Hi.
Thales und Anaximander hab ich so krass noch nie als
Begründer gesehen)
Ich denke schon, daß man Thales und Anaximander als erste Protagonisten des Realismus-Idealismus-Konflikts bezeichnen könnte, aus den schon genannten Gründen. Was Thales betrifft, war er noch kein reinrassiger Realist, da er das Wasser vermutlich noch mythisch konnotierte und auch von Gottheiten sich nicht gänzlich verabschiedet hatte. Aber das Wasser bestimmte er definitiv als Grundsubstanz des Seins. So eindeutig hatte vorher noch keiner in einer Welterklärungstheorie das Materielle als Seinsbasis postuliert. Thales gilt auch als Wegbereiter der Naturwissenschaften.
Anaximanders Vorstellung vom Urgrund aller Dinge war gänzlich frei von mythologischen Assoziationen, wie sie noch bei seinem Lehrer Thales spürbar waren. Diesen Grund oder Ursprung bezeichnete Anaximander als ‘Apeiron’, das Grenzenlose: „Alles nämlich ist entweder Ursprung oder aus einem Ursprung, das Apeiron aber hat keinen Ursprung. Der wäre ja von ihm die Grenze. Ferner ist es sowohl unentstanden als auch unvergänglich, da es ja Ursprung ist … Deshalb, wie gesagt, gibt es von diesem Ursprung keinen Ursprung, sondern dieser scheint der Ursprung der anderen Dinge zu sein und alles zu umfassen und alles zu lenken. Und das sei das Göttliche, unsterblich nämlich und unvergänglich.“ Das Apeiron ist das Unbedingte, das Absolute, das die Dinge der Welt Bedingende: diese entstehen aus ihm und kehren zu ihm zurück. Wer sollte also der Wegbereiter des Idealismus sein, wenn nicht Anaximander? Idealismus ist die Anschauung, daß die Welt nicht materieller, sondern geistiger Natur ist. Idealismus ist auch immer MONISTISCH. Er denkt das Ganze der Welt als eine einheitliche Geistsubstanz, aus der heraus sich verschiedene Seinskategorien entfalten, welche aber nur Attribute der Geistsubstanz sind.
Die Vorsokratiker setzten diese Tradition fort, dann fanden Plotin, Nikolaus von Kues, Böhme und Spinoza neue Formeln für diese Anschauung. Beim Deutschen Idealismus kam eine neue wichtige Komponente hinzu: der Begriff des Ich, vorgedacht durch Descartes.
Wieso hat
das Problem der Begriffenstehung was mit dem Anfangsproblem im
Idealismus zu tun?
Das mit Kant war wirklich zu knapp angetupft. Er gilt als Vorbereiter des Deutschen Idealismus, weil er ein transzendentales Ich annahm, das hinter dem empirischen Alltags-Ich verborgen ist und diesem Ich die Bedingungen für Erkenntnis diktiert. So wurde das Ich zum Fundament des Erkennens, in ihm lagen die Strukturen, nach denen die Welt erkannt werden kann. Damit hatte Kant die Überspanntheiten des vorausgehenden Rationalismus in die Grenzen gewiesen - die Kategorien der Logik und der Vernunft, die der Rationalismus als ontologische Gesetze behauptet hatte, wurden von Kant im transzendentalen Ich verortet, im Subjekt selbst. Dieses ´Ich´ ist eine Art neutraler Zeuge, der nur wahrnimmt, was an inneren und äußeren Ereignissen geschieht. Es kann nicht selbst Objekt von Wahrnehmung sein.
Mit einem geistigen Monismus hatte Kant allerdings nichts am Hut. Die nachfolgenden Idealisten um so mehr. Fichtes Konzept war innovativ: er nahm das kantische Transzendental-Ich und verheiratete es mit dem Geistmonismus.
aber bis jetzt wurde
ich mit noch keinem Argument befriedigt, das mich zwingt von
diesem Soleipsismus abzuweichen. versuchs…
Der Solipsismus ist eigentlich leicht zu widerlegen. Wo ist die Welt, wenn das Ich schläft, wenn es im Koma liegt, wenn es noch gar nicht geboren ist? Es spricht zudem auch nichts FUR den Solipsismus. Nichts in der Erfahrung rechtfertigt die Annahme, daß die Außenwelt die Projektion eines Ich ist.
Der Begriff des Ich ist ein Produkt der Sozialisation. Er ist ein Indikator, der auf einen Sprechenden hinweist. Wer oder was dieser Sprechende aber ist, wird durch den Ich-Begriff ganz und gar nicht klar (Martin hat das in seinen Antworten gut herausgestellt). Das Ich ist keine Substanz, es ist ein Name, genauer: ein Pronomen, das etwas bezeichnet, das unsichtbar ist - und vielleicht auch nicht EXISTIERT.
Daß es kein substantielles Ich gibt, ist eine in Raum und Zeit weitverbreitete Ansicht. In der neuen Philosophie sagen dies die Strukturalisten. Für sie sind es unbewußte Strukturen, die das Subjekt von außen konstituieren und steuern. In der strukturalistischen Psychoanalyse war es Lacan, der das bewußte Ich als imaginär bezeichnete und als gesteuert vom unbewußten, strukturalen, unpersönlichen Subjekt und vom Begehren, das dieses unbewußte Subjekt motiviert (Lacan: „Ich denke, wo ich nicht bin, also bin ich, wo ich nicht denke“). In den asiatischen Philosophien gilt das Ich radikal als illusionär. Der Buddhismus spricht vom Nicht-Ich, das sich nur im Zustand der Verblendung als Ich wahrnimmt. Der Hinduismus spricht vom Atman, dem Kern des Ich, der mit Brahman, dem Weltgeist, identisch, ist.
„So … gibt es im konventionellen Sprachgebrach ein Ich, das Freude und Leid unterworfen ist …, doch wenn wir dieses Ich analytisch suchen, können wir es nicht finden.“ (Dalai Lama)
Ist das echt so wie du das sagst eine Grundthese des Deutschen
Idealismus?
Da der Deutsche Idealismus von einer monistischen Geistsubstanz ausgeht, ist für ihn logischerweise das empirische Ich nur ein Reflex, eine Durchgangsstufe, eine Erscheinungsform oder ein vergänglicher Moment des Weltgeistes, wie alles andere auch.
Gruß