Annahme einer Erbschaft ... wie und wann geht es weiter?

Liebe Experten!

Folgender Fall: Jemand wurde per notariell beglaubigtem
Testament als Alleinerbe eingesetzt, bei der Erbsache handelt es sich vor allem
um eine Wohnimmobilie. Am 11.05. erhält der Alleinerbe durch die
Testamentseröffnung des zuständigen Amtsgerichts Nachricht vom Tod des Erblassers.
Etwa 3 Wochen später, am 30.05. teilt der Alleinerbe dem Amtsgericht
telefonisch und schriftlich mit, dass er das Erbe annehmen möchte. Die
Rechtspflegerin des Gerichtes möchte aber erst nach Ablauf der 6-Wochen-Frist,
innerhalb der der Alleinerbe sich über eine Annahme oder Ausschlagung der
Erbschaft entscheiden musste, tätig werden.

Frage: Ist das so richtig, dass der Erbe die Schlüssel zur Wohnung
erst in frühestens 3 Wochen erhält, und man ihm damit die Möglichkeit nimmt,
Verträge zu sichten und eventuell rechtzeitig zu kündigen, die Wohnung zu
lüften und zu reinigen (der Verstorbene soll dort etwa 4 – 6 Wochen tot gelegen
haben bis er gefunden wurde), seit mindestens 20.03. (Zeitpunkt des Auffindens
der Leiche) offen herumliegende und munter vor sich hin schimmelnde
Lebensmittel zu entsorgen usw.? Es laufen ja auch alle Nebenkosten usw. weiter,
jede Verzögerung seitens des Gerichtes mindert laufend den Wert des Erbes.

Macht es Sinn, dagegen anwaltlich vorzugehen oder ist es juristisch einwandfrei von
der Rechtspflegerin, noch nicht tätig zu werden, obwohl zweifelsfrei die Erbsituation
geklärt ist?

Danke für Eure Einschätzung!

Liebe Grüße

Jacqueline

Hallo!

Frage : hat denn das Gericht den Hausschlüssel ?

„Nicht Tätigwerden“ stimmt nicht. Man wartet dort mögliche Einsprüche von möglichen weiteren Erben ab. Man hat dazu alle in Frage kommenden gesetzlichen Erben angeschrieben und über das Testament informiert. Sollte die Einwände haben mögen sie sich melden. dazu die Frist.
Sie können sich aber auch schneller melden, wenn sie keine Bedenekn haben.

Grundsätzlich (und Normalfall) kann und darf man sofort in die Wohnung.
Nur so kann man sich als Erbe ja einen Einblick in die Finanzen und sonstigen Forderungen usw. machen um überhaupt über Annahme/Ablehnung zu entscheiden.

Frag nochmals beim Gericht nach oder hole Rat bei einem Anwalt ein.

MfG
duck313

Hallo, duck313!

Zunächst mal vielen Dank für Deine Antwort.

Ja, das Gericht hat den Hausschlüssel bzw. die Nachlasspflegerin. Von letzterer weiß der Erbe auch, dass er mittlerweile als Alleinerbe feststeht. Es wurden keine weiteren Testamente hinterlegt, in der Wohnung wurde auch nichts weiter gefunden und im letzten Testament, das zugunsten des Alleinerben erstellt wurde, steht ausdrücklich, dass alle eventuellen älteren Verfügungen damit ihre Gültigkeit verlieren. Die beiden einzigen verbliebenen Verwandten, Cousin und Cousine, würden laut Nachlasspflegerin nur erben, wenn der testamentarisch verfügte Alleinerbe das Erbe ausschlagen würde. Er hat aber angenommen. Cousin und Cousine wissen schon seit dem Auffinden der Verstorbenen am 20.03. durch die Polizei Bescheid (der Alleinerbe erst seit 11.05. durchs Gericht), deren 6-Wochen-Frist für einen Einspruch dürfte somit auch bereits abgelaufen sein.

Ein Schreiben des Alleinerben mit der Bitte an das Amtsgericht, sofort das Erbe antreten zu können (also Herausgabe der Schlüssel) mit diversen Begründungen, wieso es eilt, ist der Rechtspflegerin per Einschreiben am 30.05. zugegangen, bis jetzt gab es aber noch keine Reaktion. Nur eben die Antwort, sie würde gerne die Frist abwarten. Der Alleinerbe vermutet, das diese Antwort erfolgte, weil das Gericht überlastet ist, also Zeit gewonnen werden soll.

