Ja, das kann zutreffen… dass man von den Eltern vielleicht
vorgelebt bekommt, dass eine Klausur auch eine 3 statt einer 4
oder eine 1 statt einer 2 sein könnte und man dies dann
irgendwann übernimmt.
Was aber auch bei dieser Person zutrifft und ich nicht so
betont hatte, ist, dass es halt immer dieser Tick mehr sein
muss:
Wenn die anderen 3 Mass schaffen, schafft diese Person halt 4.
Wenn die anderen einen Bungee-Jump machen, macht sie halt
einen Fallschirmsprung. Wenn alle zusammen vorglühen, dann auf
die Party gehen, geht sie anschließend nochmal woanders hin.
Wenn dann alle um 3 Uhr müde sind, muss sie am nächsten Tag
erzählen, dass sie bis um 6 Uhr gefeiert hat usw… halt immer
etwas mehr als die anderen, es reicht nie aus, die Grenzen
werden immer verschoben, hauptsache „mehr“. Was muss diese
Person kompensieren? Einen Minderwertigkeitskomplex, weil sie
sonst nichts zu bieten hat und kein Selbstbewusstsein hat?
Das alles ist kein Widerspruch zu dem von mir Beschriebenen:
Vermutlich hat er in der Kindheit so, wie er ist, nie genügt. Er hat ne 2 geschrieben und hat dafür kein Lob bekommen, sondern die Kritik, dass ne 1 besser gewesen wäre.
Das bedeutet, er ist nie mit seiner Leistung akzeptiert worden, sondern nur dann, wenn er der Beste war.
Deshalb kann er sich selbst nur akzeptieren, wenn er immer der Beste ist, länger feiern kann, mehr trinken kann etc. Er hat diese Haltung, dass er nur wertgeschätzt werden kann, wenn er der Beste ist, völlig internalisiert und lebt nun nach dieser Devise. Und überträgt das natürlich auch auf andere.
Mir tun solche Menschen leid, weil sie in einem Gefängnis sind, aus dem sie anscheinend nicht ausbrechen können. Sie können sich ihre Fehler nicht verzeihen (weil es nie einen Menschen in ihrem Umfeld gab, der das konnte) und deshalb verzeihen sie auch anderen nicht, wenn diese Fehler machen oder nur mittelmäßig sind.
Selbstbewusstsein beruht darauf, dass man sich selbst so annehmen und lieben kann, wie man ist, mit allen Fehlern und Schwächen, die man hat. Aber dafür muss es mal einen Menschen gegeben haben, der einem zeigt, dass man trotz seiner Fehler und Schwächen respektwürdig und liebenswert ist.