Analyse von Adjektiven

Hallihallo,
ich wende mich an alle, die entweder Germanistik oder Sprachwissenschaft studieren oder sich sonst sehr gut in dem Gebiet auskennen.
Für einen Schreibkurs an der Uni soll ich einen Text sprachlich analysieren, genauer gesagt soll ich die Adjektive unter die Lupe nehmen d.h. beschreiben, was für Typen verwendet werden (z.B. attributiv, adverbial, prädikativ, Steigerungsformen, Deklination).
Anhand dieser Beschreibungen/ Feststellungen soll ich dann widerum auf den sprachlichen Stil des Autors schließen. Nur wie?

Z.B. werden sehr viele Adjektive attributiv verwendet (der schöne Mann). Das sagt mir z.B., dass der Stil nominal dominiert wird, da sich „schöne“ auf das Substantiv „Mann“ bezieht. „Schön“ beschreibt also Nomen, was im Gegensatz zur adverbialer Verwendungsweise „Er zieht sich schön an“ steht. Hier bezieht sich das Adjektiv auf ein Verb. Das macht den Stil dynamischer, weil es Handlung beschreibt.

Was kann ich jedoch über den Stil des Autors sagen, wenn der Autor überwiegend Adjektive in schwacher Deklination (=hier befindet sich ja immer ein bestimmter Artikel vor dem Adjektiv wie z.B. DER schöne Mann) verwendet???
Oder Andersrum gefragt, was sagt mir das über den Stil des Autors, wenn er nur sehr wenige Adjekttive in gemischter u starker Deklination verwendet???

Und was kann man in einer Analyse schreiben, wenn der zu analysierende Text fast nur komparierbare Adjektive im Positiv benutzt (z.B. schnell, ängstlich) jedoch kaum im Komparativ oder Superlativ???

Kennt sich hier jemand mit aus??? Komme damit einfach nicht weiter…

Wäre sehr dankbar, wenn mir jemand so schnell wie möglich helfen könnte!!!

Hi,

Z.B. werden sehr viele Adjektive attributiv verwendet (der
schöne Mann). Das sagt mir z.B., dass der Stil nominal
dominiert wird, da sich „schöne“ auf das Substantiv „Mann“
bezieht. „Schön“ beschreibt also Nomen, was im Gegensatz zur
adverbialer Verwendungsweise „Er zieht sich schön an“ steht.
Hier bezieht sich das Adjektiv auf ein Verb. Das macht den
Stil dynamischer, weil es Handlung beschreibt.

Das mit dem Nominalstil scheint mir zu stimmen, ein prädikatives Adjektiv ist aber eher etwas anderes. Im Falle von „er sieht schön“ aus bin ich nicht sicher, was genau „schön“ hier ist — zwar auch ein Adjektiv, aber nicht prototypisch prädikativ (auch wenn’s Bestandteil des Prädikats ist). Typische prädikative Verwendungen von Adjektiven sind z.B. „Der Mann ist schön.“ und Co.
Bei näherer Überlegung denke ich mir aber, dass auch „sieht schön aus“ sowas sein könnte, nur dass da die Kopula „sein“ durch das Verb „aussehen“ ersetzt wird.

Was kann ich jedoch über den Stil des Autors sagen, wenn der
Autor überwiegend Adjektive in schwacher Deklination (=hier
befindet sich ja immer ein bestimmter Artikel vor dem Adjektiv
wie z.B. DER schöne Mann) verwendet???

Das kann ich dir leider auch nicht sagen, ABER… du müsstest das vielleicht belegen. Schwache Adjektive haben im Deutschen generell eine gewisse Häufigkeit, sowohl im Lexikon an sich, als auch in ihrer Verwendung. Leider weiß ich nicht genau, was für eine Häufigkeit, aber sagen wir mal, in der Verwendung kommen durchschnittlich zu 65% schwache Adjektive vor (vllt. ist’s ja genau andersrum).
Wenn in deinem Text jetzt auch 65% davon vorkommen, kannst du zwar sagen, er verwendet vor Allem diese, aber dann bedeutet das nichts, denn die Verteilung ist noch völlig normal. Erst wenn die Verwendung über einem bestimmten Wert liegt (vllt. 95%) oder unter einem Wert (vllt. unter 30%), dann „ist da was los“.

Also kurz gesagt: Die Begründung für eine bestimmte Häufigkeit von irgendwas kann einfach sein, dass dieses Irgendwas in der Sprache allgemein häufiger vorkommt als anderes. Das muss man untersuchen, mit statistischen Verfahren… ist kompliziert, in der Linguistik aber notwendig. Weiß aber nicht, ob das auf deinen Bereich auch zutrifft.

Oder Andersrum gefragt, was sagt mir das über den Stil des
Autors, wenn er nur sehr wenige Adjekttive in gemischter u
starker Deklination verwendet???

