Anmeldung einer Demo: Nennung der "Kundgebungsmittel" rechtens?

Moin,

geplante Demonstrationen sind bei der entsprechenden lokalen Behörde anzumelden. Dabei werden teilweise neben völlig verständlichen Angaben wie Versammlungsort, -zeit und Laufroute auch Informationen über weitere „Kundgebungsmittel“ wie Plakate/Banner etc … ja was eigentlich? gewünscht? eingefordert?

Während auf den (nicht verpflichtenden) Anmeldeformularen mancher Ort explizit ein „freiwillige Angabe“ steht (äh, ja warum wollten die das dann überhaupt wissen?), ist es in anderen offenbar so, dass man keine Banner zeigen darf sollten diese nicht prinzipiell angemeldet worden sein.

Ist das wirklich so? Ich muss Banner anmelden? Warum? Schränkt das nicht mein Recht auf freie Meinungsäußerung ein wenn ich mir nicht spontan überlegen darf ein solches zu zeigen?
Ist das Länderrecht? Oder kann das vielleicht sogar jede Gemeinde selbst entscheiden? Ehrlich gesagt wundert mich das ganz etwas und ich kann es auch noch nicht recht glauben.

Danke und VG,
J~

Das Problem der unterschiedlichen Handhabung könnte einerseits in unterschiedlichen landesrechtlichen Regelungen liegen (habe jetzt nicht alle VersG der Länder daraufhin abgeklopft), andererseits auch in einer unterschiedlichen Rechtsauslegung der entsprechenden Regelung. So lautet die Regelung in Niedersachsen z.B. wie folgt:

Zweiter Teil
Versammlungen unter freiem Himmel

§ 5
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(3) 1Die zuständige Behörde kann von der Leiterin oder dem Leiter die Angabe

  1. des geplanten Ablaufs der Versammlung,
    2. der zur Durchführung der Versammlung voraussichtlich mitgeführten Gegenstände, insbesondere technischen Hilfsmittel, …

verlangen, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist

D.h. dieses „kann verlangen“ kann man in drei Formen interpretieren:

  1. Die Behörde verlangt die Angabe zwingend gleich mit der Anmeldung
  2. Die Behörde bittet nur um freiwillige Angabe (um ggf. bei fehlender Angabe dann in einem weiteren Schritt doch noch eine zwingende Angabe einzufordern)
  3. Die Behörde wird nur bei hinreichenden Anhaltspunkten hierzu Angaben gesondert einfordern.

Das Demonstrationsrecht wird durch das Erfordernis der Angabe zunächst nicht beschränkt, da die Angabe keine Entscheidung über die einzusetzenden Mitteln bedeutet. Allerdings kann sich natürlich durchaus vor dem Hintergrund der Gefahrenabwehr ergeben, dass bestimmte Kundgebungsmittel verboten bzw. eingeschränkt oder nur unter Auflagen eingesetzt werden dürfen. Auch kann sich aus der Angabe eines angeblichen Kundgebungsmittels ergeben, dass ein solchen grundsätzlich gerade kein Kundgebungsmittel ist/ggf. einen verbotenen Gegenstand darstellt, … Und insoweit ist die frühzeitige Angabe natürlich hilfreich, um sich späteren Ärger zu ersparen bzw. frühzeitig gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen zu können, um die Frage der Zulässigkeit eines Kundgebungsmittels zu klären. Dabei liegt die Tücke ggf. durchaus im Detail, z.B. beim Durchmesser von Tragstangen, Informationsständen, an denen auch etwas verkauft wird, Verköstigungsangeboten, …

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Danke @Wiz erst mal für deine ausführliche Antwort!

Inzwischen zeigt sich mir wieder einmal mehr, dass man die Hintergründe dessen „was man so hört“ oder liest genau hinterleuchten muss bevor man etwas glaubt. Für mich passte die Geschichte vom Plakateverbot weil diese nicht angemeldet worden seien von vornherein nicht richtig zusammen und eben las ich, dass noch eine wichtige Information fehlte. Die Demonstration auf die sich bezogen wurde fand nämlich am Totensonntag statt, also an einem „stillen Tag“ - und an diesem können weitere Einschränkungen der Versammlungsfreiheit gelten.
DAS wird vermutlich der Grund sein, warum (die nicht angemeldeten) Plakate nicht gezeigt werden durfte - und schließlich verkehrt rum gehalten wurden:
https://www.kn-online.de/Mehr/Bilder/Bilder-Kiel/Fotostrecke-Schweigemarsch-gegen-Corona-Politik-in-Kiel-am-22.11.2020/2

Bildunterschrift zweites Foto!

Ich schätze mal, an einem anderen Tag hätte man die Banner noch nachmelden können und/oder sie wären einfach so toleriert worden. Man sieht ja auch, dass es nicht an Latten getragen wurde die man ggf. hätte „umfunktionieren“ können.

Das Problem der unterschiedlichen Handhabung könnte einerseits in unterschiedlichen landesrechtlichen Regelungen liegen (habe jetzt nicht alle VersG der Länder daraufhin abgeklopft),

Zumindest wird im entsprechenden Gesetz in S-H (§6) schon mal auf Einschränkungen der Versammlungsfreiheit eingegangen

http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/17px/page/bsshoprod.psml/action/portlets.jw.MainAction?p1=0&eventSubmit_doNavigate=searchInSubtreeTOC&showdoccase=1&doc.hl=0&doc.id=jlr-FeiertGSH2004rahmen

2. der zur Durchführung der Versammlung voraussichtlich mitgeführten Gegenstände, insbesondere technischen Hilfsmittel , …

verlangen, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist

OK, sowas kann ich nachvollziehen. Immerhin sind Latte/Stöcke/… zum halten von Plakaten ja auch als Knüppel zu gebrauchen. Im Sinne der Gefahrenabwehr kann ich da das Interesse der Behörden zumindest verstehen. Zu meiner oben verlinkten Demo passte das aber nicht, denn dort gab es keine Latten - und getragen wurde es ja trotzdem. Nur eben so, dass man den Text nicht lesen kann. Es kam also auf den Inhalt an - nicht drauf, dass da jemand Stoff die Strasse entlang trägt.

Vielen Dank und VG!
J~

Du sprichst ein großes Wort gelassen aus. Ist leider nicht jedem gegeben, diese Einsicht. Sonst gäbe es keine Leerdenker, Reichsbürger, Flatearther, Chemtrails, Esoteriker, Homöopathen, CDUwähler, SPDwähler, AFDwähler, FDP, … (Liste beliebig fortsetzen)