Angst in einsamem Haus, gibt sich das?

Hallo,

hat jemand Erfahrungen, wie das in einem Haus am Waldrand ist, ca. 500 m entfernt vom Ortsrand. Wir überlegen, ob wir das Haus kaufen sollten.
Meiner Frau gefällt es auch gut, aber sie hat Angst, daß sie da Angst haben wird, wenn sie alleine ist. Außerdem Angst um die Kinder (13 + 15) wenn wir abends mal weggehen.

Wohnt jemand ähnlich, wie ergeht es Euch dort, vergeht die Angst, wenn man erstmal ein halbes Jahr dort gewohnt hat und kein Spitzbube gekommen ist?

Hund oder Gänse wurden uns schon empfohlen, aber ein Hund würde meine Freiheit zu sehr einschränken, und von Gänsen weiß ich gar nichts.

Wie könnte man sich schützen, so daß man auch ruhig dort schlafen kann?

Vielen Dank im Voraus für alle Vorschläge oder Erfahrungsberichte
Ludwig

Hallo !

Erstmal zu uns : Wir wohnen sehr einsam. Wald und Weiden liegen direkt am Haus. Auf dem Grundstück hausen Fuchs und Reh, früher (vor einem Jahr noch) 30 Fasanen, jetzt keine mehr, der Fuchs hat sie alle gefressen. Eichhörnchen und Eichelhäher und Buntspecht sitzen auf den Bäumen und sehen uns zu.
Also, ich weiß, wovon Du sprichst und wovon ich selbst rede.

Sollte da auch nur die Idee einer Angst sein, dann kauft Euch das Haus nicht! Es geht hier nicht um leibliche Gefahren, wie Einbruch, Kinderraub oder ähnlichem, sondern um die tägliche Angst vor dem Unbekannten, wenn Deine Frau allein ist. Es gibt dort nicht die normalen Geräusche, wie Automotor oder andere, sondern die unbekannten Geräusche, die nicht zu identifizieren sind und die können einem ängstlichen Menschen ganz schön die Nerven aufreiben. Wenn nachts plötzlich vor dem Schlafzimmerfenster ein Fuchs bellt, den man vorher noch nie gehört hat, ist man nahe dran 110 zu wählen. Oder auf dem Dach sitzen Fasane und hacken im Moos rum, dann glaubt man, dort kommt ein Einbrecher. Das ganze Haus dröhnt. Oder Mäuse beleben die Zwischendecke oder den Boden und es ist ein ewiges Geraschel im Haus. Natürlich extrem nachts, wenn man im Bett liegt und beide Ohrmuscheln sind auf Horchen gestellt.
Die gleiche Angst kehrt ein, wenn nachts ein Pkw auf das Grundstück kommt und der Fahrer merkt, hier bin ich wohl falsch, die Hausbewohner aber an russische Maffia denken, das ist nichts für ängstliche Naturen.
Ansonsten ist ein einsames Haus sicherer als ein Haus in einer Siedlung. Es wird seltener eingebrochen. Entgegen dem allgemeinen Glauben.
Der beste Schutz ist ein Hund. Nicht zu klein und nicht zu „niedlich“. Nicht, dass er die eventuellen Einbrecher umlegt und ihnen gleich den Kopf abbeißt, nein, ein Hund bellt sofort oder weckt seine Leute, wenn irgendwas los ist. Jeder Einbrecher hat Respekt vor einem Hund und läßt Haus Haus sein, wenn dort ordentlich Laut gegeben wird.
Leute, die uns besuchen, sind immer begeistert über die Ruhe und möchten tagsüber am liebsten auch so wohnen. Fahren sie dann abends nach Haus, im Dunkeln, reden sie schon anders.
Also geh mit Deiner Frau abends oder nachts in die Nähe des Hauses und stellt Euch mal einige Minuten in die Gegend. Danach frag sie, ob sie immer noch bereit ist. Die Stille kann so laut sein, daß sie Angst macht und jedes kleine Mäuslein wird zum blutgierigen Wildschwein.
Es gibt aber nichts schöneres, als ein Haus ohne Nachbarn, ohne Zwang, irgendetwas so machen zu müssen, wie sie es alle machen.
Vorschlagen würde ich Euch ein Probewohnen für mindestens 12 Monate, damit Ihr sämtliche Jahreszeiten mitmacht. Aber, das geht wohl nicht!!

Ob sich die Angst gibt?? Kann das jemand beantworten??

Gruß Werner

Hallo Ludwig,

Werners anschauliche Darstellung trifft ins Schwarze. Man muß die Einsamkeit mögen. Angst, auch wenn sie vom Verstand gebändigt wird, kann die Lebensqualität für längere Zeit übel beeinträchtigen.

Hinzu kommt, daß viele Menschen richtige Stille und Dunkelheit noch nie erlebt haben. Weit und breit keine einzige Straßenlaterne, ohne Mondschein lernt mancher dabei erstmals Dunkelheit kennen. Zusammen mit völliger Stille ist das etwas für Liebhaber. Außer daß man die Orientierung verliert und sich nasse Füße im Graben holt, passiert nichts. Solche Gegenden sind weit sicherer als jedes Stadtquartier mit stündlicher Polizeistreife und durchgehender Festbeleuchtung.

