Ambiguität im x-bar schema

Nochmal hallo zusammen,

ich versuche gerade den Satz

„Er sah den Mann mit dem Teleskop“

mit seinen verschiedenen Lesarten im x-bar Schema darzustellen. Allerdings habe ich einige Probleme damit.

Mein erster Versuch:

CP
/\
Er2 C’
/\
sah1 IP
/\
t2 I’
/\
VP I°
| t1
V’
|
V’
/ \
NP V°
/\ t1
D N’
den /\
N’ PP
| |
N° P’
Mann /\
P° NP
mit /\
D N’
dem |
N’
|

Teleskop

Bin ich damit schon komplett auf dem Holzweg?? Und falls nicht, wie sieht dann die andere Lesart aus?? Also ich weiß nicht mehr weiter. Vielleicht einer von Euch??

Vielen Dank!

Ooooh das mit dem Strukturbaum ging wohl daneben :wink:. Sorry! Vielleicht kann mir trotzdem jemand Rat geben???

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Ooooh das mit dem Strukturbaum ging wohl daneben :wink:. Sorry!
Vielleicht kann mir trotzdem jemand Rat geben???

ja. für sowas gibt es die PRE-umgebung:

::Mein erster Versuch:

 CP
 /\
 Er2 C'
 /\
 sah1 IP
 /\
 t2 I'
 /\
 VP I°
 | t1
 V'
 |
 V'
 / \
 NP V°
 /\ t1
 D N'
 den /\
 N' PP
 | |
 N° P'
 Mann /\
 P° NP
 mit /\
 D N'
 dem |
 N'
 |
 N°
 Teleskop
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Keine Antwort,sondern nur eine Bemerkung zur Frage
Hallo!
Ich gebe zu, dass ich den Begriff ‚X-bar-Schema‘ zum ersten Mal höre und bin trotzdem bisher in meinem Leben ganz gut ohne ihn zurechtgekommen. Kann man davon ausgehgehen, dass ein solches Schema - so es denn zwingend erforderlich ist - ein Indiz für den Zustand unserer Sprache darstellt? Ich meine unsere Sprache hat (noch?) genügend Ausdrucksformen um Mehrdeutigkeiten zu vermeiden.
Ich weiß auch dass jetzt die fanatischen Sprachvereinfacher einwenden, dass eine lebendige Sprache sich entwickeln und verändern muß. Dass mit zunehmender Einfachheit (und damit verbundener Primitivität) die Fehlerquote für Viele sinkt.
Mit einer lebendigen Entwicklung bin ich einverstanden, nur auf die Richtung kommt es an. Ein physikalisches Gesetz sagt, dass man ein höheres Niveau nur mit einem Aufwand an Arbeit erreichen kann. Beim Schleifen lassen geht es immer bergab. Siehe ‚Schiefe Ebene‘!
Beim vorliegenden Beispiel fällt mir dazu folgendes ein um die Zweideutigkeit zu vermeiden.

a) Er sah den Mann, der ein Teleskop hatte.
b) Mit einem Teleskop sah er den Mann.
Er sah den Mann durch ein Teleskop. *)
Er sah den Mann mit Hilfe eines Teleskops.
und noch viele andere Möglichkeiten.
*) was außerdem richtiger wäre.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, es wäre sinnvoller gutes Deutsch zu lernen als formale Analyse-Schemata.

Aus der Sicht Thomas Manns oder J.W.v.Goethes gibt es bestimmt einiges an meinem Beitrag auszusetzen, aber er ist bestimmt ohne ‚x-bar-Analyse‘ verständlich und eindeutig.

Mit freundlichen Grüßen
Alexander Berresheim

Versuch einer Antwort…
Hallo Alexander,

das Wichtigste vorneweg: ja, man kann ohne generative Grammatik, Chomsky, X-bar durchs Leben kommen und dennoch seine Muttersprache meistern. Man kann das sogar ohne je einen Fachbegriff aus der Linguistik gehört oder Analyse erlernt zu haben.
Tatsache ist allerdings, dass der Fragesteller hier eine klare Aufgabe hat mit welcher er nicht alleine zurechtkommt. Zugegeben die angesprochene Theorie ist eigen und schwer, ich seh aber in Deinem Beitrag wenig, das zur Lösung beiträgt, es sei denn eine etwas diffuse Kritik in Richtung Sprachwissenschaft loszuwerden, die wie ich denke auf einer falschen Annahme beruht.
Linguistik befasst sich mit formalen Vorgängen der Sprache, jeder Sprache. Sie kann Stile analysieren, sie dient der Kommunikationsverbesserung und dem besseren Verständnis einer dem Menschen ganz eigenen Fähigkeit: dem Ausdruck.

