden. Gibt es eine Lösung?

Hallo André,

der Frust ist unüberlesbar. Aus Deinen Worten schliesse ich, dass Du die ganze Palette der für Dich denkbaren Verhaltensweisen und Kommunikationsmöglichkeiten bereits durch hast. Freundlich gemeinte Ratschläge, mit Deinem Vater in einen Dialog zu treten, werden Dir deshalb wohl jetzt nicht helfen.

Die Situation kommt mir bekannt vor. Gegen das Totschlagargument „Komm du erstmal in mein Alter!“ ist kein Kraut gewachsen. Seit 40 Jahren hechel ich in einer aussichtslosen Aufholjagd hinter meinem Vater her… allein, es gelingt mir nicht, den Altersunterschied auch nur um einen einzigen Tag zu verringern. - Keine Chance, seinen unendlich grossen Lebenserfahrungen auch nur etwas Paroli zu bieten.

Die Lösung habe ich vor 15 Jahren in räumlicher Distanz gefunden. Heute sind es 350 Kilometer, ein sehr nervenschonender Abstand. - Ein bis zwei kurze Telefonate in der Woche klären seitdem stressfrei die allgemeinen Befindlichkeiten. Vier bis fünf Wochenendbesuche im Jahr sind zwar anstrengend, aber durchstehbar.

Der von mir immer angestrebte Gedankenaustausch zweier Gesprächspartner mündet regelmässig und zügig in einem Monolog, während dessen mein Vater stundenlang die Vorkriegsgeschichte, insbesondere die sozialen Verhältnisse in der Grossfamilie („Das waren noch Zeiten, damals!“) erörtert, um sich anschliessend dem Moral- und Sittenverfall der letzten knapp 60 Jahre zu widmen. - Muss ich betonen, dass das jedes Mal neue Geschichten sind, die ich vorher noch nie gehört hatte?

Ich habe mich in diesem Rahmen mit den Gegebenheiten arrangiert. Jeder angemeldete Zweifel an der Meinung des „alten Herrn“ führt zu noch umfangreicheren Ausführungen seinerseits, und darauf kann ich gut verzichten. Jeder Widerspruch, jede offene Kritik, selbst ein Kompromissangebot enden - ich sagte es schon - in der argumentativen Sackgasse: „Ja, ja - komm du erstmal in mein Alter!“

In dieser Situation gibt es nicht mehr viele Möglichkeiten:

  • Die romantische Hoffnung, ein 80-jähriger Mensch würde seine seit vielen Jahren vertretenen Lebensauffassungen überdenken, weil er andersartige Ansichten zumindest versteht, kann ich in „meinem“ Fall ausschliessen. Dialogbereitschaft setzt Dialogfähigkeit voraus.

  • Ein heftiges Streitgespräch zur Klärung der Fronten, aber mit der Gefahr der völligen Entzweiung will ich vermeiden.

  • Es bleibt für mich die „Fügung in das Schicksal“. Natürlich hat mein Vater nicht nur „schlechte“ Eigenschaften, sondern auch gute. (Ich glaube, bei Dir wird es genau so sein, sonst würdest Du nicht nach „Frieden“ verlangen. Aber sie sind in diesem Thread nicht das Thema.) - Ich halte also bei jeder Begegnung mit meinem Altvorderen den Schnabel, höre mir die Geschichten von damals zum tausendsten Mal an, vermeide alle Einwände, die zum Eklat führen könnten, und lenke zwischendurch die Aufmerksamkeit auf praktische Dinge: „Sag mal, wo ich schon mal da bin, kann ich doch grad den Rasen mähen.“

Es bleibt dabei: Nur Entfernung hilft!

Je grösser die Entfernung, desto kleiner – in diesem Fall - die Reibungspunkte. Ich wünsch Dir was.

Gruss,
Andreas

Gruß
Kreszenz

Nur Entfernung hilft!

Hier fällt mir ein Spruch dazu ein:

Entfernung erzeugt NÄHE

Ein lieber Gruß Y.