Hallo!
Wer den Bereich Internetrecht ein wenig im Auge hat, dem dürfte nicht entgangen sein,daß seit rund 10 Jahren verstärkt diverse Anwälte damit „beschäftigt“ sind, Urheberrechtsverletzungen im Netz abzumahnen, in erster Linie im Filesharingbereich. Bislang waren Gerichte relativ einhellig der Meinung,daß solche Forderungen nach den Regelungen des §195,199 BGB verjähren.
Nun hat letztes Jahr im Mai der BGB beschlossen,daß zumindest der Schadensersatz nach den Regelungen des §852 BGB verjährt,welcher eine 10jährige Verjährungsfrist vorsieht. Was ist eigentlich mit den Fällen,die nach der vorherigen Rechtsprechung verjährt wären, nicht jedoch nach der neuen Rechtsprechung ? Anders gefragt: Können Forderungen,die bislang als verjährt galten, wieder „aufgerollt“ werden ?
Fälle, die zum Zeitpunkt des entsprechenden BGH-Urteils bereits rechtskräftig abschließend so ausgeurteilt worden sind, dass keine Rechtsmittel mehr möglich sind, sind damit erledigt. Das ist immer so, sieht man mal von Fällen ab, wo sich ggf. aufgrund neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung Ansätze für Wiederaufnahmeverfahren im Strafrecht ergeben könnten. Aber das sind wirklich Exoten! Der Grundsatz sieht so aus, dass man Rechtssicherheit und Rechtsfrieden haben will, und daher die Dinge mit dem vorgesehenen Instanzenzug erledigt sind.
Stell Dir vor, was los wäre, wenn ggf. noch nach Jahren ggf. hunderte oder gar tausende rechtskräftiger Entscheidungen wieder aufgehoben würden, weil sich der BGH nunmehr in einer Detailfrage anders geäußert hat. Das gäbe zwar jede Menge zusätzliche Verdienstmöglichkeiten für die Anwaltschaft, aber auch ein unglaubliches Chaos. Du könntest Dich nie darauf verlassen, dass z.B. Dir per Urteil zugesprochenes Geld auch tatsächlich von Dir verwendet werden kann, weil Du immer damit rechnen müsstest, dass irgendjemand wieder olle Kamelle ausgräbt.
Anders sieht es aber mit Fällen aus, die bislang vom Berechtigten noch gar nicht vor Gericht gebracht worden sind, und in denen insoweit auch noch keine Urteile existieren. Die kann man unter der Voraussetzung, dass der BGH inzwischen von einer längeren Verjährungsfrist ausgeht, durchaus auch nach Ablauf der bislang üblicherweise angewendeten Frist erstmals noch rechtzeitig vor Ablauf der nunmehr angewendeten Frist vor Gericht bringen, und hat damit nun durchaus Aussicht auf Erfolg. Denn da würde ja kein abgeschlossenes Verfahren wieder aufgerollt, sondern nunmehr erstmals ein Verfahren betrieben.
Insoweit unterscheiden sich auch ggf. Fälle, in denen der Gesetzgeber neue Verjährungsfristen gesetzlich festlegt, und dabei dann auch Übergangsvorschriften erlässt, wie mit Altfällen umzugehen ist, von Fällen, in denen lediglich durch die Rechtsprechung alternative, aber ohnehin schon bestehende Vorschriften herangezogen werden. Denn in letzteren Fällen gab es die entsprechenden Vorschriften dann ja auch früher schon, und geht es nur um deren korrekte Anwendung.