Anerkennung von betrieblichen Aufwendungen bei Selbständigkeit + aufstockendem ALG II

Ein Selbständiger in Hamburg mit aufstockendem ALG II hat im Bewilligungszeitraum Betriebseinnahmen erwirtschaftet. Auf der Basis seiner abschließenden EKS werden Betriebsaufwendungen nur in Höhe der pauschalen Freibeträge anerkannt. Die Begründung: wegen zu niedriger monatlicher Durchschnittsumsätze nur pauschale Anerkennung der Kosten.

Gibt es eine rechtliche Grundlage, nach der betriebliche Aufwendungen erst ab einer bestimmten Umsatzhöhe der tatsächlichen Höhe nach anerkannt werden?

Angenommen, in der gleichen Zeit wird ein betriebsbedingter Kredit aufgenommen.
Dadurch erhöht sich das insgesamt zugeflossene Geld auf über 400 Euro monatlich.
Wird dieser Kredit zum Einkommen hinzugerechnet? Würde sich dadurch im Beispiel oben bei der Höhe der anerkannten Kosten etwas ändern?

Danke

Angel

Hallo,

Gibt es eine rechtliche Grundlage, nach der betriebliche Aufwendungen erst ab einer bestimmten Umsatzhöhe der tatsächlichen Höhe nach anerkannt werden?

Es ist etwas volkstümlich formuliert so, dass der Fallmanager entscheidet, welche Ausgaben anerkannt werden.
Grundsätzlich ist es im deutschen Sozialstaat so, dass Nichtstun alimentiert wird. Dass zeigt sich in hohen Entzugsraten bei Erwerbseinkommen und gipfelt eben in einer letztlich etwas willkürlichen anerkennung von Betriebsausgaben oder eben nicht. Das Stichwort ist hier deren Notwendigkeit. Und über die entscheidet eben ein Fallmanager im Rahmen gewisser Vorgaben. Die Vorgabe ist unter anderen die ALG-II-Verordnung http://www.gesetze-im-internet.de/algiiv_2008/__3.html, die dann naturgemäß dann noch in Arbeitsanweisungen/ -hilfen konkretisiert wird.
In der ALG-II-VO findet sich dann in § 3 Abs. 2 eben schon die Formulierungen der tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben sowie ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften.
Besser wird es dann noch im Abs. 3 nicht abgesetzt werden, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen.
Hier entscheidet also ausgrechnet ein Beschäftigter eines Staats, der seit Jahrzehnten über seine Verhältnisse lebt, über die Vermeidbarkeit und angemessenheit von Betriebsausgaben.
Nachgewiesene Einnahmen können bei der Berechnung angemessen erhöht werden, wenn anzunehmen ist, dass die nachgewiesene Höhe der Einnahmen offensichtlich nicht den tatsächlichen Einnahmen entspricht. Ausgaben können bei der Berechnung nicht abgesetzt werden, soweit das Verhältnis der Ausgaben zu den jeweiligen Erträgen in einem auffälligen Missverhältnis steht.
Ebenfalls eine sehr lebenspraktische Aussage. In der Realität läuft das daraus hinaus, dass sich der Selbstständige zur Sicherheit jede Ausgabe vorher von seinem Fallmanager genehmigen lässt. Das Ganze ist also mit einem erheblichen Mehraufwand oder entsprechender Unsicherheit verbunden, womit der Gesetzgeber sein Ziel zu erreichen versucht, dass nur Nichtstun alimentiert wird.

Angenommen, in der gleichen Zeit wird ein betriebsbedingter Kredit aufgenommen.
Dadurch erhöht sich das insgesamt zugeflossene Geld auf über 400 Euro monatlich.
Wird dieser Kredit zum Einkommen hinzugerechnet?

Nein. Es gibt aber durchaus Arbeitagenturen, wo man dies möglicherweise noch so sieht.

Würde sich dadurch im Beispiel oben bei der Höhe der anerkannten Kosten etwas ändern?

Der Kredit stellt ja keine Kosten dar, lediglich dessen Zinsen und Tilgung.
Wenn natürlich die Kreditaufnahme für Ausgaben dient, die der Fallmanager als nicht angmessen/notwendig betrachtet, sieht die Welt wieder ganz anders aus.

Grüße

Hallo,

Die Begründung: wegen zu niedriger monatlicher
Durchschnittsumsätze nur pauschale Anerkennung der Kosten.