Ich selbst würde urteilen: gar nichts. Denn ich kann mir kaum vorstellen, als Autor auf so etwas explizit zu achten. Es könnte auch woanders herrühren: Manche Autoren mögen seltenere oder ältere Wörter oder Neologismen. Diese sind häufig schwache Adjektive (starke Flexion betrifft, denke ich, v.A. häufigere Wörter → ein Frequenzeffekt), vielleicht lässt sich irgendwie überprüfen, wie „alltäglich“ oder „modern“ die Adjektive sind.

Und was kann man in einer Analyse schreiben, wenn der zu
analysierende Text fast nur komparierbare Adjektive im Positiv
benutzt (z.B. schnell, ängstlich) jedoch kaum im Komparativ
oder Superlativ???

Das heißt meiner Meinung nach auch nichts, denn Komparative und Superlative kommen in der gesprochenen und geschriebenen Sprache viel viel seltener vor als positive Adjektive. Das ist auch ein Frequenzeffekt. Du kannst es als Beobachtung mit dazuschreiben, denke ich, aber etwas schließen kann man daraus wohl nicht.

Eine Idee wäre vielleicht noch, „positive“ Adjektive (gut, schön, interessant, reich, fleißig) vs. „negative“ (schlecht, hässlich, langweilig, arm, faul) vs. „neutrale“ (offen, rot, flach, rund) zu vergleichen. Damit könntest du vllt. auf den Ton allgemein schließen. Ob der Autor vllt. eher negativ oder pessimistisch schreibt, und so weiter.

Kennt sich hier jemand mit aus??? Komme damit einfach nicht
weiter…

Ich kenne mich mit dem Thema Textanalyse allerdings gar nicht aus… ich mochte das in Deutsch damals nie, weil ich nicht glauben konnte, dass Autoren sich über viele dieser Dinge Gedanken machen und dass alles, was man findet immer etwas bedeuten müsse.

Praktisch wär’s, wenn du irgendwo so 'ne Art Statistik finden könntest, wie häufig die-und-die Arten von Adjektiven im Text so sind. Ausgehend davon könntest du vielleicht sagen, wenn etwas mehr oder weniger häufig ist.

Grüße,
André

Hallo André,

Das mit dem Nominalstil scheint mir zu stimmen, ein
prädikatives Adjektiv ist aber eher etwas anderes. Im Falle
von „er sieht schön“ aus bin ich nicht sicher, was genau
„schön“ hier ist — zwar auch ein Adjektiv, aber nicht
prototypisch prädikativ (auch wenn’s Bestandteil des Prädikats
ist). Typische prädikative Verwendungen von Adjektiven sind
z.B. „Der Mann ist schön.“ und Co.
Bei näherer Überlegung denke ich mir aber, dass auch „sieht
schön aus“ sowas sein könnte, nur dass da die Kopula „sein“
durch das Verb „aussehen“ ersetzt wird.

Also die Frage bei aussehen ist ja _ wie _, bei sein aber _ was _. Deshalb würde ich sagen, dass es sich bei schön in schön aussehen eindeutig um ein adverbiales, bei schön in schön sein aber um ein prädikatives Adjektiv handelt.

Das Verb nennen würde ich als Ausnahme ansehen:

Das nenne ich schön.”, –
Hier ist schön ein prädikatives Adjektiv, weil es die Eigenschaft (schön zu sein) einem Nomen oder einer Nominalisierung zuschreibt und ich mich hier mit dem Wort schön meist nicht adverbial darauf beziehe, in welcher Art und Weise ich die Aktion des Nennens ausführe.
:wink:

Gruß Gernot

Also die Frage bei aussehen ist ja _ wie _,
bei sein aber _ was _. Deshalb würde ich
sagen, dass es sich bei schön in schön aussehen
eindeutig um ein adverbiales, bei schön in schön
sein
aber um ein prädikatives Adjektiv handelt.

Gerade das denke ich nicht. Es ist mit ziemlicher Sicherheit ein adjektivisches Element. Im Englischen würde man hier auch kein Adverb erwarten (*She looks beautifully ist ungrammatisch). Ebenso kann man auf Deutsch an Adverben oft „-weise“ anhängen, das geht hier nicht. Es wird nicht beschrieben, auf welche Weise jemand aussieht (*Sie sieht aus ist ungrammatisch), sondern etwas konkreteres.
Ich weiß leider keine Standardmethode, um herauszufinden, was im Deutschen ein Adjektiv ist und was ein Adverb.

Das Verb nennen würde ich als Ausnahme ansehen:

Naja, nennen ist ein transitives Verb, dass fürs Objekt den Akkusativ verlangt. Theoretisch stünde auch „schön“ im Akkusativ, nur bei prädikativen Adjektiven sieht man das nicht. Bei einem Nomen würde man das merken. Finden wäre auch so ein Wort — „ich finde sie schön“ — da ist „schön“ ja auch kein Adverb.