Ja, vielleicht muss der Alleinerbe tatsächlich einen Anwalt einschalten. Das Wohnerbe ist aber schon mit einem hohen Kredit belastet, der abgelöst werden muss, außerdem stehen noch viele zusätzliche Kosten ins Haus für Beerdigung, Entrümpelung, Grundreinigung, Nebenkosten, Kosten der Nachlasspflege usw. Gerne hätte sich der Alleinerbe die Anwaltskosten also erspart.

Liebe Grüße

Jacqueline

So wie oben geschildert ist hier von einer Alleinerbschaft die Rede, damit sind eventuelle andere Erben nicht Erben sondern lediglich Pflichtteilsberechtigte (wenn überhaupt!).
Der Herausgabeanspruch bezüglich des Hausschlüssels und sonstiger verwahrter Gegenstände gehört zum Nachlass. Demnach ist nach § 2039 S.1 BGB nur an alle Erben gemeinschaftlich zu leisten.
Verlang mit Fristsetzung die Herausgabe des Schlüssels von der Rechtspflegerin und weise sie darauf hin, dass alle anderen evtl. in Frage kommenden Nachlaßempfänger, wie oben geschrieben eben keine Erben sind. Es war wird und kann nicht sein, dass das Nachlassgericht ohne Befugnis sich hier als Nachlassverwaltung in Person der Rechtspflegerin aufspielt.
Und sollte die Rechtspflegerin die Schlüsselherausgabe trotzdem verweigern und bevor dann ein Anwalt eingeschaltet wird, gibt´s ja auch noch den Schlüsseldienst mit dem man sich Zutritt zur Wohnung verschaffen kann: http://www.erbrecht-ratgeber.de/erbrecht/erbschaft/wohnung-erblasser.html ramses90

laut Testament.
Das bedeutet aber nicht, andere gesetzliche Erben werden nicht benachrichtigt. Im Gegenteil, alle werden informiert und aufgefordert evtl. Ansprüche anzumelden. Insbesondere wenn sie Kenntnis von einem anderen (neueren) Testament haben sollten was ihnen vorliegt.

Das ist die Frist von 6 Wochen.

Gut, mit dem Zugang zur Wohnung ist das eine andere Sache.
Hier mag es mit den tragischen Vorgängen rund um den unbemerkten Tod zusammen hängen.

Deswegen darf sie aber den Schlüssel nicht einbehalten. Und wegen der 6 Wochen, das geht sie auch nichts an.
Selbst wenn die anderen 2 Erben Ansprüche anmelden, dann können die ja mal versuchen gerichtlich gegen ein notariell erstelltes Testamnt vorzugehen.
Und weil sie von Cousin und Cousine schreibt, dann ist doch anzunehmen, dass da die Rede von den Kindern eines oder der Geschwister des/der Verstorbenen die Rede ist. Durch ein Testament und erst Recht durch ein notarielles fallen die doch sofort als Erben weg. Nur ohne Testament träte die gesetzliche Erbfolge in Kraft. ramses90

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dennoch haben evtl. gesetzliche Erben Anspruch auf den Pflichtteil.
Oder?

Das kommt darauf an in welcher Rangfolge sie stehen, Cousin und Cousine sind mit Geschwistern in der 2. Rangfolge und haben keinen Anspruch auf den Pflichtteil
https://www.frag-einen-anwalt.de/Erbschaft-Sind-Nichten-und-Neffen-erbberechtigt--f264452.html ramses90

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Hallo Ramses 90,

vielen Dank für Deine vielen Antworten. Du hast mir damit sehr geholfen. Ich habe der Rechtspflegerin am Telefon erklärt, dass ich die Tür zur Not durch einen Schlüsseldienst öffnen lassen werde, falls sie sich weiterhin querstellen sollte. Und siehe da: Keine fünf Minuten später erhalte ich einen Anruf von der Nachlasspflegerin, dass sie den Auftrag erhalten hat, mir umgehend die Schlüssel und weitere Unterlagen auszuhändigen. Sie bestätigte auch, dass die Rechtspflegerin nicht das Recht habe, die vollen 6 Wochen abzuwarten. Das mit den Erben stimmt auch alles so wie von Dir geschildert. Sie sind nicht pflichtteilsberechtigt, wären höchstens dann zum Zuge gekommen, wenn ich ausgeschlagen hätte.

Danke nochmal für Deine Hilfe! Du hast mir Zeit, Ärger und Anwaltskosten erspart. Hiermit überreiche ich Dir einen virtuellen Blumenstrauß. :wink:

Liebe Grüße

Jacqueline

Danke Dir, hab ich doch gern gemacht. ramses90