@ an Bolo2L betr. Convenience

Hallo Bolo,
vor Monate hatten wir mal eine kleine Meinungsverschiedenheit wegen Convenience.
Damals hatte ich aus dem Ausland gepostet, aber keine Möglichkeit den Verlauf zu verfolgen.
Eine Notiz im Notebook hat mich aber darauf aufmerksam gemacht.
Ich möchte ein Paar Tatsachen richtig stellen.

Wenn Journalisten Ihre Redaktionsbeiträge nicht mehr in die Schreibmaschine hämmern, sondern den Computer nutzen und sich damit die digitaleTechnik längst in der Druckwelt breit gemacht hat, dann ist der technischer Fortschritt und für alle Beteiligten damit Convenience.

Wenn Gastronomen, Küchenleiter und Köche die Kalkulation und Qualität z. B. durch den Bezug von vorportioniertem Fleisch sicherstellen, dann ist das ebenfalls Convenience.

Wenn die Speisekarte durch attraktive Gerichte erweitert wird und beispielsweise frisch zubereitet Steinpilz Ravioli oder Tagliarini von einem darauf spezialisierten italienischen Küchenbetrieb bezogen werden, dann ist das ebenfalls Convenience.

Derartige erstklassige Convenience-Produkte werden nicht in Massen gefertigt, sondern bleiben kleinen Fachbetrieben mit hochqualifizierten Mitarbeitern, meist Köche oder Öcotrophologen(in), überlassen. Gerade diese Spezialisierung, letztlich eine intelligente Arbeitsteilung, garantiert eine hohe Qualität und eine sichere Kalkulation.

Ob es sich um attraktive Vorspeisen, z.B. Lachspralinen oder eine marinierte Wachtelbrust handelt, Köstlichkeiten dieser Art bleiben damit nicht nur wenigen Restaurant mit entsprechend hohe Preise vorbehalten, sondern finden sich auch in der populären Gastronomie.

Convenience-Produkte haben einige Luxusprodukte „demokratisiert“ Das Lamm- und Fischangebot, insbesondere Lachs ist dafür ein gutes Beispiel.

Wenn wir in Zukunft die qualitative Leistung der Gastronomie- und Gemeischaftsverpfegung dadurch definieren, dass alle Produkte inklusive Teigwaren und Dessert, z.B. Eis vom jeweiligen Betrieb Schritt für Schritt selbst zubereitet werden, dann wir Essen in der Gastronomie zu einer höchst elitären Veranstaltung, die sich nur noch ein keiner Kreis von Gästen leisten können.
Das ist weder im Interesse der Gäste noch der Gastronomie.

Ich hoffe ich habe meinen Standpunkt richtig erläutert habe.

Schöne Grüße
Claude

Convenience und Convenience
Hallo Claude,

da scheinen wir etwas aneinander vorbei geredet zu haben.
Meine Meinung zu Convenience-Produkten:

  1. Es gibt eine wesentlich größere Menge davon, als sich gemeinhin
    Restaurant-Esser vorstellen. Selbst ich war bei meinem ersten Besuch auf der
    Anuga überrascht.
  2. Wie Du ja auch schreibst: Convenience und Convenience sind noch lange nicht
    das Gleiche. Es gibt riesige Qualitätsunterschiede. Da sind wir einig.
  3. Was mich stört, ist dass viele Restaurants so tun, als hätten sie die Speisen
    selbst zubereitet - dabei sind viele nur erhitzt oder vollends zu Ende gegart.
    Aber sie sind keine eigene Creation. Das ist in etwa so (um in der von Dir
    eingeschlagenen Vergleichsrichtung zu bleiben), wie wenn ich einen Text in meine
    Artikel einbaue, der nicht von mir ist, aber dessen Quelle verschweige.

Wenn Journalisten Ihre Redaktionsbeiträge nicht mehr in die
Schreibmaschine hämmern, sondern den Computer nutzen und sich
damit die digitaleTechnik längst in der Druckwelt breit
gemacht hat, dann ist der technischer Fortschritt und für alle
Beteiligten damit Convenience.