Das nenne ich schön.”, –

Gruß,
André

Hallo André,

Also die Frage bei aussehen ist ja _ wie _,
bei sein aber _ was _. Deshalb würde ich
sagen, dass es sich bei schön in schön aussehen
eindeutig um ein adverbiales, bei schön in schön
sein
aber um ein prädikatives Adjektiv handelt.

Gerade das denke ich nicht. Es ist mit ziemlicher Sicherheit
ein adjektivisches Element.

Dass es sich bei schön der Form nach um ein Adjektiv handelt, steht ja außer Frage, die Frage ist lediglich die, in welcher Funktion es verwendet wird also ob

  • als Attribut

  • als Adverb oder

  • als Prädikativum

Im Englischen würde man hier auch
kein Adverb erwarten (*She looks beautifully ist
ungrammatisch).

Englisch ist Englisch und Deutsch ist Deutsch!
Hard in
She works hard for the money
ist in ein Adverb.
Hardly ist in jedem Fall ein Adverb, aber
She works hardly for the money
heißt genau das Gegenteil!

http://www.sharrysplace.com/Lyrics/Disco/works-hard-…

Das Verb nennen würde ich als Ausnahme ansehen:

Naja, nennen ist ein transitives Verb, dass fürs Objekt
den Akkusativ verlangt. Theoretisch stünde auch „schön“ im
Akkusativ, nur bei prädikativen Adjektiven sieht man das
nicht. Bei einem Nomen würde man das merken. Finden
wäre auch so ein Wort — „ich finde sie schön“ — da ist „schön“

Genauer gesagt ist nennen ein dreiwertiges Verb mit zwei Akkusativ- bzw. einer Akkusativ und einer Prädikativergänzung und einer Nominativergänzung. Wir wollen doch moderne Grammatikmodelle benutzen und da gibt es nur Ergänzungen und keine Objekte!
:wink:

Gruß Gernot

Dass es sich bei schön der Form nach um ein Adjektiv
handelt, steht ja außer Frage, die Frage ist lediglich die, in
welcher Funktion es verwendet wird also ob

  • als

Attribut

  • als Adverb oder

  • als

Prädikativum

Adverbiale Adjektive? Sowas kenne ich nicht, wäre mir neu, dass sowas existiert. Schließt sich das nicht gegenseitig aus?

Im Englischen würde man hier auch
kein Adverb erwarten (*She looks beautifully ist
ungrammatisch).

Englisch ist Englisch und Deutsch ist Deutsch!

Die Konstruktion ist aber die gleiche.
Ich weiß ja, dass das kein legitimes Argument ist, aber ich kenne kein Verfahren, mit dem sich Adverben im Deutschen von Adjektiven unterscheiden lassen.

http://www.sharrysplace.com/Lyrics/Disco/works-hard-…

Das Verb nennen würde ich als Ausnahme ansehen:

Naja, nennen ist ein transitives Verb, dass fürs Objekt
den Akkusativ verlangt. Theoretisch stünde auch „schön“ im
Akkusativ, nur bei prädikativen Adjektiven sieht man das
nicht. Bei einem Nomen würde man das merken. Finden
wäre auch so ein Wort — „ich finde sie schön“ — da ist „schön“

Genauer gesagt ist nennen ein dreiwertiges Verb mit
zwei Akkusativ- bzw. einer Akkusativ und einer
Prädikativergänzung und einer Nominativergänzung. Wir wollen
doch moderne Grammatikmodelle benutzen und da gibt es nur
Ergänzungen und keine Objekte!
:wink:

Okay. :wink:
Mir mag grad nicht einfallen, wann man noch eine Nominativergänzung mit „nennen“ benutzen kann. Fällt dir da ein Beispiel ein?

Grüße,

  • André

Adverbiale Adjektive? Sowas kenne ich nicht, wäre mir neu,
dass sowas existiert. Schließt sich das nicht gegenseitig aus?

Nein, mein Lieblingsbeispiel im im DaF-Unterrricht war immer der Satz:

Ich finde das Auto schnell.

Setz den Satz mal jeweils im Kontext hinter die beiden Sätze:

Dein Auto fährt ja bis zu 250 Km/h Spitze bzw.

  • Die Parkplätze im Parkhaus sind ja nummeriert!

Dann verstehst du, was ein Adjektiv in prädikativer bzw. in adverbialer Funktion ist.

Mir mag grad nicht einfallen, wann man noch eine
Nominativergänzung mit „nennen“ benutzen kann. Fällt dir da
ein Beispiel ein?

Z.B.: Ich nenne ihn einen Scharlatan!

