Angst vorm Opa

Hallo Kinderpsychekundige,

ein heute vierjähriges Mädchen hatte von der Wiege an Angst vorm Opa. Opa durfte nicht in die Nähe kommen, das Baby nicht halten usw.- das Kind weinte dann immer fürchterlich…! Jetzt hat das Kind immer noch eine gewaltige Scheu vor Opa: Es fremdelt und spricht nicht zu ihm; bei Opas Fragen nur Kopfnicken oder -schütteln bzw. wegschauen und nicht antworten. Opa darf auch nicht mitspielen, das wird der Mamma als „Opa ärgert mich“ weitergegeben. Das Mädchen ist sehr auf die Mutter fixiert und in ihrer Gegenwart rotzfrech, sonst aber sehr schüchtern. Was tun? Abwarten, bis das Kind älter und vernünftiger ist? Kind mit Mamma und Opa sehen sich wöchentlich, Kontakte verstärken?

Danke für alle Ratschläge
Wolfgang D.

Hallo Wolfgang,

ich habe weder Kinder noch bin ich Psychologe, allerdings hatte ich als Kind ein „Tante“ - Freundin meiner Oma, die konnte ich einfach nicht riechen. Das hat mich durch meine gesamte Kindheit begleitet, ich wollte mich weder anfassen lassen, noch anfassen, noch mit ihr reden. Die Dame ist gestorben, da war ich ca. 10. Ich war ehrlich erleichtert. Ich kann gar nicht sagen, ob es der reine Körpergeruch oder Parfüm war. Es war einfach so.

Kann mit Deinem Fall gar nichts zu tun haben, ist mir nur wieder eingefallen.
PP

Hi Wolfgang,

ich nehme an, Du bist der Opa, oder?

Tja, wenn nichts vorgefallen ist, was das Kind hätte irgendwie traumatisieren können, würde mich interessieren, welches Verhältnis zwischen Opa und Tochter, also der Mutter der Enkelin besteht. Du schreibst sehr wenig darüber, wie sie auf diese Angst ihrer Tochter reagiert bzw. damit umgeht.

Möglicherweise ist Euer Verhältnis irgendwie gestört, also Deine Tochter hat Ressentiments gegen Dich, vielleicht etwas, was sie schon lange mit sich herumschleppt und noch nie angesprochen hat. Es ist gut möglich, daß die Enkelin dieses Gefühl spürt (Kinder kriegen viel mehr mit, als man glaubt) und es auf diese Weise umsetzt.

Wenn es so wäre (ist schließlich nur Spekulation) dann hülfen wohl nur offene Gespräche.

Vielleicht kann die Kleine Dich aber auch wirklich einfach nur „nicht riechen“. After Shave wechseln? Das Rauchen aufhören?

Das sind die zwei Möglichkeiten, die mir spontan einfallen.

Liebe Grüße,
Nike

Hallo Wolfgang,

bist Du vielleicht selbst der Opa? :wink:

Also, ich glaube nicht, dass es was hilft, sich NOCH öfter zu treffen. Einaml pro Woche ist meiner Meinung nach häufig genug, um sich gut zu kennen. Wenn das Kind wirklich nicht will, hilft es sowieso nicht und verstärkt u.U. nur die Abneigung (oder würdest Du Dich freuen, wenn man Dich zwingt, noch mehr Zeit mit jemandem zu verbringen, mit dem Du nicht klarkommst?).

Woran es liegt, kann man so pauschal nicht sagen. Vielleicht drängt sich der Opa dem Kind zu sehr auf? Gerade, wenn es ein schüchternes Kind ist, möchte es vielleicht nicht so mit Fragen usw. bedrängt werden. Ich kenne da auch so ein paar „Kandidaten“ (meist kinderlose Tanten o.ä.), die die lieben Kleinen immer unbedingt knuddeln und abknutschen müssen, egal, ob das den Kindern recht ist oder nicht. Ich verstehe immer nicht, warum Kinder sowas „ertragen“ müssen, wenn doch kein Erwachsener das mit sich machen lassen würde.

Vielleicht ist der Opa einfach etwas ungestüm. Hat eine tiefe, polterige, laute Stimme. Trägt einen Kratzebart, oder riecht merkwürdig, nach Aftershave und / oder Tabak.

Wenn ich mit einem schüchternen Kind zu tun habe, dann gebe ich ihm Zeit, zu MIR zu kommen. Ich setze mich still hin, nehme mir ein furchtbar interessantes Bilderbuch und fange an zu lesen. Oder ich gehe durch das Zimmer und rede mit mir selbst, z.B. „Was für eine tolle Puppe, die ist aber schön; hmmm … ich frage mich, ob die Puppe auch so schöne Anziehsachen hat … wo könnten die nur sein?“ etc. Überhaupt ist es oft nützlich, an die Hilfsbereitschaft zu appellieren. Oder es kann helfen, wenn man dem Kind die Gelegenheit gibt, zu zeigen, was es kann bzw. weiß. Aber bitte nicht in der Art von „Geh doch mal dem Opa ein Glas holen!“, sondern so, dass das Kind eine Wahl hat und VON SICH aus entscheiden kann, etwas zu tun („Du weißt doch sicher, wo die Gläser sind - kannst du es dem Opa mal zeigen? Der Opa weiß das nämlich gar nicht …“)