Der Vergleich von Dir mit dem Computer hinkt: Durch ein anderes Werkzeug wird ein
Artikel (oder ein Gericht) noch lange nicht zu Convenience. Wenn Du Dein Tatar
nicht mit dem Messer hackst, sondern durch den Wolf lässt, würde ich es auch
nicht als Convenience bezeichnen. Journalistische Convenience gibt es aber auch:
Wenn sich Blätter vorgefertigter Texte von Agenturen oder Redaktionsbüros
bedienen, statt selber zu recherchieren und selber zu schreiben, dann ist das
Convenience-Journalismus. So wie ich mit Convenience in der Gastronomie in einer
Kantine rechnen muss, aber nicht in einem gehobenen Restaurant, so rechne ich
auch mit Convenience-Artikeln in der Bäckerblume oder im Außenpolitik-Teil einer
kleinen Tageszeitung. Im Spiegel, Stern oder der Zeit käme ich mir da schon
vera… vor.

Wenn Gastronomen, Küchenleiter und Köche die Kalkulation und
Qualität z. B. durch den Bezug von vorportioniertem Fleisch
sicherstellen, dann ist das ebenfalls Convenience.

Im weiteren Sinne gilt das natürlich als Convenience. Und natürlich ist es
sinnvoller, bestimmte portionierte Stücke zu bestellen, als einen halben Ochsen
selbst zu zerlegen. Andererseits muss man ehrlicher Weise aber auch schon dabei
konzedieren, dass die Qualität der zugerichteten Stücke vielleicht vom eigenen
hohen Anspruch abweicht.

Wenn die Speisekarte durch attraktive Gerichte erweitert wird
und beispielsweise frisch zubereitet Steinpilz Ravioli oder
Tagliarini von einem darauf spezialisierten italienischen
Küchenbetrieb bezogen werden, dann ist das ebenfalls
Convenience.

Richtig. Aber bitte nicht so tun, als ob das eine eigene Creation des Hauses
wäre!

Derartige erstklassige Convenience-Produkte werden nicht in
Massen gefertigt, sondern bleiben kleinen Fachbetrieben mit
hochqualifizierten Mitarbeitern, meist Köche oder
Öcotrophologen(in), überlassen. Gerade diese Spezialisierung,
letztlich eine intelligente Arbeitsteilung, garantiert eine
hohe Qualität und eine sichere Kalkulation.

Nichts dagegen zu sagen, ich möchte es nur deklariert haben, ob der maître selbst
die Panzerotti geschaffen hat, weil mir seine Ravioli neulich so gut geschmeckt
haben. Oder ob es ein Produkt ist, das ich neulich bei einem Mitbewerber schon aß
und das ich langweilig fand (auch wenn beide es als Produkt der eigenen Küche
erscheinen ließen).

Ob es sich um attraktive Vorspeisen, z.B. Lachspralinen oder
eine marinierte Wachtelbrust handelt, Köstlichkeiten dieser
Art bleiben damit nicht nur wenigen Restaurant mit
entsprechend hohe Preise vorbehalten, sondern finden sich auch
in der populären Gastronomie.

Convenience-Produkte haben einige Luxusprodukte
„demokratisiert“

In der Tat ist es zu begrüßen, dass solche Dinge einem breiteren Publikum
zugänglich und erschwinglich gemacht werden. Aber durch Ehrlichkeit sollte der so
weitergebildte Gast auch merken können, was er isst und was vielleicht der
Unterschied zwischen Convenience und eigener kreativer Küche ist.

Das Lamm- und Fischangebot,
insbesondere Lachs ist dafür ein gutes Beispiel.

Lachs sehe ich eher als ein schlechtes Beispiel. Lachs wurde „demokratisiert“,
weil er billig aus der Zucht zu haben ist und nicht weil er halbfertig zubereitet
in die Küchen kommt.

Wenn wir in Zukunft die qualitative Leistung der Gastronomie-
und Gemeischaftsverpfegung dadurch definieren, dass alle
Produkte inklusive Teigwaren und Dessert, z.B. Eis vom
jeweiligen Betrieb Schritt für Schritt selbst zubereitet
werden, dann wir Essen in der Gastronomie zu einer höchst
elitären Veranstaltung, die sich nur noch ein keiner
Kreis von Gästen leisten können.

Das hat kein vernünftiger Mensch je gefordert.

Das ist weder im Interesse der Gäste noch der Gastronomie.

Im Interesse der Gäste ist nur, zu erfahren, was sie da essen. Ich will schon im
Laden wissen, wo das Zeug herkommt, das ich kaufe. Dort ist die
Herkunftsbezeichnung ja auch Pflicht.

Du siehst, wir liegen - wie meist - gar nicht so weit auseinander!

Schöne Grüße aus dem kalten München
Bolo