Gruß Gernot

Adverbiale Adjektive? Sowas kenne ich nicht, wäre mir neu,
dass sowas existiert. Schließt sich das nicht gegenseitig aus?

Nein, mein Lieblingsbeispiel im im DaF-Unterrricht war immer
der Satz:

Ich finde das Auto schnell.

Setz den Satz mal jeweils im Kontext hinter die beiden Sätze:

Dein Auto fährt ja bis zu 250 Km/h Spitze

bzw.

  • Die Parkplätze im Parkhaus sind ja

nummeriert!

Dann verstehst du, was ein Adjektiv in prädikativer bzw. in
adverbialer Funktion ist.

Ja, das war mir auch klar, dass dies beides möglich ist. Aber ein gutes Beispiel ist’s.
In Lesart a) ist „schnell“ meiner Meinung nach ein prädikatives Adjektiv. Da stimmst du glaub zu.
In Lesart b) ist „schnell“ einfach nur ein Adverb, das sich auf „finden“ bezieht. Es ist mit Sicherheit kein Adjektiv.

Oder handhabt man das bei DaF so, dass von Adjektiven abgeleitete und gleichlautende Adverben nicht als Adverben, sondern als Adjektive bezeichnet werden?
Ist das „schnell“ in „Es fährt schnell“ auch ein Adjektiv in adverbialer Funktion? Wenn nicht, dann ist das in deinem Satz b) ja auch keins.

Im Englischen funktioniert’s ganz genauso: „I find it quick/quickly“, da ist das „quickly“ ja auch ein Adverb, kein Adjektiv in adverbialer Funktion.
Also so richtig überzeugt mich das nicht.

Mir mag grad nicht einfallen, wann man noch eine
Nominativergänzung mit „nennen“ benutzen kann. Fällt dir da
ein Beispiel ein?

Z.B.: Ich nenne ihn einen Scharlatan!

Das ist aber Akkusativ (2×). Ich meinte einen Satz, in dem, wie du sagtest, zwei Nominative und nur ein Akkusativ vorkommen, mit nennen. Oder wie soll ich das verstehen?

Gruß Gernot

Gruß,

  • André

Hallo André,

Also die Frage bei aussehen ist ja _ wie _,
bei sein aber _ was _. Deshalb würde ich
sagen, dass es sich bei schön in schön aussehen
eindeutig um ein adverbiales, bei schön in schön
sein
aber um ein prädikatives Adjektiv handelt.

Gerade das denke ich nicht. Es ist mit ziemlicher Sicherheit
ein adjektivisches Element. Im Englischen würde man hier auch
kein Adverb erwarten (*She looks beautifully ist
ungrammatisch).

Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr denke ich, dass du Recht hast: Wenn wr uns dem Problem mal mit einem modernen Grammatikmodell nähern, also z.B. dem der Dependenzgrammatik, dann wird klar, dass das Verb aussehen zwingend einer Prädikativergänzung bedarf.

*Ich sehe aus.
… ist einfach kein vollständiger Satz.
Ich sehe überarbeitet aus.
&hellip ist es schon.

Die Ergänzung ist also notwendig ; man kann sie nicht weglassen und daher muss es sich hier auch um eine Verbergänzung handeln und nicht nur um eine (adverbiale) Angabe.

Adverbien sind ja optionale Angaben, d.h. man kann sie immer weglassen.

Das sehen wir an dem an anderer Stelle in diesem Thread bereits erwähnten „Ich finde das Auto schnell”, das je nachdem, in welchem Kontext es vorkommt, ob also z.B. nach dem Satz

Das Auto fährt ja 250 km/h Spitze!
oder

  • Die Parkplätze sind ja nummeriert!

völlig unterschiedliche Bedeutungen annimmt.

Im ersten Fall handelt es sich um ein Adjektiv in prädikativer Funktion und ich kann es nicht weglassen. In zweitem Fall handelt es sich um ein Adjektiv in adverbialer Funktion und ich kann es weglassen.

Man muss in der Linguistik immer trennen zwischen formalen und funktionalen Begriffen: So können ja z.B. auch Pronomen wie Nomen/Substantive (formale Begriffe) gleichermaßen in unterschiedlichen Funktionen (Nominativ-, Akkusativ- oder sonstwas für eine Ergänzung) auftreten.

Samstags ist sowohl der Form und der Funktion nach ein Adverb, Samstag ist der Form nach ein Nomen, der Funktion nach kann es aber ggf. in Kombination mit anderen Wortarten ebenfalls eine temporale Angabe (Adverb) oder eine temporale Ergänzung bilden.

Ich habe diesen Samstag Zeit. (temporale Angabe/Adverb)

Das Seminar dauert den ganzen Samstag. (temporale Ergänzung)

Gruß Gernot