Anne Frank und Co. - Wie Lebensmittelbeschaffung?

Hallo,

in dem Amsterdamer Versteck der Anne Frank befanden sich insgesamt acht Personen. Für so viele regelmäßig Lebensmittel zu beschaffen, war keine einfache Aufgabe für ihre Helfer. Nicht nur solche Mengen unauffälllig ins Haus zu schaffen, vor allem das erst mal einzukaufen. Damals gab es ja noch keine Supermärkte, wo man wie heutzutage unbekannterweise größere Mengen einkaufen konnte. Da gab es den „Lebenmittelladen an der Ecke“, ich kenne das noch aus meiner Kinderzeit. Außerdem waren die Lebensmittel rationiert, man kaufte sie "auf „Marken“ ein, auch das kenne ich noch.

In den Niederlanden war das sicher nicht anders, ich kann mir nicht denken, dass die deutsche Regierung in einem besetzten Land bessere Lebensverhältnisser zugelassen hätte, als im „Reich“.

Obwohl ich Annes Tagebuch vielfach mit Schülern gelesen habe, habe ich nie eine Stelle gefunden, wo berichtet worden wäre, wie die Lebensmittel beschafft worden sind. Hatten die Helfer sich gefälschte Marken beschafft und dann in verschiedenen Läden der Umgebung eingekauft? Das wäre trotzdem aufgefallen, ob sie wollten oder nicht, weil es ungewöhnlich war. Oder waren alle Ladeninhaber, Lebenmittelhändler, Bäcker, Metzger, Milchhändler und Eierverkäufer, das alles gab es damals separat, eingeweiht, oder ahnten stillheimlich, was dahinter steckte? Und irgendeiner von denen hat die Sache dann der Polizei gemeldet?

Wer das Versteck verraten hat, ist ja bis heute nicht geklärt. Es gibt zwar Vermutuingen, aber die Beschuldigten bestreiten das.

Weiß jemand aus anderer Quelle Näheres?
Fragt Euch
Carsten

Hallo Carsten,

das nen ich doch mal eine echt interessante Frage, weshalb ich mir sofort nochmal das Tagebuch von Anne angesehen habe. Allerdings bin ich über Deine Aussage

etwas überrascht, da ich beim bloßen durchblättern meiner Ausgabe direkt mehrere Einträge gefunden habe, die sich auf die Haushaltsführung beziehen.

So berichtet Anne im Beitrag vom

10. Dezember 1942
das Hermann van Pels (genannt Herr van Daan), durch seine Tätigkeit im Gewürzhandel illegal Fleisch besorgen konnte, welches von den Hausbewohnern so zubereitet wurde, dass es gelagert werden konnte.

29. Oktober 1943
das Auguste van Pels (genannt Frau van Daan) einen teuren Pelzmantel verkauft hat und das Geld, wenn auch widerwillig, dem gemeinsamen Haushalt zur Verfügung stellte.

26. Mai 1944
das Miep Gies (eine der Helferinnen) den Versteckten zu Pfingsten ein Rosinenbrot geschenkt hat.

8. Juli 1944
ein Vertreter der Firma, in deren Räumlichkeiten das Versteck lag, Erdbeeren ersteigert hat und Außerdem vom „Gemüsemann“ 18 Pfund Erbsen (geschenkt?) bekamen.

Vielleicht solltest Du das Buch unter diesem Aspekt nochmal genauer studieren, wenn Dich die Frage interessiert.

Im Allgemeinen, wie Du ja schon zurecht beschrieben hast, sah die Lebensmittelversorgung damals noch deutlich anders aus, als heute.
Viele Produkte, die für uns heute selbstverständlich sind, gab es damals noch nicht. Der Durchschnittsmensch war eine wesentlich einfachere Küche gewohnt und war außerdem noch willens und fähig Lebensmittel selbst anzubauen, sie haltbar zu machen und zu lagern.

Hierdurch wurde es den Helfern einfacher gemacht die Versteckten zu versorgen.
Die restliche Beschaffung, wurde in den von mir zitierten Tagebucheinträgen schon grob zitiert:

Schwarzhandel & Geschenke

Hinzu kommt dann auch noch, dass viele Menschen damals noch ganz selbstverständlich ihr Gemüse selbst angebaut haben und dies nicht groß durch die Besatzungsmacht kontrolliert werden konnte.

Zur allgemeinen Lage der Lebensmittelversorgung in den Niederlanden, habe ich auf die schnelle nichts gefunden (es ist auch schon recht spät). Allerdings meine ich mich zu erinnern, dass man in den besetzten Ländern viele Artikel legal nur mit Lebensmittelkarten erwerben konnte.
Aber dazu kann ja vielleicht noch jemand anders was sagen.

Ich hoffe das hilft Dir schonmal weiter.

Dein,
Ebenezer

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Hallo,

es gibt eine Seite über Miep Gies, wo man ein bisschen darüber erfährt.

„Jan Gies [Mieps Mann] konnte durch seine Beziehungen zur Stadtverwaltung und zur Landesweiten Organisation für die Hilfe für Untergetauchten Lebensmittelmarken ergattern.“ Quelle
Er arbeitete wohl beim Sozialamt.

Auf der gleichen Seite:
" Je länger der Krieg dauerte, desto schwieriger wurde es, die täglichen Einkäufe für die Untergetauchten und auch für Miep und Jan selbst zu erledigen. Seit dem Frühjahr 1943 beherbergten Jan und Miep in ihrer Wohnung an der Hunzestraat noch einen weiteren Untergetauchten, einen niederländischen Studenten. Er hatte sich geweigert, die deutsche Loyalitätserklärung zu unterzeichnen, die alle Studenten unterschreiben mussten. Damit er nicht verhaftet und nach Deutschland deportiert werden konnte, musste er untertauchen und hatte bei Jan und Miep einen sicheren Unterschlupf gefunden. Das bedeutete, dass Miep jeden Tag die Einkäufe für elf Personen erledigen musste. Es gab immer weniger Auswahl, und alles wurde ständig knapper. Miep fühlte sich wie eine Jägerin, die ständig auf der Pirsch war, um die ‚ständig hungrigen Mäuler‘ zu stopfen. ’ Doch allmählich wurde ich zum skrupellosen Aasgeier und begnügte mich mit lumpigen Überresten. '"

Hier wird genau Deine Frage beantwortet.

Vermutlich erfährt man auch in ihrem Buch „Meine Zeit mit Anne Frank“ Näheres.

Viele Grüße,
Jule

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Ich empfehle dir da Buch „Meine Zeit mit Anne Frank“ von Miep Gies, also einer der wichtigsten Menschen, die die Untergetauchten damals unterstützt haben. Gies (und andere) benötigten sehr viel Zeit, Improvisationsvermögen, Mut und Verzichtsbereitschaft, um - obwohl sie selber wenig hatte - so viele weitere Personen zu versorgen.
Karl

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