Hiermit: „Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, es wäre sinnvoller gutes Deutsch zu lernen als formale Analyse-Schemata.“ hat sie nur bedingt etwas zu tun. Gutes Deutsch ist genauso wandelbar wie das Wetter: abhängig von Gesellschaft, Norm und Ideal. Linguistik siedelt sich hierauf bezogen auf einer übergeordneten Ebene an.
Man bedenke einfach vor jeder Kritik (die wohmöglich aus Missverstandem oder absolut verständlichem Nicht-Wissen entsteht), was man genau kritisieren möchte. Just my 2 cents.

Nun vielleicht zur eigentlichen Erklärung:

Bei der Theorie von X-bar (oder X’-Theory) handelt es sich um eine schematische Satzanalyse, welche von Noam Chomsky in den Achziger Jahren im Essay On Governement and Binding dargestellt wurde und sich innerhalb einer viel grösser angesiedelten Theorie der generativen Grammatik ansiedelt. Kurz gesagt: Chomsky - als reiner Theoretiker, d.h. seine Arbeit basiert nicht auf empirischen Erhebungen - geht davon aus, dass gewisse Merkmale der menschlichen Sprache und Grammatik dem Menschen (neurologisch) angeboren sind. Ein Beispiel: Chomsky geht in der GG (gen. Grammatik) davon aus, dass Neugeborene grundsätzlich alle Sprachen erlernen können. Durch die Prägung der Umgebung (Eltern etc.) allerdings setzen sich gewisse ‚Schalter‘ für grammatische, aber auch phonetische Grundregeln, welche es im späteren erschweren Sprachen, die diesen Grundregeln nicht entsprechen zu erlernen. [Ich fasse hier wirklich nur lose zusammen und es ist bei mir auch schon ein Weilchen her. Korrekturen sind immer willkommen.]

Geht man nun davon aus, dass beispielweise die Satzstruktur in diese Grundregeln gehört, dann stellt man fest, dass unter den kleinsten Einheiten eines Satzes immer Verbindungen bestehen: zwischen Verb und Sujekt, Subjekt und Objekt etc. Diese Verbindungen wiederum folgen auch Regeln und zu deren Darstellung dient das Ausgangsschema.

Zu Chomsky und X-bar: http://www2.let.uu.nl/UiL-OTS/Lexicon/zoek.pl?lemma=…
http://w3.u-grenoble3.fr/lebarbe/Linguistic_Lexicon/…
http://www.uni-trier.de/uni/fb2/ldv/ldv_wiki/index.p…

Was nun Schlumpfs Analyse angeht, liegt meine letzte X-Bar Analyse schon einige Jahre zurück und für mich machen die Nummern „er2“ etc. nicht viel Sinn. Kann es sein, dass sich bereits wieder was an der Notierung geändert hat ? Ansonsten seh ich hier das Problem nicht ganz, Schlumpf. In einer Lesart (a in Alexanders Beispielen) ist das Teleskop Komplement zum Objekt und in der anderen (b) komplementär zum Verb. Vielleicht kann jemand anderes ja noch weiterhelfen ?

Grüsse
Y.-

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Hallo, Yseult,
danke für die Erläuterungen, jetzt habe ich zumindest mal von dieser Methode gehört und weiß grob, um was es dabei geht.

Mit meinen rein dilettantischen Mitteln sehe ich in Schlumpfs Beispielsatz:

„Er sah den Mann mit dem Teleskop“

zwei mögliche Inhalte:

  • Er sah den Mann mit dem Teleskop - wobei das Teleskop eine „Eigenschaft“ oder auch nähere Bestimmung des Mannes (des Objektes) ist. Also der Mann ist im Besitz des Teleskops.
  • Er sah den Mann mit dem Telekop - Hier ist das Teleskop eine Ergänzung zum Verb, das Mittel mit dessen Hilfe gesehen wird. Hier ist das Subjekt im Besitz des Teleskops.

Der Satz ist also für sich allein genommen durchaus zweideutig. Es kann daher nur durch den Kontext eindeutig festgestellt werden, wer denn nun wirklich durch die Röhre schaut.