„Ausfragen“ hassen eigentlich alle Kinder. Was unter Erwachsenen als „Small Talk“ gilt, ist für Kinder oft eine Tortur. Also sind für mich solche Fragen wie „Naaa, wie war’s denn im Kindergarten? Erzähl doch mal, was ihr so gemacht habt …“ erst mal tabu. Wenn das Kind von sich aus erzählt, ist es etwas anderes. Ich rede lieber mit dem Kind, ohne zu viel zu fragen, so dass es Gelegenheit hat, selbst etwas zu sagen, ohne dazu gezwungen zu sein. Ich gebe Dir mal ein Beispiel:

Auf die Frage „Naaaa, magst du denn das neue Kleid?“ kann das Kind nur „ja“ oder „nein“ sagen (bzw. Nicken / Kopfschütteln).

Wenn ich statt dessen sage „Uiiiii, das ist aber ein schönes Kleid, so eines hatte ich auch mal als Kind“ („wirklich?“), „Rosa ist sowieso meine Lieblingsfarbe“ („meine auch!“), dann ergibt sich viel leichter ein „Gespräch“. Das muss natürlich auf der Ebene des Kindes stattfinden. Man muss schon versuchen sich vorzustellen, was so ein Kind interessiert. Da sind eben eher Unterhaltungen über Marienkäfer oder Teddybären angesagt.

Bis jetzt habe ich noch jedes Kind „zum Reden gekriegt“, wenn man erst mal eine Verbindung hergestellt hat, ist es gar nicht so schwierig.

Ich wünsche dem Opa jedenfalls viel Glück - und etwas Geduld wird er auch brauchen!

VG,
Sibylle aus M

P.S. Was sagt denn die Mama dazu? Ist das Kind nur dem Opa gegenüber so abweisend, oder generell? Und was tut die Mama, schiebt sie das Kind immer wieder zum Opa rüber, oder versucht sie, mal was zu machen, was beide mit einbezieht? Bei einer Vierjährigen kann man ja schon zum Beispiel zusammen ein Spiel spielen, wie Fische Angeln oder so.

Hallo Wolfgang,

zwei Episoden, ob sie zutreffen bei dir weiß ich nicht,
vielleicht hilft es dir einen anderen Blickwinke
zu bekommen, der einen Ausweg weist.

  1. Auch ich hatte einen Großonkel, der mir gar nicht
    richtig lieb war. Er roch muffig (ich rieche das noch
    heute). Er hatte ein Holzbein, die Prothese drückte
    manchmal Luft raus, das klang dann wie furzen. Ich
    musste ihm immer die Hand geben und wenn dich das machte,
    drückte er sich an mich (ich fand das gräßlich).
    Aber er hat mir auch immer Geld gegeben. Das ich nicht
    ablehnen durfte, vielleicht auch nicht gekonnt hätte.
    Aber ich war immer so hin- und hergerissen: einerseits
    hasste ich es, wenn wir ihn besuchten, andererseits
    gab er mir Geld, das ich sehr wohl zu schätzen wusste.
    Ich wollte nicht hingehen, weil ich mir nicht zutraute,
    das Geld abzuweisen.

  2. Unser jüngster Sohn war fremden Erwachsenen
    (das waren alle außer Mama und Papa) gegenüber
    immer sehr zurückhaltend. Als er vier war und wir
    in Deutschland zu Besuch war, wurde es ganz schlimm.
    Er gab Oma keine Hand (sein Bruder, 1 Jahr älter, rannte
    auf Oma zu und drückte sie lieb und blieb bei ihr).
    Zum Glück reagierte meine Mutter gelassen und meinte,
    er würde sich schon einkriegen. Dann wollte er nichts mehr
    essen, was sie gekocht hatte. Meine Mutter log ihm
    vor, dass sie das Essen im Restaurant gegenüber bestellt
    habe. Er wollte nichts essen ,was sie angefasst hatte,
    er wollte nichts mehr anfassen ,was sie angefasst hatte…
    mir wurde das richtig peinlich, meine Mutter bezog sich
    auf Erfahrung mit 6 älteren Enkeln und ignorierte das
    Gehabe.
    Dann besuchten wir eine alte Tante von mir. Sie war über

  3. Sie kam auf uns zu, streichelte dem älteren Bruder
    über die Wange und wollte das gleiche bei dem jüngeren
    machen. Er wich entsetzt zurück und sagte: „Nicht
    anfassen, sonst werd ich auch alt!“
    Er hatte, so fanden wir durch diesen Wink heraus, wirklich
    Angst, dass Altwerden ansteckend sei.
    Uns wurde dann klar, dass wir eigentlich keine alten
    Leute unter unseren Bekannten hatten. Wir haben das
    geändert und bewusst Zusammenkünfte mit älteren Menschen
    forciert. Er ist immer noch niemand, der schnell
    warm wird mit Fremden, aber die Angst vor der Oma war
    im darauffolgenden Jahr weg.

Gruß
Elke

verweiger