Hallo Thomas,
ich glaube, unsere Diskussion hier ist recht problematisch, weil ich im Moment keine gemeinsame Verständigungsbasis sehe, schlimmer noch: wir benutzen meiner Meinung nach gleiche Begriffe recht unterschiedlich, etwa den des „Spiels“ oder den der „Analogie“.
Der Punkt ist aber der, ob der
Gedanke von d e m Wissenschaftsfortschritt für d i e
Philosophie überhaupt angemessen ist;
Man kann inn diesem Sinne kaum von „der“ Philosophie sprechen.
d’accord
In summa: weder „Fortschritt“ noch „Kontinuität“ hängen an
einer Universal-Logik, lediglich d e r Fortschritt.
Es ist genau anders herum aus meiner Sicht. Für Fortschritte
ist die Logik manchmal (!!!) hinderlich, die Kontinuität ist
mit der Logik unauflöslich verbunden.
diese Passage ist ein Musterbeispiel von gegenseitigem Missverstehen; nach dreimaligem Lesen habe ich jetzt erkannt, wie Du wohl den Fortschritts-Begriff hier verstehst (wohl als wissenschaftliche Weiterentwicklung, Erkenntnisgewinn, „Paradigmenwechsel“, etc.)
So verstanden stimme ich hier voll zu.
Mein Punkt aber war, dass ich eben ein (logisches) System benötige, um eine Entwicklung überhaupt als Fort-Schritt betrachten zu können. Mein Beispiel dafür war Hegels „Fort-schreiten“/Zu-Sich-Kommen des Geistes zu sich selbst, wo das Fort-Schreiten, also das was bei ihm den reinen historizistischen Relativismus sprengt, erst durch die Verdoppelung bloßer historischer Faktizität zur Bewegung des Geistes auftauchen kann. Und mein Punkt ist der, dass jedes System seinen Fortschritt hervorbringt, kein System aber ohne den Preis der dogmatischen Selbstabschließung sich als zentral, universal verstehen kann, damit glauben kann, einen system-unabhängigen Fortschritt zu beobachten.
BTW: Deleuze hat den Fortschritts-Begriff als einen
herausgearbeitet, der an dem Bild des Wissens-als-Baum hängt,
an einer Analogisierung also, und hat dem das Bild des
Wissens-als-Rhizom gegenübergestellt.
Das leuchtet mir nicht als maßgebend ein.
es war ja auch nur btw, darum sehr verkürzt; Deleuze zeigt damit, wie eben „Wissenschaftsfortschritt“, die Position der Additivität/Akkumulierbarkeit des Wissens, letztlich auf Metaphern/Analogien ruht, in diesem Fall nämlich auf der Konzeption des Wissens(erwerbs)-als-Baum (also: ein dicker Stamm, sich verzweigende Äste, periodischer Blattwechsel, etc.); für Deleuze gibt es „mille plateaus“ von Begründungszusammenhängen, deren Zusammenhängigkeit selbst aber sich nicht begründen lässt, nur „analogisierend“ herbeiführen lässt (deshalb sein Bild des „Rhizoms“).
Ich wollte damit andeuten, dass meines Erachtens die „Begründungszusammenhang“-Philosophie genauso analogisierend arbeitet, wie die „analogisierende“ Philosophie; hier wirst Du natürlich zustimmen, weil dies ja nicht umstritten ist, aber ich behaupte a fortiori, dass jedes vermeintlich nicht-analogisierende Vorgehen auf solchen Analogie-Fundamenten ruht und damit darauf zurückgeführt werden kann (dafür habe ich eben Nietzsche und Freud als „Rückführer“ genannt).
BTW: Apels Position steht und fällt wohl mit der Anerkennung
dessen, dass dem Diskurs das Ziel der Verständigung inhärent
wäre, weil jede Infragestellung dessen ein „pragmatischer
Widerspruch“ wäre; eine solche Letztbegründung halte ich für
höchst-angreifbar.
Das ist eher der Ansatz von Habermas. Apel setzt das
kommunikative Apriori als übergreifend voraus.
Nein, Habermas’ Ansatz ist es nicht, weil der eine solche Letztbegründung ablehnt, etwa in „Notizen zur Begründung“ mit dem Argument, dass der Skeptiker schlicht die Argumentation verweigern würde, damit den pragmatischen Widerspruch, auf den die Apelsche Konzeption ruht, umgehen/aushebeln könnte.
Es ist richtig, dass Apel das kommunikative Apriori als übergreifend voraussetzt, nämlich in dem Sinne, dass wir durch Reflexion auf das, was wir bei der Diskursführung performativ immer schon voraussetzen, deren Grundlagen (das komm. Apriori) erfahren können, bzw. eine Grundlage erhalten.
Eine solche Letztbegründung halte ich für völlig absurd; und damit stehe ich ja nicht gerade alleine da.
Analogie ist Erkenntnisanstoß, weder
die Erkenntnis selbst, noch deren Systematisierung, noch deren
Praktikabilisierung, noch deren Umsetzung. Das alles ist
„mehr“.
Hier trennt uns in erster Linie wieder der Gebrauch des Wortes „Analogie“; wenn Du darunter das „A=C und B=C -> A=B“ verstehst, dann ist das höchstenfalls ein Teilaspekt dessen, was mir die „Analogie“ ist, nämlich Denken in Bildern: Metaphorisierung und Metonymisierung; und so verstanden halte ich eben die Aspekte der Systematisierung, Praktikabilisierung und Umsetzung letztlich doch für Analogisierung: Verschiebung und Verdichtung von Begriffen, „Arbeit an Begriffen“.
ich sehe nicht,
weshalb eine analogische Haltung des „Spiels“ nicht reflexiv
sein sollte, ich halte sie sogar für reflexiver (wie gesagt:
das „Spiel“ ist ja alles andere als un-logisch)
Das ist richtig, aber einem Spiel fehlt die
Selbstreflektierung, die für philosophische Systeme
unumgänglich ist. Das Spiel funktioniert in sich, aber nicht
außerhalb seiner selbst.
J e d e s Begriffssystem funktioniert doch in lediglich in sich; weshalb dem „Spiel“ allerdings im Gegensatz zum philosophischen System die Fähigkeit zur Selbstreflektion fehlen sollte, verstehe ich nicht, im Gegenteil sehe ich es exakt umgekehrt: während das philosophische System s i c h von außen betrachtet, damit also s e i n Außen betrachtet, ist es gerade die Flüchtigkeit, die Perspektivität, die Multilokalität des Spiels, welche es ermöglicht, das (besser: ein) Außen des Spiels zu betrachten.
Viele Grüße
franz