Einen richtigen Sternenhimmel sieht man auch nur weitab vom Dunst und Licht der nächsten Stadt. Das Mordspektakel der Vögel früh um 4 im Sommer, man kann beinahe die Uhr danach stellen, ist für einen Städter auch fremd. Im Winter bei Schnee- was haben die Städter nur für Sorgen im Stau- ist allenfalls interessant, wann der Bauer mit dem Trecker kommt. Auch nicht jedermanns Sache: Die paar Menschen im Umkreis wissen ganz genau, wer wann zu Besuch war, weil sonst nur 3 Autos am Tag vorbeifahren und die kennt jeder am Motorgeräusch. Mal eben was einkaufen kann man vergessen. Der Pizzadienst findet die Adresse nie. Die Tiefkühltruhe muß doppeltes Format haben. Briefkasten gibts nicht, die Post holt und bringt der Briefträger. Briefmarken klebt er selbst drauf, das Geld dafür findet er unter der Fußmatte. Jede Spinne muß man lieben. Sie bekommt einen Namen und man schaut besorgt, wo sie abgeblieben ist. Daß sich furchbar neugierige Vögel ins Haus verirren und alles vollkacken, ist völlig normal. Apropos kacken: Um die rechtzeitige Grubenentleerung muß man sich natürlich auch kümmern.

Gruß
Wolfgang

natürlich gibt es diese Angst, auch wenn ich von mir behaupte, daß ich recht robust reagiere. Wir wohnten gut zehn Jahre in einem kleinen Ort: 4 Anwesen - davon ein Landwirt, 18 Leute und 78 Rindviecher, sagte ich immer gegenüber Dritte. Nachts, wenn die Straßenbeleuchtung ausgeschaltet war, merkte niemand, daß da ein Anwesen ist.

Einbruch usw. ist nie erfolgt. Das mag auch daran gelegen haben, daß nicht nur wir Hunde (Schäferhund und Hovawart) hatten. Die beschriebenen Geräusche kenne ich ganz gut. Ergänzend noch will ich das Gekratze und Poltern eines Marders erwähnen. Im Sommer kamen bei einigen Ritzen im Dachstuhl Hornissen rein, die dann postwendend beim Fenster wieder rausgescheucht wurden. Eine Dauergeräuschquelle war an unserer Grundstücksgrenze, ein Bach, der später in den Bodensee mündete.

Kurzum, man muß das einsame Wohnen mögen. Wenn für die von Dir erwähnten Kinder Spielkameraden in der Nähe wohnen, dann ist das Landleben wesentlich gesünder und reizvoller für die, als wenn sie in der Stadt leben müßten. Nur sollte eine größere Stadt nicht allzuweit entfernt sein.

Hund oder Gänse wurden uns schon empfohlen, aber ein Hund
würde meine Freiheit zu sehr einschränken, und von Gänsen weiß
ich gar nichts.

Das Schloss des Koenigs von Tonga wird von Gaensen bewacht!

Hi Saemann,

Hund oder Gänse wurden uns schon empfohlen, aber ein Hund
würde meine Freiheit zu sehr einschränken, und von Gänsen weiß
ich gar nichts.

Gänse sind die besten Wachtiere und pflegeleicht dazu. Wenn Du eine große Wiese hast und ihnen ausreichend Wasser hinterläßt, sind sie „wartungsfrei“

Wie könnte man sich schützen, so daß man auch ruhig dort
schlafen kann?

Es wurde schon gesagt, die Angst spielt sich nicht im Bewustsein ab, sondern im Unterbewustsein. Da hilft kein noch so guter Riegel, die Einstellung muß stimmen, sonst geht das alles nicht gut.
Ein Erlebniss (zwar etwas anders gelagert, aber vielleicht doch bezeichnend):
Eine Wanderung durch Norwegen, abgelegen wäre die Untertreibung des Jahres gewesen; bis zum nächsten Ort ca. 50 - 100 km.
Die Besatzung:
vier Leute, davon zwei, die noch nie ernsthaft eine größere Stadt verlassen hatten.
Erste Nacht: die Neulinge haben kaum geschlafen weil selbst in der EInöde so viele Geräusche sind, daß Ungeübte schier verzweifeln.
Zweite Nacht: dito
Dritte Nacht: einer der Städter hat sich an die Natur gewöhnt, der andere gibt entnervt auf und läßt sich von meinem Kollegen zum nächsten Dorf bringen, für beide ist die Wanderung vorbei, wir anderen beiden haben noch fünf weiter tolle Tage und Nächte vor uns, von denen ich heute noch schwärme, die andere Person übrigens auch. Der Typ der aufgegeben hat ist übrigens im „echten“ Leben kein Angsthase, aber er hat es einfach nicht mehr ausgehalten, obwohl ihm sein Hirn gesagt hat, daß alles OK ist. Da läßt sich wohl wenig machen.

Gandalf

Danke
für die zahlreichen und informativen 'Antworten, sehr interessant. #Die 'Behörde hat aber inzwischen gesagt, dass es nur als Wochenendhaus benutzt werden darf.
Ludwig