Hallo Branden,
Ich verstehe ja Deine Argumentation.
Das ist der Punkt! Was Du weiter unten noch dazugeschrieben hast, ist vollkommen richtig und hervorragend analysiert, aber die Tatsache, dass in solchen Gedankengängen wie meinem halt doch etwas noch dazu „nach oben kommt“, verhindert nicht, dass meine theoretischen Ausführungen bei Dir, bei dem so etwas wahrscheinlich nicht „da unten“ ist, so ein klitzekleines bißchen auf fruchtbaren Boden gefallen sind, Du mich also auch auf der Ebene „dort oben“ verstanden hast.
Wir teilen wahrscheinlich die Wertschätzung für Nietzsches Satz: Rationalität ist Rationalisierung!, und wir teilen wahrscheinlich auch die Interpretation, dass alles, was jemand von sich gibt, und sei es noch so theoretisch-abgehoben (und gerade da!), Ausdruck von „unten“ ist, dass aber diese Tatsache in keinster Weise ein Hindernis darstellt, ein Thema zu erörtern.
Ich glaube dieses Spannungsverhältnis zwischen Infragestellung der Möglichkeit von Rationalität und Objektivität verbunden mit der Tatsache, dass diese Infragestellung mit Mitteln und Ansprüchen von Rationalität und Objektivität geschieht, ist es was Nietzsche so wertvoll macht.
Aber interessant (unter uns Analytikern) finde ich dennoch,
dass Du am Ende schreibst:
P.S.: Lies bitte aus meinem engagierten Kommentar weniger
heraus, dass mir der Katholizismus, sondern mehr, dass mir
Afrika am Herzen liegt.
Das schriebst Du ja nicht ohne Grund.
Natürlich könnte ich hier gleich rationalisieren und sagen: Ich wollte halt nicht, dass Du das Ganze einfach als Katholen-Propaganda abtust und die meines Erachtens sehr wichtige Problematik damit einfach so mir nichts dir nichts wegschiebst… usw. etc.
Der „Grund“, das „unten“, bleibt natürlich, da kann ich noch soviele Gründe anführen.
Mir ging tatsächlich wöhrend des Lesens Deines letzten
Postings die Frage durch den Kopf: Hat der gute Ben neben
seinem analytischen philosophischen und progressiven Denken da
nicht noch irgendeine (alte) katholisch-konservative Seite ?
Hier muss man (möchte ich) differenzieren:
Ich glaube nicht, dass es ein „neben“ gibt, sondern dass ich sicher von meiner weltanschaulichen und philosophischen Haltung her nicht so richtig „progressiv“ bin;
wenn Habermas im „Diskurs der Moderne“ Foucault, Bataille, Heidegger und anderen das Label „neo-konservativ“ aufgedrückt hat, dann würde er damit mich genauso meinen, weil ich mich schon in einer solchen Philosophietradition verorten würde, sicher nicht in der, die Habermas mit „rationaler Aufklärung“ meint.
Was ich halt nicht akzeptieren würde wäre das simple Label „konservativ“, weil sowohl das Denken dieser Philosophierichtung als auch mein Denken ziemlich quer zur alten politischen Einteilung progressiv-konservativ steht.
Eine Wurzel gleichsam, die immer noch und immer mal wieder
einen ganz anderen Trieb nach oben schickt, als es dem
bewußten Dialog so zu Pass kommt.
Ich hab Dir ja gerade geschrieben, welche „katholen-freundliche“ Seite an mir bereits bewusst war, dass es da noch ganz andere nicht bewusste Seiten gibt ist mir klar;
ein Indiz: als ich im Posting „Habemus Habermas“ den Gag im P.S.: mit Ratzinger und den Nutten in Regensburg geschrieben habe, habe ich mehrmals den Antrieb gespürt, ihn wieder wegzulöschen gleichzeitig aber ein Verlangen ihn unbedingt stehen zu lassen:
Habe ich ihn als Blasphemie empfunden?
Wollte ich mich gegen Papa Ratzinger auflehnen?
Wollte ich Dich als Therapeuten gewinnen, der mich fragt: warum gehst Du zu Nutten, kannst Du Deine Paraphilien nicht anders ausleben?
Etc.
Bist Du katholisch aufgewachsen?
Ja klar, in Bayern sind wir alle katholisch sozialisiert, bin aber nicht direkt so erzogen, was vielleicht gerade die Trotzhaltung verhindert, also gerade erklärt, dass ich den Katholizismus nicht pauschal ablehne, etc.
Was ich übrigens radikal ablehne ist die protestantische Grundhaltung, aber das ergibt sich ja bereits aus einer Nähe zu Heidegger, Bataille, etc.
Auf der anderen Seite ist das natürlich eine Nähe, die ich selbst gesucht habe, basierend auf einer Ablehnung; meine Eltern, obwohl offiziell katholisch, würde ich stark in diesem protestantischen Ethos verorten, etc.
Viele Grüße
franz
P.S.: Wie Du wahrscheinlich gesehen hast, habe ich das off topic wieder weggetan; ich glaube, dass wir inzwischen wieder genau beim Ausgangsthema der Analogie gelandet sind.