Hallo,
vielen Dank erst einmal fürs Nachschlagen und die Fundstelle.
gern geschehen
Muß aber trotzdem nochmal nachhaken.
kein Problem
Dazu eine Grundsatzfrage: Kannst du AO Kommentare wie Klein-Orlopp oder Tippke Kruse einsehen bzw. hat du aus der grünen Reihe des Erich Fleischer Verlag den Band AO? Das würde es erheblich erleichtern, denn es handelt sich um Grundlagengeschichten.
es geht um § 351 Abs. 1 AO, der wie folgt lautet:
Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, können nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt.
Richtig, der Bescheid kann nur insoweit ANGEFOCHTEN
werden. Somit gilt diese Regelung nur für den Steuerzahler, da
das Finanzamt ja nicht anfechten kann.
Das wirkt schon auch indirekt.
Also einige Beispiele:
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Der 1. Bescheid lautet über 6.000 € Einkommensteuer. Er wird nicht mit Einspruch angegriffen.
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Das Finanzamt erhält eine Kontrollmitteilung, dass er z.B. Zinsen nicht erklärt hat und erhöht die Steuer um 2.000 € auf 8.000 € (Korrektur als neue Tatsache § 173 AO). Der Steuerpflichtige legt Einspruch ein. Er kann dann höchstens erreichen, dass der erste Steuerbescheid (der Höhe nach) wieder in Kraft gesetzt wird.
Wir haben hier einen Einspruch, eine Gesamtaufrollung ist aber sinnlos. 3 Varianten: Bei der Gesamtfallaufrollung ergibt sich, dass insgesamt eine Steuer von 9.000 € richtig wäre. Dann bleibt es bei der Festsetzung i.H.v. 8.000 - es sei denn für die 1.000 gibt es eine Korrekturvorschrift.
Oder es ergibt sich, dass nur 7.000 richtig wäre - dann ist das eine Teilabhilfe, die durchgeführt wird.
Oder es ergibt sich, dass nur 5000 richtig wäre. Dann kann höchstens die durchgeführte Änderung rückgängig gemacht werden, so dass 6000 festzusetzen sind.
Nur bei der ersten Variante wäre es die befürchtete „Gesamtfallaufrollung“ und die führt zu keiner Änderung, wenn dafür nicht eine separate Änderungsvorschrift eingreift.
Das alles ist Auswirkung der materiellen Bestandskraft und dass da nichts mehr geändert werden kann - außer mit den Korrekturvorschriften.
Natürlich kann das Finanzamt ohne besondere
Berichtigungsvorschrift den Bescheid nicht ändern aber es
könnte m.E. auch bei einem Einspruch gegen einen
Berichtigungsbescheid, der einen bestandskräftigen Bescheid
ändert, eine Verböserung androhen, die vom Steuerbetrag her
über den bestandskräftigen Erstbescheid hinausgeht.
Schau mal bei § 172 AO mit folgendem Text:
Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden,
und § 367 Abs. 2 AO mit folgendem Text:
Die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, hat die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen. Der Verwaltungsakt kann auch zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden, wenn dieser auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern
Bei einem Einspruch gegen den Erstbescheid ist dieser in vollem Umfang änderbar und das Finanzamt braucht nicht das Korrekturrecht zu bemühen, um die angedrohte Verböserung durchzuführen. Ist der erste Bescheid nicht angefochten worden, geht es um die Änderung eines unanfechtbaren Bescheids und die Finanzbehörde muss das Korrekturrecht beachten. § 367 Abs. 2 AO ist keine eigenständige Korrekturvorschrift oder eine Anleitung zur „Rache“, wenn Einspruch eingelegt wurde 
Wenn §
351 AO sich nur an den Steuerzahler richtet, wie dann das
Finanzamt von einer Gesamtaufrollung abhalten?
gut, du hast recht, eine Gesamtaufrollung ist möglich, nur die Verböserung ist dann nicht durchführbar (siehe Variante 1)
Wenn der
Steuerzahler der Verböserung zustimmt, wird die materielle
Bestandskraft durch § 172 AO durchbrochen.
so viel Verstand wird er doch haben, nicht zuzustimmen
Nun könnte man sagen, der Verböserung halt nicht zustimmen und
den Einspruch zurücknehmen. Aber das hilft ja nix, weil dann
der eigene Änderungsantrag auch für die Katz ist.
Verböserungsandrohung bei Erstbescheid => dann kann man diese durch Rücknahme des Einspruchs verhindert, aber Vorsicht: liegen die Voraussetzungen nach einer Korrekturvorschrift vor, darf das Finanzamt trotzdem die Änderung durchführen, man hat mit der Rücknahme des Einspruchs nichts gewonnen. Ein fairer Sachbearbeiter weist in der Verböserungserläuterung darauf hin, dass er auf jeden Fall ändert, da eine Korrekturvorschrift eingreift.
weil dann
der eigene Änderungsantrag auch für die Katz ist.
Änderungsanträge im klassischen Sinne ist nicht das Begehren im Einspruchsverfahren, sondern ein Antrag einen bestandskräftigen Bescheid übers Korrekturrecht zu ändern.
Daher die
ursprüngliche Frage, ob man so einen Änderungsbescheid nicht
besser mit einem schlichten Änderungsantrag angreift, um die
Gesamtaufrollung zu vermeiden.
nee, grundsätzlich ist ein Einspruch zu empfehlen, aber Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel
Du siehst, ich betrachte die AO als ein Steckenpferd…und scharfe Waffe…
Viele Grüße
C.