Gibt es eine rechtliche Grundlage, nach der betriebliche
Aufwendungen erst ab einer bestimmten Umsatzhöhe der
tatsächlichen Höhe nach anerkannt werden?

Die gesetzlich Grundlage wird im Bescheid genannt

Wird dieser Kredit zum Einkommen hinzugerechnet?

Kredit ist keine Einnahme

Würde sich
dadurch im Beispiel oben bei der Höhe der anerkannten Kosten
etwas ändern?

Zinsen für den Kredit sind unvermeidbare Ausgaben.
Ansonsten halte ich die Ausführungen von Elbuffo teilweise für polemisch und kaum hilfreich. Der Link ist ok. Zu empfehlen ist, die gesamte VO zu lesen. Ansonsten dokumentiert E. auch mangelnde Sachkenntnisse.

Gruß
Otto

Hallo,

Die Begründung: wegen zu niedriger monatlicher Durchschnittsumsätze nur pauschale Anerkennung der Kosten.
Gibt es eine rechtliche Grundlage, nach der betriebliche Aufwendungen erst ab einer bestimmten Umsatzhöhe der tatsächlichen Höhe nach anerkannt werden?

Die gesetzlich Grundlage wird im Bescheid genannt

Und das wird hoffentlich immer das SGB II bzw. die ALG-II-VO sein? Auf seine internen Dienstanweisungen wird sich der Fallmanager kaum berufen.

Wird dieser Kredit zum Einkommen hinzugerechnet?

Kredit ist keine Einnahme.

Das würde jeder normale Mensch so sehen. § 11 Abs. 1 SGB II definiert zunächst jede Einnahmen in Geld und in Geldeswert als berücksichtigungsfähiges Einommen. Dazu zählen zunächst auch Darlehen oder einfach nur der ausgeschöpfte Dispo. Erst wenn sie zweckgebunden sind, sieht das anders aus.

Würde sich dadurch im Beispiel oben bei der Höhe der anerkannten Kosten etwas ändern?

Zinsen für den Kredit sind unvermeidbare Ausgaben.
Ansonsten halte ich die Ausführungen von Elbuffo teilweise für polemisch und kaum hilfreich. Der Link ist ok. Zu empfehlen ist, die gesamte VO zu lesen. Ansonsten dokumentiert E. auch mangelnde Sachkenntnisse.

Dann werde doch mal konkret. Vielleicht ist die eine oder andere Ausführung etwas pointiert, letztlich beschreibt sie jedoch die Realität.
Die schaut nunmal so aus, dass ein Selbstständiger neben seiner Tätigkeit und der Buchführung fürs Finanzamt eben auch noch eine in Form der EKS für die ARGE macht und dass er bei jeder Ausgabe grundsätzlich Gefahr läuft, dass sie ihm vom Fallmanager als nicht notwendig bewertet oder zumindest nur anteilig anerkannt wird. Dann hat er dieses Geld für sein Unternehmen ausgegeben und soll dann nochmal davon leben. Also nochmal zusätzlicher Aufwand solche Ausgaben vorher abzusprechen.
Die Wahrscheinlichkeit an einen Fallmanegr zu geraten, der von Betriebsführung in der freien Wirtschaft nicht allzuviel versteht, dürfte jedenfalls relativ hoch sein. Das wäre kein Vorwurf an den Fallmanager, aber ein Problem für den Selbstständigen, der dann im Zweifel von Geld leben soll, welches er bereits ausgegeben hat.
Hier noch ein interessanter Link, der mal eine konktere Problematik beschreibt. http://sozialberatung-kiel.de/category/selbstandige-… geht es auch um eine Darlehen und es gibt auch ein Gerichtsurteil (Leider führt der Link dahin nur zu einem eingescannten Fax, aber es ist lesbar). Das dürfte dann dem Vorwurf der Polemik ein wenig den Wind aus den Segeln nehmen. Insofern bleibe ich bei der Aussage, dass unsere Sozialleistungen vorrangig darauf ausgrichtet sind, Nichtstun zu alimentieren. Wer etwas tut, unterliegt sofort (ok, nach den ersten 100€) hohen Entzugsraten und muss neben diesem Tun weiteren Aufwand betreiben. Das dürfte wohl einige Leute dazu motivieren, eben nichts zu tun.

Grüße

Hallo,

Ansonsten dokumentiert E. auch mangelnde Sachkenntnisse.
Dann werde doch mal konkret.

  1. Arbeitsagentur, hier ist das JC zuständig
  2. ein Fallmanager bearbeitet keine Leistungsangelegenheiten

Gruß
Otto