Grüße
Eckard

x-bar macht Spaß
Hallo,

kommst du auch mit eckigen Klammern statt Schema klar? Die Ambiguität besteht zwischen:

[Er sah … [mit dem Teleskop PP] IP].
[den Mann NP] (habe ich mit Absicht nach unten gerückt)
UND

[Er sah [den Mann [mit dem Teleskop PP]NP]IP]

wobei die Klammern nur grob die Zusammengehörigkeiten kennzeichnen sollen.
Im ersten Falle ist die PP mit dem Teleskop Bestandteil der übergeordneten IP: er sah (den Mann) mit dem Teleskop

im zweiten ist sie Bestanteil der NP: (er sah) den Mann mit dem Teleskop.

Daraus resultierende semantische Ambiguität: im ersten Fall guckt das Subjekt (er) durch den Teleskop, im zweiten der gesehene Mann.

Hat’s geholfen?

Hallo Yseult.
Ich streue (etwas) Asche auf mein Haupt. Von dieser Methode hatte ich tatsächlich bisher keinerlei Kenntnis. Aber der Zeitpunkt ihrer Entstehung verrät mir etwas über den Hintergrund dafür. Damals begann man verstärkt für Sprachkomputer Sprachen zu analysieren, um sie mit Hilfe von Gesetzmäßigkeiten und daraus gebildeten Algorithmen wieder synthetisieren zu können.
Und dass es im vorliegendnen Fall um eine Unklarheit bei der Methode ging und nicht um den Inhalt des Satzes, ist mir jetzt auch klar.
Dass die relativ junge Wissenschaft des Herrn Noam Chomsky aber noch ein breites Spektrum an Interpretationen zuläßt, ersieht man aus den wenigen Beispielen in den Beiträgen.
Eigentlich ist die erste Variante, dass das Subjekt (Er) das Teleskop hat nicht möglich, wenn man es mit der Sprache genau nimmt. Man sieht nämlich mit den Augen und nicht mit der Brille oder einem Teleskop! Also handelt es sich hier um eine Schein-Zweideutigkeit. Diese Erkenntnis liefert die X-bar-Methode aber nicht. Und dass, wie weiter oben eine Schreiberin ‚analysiert‘ das Objekt (Mann) auch durch das Teleskop blickt, kann ich dem Ausgangssatz beim besten Willen nicht entnehmen. Aber gut Ding braucht Weile.
Nix für Ungut!
Mit freundlichen Grüßen
Alexander

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Hallo Pooh,

vielen Dank erstmal. Ich glaube so habe ich es jetzt auch gemacht. Ich habe für die Lesart „Er sieht den Mann, der das Teleskop hat“ die PP „mit dem Teleskop“ als Adjunkt von der NP „den Mann“ gesetzt und für die andere Lesart „Er (hat das Teleskop) und sieht den Mann“ die PP als Adjunkt von der VP „er sah“. Ist glaube ich ungefähr so wie Du es meintest. Oder?
Schönen Gruß,
Schlumpf

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Hallo zusammen,

@Yseult: „Was nun Schlumpfs Analyse angeht, liegt meine letzte X-Bar Analyse schon einige Jahre zurück und für mich machen die Nummern „er2“ etc. nicht viel Sinn. Kann es sein, dass sich bereits wieder was an der Notierung geändert hat ? Ansonsten seh ich hier das Problem nicht ganz, Schlumpf. In einer Lesart (a in Alexanders Beispielen) ist das Teleskop Komplement zum Objekt und in der anderen (b) komplementär zum Verb. Vielleicht kann jemand anderes ja noch weiterhelfen ?“

Die Nummern stellen die Spuren da. Z.B. beim Verb sah stellt es das Verb-raising dar. Das Verb muss ja in die Zweitstellung gebracht werden und dazu muss es aus der VP über die IP in die Zweitstellung bewegt werden. Das „t1“ (t=trace=Spur)ist jeweils die Position aus der es „gewandert“ ist und „sah1“ ist dann die Endposition. So funktioniert es auch mit dem Subjekt, nur dass hier eine andere Art der Bewegung nämlich die „move-a“-Bewegung zu Grunde liegt. Eine Frage hätte ich noch. Du schreibst das Objekt sei Komplement? Ich habe es jetzt als Adjunkt (einmal von der NP „den Mann“ und einmal von der VP „er sah“) gesetzt, denn ich dachte die PP „mit dem Teleskop“ sei obligatorisch. Aber vielleicht liege ich falsch???

@Alexander: Bei dieser Art von Schemata geht es halt weniger um einen Satz als Sinneinheit, als um die grammatischen Strukturen.

Jedenfalls vielen Dank für Eure Antworten und schön, dass so ein „schlichter“ Satz zu einer Grundsatzdiskussion anregen konnte :wink:

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