Altgriechisch

Hallo!
Es geht um „eruchthonous“ aus einem englischen Roman, „das sich aus der Tiefe der Erde an die Oberfläche gräbt“. Das Wort kann erfunden sein, muss aber nicht, denn es gibt in der griechischen Mythologie einen Erichthonius, auch Erichtheus und ich glaube, irgendwo gelesen zu haben, der Name bedeutet: „Unheil, das aus der Erde kommt“.

Kann mir jemand hier mit einer Übersetzung dienen? Bin eben unverbesserlich neugierig :smile:

Gruß,
Eva

Hallo Eva,

und ich glaube, irgendwo gelesen zu haben, der Name bedeutet:
„Unheil, das aus der Erde kommt“.

das „Unheil“ ist reine Phantasie und hier auch inhaltlich fehl am Platz. Erechtheus (oder Erichthonios) ist der „Schollenbrecher“ oder „Erdaufreißer“, was auf den Ursprung dieses Heros aus einem agrarischen Fertilitätskult (der in den Panathenäen seine klassische rituelle Ausformung fand) verweist.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Eva

„eruchthonous“

wahrscheinlich er i chthonous, oder?

chthon (griechisch χθών) heisst Erde.

eri- als Vorsilbe hat anscheinend keine konkrete Bedeutung, es bildet einige Adjektive. Erichthonios könnte also „aus (der) Erde stammend“ bedeuten, also recht neutral.

Das „Unheil“ kommt vielleicht durch eine volksetymologische Verknüpfung mit Eris, der Göttin des Streites bzw. dem dazugehörigen Nomen eris.

So lese ich in Robert von Ranke-Graves’ „Griechischer Mythologie“, Erichthonios sei der Sohn von Mutter Erde und Hephaistos, dessen Sperma Athene bei einer versuchten Vergewaltigung mit einer Handvoll Wolle auf die Erde „entsorgt“ habe (ausführlich

im Kapitel 25: „Athene und ihre Taten“). – Ranke-Graves schreibt dazu in einer Anmerkung, die Griechen „leiteten ‚Erichthonios‘ von erion () oder eris () und chthonos () ab.“

Gruss
Dodeka

Hallo,

Zitat Hermann Usener
Götternamen
Versuch einer Lehre von der religiösen Begriffsbildung

Klostermann, Frankfurt 2000 (4. unveränderte Auflage)
ISBN 3465031148 Buch anschauen
S. 140f
(Unterstreichung von mir)

„Die nicht zweifelhafte etymologie des wortes wird uns davor behüten von der nachträglichen gestaltung aus das verständnis der ursprünglichen zu suchen. Der stamm des nomen agentis ist έρεχ- brechen, zerteilen: so in der wendung des Theophrast έρεξαμενων τάς χριϑάς, und in έρεχϑειν zerreißen, zermalmen; daneben έριχ- in έρεϊχειν. Erechtheus ist somit der schollen-‚brecher‘, ein griechischer Vervactor. Verschiedene bildung, nicht bedeutung, hat Erichthonios. Die alten erklärten das wort aus der sage, indem sie den ersten bestandteil teils auf έρις tels auf έριον, womit Athena den von Hephaistos vergossenen samen abgewischt haben sollte, zurückführten; neuere heben eine zusammensetzung des adverbiums έρι- mit χϑών angenommen, also ‚gutlandig‘. Es ist dasselbe verbum darin enthalten wie in Erechtheus: έριχ-χϑον-ιο mit Erleichterung der dreifachen konsonanz; das ί der zweiten silbe kann sehr wohl erst unter dem einfluß der folgenden schweren konsonantenverbindung aus e entwickelt sein. Das Wort bedeutet also den ‚erdaufreißer‘. Daß der schollenbrecher und der erdaufreißer als begrifflich identisch durcheinader liefen, war unvermeidlich; aber es ist zu beachten, daß nur Erechtheion dem kultus, Erichthonios der sage angehört, und daß nicht Erichthonios sondern Erechtheus zu Poseidon wurde. Der ‚brecher‘ kann so gut den erdschollen wie den meereswellen gelten …“ usw. usf.

Freundliche Grüße,
Ralf

1 Like

Hallo Ralf

Also ein klassischer Fall von Sprachwandel durch Ökonomie (eigentlich ja sogar έρε χϑ - + χϑ ών).

Danke für die ausführliche Etymologie!

Lieben Gruss
Dodeka

Hallo!
Großartig, Deine beiden Antworten, ich sage herzlichen Dank!
„Schollenbrecher“ und „Erdaufreißer“ würden gut in den Kontext des Romans passen, nur wo hat der Autor dieses Er u ch her … Vielleicht ist das der Anteil Fantasy :smile:

Jedenfalls wieder etwas gelernt, was mich sehr freut!

Grüße,
Eva

Hallo!
Auch Dir herzlichen Dank. Ranke-Graves - stimmt, da hätte ich nachschauen können …

Wüsste auch gern, woher der Autor, den Eruch hat. Mir ist es lieber, Begriffe in SF- oder Fantasyromanen sind entweder eindeutig erfunden oder entstammen der Realität. So halb und halb, da weiß ich nie, für was ich mich entscheiden soll. Ist dem Autor auch ein Fehler unterlaufen oder wollte er das so. Werde ihn am besten selbst fragen …

Gruß,
Eva

Also ein klassischer Fall von Sprachwandel durch Ökonomie
(eigentlich ja sogar έρε χϑ - + χϑ ών).

Falls das so passiert ist, dann nennt man das eine Haplologie, wie die beiden χθ durch eins ersetzt werden. Lustig, dass es nicht „Haplogie“ heißt. :smile:

Gruß,

  • André