Angeblicher Täuschungsversuch bei Klassenarbeit

Hallo!

Letztens gab es an meiner Schule folgenden Fall:
In der zehnten Klasse wurde eine Klassenarbeit geschrieben. Nach einiger Zeit ging die Lehrerin im Raum herum und kontrollierte, ob die Schüler spicken bzw. abschreiben. Bei einem Schüler entdeckte sie zwei beschriebene Din-A4-Blätter in seinem offenen Rucksack. Das vordere Blatt war ca. zur Hälfte lesbar, das andere wurde durch das vordere Blatt verdeckt. Die Lehrerin kassierte die Blätter ein und markierte die Stelle in der Arbeit des Schülers, an der er gerade geschrieben hatte. Alles was bis dahin geschrieben wurde, wertet die Leherin nicht.

Nun meine Fragen:
Als was kann man das werten? Die Lehrerin hat den Schüler ja nicht „auf frischer Tat“ erwischt, sondern nur Blätter mit Informationen, die im Unterricht besprochehn wurden, gefunden. Ist es ein Täuschungsversuch oder ein „versuchter Täuschungsversuch“?
Je nach Fall, welche Rechte hätten Schüler und Lehrerin?
Die Lehrerin kann ja eigentlich nicht beweisen, dass der Schüler betrogen hat. Die Zettel befanden sich ja nicht am Arbeitsblatt direkt, sondern ca. einen Meter vom Stuhl entfernt im halboffenen Rucksack. Darf die Lehrerin die Inhalte beider Blätter nicht werten oder nur die des vorderen, sichtbaren Blattes?

Vilen Dank im Voraus für die Hilfe!

Hallo,

Als was kann man das werten? Die Lehrerin hat den Schüler ja
nicht „auf frischer Tat“ erwischt, sondern nur Blätter mit
Informationen, die im Unterricht besprochehn wurden, gefunden.

das müsste aus der Schulordnung ersichtlich sein - leider hast Du nicht erwähnt, um welches Bundesland es geht.

In Bayern z. B. steht dazu sowohl in der Real- als auch in der Gymnasialschulordnung:

1 Bedient sich eine Schülerin oder ein Schüler bei der Anfertigung einer zu benotenden schriftlichen oder praktischen Arbeit unerlaubter Hilfe (Unterschleif), so wird die Arbeit mit der Note 6 bewertet.
2 Bei Versuch kann ebenso verfahren werden.
3 Als Versuch gilt auch das Bereithalten nicht zugelassener Hilfsmittel.

(RSO § 41, GSO § 58)

Hier wäre die Lehrkraft also sogar berechtigt, die Arbeit mit 6 zu bewerten.

Gruß
Kreszenz

Hallo,

also in jedem Bundesland kann eine Täuschungs bei einer Leistungskontrolle mit einer 6 bzw. 0 Punkten bewertet werden und in einigen Bundesländern auch weitere Konsequenzen haben (reicht bis zum Schulausschluss).

Ich würde der Lehrerin wirklich danbar sein, dass sie noch einen Teil der Arbeit wertet. Das ist ein entgegenkommen von ihr. Deswegen besser nicht diskutieren.

Ich meine das Täuschung und der Täuschungsversuch überall durch die Schulgesetze gleich gestellt werden. Sehe aber als nicht Jurist die von dir beschriebene Situation als Täuschung an.

Bei einem Täuschungsversuch bzw. Täuschung ist es unerheblich, ob nur in einem Teilgebiet der Arbeit „gespickt“ wurde oder in allen. Somit ist es ebenfalls unerheblich, ob alle Blätter nur durch einfaches Kopfbewegen zu lesen waren oder ob man noch das Blatt bewegen musste, um die anderen Löungen zu sehen.

Ich hoffe, dass ich dir helfen kann, auch wenn es vermutlich nicht die gewünschte Antwort ist.

Gruß

Dieser Fall ereignete sich in Nordrhein-Westfalen.

Ist es für einen Schüler nicht ungerecht, wenn man ihm das so krass unterstellt? Immerhin waren diese Zettel zum Spicken viel zu ungebräuchlich und groß. Wenn jemand spicken möchte, dann jawohl richtig.
Warscheinlich ist´s für den Schüler einfach doof gelaufen. Oder gibt es irgendwo Gesetzes-Lücken bzw. Ungenauigkeiten?
Besteht die Möglichkeit auf Abspruch auf eine Nachschreibearbeit?

Dieser Fall ereignete sich in Nordrhein-Westfalen.

in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe I – APO-S I steht dazu:

 § 6 
Leistungsbewertung, Klassenarbeiten
...
(7) Bei einem Täuschungsversuch
a) **kann** der Schülerin oder dem Schüler aufgegeben werden, den Leistungsnachweis zu wiederholen,
b) **können** einzelne Leistungen, auf die sich der Täuschungsversuch bezieht, für ungenügend erklärt werden,
c) **kann** bei einem umfangreichen Täuschungsversuch die gesamte Leistung für ungenügend erklärt werden. 

Ist es für einen Schüler nicht ungerecht, wenn man ihm das so
krass unterstellt?

Es ist gängige Praxis, das Bereithalten (in welcher Form auch immer) „verdächtigen Materials“ bei einer Klassenarbeit als Täuschungs versuch zu behandeln.

Immerhin waren diese Zettel zum Spicken
viel zu ungebräuchlich und groß. Wenn jemand spicken möchte,
dann jawohl richtig.

Du würdest Dich wundern, mit welchen (für jeden Außenstehenden) erkennbar untauglichen Mitteln zu „spicken“ versucht wird.
Das Argument „Wenn ich hätte spicken wollen, hätte ich das ganz anders gemacht“ dürfte kaum einen Lehrer überzeugen.

Warscheinlich ist´s für den Schüler einfach doof gelaufen.

So kann man’s nennen. Ein Schüler der 10. Klasse ist schließlich kein völlig ahnungsloser „heuriger Has“, der nicht wüsste, dass er nichts herumliegen lassen darf, was ihn in Spick-Verdacht bringen könnte.

Besteht die Möglichkeit auf Abspruch auf eine
Nachschreibearbeit?

Die (theoretische) Möglichkeit besteht, s. o. (7) a), aber da es sich in dem Paragraphen um Kann-Bestimmungen handelt, liegt es allein im Ermessen der Lehrkraft, wie sie verfährt (Je nachdem, was auf den Zetteln stand, könnte sie es auch als „umfangreichen Täuschungsversuch“ interpretieren und die Note 6 geben…).

Gruß
Kreszenz

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Okay, vielen Dank.
Bin gespannt, wie die Sache endet! :wink: